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PersonalmanagementGehaltsforderungen von Bewerbern: Erfolgversprechende Wege aus der Zwickmühle

Abo-Inhalt27.12.2021540 Min. LesedauerVon Stefan Fritz, Geschäftsführender Gesellschafter Beratungs-GmbH, Bamberg

| Der Arbeitsmarkt ist wie leergefegt. Jede Bewerbung regt zum inneren Freudentanz an. Aber der Blick auf die Gehaltsvorstellungen bringt Sie wieder schnell auf den Boden der Tatsachen zurück. Bewerber von heute gehen selbstbewusst ins Berufsleben und lassen Sie das auch über ihre Gehaltsforderungen spüren. PBP zeigt Ihnen erfolgversprechende Wege, wie Sie solche schwierigen Situationen gut lösen. |

Die aktuelle Ausgangssituation in Bewerbungsgesprächen

Als Inhaber eines Planungsbüros fühlt man sich heutzutage wie in einer Presse: Auf der einen Seite haben Sie es mit (öffentlichen) Auftraggebern und deren Forderungen sowie Bauunternehmern zu tun, die gestresst sind durch Zeitdruck, Materialknappheit und ständig steigende Materialpreise. Auf der anderen Seite stehen Ihre Mitarbeiter, die Bedürfnisse immer selbstbewusster artikulieren. Besondere Stressfaktoren auf der Mitarbeiterseite sind junge Absolventen, die bereits aus der Hochschule ein mehr als gesundes Selbstbewusstsein mitbringen, das sich in exorbitanten Gehaltsforderungen und einem grundsätzlichen Ausschluss von Überstunden widerspiegelt.

Der Handlungsspielraum für Sie als Inhaber zwischen beiden Polen wird immer kleiner, die Marge in Form eines auskömmlichen Einkommens zwischen Ertrag und Kosten geringer. In dieser Situation fragen sich viele Inhaber, wann das Ende der Fahnenstange erreicht ist und sich die Situation dreht. Aber es ist absehbar, dass sich zumindest die Lage auf dem Arbeitsmarkt, wenn überhaupt, so schnell nicht ändern wird. Es stellt sich die Frage, wie Sie solchen Bewerbern begegnen können und sollen. Eine Stelle unbesetzt zu lassen, ist keine Lösung. Auf alle Forderungen einzugehen, ist genauso wenig eine Option. Was also tun?

Strategieansätze für Sie als Inhaber

Ein wichtiger und allererster Ansatz, den gordischen Gehaltsknoten zu durchschlagen, liegt darin, sich bewusst zu machen, welche Entgeltkomponenten es gibt und wie man diese einsetzen kann. Wenn Sie den Einsatzbereich jeder Komponente im Detail kennen und die Zielrichtung der Bereiche identifiziert haben, können Sie das Thema Vergütung auch gegenüber einem jungen Bewerber wirkungsvoll und mit selbstbewussten Argumenten einsetzen.

Die Grundvergütung

Tragende Säule des Gesamtentgelts ist die Grundvergütung, das Gehalt bzw. genauer bezeichnet, das Entgelt der Beschäftigten. Die Höhe der Grundvergütung sollte sich ausschließlich auf Grundlage der Anforderungen ergeben, die Sie an einen Mitarbeitenden stellen. Diese Anforderungen können ganz unterschiedlicher, unternehmensindividueller Art sein. Dabei handelt es sich um ein Gesamtpaket aus z. B. Ausbildungsniveau, Erfahrungsschatz, Denk- und Entscheidungskompetenz, Verantwortung und Führungsaufgabe.

Die Grundvergütung ist der Preis, dass der Beschäftigte dieses Anforderungsbündel für Ihr Büro bereitstellt. Arbeitsrechtlich geht man von einer Leistung mittlerer Art und Güte aus, die der Mitarbeiter dann erbringt, wenn er gesund ist, in einem normalen Arbeitstempo und in der regulären Arbeitszeit seinen Dienst verrichtet.

Praxistipp | Wie Sie an den Ausführungen merken, sind in dieser Perspektive eine Vielzahl von Gestaltungsfaktoren enthalten. Machen Sie sich daher im Detail ein Bild davon, welche Anforderungen für Sie und Ihr Büro von Bedeutung sind und welches Gewicht jede Anforderung für Sie hat. Gleichzeitig sollte auch jede Anforderung ihren eigenen Preis, d. h. ihren Vergütungsbeitrag haben. Sie tun gut daran, dieses Thema analytisch und EDV-gestützt aufzubereiten. Im Endergebnis stellen Sie sicher, dass die Grundvergütungsstruktur Ihres Büros horizontal (innerhalb einer Gesamtanforderungsklasse) wie vertikal (über Hierarchieebenen) nachvollziehbar und damit auch gerecht wird.

Gerechtigkeit und Nachvollziehbarkeit im Bereich der Grundvergütung sind in den Augen der Beschäftigten heutzutage ein extrem hohes Gut. Können Sie Mitarbeiter argumentativ überzeugen, dass ihr Entgelt auf einer soliden und nachvollziehbaren Beurteilungsbasis beruht, werden Wechseltendenzen in einen anderen Job erheblich reduziert. Darüber hinaus steigt der Bürofrieden. Neidfaktoren der Vergangenheit, die jeher auf (oftmals falschen) Annahmen und Vermutungen beruhten, finden keinen Platz mehr. Gleichzeitig ist Vergütungsgerechtigkeit auch unter den Aspekten der Arbeitgeberattraktivität gewichtig und positiv im Werben um Absolventen nutzbar.

Verfügen Sie über eine büro-eigene Rechensystematik im Bereich der Grundvergütung, können Sie jedem Bewerber seinen Entgeltanspruch berechnen, der ihm „zusteht“. Sie können davon ausgehen, dass Ihrem Gesprächspartner in bisherigen Vorstellungsgesprächen so noch nie begegnet wurde.

Praxistipp | Verlassen Sie diesen Pfad nie! Tun Sie das doch und erfüllen einem Bewerber seine Entgeltforderungen, haben Sie einen Mitarbeiter gewonnen, aber alle bisherigen Mitarbeiter Ihres Büros verloren! Irgendwann kommt der Tag, an dem die Beschäftigten untereinander die Gehaltskarten auf den Tisch legen. Egal, welche (rechtswidrigen) Verschwiegenheitsklauseln vereinbart wurden. Den Negativeffekt, der sich hieraus ergibt, lässt sich nie wieder beseitigen.

Variable Vergütung der Beschäftigten

Jenseits von Leistung mittlerer Art und Güte besteht natürlich die Möglichkeit, dass Sie Mehrleistung und/oder Zusatzerfolg zusätzlich vergüten. Auch dies sollte auf gerechter und nachvollziehbarer Grundlage erfolgen.

Praxistipp | Verhandeln Sie mit einem jungen Bewerber, dass sich zusätzliche Leistungen entgeltwirksam für ihn auszahlen. So haben Sie die Möglichkeit, seine Leistungsbereitschaft zu ermitteln, und vergüten erst dann, wenn es sich auch für das Büro auszahlt.

Selbstverständlich sollten Vergütungsinstrumente nicht nur für Einzelne, sondern für mehrere Mitarbeiter oder sogar alle eingesetzt werden. Auch auf dieser Ebene muss Gerechtigkeit, d. h. Chancengleichheit existieren. Der Idealtypus der Chancengleichheit im Bereich der Mitarbeiterentlohnung ist die Erfolgsbeteiligung. Hier kommt es dann zu einer Entgeltauszahlung, wenn im Team auch ein Unternehmenserfolg realisiert wurde. Erfahrungsgemäß fördert dieses Instrument das betriebswirtschaftliche Verständnis und steigert den Gemeinschaftssinn enorm.

Nicht nur das Geld zählt

Machen Sie sich einmal bewusst, in welchen Unternehmen „gute“ Gehälter gezahlt werden. Ist dies nicht überwiegend in sehr großen Firmen der Fall, in denen der Mitarbeiter ein kleines Zahnrad im Getriebe ist und stark weisungsgebunden arbeiten muss? Ketzerisch könnte man auch hier von Schmerzensgeld sprechen.

Praxistipp | Vermutlich haben die Beschäftigten in Ihrem Büro wesentlich umfangreichere Handlungskompetenzen und können sich entscheidend in die Entwicklung Ihres Büros einbringen, wenn sie es denn wollen. Dies ist ein Faktor mit steigender Bedeutung, den gerade junge, selbstbewusste und aufstrebende Menschen schätzen. Packen Sie Ihren Bewerber an seiner Ehre und stellen Sie diesen Tatbestand positiv heraus. Es hat sich schon öfter als ausschlaggebendes Argument erwiesen.

Mitarbeiterbeteiligung als „Tüpfelchen auf dem i“

Die Crème de la Crème im Bereich Unternehmensführung ist die Mitarbeiterkapitalbeteiligung. Mit diesem Instrument gehen Sie und Ihr Büro ganz besondere Wege und heben sich ausgesprochen deutlich von Konkurrenten am Arbeitsmarkt ab.

Wenn Sie das Thema Mitarbeitervergütung so gut beherrschen, wie ein guter Pianist es mit seinem Klavier tut, die einzelnen Elemente mit ihrer Zielrichtung intensiv nutzen und nicht miteinander vermischen, ernten Sie bei Ihren Beschäftigten viel Sympathie. Das in hoher Mitarbeiterbindung, Einsatzfreude und überregionaler Attraktivität am Arbeitsmarkt auszeichnet. Verstehen Sie die Thematik nicht als notwendiges und lästiges Übel, sondern als gewinnbringende Investition in Ihre aller Zukunft!

Weiterführende Hinweise
  • Beiträge „Mitarbeiterbindung durch -beteiligung (Teile 1, 2 und 3)“, PBP 6/2021, Seite 22 → Abruf-Nr. 47400551, PBP 7/2021, Seite 22 → Abruf-Nr. 47466080 und PBP 10/2021, Seite 23 → Abruf-Nr. 47594183
  • PBP hat eine große Online-Umfrage zu Gehältern in Planungsbüros im Jahr 2021 durchgeführt. Die Ergebnisse lesen Sie in einer der nächsten Ausgaben.

AUSGABE: PBP 1/2022, S. 22 · ID: 47731656

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