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PraxisfallJig-Schiene – so rechnen Sie ab!

Abo-Inhalt30.07.2024201 Min. LesedauerVon Isabel Baumann, Betriebswirtin (Dipl. VWA), Praxismanagerin, Mülsen

| Kopf- und Gesichtsschmerzen werden häufig durch die Kaumuskulatur und/oder die Kiefergelenke im Rahmen einer craniomandibulären Dysfunktion (CMD) verursacht. Durch Front-Jig-Schienen kann – im Gegensatz zu anderen Aufbissen – die Kontraktionsintensität der Kieferhebemuskeln um 70 Prozent reduziert werden. Dazu wird an einer Schiene ohne adjustierte Oberfläche im Bereich der Schneidezähne ein kleiner Block (englisch: „Jig“) angebracht, der dazu führt, dass nur der Frontzahnbereich Kontakt hat. Der Jig verhindert unnötig hohe Kaukräfte. Beißt der Patient auf den Jig, wird sofort ein Reflex ausgelöst, der den Mundschließer und auch die Nackenmuskulatur entspannt. Im Praxisfall lesen Sie, wie Sie diese Schienen – die als Kurzzeittherapiegerät dienen und nicht dauerhaft getragen werden sollten – korrekt abrechnen. |

Der Praxisfall

Ein 45 jähriger PKV-Versicherter klagt über Kieferverspannungen, Kiefergelenksschmerzen und Spannungskopfschmerz. Es erfolgt ein CMD-Screening und die Beratung hinsichtlich einer schnellen Schmerzausschaltung durch das Eingliedern einer Jig-Schiene. Der Patient wird über weitere Behandlungsmaßnahmen und eine weiterführende CMD-Behandlung aufgeklärt.

Behandlungsablauf

Datum

Zahn

GOZ

06.05.

Symptombezogene Untersuchung, der Patient klagt über Kieferverspannungen, Kiefergelenksschmerzen und Spannungskopfschmerzen

Ä5

Aufnahme des CMD-Kurzbefundes – CMD-Screening-Tests

§ 6 Abs. 1 GOZ

Eingehende Beratung über mögliche Diagnostik und Therapie

Ä1

OK/UK

Alginatabformung und Quetschbiss zur Herstellung von Diagnostikmodellen und Arbeitsmodellen für die Jig-Schiene.

Mat.

OK/UK

Herstellung und Auswertung der Diagnostikmodelle

0060 + § 9 GOZ

08.05.

Eingliederung Jig-Schiene und Anpassen der Schiene mit Kunststoff im Mund des Patienten

7000 + § 9 GOZ

14.05.

Kontrolle der Jig-Schiene

7040

Streckung und Lockerung des Kiefergelenkes, rechts und links

2 x Ä2181

22.05.

Kontrolle der Jig-Schiene

7040

17.06.

Symptombezogene Untersuchung, deutliche Besserung, Spannungskopfschmerz reduziert, aber noch vorhanden

Ä5

Beratung über weiterführende Therapie und Funktionsdiagnostik sowie -therapie

Ä1

Schriftlicher Heil- und Kostenplan mit funktionsanalytischen und funktionstherapeutischen Leistungen

0040

Erläuterungen

Nachfolgend erläutern wir die Leistungspositionen und geben Hinweise zur Abrechnung.

06.05.

Die symptombezogene Untersuchung ist nach Nr. 5 GOÄ berechenbar. Die Nr. 5 GOÄ ist auch dann berechenbar, wenn der Patient ohne von ihm selbst wahrgenommene erkennbare Symptome in die Praxis kommt.

Der CMD-Kurzbefund ist eine selbstständige Leistung, die weder in der GOZ noch in dem für Zahnärzte geöffneten Bereich der GOÄ aufgeführt ist. Die Berechnung erfolgt gemäß § 6 Abs. 1 GOZ als Analogberechnung. Das CMD-Screening gehört zur Basisdiagnostik. Die Auswertung ist angesichts der reinen Addition positiver Merkmale einfach. Wie für alle zahnärztlichen Untersuchungen besteht die Dokumentationspflicht auch für das CMD-Screening. Beim CMD-Kurzbefund werden beispielsweise die Mundöffnung, die Gelenkgeräusche und eine schmerzhafte Muskelpalpation untersucht und die Ergebnisse dokumentiert.

Tipp | Für die Befunderhebung kann das Formular CMD-Screening der Deutschen Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und -therapie in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGFDT) genutzt werden, es steht online zur Verfügung unter dgfdt.de/richtlinien_formulare. Besonders wichtig ist die Durchführung dieses Testes vor der Anfertigung von prothetischen Versorgungen und bei der Erstuntersuchung, um eventuell bestehende Einschränkungen und/oder Schmerzen im Kausystem zu diagnostizieren bzw. auszuschließen.

Neben einer symptombezogenenen Untersuchung nach Nr. 5 GOÄ kann für dieselbe Sitzung eine Beratungsgebühr nach Nr. 1 GOÄ berechnet werden, sofern diese erbracht wurde. Im Praxisfall wird der Patient über diagnostische Maßnahmen und den Therapieverlauf sowie die Therapiemöglichkeiten aufgeklärt, was nach Nr. 1 GOÄ berechenbar ist.

Die Nr. 1 GOÄ ist je Behandlungsfall – hier gilt die Frist von einem Monat – einmal berechnungsfähig. Sollte innerhalb eines Monats eine neue Erkrankung hinzukommen, so darf die Nr. 1 GOÄ auch innerhalb dieses Behandlungsfalls erneut berechnet werden.

Die Alginatabformung und einfache Bissnahme mittels Quetschbiss sind für die Herstellung der Diagnostik- und Arbeitsmodelle notwendig. Die verwendeten Abformmaterialien werden nach § 4 Abs. 3 GOZ berechnet.

Die Herstellung und Auswertung der Diagnostikmodelle berechnet man nach Nr. 0060 GOZ für die Abformung beider Kiefer zur Herstellung von Situationsmodellen zur Diagnostik und/oder Planung, einschließlich Bissfixierung.

Die Auslagen für die zahntechnischen Leistungen werden nach § 9 GOZ zusätzlich berechnet.

08.05.

Bei der Jig-Schiene gibt es verschiedene Möglichkeiten, beispielsweise kann ein vorgefertigtes NTI-Gerät® eingegliedert und chairside an die individuellen Verhältnisse des Patienten angepasst werden. Oder aber man stellt einen Aufbissbehelf ohne Adjustierung in der Zahntechnik her, bei dem ein sogenannter Front-Jig noch angebracht wird.

Berechnet werden Jig-Schienen nach der Nr. 7000 GOZ zuzüglich der anfallenden Materialkosten bzw. zahntechnischen Leistungen (§ 9 GOZ).

Die Nr. 7000 GOZ ist für alle Arten von therapeutischen Aufbissbehelfen ohne adjustierte Oberfläche berechnungsfähig.

14.05. + 22.05

Kontrolle der Jig-Schiene oder eines NTI-Gerätes® berechnet man nach Nr. 7040 GOZ. Diese Gebührenziffer ist je Sitzung für die Kontrolle eines Aufbissbehelfs ohne Korrekturmaßnahmen berechenbar. Sollten mehrere Aufbissbehelfe in einer Sitzung kontrolliert werden, so ist die Nr. 7040 GOZ mehrfach berechenbar.

Die Streckung und Lockerung eines Kiefergelenkes ist je Kiefergelenk nach Nr. 2181 GOÄ berechenbar. Hierbei handelt es sich um separat zu betrachtende diagnostische oder therapeutische Handlungen mit dem Ziel, Strukturschäden, wie beispielsweise Verkürzungen der Gelenkkapsel oder verkürzte Mundschließmuskel, aufzudecken.

17.06.

Die symptombezogene Untersuchung nach Nr. 5 GOÄ ist erneut berechenbar.

Die Beratung über eine weiterführende Kiefergelenksbehandlung wird nach Nr. 1 GOÄ berechnet. Bitte beachten Sie, den Faktor anzupassen, sollte die Beratung zeitintensiver sein.

Das Aufstellen eines schriftlichen Heil- und Kostenplans mit funktionsanalytischen und funktionstherapeutischen Maßnahmen wird nach Nr. 0040 GOZ berechnet. Dabei gehört die Planung der entsprechenden zahnärztlichen Leistung, die Berechnung des voraussichtlichen Honorars, die Schätzung der voraussichtlichen Material – und Laborkosten, die schriftliche Niederlegung sowie die Aushändigung an den Patienten zum Leistungsinhalt. Es erfolgt hier eine weitere Therapieplanung nach der anfänglichen Schmerzbeseitigung.

Weiterführende Hinweise
  • Zahnverschleiß-Screening, Kariesdetektion und CMD-Kurzcheck auskömmlich abrechnen (PA 03/2022, Seite 11)
  • CMD: Berechnung von funktionsanalytischen und funktionstherapeutischen Leistungen (PA 05/2019, Seite 9)
  • Umarbeiten einer Prothese zum Aufbissbehelf mit CMD-Diagnostik (PA 04/2021, Seite 14)
  • Semipermanente Schienen: So rechnen Sie die verschiedenen Varianten ab (PA 12/2020, Seite 9)

AUSGABE: PA 8/2024, S. 7 · ID: 50076017

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