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ZahnersatzSo berechnen Sie eine Ausgleichskrone bei Greifswalder Verbundbrücken – ein Praxisfall
| Implantatprothetik und vollkeramische Restaurationen sind die am schnellsten wachsenden Behandlungsfelder in der zahnärztlichen Praxis. Bei dem Konzept der Greifswalder Verbundbrücke werden Zähne und osseointegrierte Implantate mit einer semipermanent befestigten Brücke verbunden. Dabei werden die natürlichen Zähne mit einem festzementierten Käppchen, einer Art Primärkrone, vor Karies geschützt. Wir werden im folgenden Praxisfall die Abrechnung dieser Ausgleichskrone bei einer Verbundbrücke nach dem Greifswalder Prinzip erläutern. |
Inhaltsverzeichnis
Der Praxisfall
Ein 57-jähriger PKV-Versicherter soll im Unterkiefer zum Ersatz der Zähne 35 und 36 eine Verbundbrücke nach dem Greifswalder Prinzip erhalten, dabei wird auf dem Zahn 37 eine Ausgleichskrone angebracht. Regio 35 wurde ein Implantat inseriert, welches zum Zeitpunkt der Prothetikherstellung osseointegriert ist.
Behandlungsablauf | |||
Datum | Zahn | Leistungsbeschreibung | PKV |
01.10. | Eingehende Untersuchung | 0010 | |
CMD-Kurzbefund | § 6 (1)GOZ | ||
37 | Vitalitätsprüfung | 0070 | |
37, 35 | Röntgenaufnahme vor Zahnersatzversorgung, eine Projektion | Ä5000 | |
Beratung Verbundbrücke nach Greifswalder Prinzip | Ä1 | ||
Aufstellen eines schriftlichen Heil- und Kostenplans (Therapieplan) | 0030 | ||
29.10. | UK | Abformung mit Alginat zur Herstellung eines individuellen Löffels für offene Abformung | Mat. |
04.11. | OK | Gegenkieferabformung mit Alginat | Mat. |
UK | Abformung zur Herstellung einer provisorischen Versorgung | Mat. | |
OK | Beseitigung grober Vorkontakte der Okklusion und Artikulation | 4040 | |
37 | Oberflächenanästhesie | 0080 | |
37 | Leitungsanästhesie und Infiltrationsanästhesie (1 Karpulle Anästhetikum) | 0100 + 0090 + Mat. | |
35 | Entfernen weicher Beläge | 4050 | |
37 | Entfernen weicher Beläge | 4055 | |
35, 37 | Zahnfarbenbestimmung individuell für Zirkonkrone vollverblendet | BEB 0724 | |
37 | Präparation zur Aufnahme von Kronen | --- | |
35 | Entfernen, Wiedereinsetzen, Auswechseln eines oder mehrerer Aufbauelemente | 9050 | |
UK | Abformung mit individuellem Löffel mittels offener Abformung | § 6 (1) | |
35, 37 | Eingliederung provisorische Brückenanker | 2 x 5120 + BEB | |
36 | Eingliederung provisorische Brückenspanne | 5140 + BEB | |
08.11. | 35 | Entfernen, Wiedereinsetzen, Auswechseln eines oder mehrerer Aufbauelemente | 9050 |
35–37 | Abnahme und Wiederbefestigung provisorische Brücke | --- | |
14.11. | 35 | Entfernen, Wiedereinsetzen, Auswechseln eines oder mehrerer Aufbauelemente | 9050 |
37 | Eingliederung der Schutzkrone (Ausgleichskrone) zementiert | § 6 (1) GOZ | |
35 | Eingliederung Brückenanker Implantat Zirkon vollverblendet semipermanent | 5000 | |
37 | Eingliederung Brückenanker Zirkon vollverblendet semipermanent | 5010 | |
36 | Brückenspanne Zirkon vollverblendet | 5070 |
Erläuterungen
01.10.
Die eingehende Untersuchung zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kiefererkrankungen einschließlich Erhebung des Parodontalbefundes sowie die Aufzeichnung des Befundes ist mit der Nr. 0010 GOZ berechenbar.
Der CMD-Kurzbefund oder Screeningtest ist eine selbstständige Leistung, die weder in der GOZ noch in dem für Zahnärzte geöffneten Bereich der GOÄ aufgeführt ist. Die Berechnung erfolgt analog nach § 6 (1) GOZ. Unter rechtlichen Aspekten ist es empfehlenswert, dass bei allen Patienten
- vor einer prothetischen Versorgung,Wann sollte ein Screeningtest erfolgen?
- vor einer kieferorthopädischen Behandlung und
- vor einer Schienentherapie
ein Screeningtest durchgeführt wird, um Beschwerden und Einschränkungen im Kausystem zu diagnostizieren oder auszuschließen.
Die Vitalitätsprüfung eines oder mehrerer Zähne berechnet man je Sitzung nach Nr. 0070 GOZ. Darin enthalten sind auch etwaige Vergleichstests. Die Nr. 0070 GOZ ist für alle Arten der Vitalitätsprobe, sei es elektrisch oder thermisch, berechenbar.
Die Untersuchung nach der Nr. 0010 GOZ enthält keine Beratung des Patienten, diese könnte je nach Umfang nach den Nrn. 1 bzw. 3 bzw. 34 GOÄ zusätzlich berechnet werden. Im obigen Praxisfall wurde die Beratung nach Nr. 1 GOÄ erbracht und berechnet. Die Beratung nach Nr. 1 GOÄ ist je Behandlungsfall einmal berechenbar. Dabei gilt als Behandlungsfall für die Behandlung derselben Erkrankung der Zeitraum eines Monats nach der jeweils ersten Inanspruchnahme des Zahnarztes.
Sollte innerhalb dieses Monats eine neue Erkrankung hinzukommen, so darf die Nrn. 1 GOÄ ein weiteres Mal berechnet werden.
Die röntgenologische Untersuchung berechnet man je Aufnahme (Projektion) nach Nr. 5000 GOÄ, dabei gehört neben der Anfertigung der Röntgenaufnahme die Auswertung und Dokumentation der Auswertung zum Leistungsinhalt.
Das Aufstellen eines schriftlichen Heil- und Kostenplans nach Befundaufnahme und gegebenenfalls Auswertung von Modellen berechnet man nach Nr. 0030 GOZ, wenn auf diesem keine funktionsanalytischen und funktionstherapeutischen Maßnahmen aufgeführt sind.
29.10.
Für die Abformung zur Herstellung eines individuellen Löffels für die offene Abformung bei Implantaten ist lediglich das Abformmaterial nach § 4 Abs. 3 GOZ berechenbar. Die zahntechnischen Leistungen für die Herstellung des individuellen Löffels sind nach § 9 GOZ zusätzlich berechenbar.
04.11.
Das Entfernen grober Vorkontakte der Okklusion und Artikulation durch Einschleifen berechnet man nach Nr. 4040 GOZ. Diese Maßnahme kann an natürlichen Zähnen, aber auch an Kronen, Brücken oder vorhandenem herausnehmbarem Zahnersatz erfolgen. Die Nr. 4040 GOZ ist je Sitzung einmal berechenbar.
Die Oberflächenanästhesie ist je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich nach Nr. 0080 GOZ berechnungsfähig. Das verwendete Anästhetikum darf nicht zusätzlich berechnet werden, es sei denn, die Zumutbarkeitsgrenze (Materialkosten höher als Einfachsatz der Leistung) wird überschritten.
An dem Zahn 37 wird eine Leitungsanästhesie nach Nr. 0100 GOZ erbracht und zusätzlich eine Infiltrationsanästhesie nach Nr. 0090 GOZ. Das verwendete Anästhetikum kann zusätzlich berechnet werden.
Die Entfernung harter und weicher Beläge berechnet man je einwurzligem Zahn oder Implantat nach Nr. 4050 GOZ und je mehrwurzligem Zahn nach Nr. 4055 GOZ. Etwaige Polituren gehören dabei zum Leistungsinhalt. Die Leistung ist innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen für denselben Zahn nur einmal berechenbar. Eine Nachkontrolle mit Nachreinigung ist nach Nr. 4060 GOZ je Zahn berechenbar.
Die Zahnfarbbestimmung wird als zahntechnische Leistung nach § 9 GOZ berechnet. Hier gibt es verschiedene Berechnungsmöglichkeiten; so ist z. B.
- für die einfache Zahnfarbbestimmung die Nr. 0723 BEB möglich.Varianten zur Abrechnung der Zahnfarbbestimmung
- Eine individuelle Zahnfarbbestimmung kann nach Nr. 0724 BEB und
- eine digitale Zahnfarbbestimmung nach Nr. 0725 BEB berechnet werden.
Es ist aber auch möglich, einen anderen Katalog zu wählen. Hier sind Sie in Ihrer Auswahl frei.
Das Entfernen, Wiedereinsetzen, Auswechseln eines oder mehrerer Aufbauelemente ist je Implantat und je Sitzung nach Nr. 9050 GOZ zu berechnen. Höchstens jedoch dreimal je Implantat während der rekonstruktiven Phase.
Die Abformung mit einem individuellen Löffel, der nicht den in der Leistungsbeschreibung der Nr. 5170 GOZ genannten Indikationen entspricht, ist analog nach § 6 Abs. 1 GOZ zu berechnen. Hierzu zählt auch die offene Abformung mittels individuellen Löffels bei Implantaten.
Die provisorische Brückenversorgung wird je Anker nach Nr. 5120 GOZ berechnet, dabei spielt es keine Rolle, ob der Brückenanker ein natürlicher Zahn oder ein Implantat ist. Die provisorische Brückenspanne berechnet man je Spanne oder Freiendsattel nach Nr. 5140 GOZ.
Merke | Anders als im BEMA ist in der GOZ der verwendete Kunststoff zur Herstellung der provisorischen Versorgung sowie die Abnahme und Wiederbefestigung Leistungsinhalt und nicht zusätzlich berechenbar. Das Abformmaterial darf zusätzlich berechnet werden. |
Neben den Nrn. 5120 und 5140 GOZ sind zahntechnische Leistungen, die über ein einfaches Ausarbeiten hinausgehen (auch Chairside) gemäß § 9 GOZ zusätzlich berechenbar.
14.11.
Die Eingliederung der Schutzkrone (oder auch Ausgleichskrone nach dem Greifswalder Prinzip genannt), ist eine selbstständige Leistung, die weder in der GOZ noch in dem für Zahnärzte geöffneten Bereich der GOÄ genannt ist. Die Berechnung erfolgt analog nach § 6 Abs. 1 GOZ.
Merke | Erfolgt eine Eingliederung „semipermanent“ heißt das, dass an dem finalen Zustand der prothetischen Rekonstruktion nichts mehr verändert wird und die Praxis damit zur Abrechnung berechtigt ist, sodass der Gewährleistungslauf beginnt. |
Der Brückenanker über der Ausgleichskrone wird nach Nr. 5010 GOZ berechnet. Die Nr. 5010 ist jedoch nur für Hohlkehl- oder Stufenpräparation berechenbar und nicht für einen Brückenanker auf einem Implantat. Der Brückenanker auf dem Implantat wird nach Nr. 5000 GOZ berechnet. Die zahntechnischen Leistungen werden zusätzlich gemäß § 9 GOZ berechnet.
Vorteile und Patientennutzen der Greifswalder Verbundbrücke |
Bedingt abnehm-bare implantatprothetische Versorgung Hybridbrücken sind kombinierte zahn- und implantatgetragene Rekonstruktionen. Sie dienen u. a. bei großen Schaltlücken als Versorgungsalternative. Hierbei wird ein natürlicher Zahn mit einem osseointegrierten Implantat durch eine gemeinsame prothetische Versorgung verbunden. Zusätzlich erhält der zahngetragene Brückenpfeiler eine Schutzkrone. Die Greifswalder Verbundbrücke stellt eine bedingt abnehmbare implantatprothetische Versorgung dar. Der natürliche Zahnpfeiler wird durch eine Schutzkrone vor Sekundärkaries geschützt. Die Brückenkonstruktion wird über die zementierte Schutzkrone semipermanent befestigt, sodass diese bei Bedarf ohne Komplikationen entfernt werden kann, z. B. für eine Periimplantitisbehandlung oder bei einer notwendigen Wurzelkanalbehandlung des natürlichen Zahnes. Größere Kieferabschnitte mit nicht ausreichendem Knochenangebot können mit einer derartigen Verbundbrücke überbrückt werden. Auf die oft aufwendige und risikoreiche Augmentation kann so verzichtet und die Anzahl der benötigten Implantate verringert werden, was Zeit und Kosten spart. Auch aus statischen Gründen bzw. der Eigenbeweglichkeit des natürlichen Zahnes ist diese Art der Versorgungsform als attraktiv anzusehen. |
AUSGABE: PA 12/2024, S. 8 · ID: 50218284