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TestungenNr. 399 GOÄ – der orale Provokationstest

Abo-Inhalt26.06.202316 Min. LesedauerVon Anita Göbel, Hummeltal

| Die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) enthält eine Vielzahl von Leistungen, die von Ärzten, aber auch von Zahnärzten privat abgerechnet werden können. Die Nr. 399 GOÄ kann angesetzt werden für die Ermittlung von Ergebnissen anhand chemischer Reaktionen, intraoraler Tests und mechanischer Provokationstests. |

Wann kommt die Nr. 399 GOÄ zum Ansatz?

Da diese Leistung im Allgemeinen recht unbekannt ist, wollen wir mit diesem Beitrag die Voraussetzungen und Möglichkeiten zu Einsatz- und Abrechnungsmöglichkeiten beleuchten.

Nr. 399 GOÄ: Inhalt und Bewertung

Leistung

Punkte

1,0-fach

2,3-fach

3,5-fach

Oraler Provokationstest, auch Expositionstest bei Nahrungsmittel- oder Medikamentenallergien – einschließlich Überwachung zur Erkennung von Schockreaktionen.

200

11,66 Euro

26,81 Euro

40,80 Euro

Die Abrechnung der Nr. 399 GOÄ erfolgt – wie üblich – nach individueller Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Patienten. Die Leistung ist nicht im Katalog der GKV abgebildet und kann mit gesetzlich versicherten Patienten außervertraglich vereinbart werden. Hierbei kann die genaue Höhe der Vergütung je nach Vereinbarung und Schwierigkeitsgrad der Leistung sowie den zeitlichen Umständen variieren. Nachfolgend sehen wir uns Testungen an, die die Abrechnung der Nr. 399 GOÄ ermöglichen:

Abrechnungsbestimmungen

  • Da die Nr. 8000 GOZ ebenfalls Provokationstests beinhaltet, kann die Nr. 399 GOÄ neben der Nr. 8000 GOZ nur dann berechnet werden, wenn es sich um einen Kautest handelt.
  • Die Nr. 399 GOÄ ist einmal je Sitzung berechnungsfähig.
  • Die Nr. 399 GOÄ ist auch für eine Verlaufskontrolle mit einem Perkussionstest (Klopftest) berechnungsfähig. Praxistipp | Die Leistung sollte im Fall des Perkussionstest mit einem reduzierten Gebührensatz von 1,0 berechnet werden, um Erstattungsschwierigkeiten vorzubeugen.
  • Es sind alle erforderlichen Begleitleistungen, wie z. B. Vipr, Beratungen und Untersuchungen (Ausnahme bei Nr. 8000 GOZ beachten!) neben der Nr. 399 GOÄ abrechenbar.
  • 1. Isometrie Kieferschließen, Kieferöffnen, UK nach links, UK nach rechts: Test für das generelle Vorhandensein einer Überdehnung einer Muskelgruppe. Bei positiver Antwort wird mittels Muskelpalpation auf den Schmerz der einzelnen Muskeln, die der zugehörigen Muskelgruppe der Isometrietestung angehören, weiter untersucht.
  • 2. Muskelpalpation auf Schmerz: Tests für die genaue Lokalisation einer Überdehnung im Muskel.
  • 3. Isometrie Zunge und Lippe: Es handelt sich um Provokationstests zur Aufdeckung orofazialer Dysfunktionen.
  • 4. Kauen: Es handelt sich um einen eigenständigen Test der Kaufunktion mithilfe eines Substrates, das durch Kauen zerkleinert und anschließend analysiert wird.
  • 5. Mundbodenlängentest: Eigenständige Testung des Mundbodens durch eine Abfolge von Bewegungen, die unter Anweisung des Behandlers ausgeführt und von diesem in Hinsicht auf Einschränkungen analysiert werden müssen.
  • 6. Provokationstests der Kieferbewegung durch passive Fortführung einer aktiven Bewegung.

Abrechnungsbeispiel 1 – Perkussionstest (Klopftest)

Der Patient stellt sich in der Praxis mit akuten, aber diffusen Beschwerden vor. Nach symptombezogener Untersuchung und Durchführung einer Vitalitätsprüfung mit anschließendem Perkussionstest ist die Diagnose gesichert und der Patient wird zur Behandlungsnotwendigkeit mittels Wurzelkanalbehandlung aufgeklärt und beraten.

Der Behandlungsbeginn erfolgt umgehend und wird bis zum Folgetermin mit einem speicheldichten Verschluss versorgt.

Datum

Zahn

Leistung

GOZ/ GOÄ Nr.

26.05.

Beratung, auch telefonisch

Ä1

Symptombezogene Untersuchung

Ä5

26

Vitalitätsprüfung

0070

25–27

Oraler Provokationsstest (Perkussionstest)

Ä399*

26

Oberflächenanästhesie

0080

26

Infiltrationsanästhesie

0090 + Material

26

Extirpation der vitalen Pulpa

3 x 2360

26

Aufbereitung eines Wurzelkanals

3 x 2410

26

Medikamentöse Einlage

2430

26

Temporärer, speicheldichter Verschluss

2020

Abrechnungsbeispiel 2 – Gelenkkapselverkürzung

Der Patient stellt sich mit akuten, immer wiederkehrenden Einschränkungen der Mundöffnung zur Behandlung in der Praxis vor. Nach vollständiger Untersuchung des stomatognathen Systems wird über die Problematik der eingeschränkten Mundöffnung für 15 Minuten beraten und eine Funktions- und Strukturanalyse empfohlen. Hierzu wird dem Patienten ein Kostenvoranschlag ausgehändigt.

Im zweiten Behandlungstermin wird mithilfe einer Vitalitätsprüfung aller Zähne, dem oralen Provokationstest, der klinischen Funktionsanalyse, Strukturanalyse und dem Screeningtest die Diagnose der Gelenkkapselverkürzung in beiden Kiefergelenken gesichert. Überdies hinaus wird eine DVT-Aufnahme angefertigt. Zur weiteren Behandlung erhält der Patient einen Kostenvoranschlag für die Gelenkkapseldehnungen. Bei dem letzten Behandlungstermin wird die Gelenkkapseldehnung durchgeführt.

Datum

Zahn

Leistung

GOZ/GOÄ Nr.

06.06.

Beratung, auch telefonisch

Ä1*

Vollständige Untersuchung des stomatognathen Systems (eine Muskelpalpation wird durchgeführt)

Ä6

Heil- und Kostenplan für FAL/FTL

0040

15.06.

Vitalitätsprüfung (alle Zähne)

0070**

Oraler Provokationstest (Muskelprovokationstest und Testung der Kaufunktion)

Ä399***

Computergesteuerte Tomographie im Kopfbereich (DVT)

Ä5370

Zuschlag für computergesteuerte Analyse

Ä5377

Klinische Funktionsanalyse

8000

Manuelle Strukturanalyse zur Aufdeckung von Muskel- oder Gelenkschäden entsprechend GOZ-Nr. X

Analogberechnung gem. §6.1

Gewaltsame Lockerung oder Streckung eines Kiefer-, Hand- oder Fußgelenks (hier beide Kiefergelenke)

2 x Ä2181****

Fachübergreifender Screeningtest als neurologisches Screening entsprechend GOZ-Nr. X

Diagnose: Gelenkkapselverkürzungen beider Kiefergelenke

Analogberechnung gem. §6.1

Heil- und Kostenplan, schriftlich

0030

22.06.

Symptombezogene Untersuchung

Ä5

Gewaltsame Lockerung oder Streckung eines Kiefer-, Hand- oder Fußgelenks (hier beide Kiefergelenke)

2 x Ä2181

Einleitung/Koordination therapeutischer Maßnahmen

Ä15*****

Nr. 399 GOÄ für Zahnärzte nicht berechnungsfähig?

In der Vergangenheit gab es gelegentlich Diskussionen mit privaten Krankenversicherungen zur Abrechenbarkeit der Nr. 399 GOÄ durch Zahnärzte. Mit dem nachfolgenden Musterschreiben geben wir Ihnen ein Hilfsmittel an die Hand, mit welchem Sie etwaigen Erstattungsproblemen entspannt entgegensehen können.

Musterschreiben / Erstattungsprobleme

Sehr geehrte(r) Herr/Frau Muster,

vielen Dank für die Überlassung der Leistungsabrechnung Ihrer privaten Krankenversicherung, die wir gerne für Sie geprüft haben.

Bei der Kostenerstattung durch private Versicherungen und Beihilfestellen kommt es immer wieder zu Diskussionen über die Modalitäten der zahnärztlichen Berechnung. Die Gründe hierfür liegen in den beiden streng voneinander zu trennenden Rechtsbeziehungen im Rahmen der Privatbehandlung.

Für die Honorarabrechnung bei privat Versicherten durch den Zahnarzt gelten ausnahmslos die Vorschriften der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Ergänzend zur GOZ finden bei den kostenerstattenden Stellen tarifvertragliche Regelungen, Beihilferichtlinien und nicht zuletzt die Auffassungen zu den verordnungsrechtlichen Bestimmungen der Gebührenordnung Anwendung.

Hiermit nehmen wir wie folgt Stellung: Ihre Versicherung ist der Ansicht, dass die Nr. 399 GOÄ für Zahnärzte nicht berechnungsfähig sei.

Die Nr. 399 GOÄ befindet sich in Teil C. V. der GOÄ und ist gemäß § 6 Absatz 2 GOZ für Zahnärzte geöffnet. § 6 Absatz 2 GOZ gibt vor, dass Leistungen aus den geöffneten Bereichen der GOÄ herangezogen werden können, soweit die Leistung nicht als selbstständige Leistung oder Teil einer anderen Leistung in der GOZ enthalten ist. Dies ist bei der GOÄ-Nr. Ä399 nachweislich der Fall.

Die Nr. 399 GOÄ beschreibt folgende Leistung: „Oraler Provokationstest, auch Expositionstest bei Nahrungsmittel- oder Medikamentenallergien – einschließlich Überwachung zur Erkennung von Schockreaktionen“.

Bei der Durchführung eines Provokationstests soll gezielt eine körperliche Reaktion auf einen Reiz hervorgerufen werden. Im zahnmedizinischen Bereich erfolgt dies z. B. durch einen Perkussionstest, bei dem mittels eines metallischen Gegenstandes der Zahn beklopft wird (Reiz), um so möglicherweise eine Schmerzreaktion (körperliche Reaktion) herbeizuführen. Hierbei entstehende Geräusche geben Rückschlüsse darauf, ob ein Zahn gesund ist oder nicht. Das Ergebnis dient der Diagnosesicherheit und ist aus dem Praxisalltag eines Zahnarztes nicht wegzudenken.

Ein Perkussionstest als oraler Provokationstest ist weder in der GOZ beschrieben noch Teil einer anderen selbstständigen Leistung, auch die Nr. 0070 GOZ beinhaltet solch eine diagnostische Maßnahme nicht. Die Nr. 0070 GOZ beschreibt lediglich die Vitalitätsprüfung (elektrische oder thermische Prüfmethode) der Zähne, d. h., bei dieser Leistung wird lediglich diagnostiziert, ob ein Zahn vital ist oder nicht (siehe auch BZÄK-Kommentar in der Anlage). Demnach kann der Perkussionstest nur nach der Nr. 399 GOÄ berechnet werden.

Bitte reichen Sie dieses Schreiben mit der Bitte um Nacherstattung bei Ihrer Versicherung ein. Wir hoffen, dass mithilfe dieser Informationen der Erstattung aller erbrachten und verordnungskonform berechneten Leistungen nichts mehr im Wege steht.

Ihre Zahnarztpraxis Dr. Mustermann

Beachten Sie | Sie können das Musterschreiben unter iww.de/pa > Downloads > Musterverträge und -schreiben herunterladen und bearbeiten.

AUSGABE: PA 7/2023, S. 6 · ID: 49464253

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