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ZahntechnikZahntechnische Leistungen selbst erbringen oder ausgliedern?

Abo-Inhalt17.03.20233204 Min. LesedauerVon Dental-Betriebswirtin Birgit Sayn, ZMV

| Jeder Zahnarzt wird sich im Rahmen der Praxisgründung oder auch im Laufe der Zeit einmal oder mehrfach mit der Frage beschäftigen, ob zahntechnische Leistungen aus dem eigenen Praxisbetrieb ausgegliedert werden sollen oder nicht. Wie steht es um die Herstellung von Zahnersatz, Gewinnanteile, die Weitergabe von Edelmetallpreisen und um Rabatte? |

Herstellung von Zahnersatz im Praxislabor

Zahntechnische Leistungen gehören zum Berufsbild des Zahnarztes (§ 1 Abs. 3 Zahnheilkundegesetz, ZHG), denn die Ausübung der Zahnheilkunde umfasst alle mit der Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten zusammenhängenden Leistungen. Das gilt auch gemäß § 11 Musterberufsordnung für Zahnärzte (MBO-Z). Zwar ist die technische Anfertigung eines zahntechnischen Werkstücks keine Heilbehandlung, sie ist jedoch integraler Bestandteil der zahnärztlichen Berufsausübung.

Bereits bei Inkrafttreten des ZHG zählte die Fertigung von Zahnprothesen auch nach der Rechtsprechung zur Ausübung der Zahnheilkunde. Die Historie des ZHG zeigt, dass der Gesetzgeber die Ausübung der Zahnheilkunde im umfassenden Sinne beabsichtigte. Einer expliziten Regelung der zahntechnischen Leistungen bedurfte es daher nicht. Erst recht wird durch das ZHG nicht ausgeschlossen, dass der Zahnarzt zahntechnische Leistungen im Rahmen der Feststellung und Behandlung von Zahnerkrankungen erbringt.

Spätestens seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BverwG, Urteil vom 11.05.1979, Az. 5 C 16/79) ist klargestellt, dass es jedem Zahnarzt erlaubt ist, ein Praxislabor zu betreiben. Die Leitung durch einen Zahntechnikermeister ist nicht notwendig (Details in PA 12/2019, Seite 2).

Ein Praxislabor unterliegt auch nicht der Handwerksordnung, stellt keinen gewerblichen Betrieb dar und ist daher von der Gewerbesteuer befreit. So sah es der Bundesfinanzhof (BFH) bereits im Jahr 1953 (Urteil vom 13.08.1953, Az. IV 50/53 U). Das Zahnarztlabor wird als „Hilfsbetrieb“ zur zahnärztlichen Praxis angesehen, da ein Auftreten nach außen nicht vorgesehen und aufgrund der sonstigen rechtlichen Vorgaben nicht möglich ist.

Herstellung von Zahnersatz im gewerblichen Dentallabor

Unter der Bezeichnung „Dentallabor“ wird das gewerblich betriebene Zahntechniklabor gefasst (§ 1 Abs. 1 und 2 i. V. m. Anlage A Ziff. 37 Handwerksordnung, HwO). Gewerbliche Dentallabore werden als sog. Fremdlabore für ihre Auftraggeber (verschiedene Zahnärzte) tätig und müssen einen Zahntechnikermeister aufweisen.

Die Zahnärzte schließen – losgelöst vom Behandlungsvertrag mit ihren Patienten – einen weiteren Werkvertrag i. S. v. §§ 631 ff. BGB mit dem jeweiligen Dentallabor, welches für sie die zahntechnischen Leistungen erbringen soll. Es besteht somit kein direktes Vertragsverhältnis zwischen Patient und Dentallabor. Der § 6 MBO-Z enthält die Aussage, dass der Zahnarzt im Rahmen seiner Berufsausübung für die Qualität seiner Leistungen persönlich die Verantwortung übernimmt:

  • Das Dentallabor ist zur Herstellung der zahntechnischen Leistung und
  • der jeweilige Zahnarzt zur entsprechenden Vergütung verpflichtet.

Praxislabor und angemessene Gewinnanteile auf Leistungen

§ 9 Abs. 1 GOZ regelt, dass neben den Gebühren als Auslagen, die dem Zahnarzt tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten der zahntechnischen Leistungen berechnet werden können. Aus der Formulierung „tatsächlich entstandene Kosten“ wird allgemein geschlossen, dass jedenfalls Rückvergütungen, Preisnachlässe, Rabatte, Umsatzbeteiligungen etc. Dritter, also gewerblicher Dentallabore, nicht einbehalten, sondern an den Zahlungspflichtigen weitergegeben werden müssen. Anderenfalls würde der Zahnarzt mehr als den in § 9 GOZ vorgesehenen Auslagenersatz erhalten. Der Zahnarzt als Unternehmer muss jedoch auch Geräte kaufen und entsprechendes Personal vorhalten, um Zahnersatz herzustellen.

In der amtlichen Begründung zu § 9 der GOZ von 1988 (Bundesrats-Drucksache 276/87, S. 76) wird ausgeführt, dass ein Zahnarzt auch für zahntechnische Leistungen, die im eigenen Praxislabor erbracht werden, (nur) die tatsächlich entstandenen Kosten als Auslagen abrechnen darf. Dabei kann er, wie das gewerbliche Labor, einen angemessenen kalkulatorischen Gewinnanteil einschließen. Wörtlich heißt es in der Begründung des Regierungsentwurfes: „Auch für zahntechnische Leistungen, die im eigenen Praxislabor erbracht werden, darf der Zahnarzt nur die tatsächlich entstandenen Kosten unter Einschluss eines angemessenen kalkulatorischen Gewinnanteils als Auslagen abrechnen.“

Wie steht es mit dem Risiko? In diesem Kontext ist das Urteil des Landgerichts Darmstadt (LG) vom 15.03.2021 (Az. 18 O 33/20) sehr erfreulich. Dem Urteil wurde folgender Leitsatz vorangestellt: „Zahnärzte, die zahntechnische Leistungen in einem eigenen Praxislabor erbringen, dürfen im Rahmen des § 9 Abs. 1 GOZ einen angemessenen kalkulatorischen Gewinnanteil abrechnen.“

Weiter heißt es im Urteil, dass der Zahnarzt, der ein Fremdlabor beauftragt, kein eigenes wirtschaftliches Risiko übernimmt. Für den Zahnarzt mit Praxislabor und den verbundenen wirtschaftlichen Risiken passt das jedoch nicht, da er andernfalls Verluste allein tragen muss. Somit stellt sich ein Zahnarzt schlechter als derjenige, der mit einem Fremdlabor zusammenarbeitet, was von § 9 Abs. 1 GOZ nicht beabsichtigt ist. Diese wirtschaftlichen Nachteile sind weder durch „die kurzen Wege“ bei der Kooperation zwischen Zahnarzt und Zahntechniker im Praxislabor kompensiert noch durch die Möglichkeit, als Anbieter der ganzen Bandbreite im eigenen Betrieb aufzutreten.

Nach Auffassung des Gerichts kann ein Zahnarzt mit Praxislabor auch CAD/CAM-Leistungen im Rahmen des Ersatzes von Auslagen für zahntechnische Leistungen gemäß § 9 Abs. 1 GOZ mit einem angemessenen kalkulatorischen Gewinnanteil abrechnen. Das sei nicht zu beanstanden. Bei Abrechnung der im Praxislabor erbrachten zahntechnischen Leistungen nach § 9 Abs. 1 GOZ sei die Abrechnung eines angemessenen kalkulatorischen Gewinnanteils durch den Zahnarzt zulässig.

Details zu diesem Urteil lesen Sie in PA 06/2021, Seite 2 (Auslagenersatz: Zahnärzte mit Eigenlabor dürfen angemessenen Gewinnanteil abrechnen) sowie in PA 07/2021, Seite 2 (Eigenlabor: Wann ist der kalkulatorische Gewinnanteil angemessen?).

Preisweitergabe von Edelmetalllegierungen

Bei der Berechnung von Edelmetalllegierungen für private zahntechnische Werkstücke ist für das Edelmetall der jeweilige Tagespreis zugrunde zu legen (vergleiche § 9 und § 10 Abs. 2 Nr. 5 GOZ), unabhängig vom tatsächlichen Einkaufspreis. Die hierbei gegenüber dem tatsächlichen Einkaufspreis ggf. zu verzeichnenden „Gewinne” müssen daher ebenso wenig an die Patienten weitergegeben werden, wie entsprechende Verluste gegenüber dem Einkaufspreis vom Patienten zu tragen sind. Dieser Auffassung kann auch nicht entgegengehalten werden, der Patient werde durch diese Verfahrensweise übervorteilt. Der Patient hat zwar keinen Anteil an etwaigen Kursgewinnen des Zahnarztes, trägt jedoch andererseits auch nicht das Risiko bei Kursverlusten.

Zahntechnische Leistungen und Materialien

Berechnet werden können die zahntechnischen handwerklichen Leistungen und die verwendeten Materialien. Da die Materialien zur Erbringung der zahntechnischen Leistung erforderlich sind, unterliegen diese nicht den allgemeinen Praxiskosten nach § 4 Abs. 3 GOZ. Dabei ist es nicht relevant,

  • ob das gewerbliche Dentallabor die Materialien einkauft oder
  • ob der Zahnarzt diese dem Fremdlabor zur Verfügung stellt.

Erwirbt der Zahnarzt die Materialien und stellt diese dem gewerblichen Dentallabor zur Verfügung, kann er sie dem Patienten grundsätzlich mittels praxiseigenem Laborbeleg in Rechnung stellen.

Rabatte und sonstige Vergütungen

Handelt ein Zahnarzt bei der Bestellung von Dentalerzeugnissen einen Mengen- bzw. Preisrabatt aus, ist dies unproblematisch, wenn die Rabatte 1:1 an den Patienten bzw. den Kostenträger weitergegeben werden. Die Gesetzesbegründung weist ausdrücklich darauf hin, dass die Straftatbestände in diesem Fall nicht erfüllt sind (BT-Drs. 18/6446, S. 23). Da der Zahnarzt hierbei keinen persönlichen Vorteil erlangt, droht auch keine Verletzung der heilberuflichen Unabhängigkeit. Das Vorgesagte entspricht auch der Vorgabe des § 9 Abs. 1 GOZ, nach dem ein Zahnarzt nur die tatsächlich entstandenen Kosten als Auslage für zahntechnische Leistungen gegenüber dem Patienten abrechnen darf. Dies gilt auch für den vertragszahnärztlichen Bereich. Laut BEMA dürfen nur die tatsächlich entstandenen Kosten weitergegeben werden.

Mit der Abrechnung der BEMA-Teile 1 bis 5 bestätigt der Vertragszahnarzt, dass die abgerechneten Leistungen nach Maßgabe des § 23 Abs. 2 BMV-Z persönlich erbracht worden sind und dass die Abrechnung sachlich richtig ist. Die Bestätigung beinhaltet auch, dass die abgerechneten Material- und Laborkosten der gewerblichen Dentallabore tatsächlich entstanden sind und dass Rückvergütungen wie Preisnachlässe, Rabatte, Umsatzbeteiligungen, Bonifikationen und rückvergütungsgleiche Gewinnbeteiligungen mit Ausnahme von Barzahlungsrabatten an die Krankenkasse weitergegeben werden.

Wird bei der Bestellung einer bestimmten Menge zahntechnischer Leistungen ein Mengen- oder Preisrabatt erzielt, muss dieser auf die gesamte Bestellmenge umgerechnet werden, sodass der Rabatt anteilig an alle Patienten, die mit der bestellten (und rabattierten) Menge zahntechnischer Leistungen versorgt werden, weitergegeben wird.

Gewährt das Dentallabor dem Zahnarzt einen Rabatt, handelt es sich für den Zahnarzt also nur um einen durchlaufenden Posten, da damit keine Gewinne erzielt werden dürfen.

Auch Dentallabore müssen im Rahmen der Abrechnung angemessener Kosten für zahntechnische Leistungen ihnen gewährte Rabatte berücksichtigen und an die Patienten weitergeben. Zwar sind Dentallabore berechtigt, ihre Leistungen unter Berücksichtigung des auf den jeweiligen Auftrag entfallenden kalkulatorischen Gewinnanteils abzurechnen. Allerdings dürfen die den Dentallaboren gewährten Rabatte nicht dazu führen, dass die Labore bei der Weiterberechnung der Materialien unter Berücksichtigung der kalkulatorischen Kosten einen überhöhten Gewinn im Hinblick auf diese Materialien erzielen. Denn dies hätte zur Folge, dass es sich nicht mehr um angemessene tatsächlich entstandene Kosten zahntechnischer Leistungen handelt, welche gemäß § 9 GOZ berechnet werden können.

Weiterführende Hinweise
  • Zahntechnische Auslagen nach § 9 GOZ (Teil 1) (PA 10/2022, Seite 14)
  • Zahntechnische Auslagen nach § 9 GOZ (Teil 2) (PA 11/2022, Seite 8)
  • Rabatte, Skonti und Beteiligungen - was ist nach dem Antikorruptionsgesetz noch erlaubt? (PA 06/2016, Seite 2)
  • Gewerbesteuer bei Zahnärzten: Wann trifft es Sie und was müssen Sie beachten? (ZP 01/2015, Seite 2)
  • Eigenes Praxislabor: Kalkulatorischer Gewinnanteil für Zahnarzt ist zulässig (ZP 07/2022, Seite 3)
  • So läuft die Kommunikation mit dem zahntechnischen Labor reibungslos (ZP 06/2019, Seite 7)
  • Das Eigenlabor: Das muss der Zahnarzt wissen, wenn er sich hierfür entscheidet! (ZP 11/2015, Seite 12)
  • Alle ZP-Beiträge unter iww.de/zp.

AUSGABE: PA 4/2023, S. 12 · ID: 49214065

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