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PräventionFrüherkennungsuntersuchungen & Co. bei privat versicherten Kleinkindern

Abo-Inhalt24.02.20232598 Min. LesedauerVon Dental-Betriebswirtin Birgit Sayn, ZMV

| Seit dem 01.07.2019 können individualprophylaktische Präventionsleistungen in der Zahnarztpraxis auch für Kleinkinder ab dem sechsten Lebensmonat zulasten der GKV erbracht und abgerechnet werden. Doch wie steht es um die Berechnungsmöglichkeit der GOZ, wenn privat versicherte Kleinkinder zur Behandlung in der Praxis sind? |

Präventionsmaßnahmen

Vorbeugende Maßnahme sind im Rahmen der Kinderzahnheilkunde von wesentlicher Bedeutung. Sie bilden bereits bei Kleinkindern den Grundstein für die spätere Zahngesundheit. Alle Leistungen setzen grundsätzlich die Einzelunterweisung voraus.

Vor Behandlungsbeginn

Kinder unter 7 Jahren sind nicht geschäftsfähig und können grundsätzlich kein Vertragspartner des Zahnarztes werden. Aber auch bei Kindern zwischen 7 und 18 Jahren sollte zur Absicherung honorarrechtlicher Ansprüche im Vorfeld geklärt sein, ob die Eltern der Behandlung zugestimmt haben. Details zu Behandlungsverträgen bei Kindern lesen Sie in PA 11/2022, Seite 14.

Frühuntersuchung bei gesetzlich versicherten Kleinkindern

Kleinkinder haben in der GKV Anspruch auf jeweils eine zahnärztliche Früherkennungsuntersuchung nach den folgenden BEMA-Nummern:

BEMA-Nr. FU1a

Leistung

Punkte

Euro*

  • a) Früherkennungsuntersuchung vom 6. bis zum vollendeten 9. Lebensmonat (*Punktwert: 1,20 Euro)

27

32,40

BEMA-Nr. FU1b

Leistung

Punkte

Euro*

  • b) Früherkennungsuntersuchung vom 10. bis zum vollendeten 20. Lebensmonat (*Punktwert: 1,20 Euro)

27

32,40

BEMA-Nr. FU1c

Leistung

Punkte

Euro*

  • c) Früherkennungsuntersuchung vom 21. bis zum vollendeten 33. Lebensmonat (*Punktwert: 1,20 Euro)

27

32,40

FU2

Leistung

Punkte

Euro*

Zahnärztliche Früherkennungsuntersuchung eines Kindes vom 34. bis zum vollendeten 72. Lebensmonat (*Punktwert: 1,20 Euro)

25

30,00

Die Früherkennungsuntersuchungen umfassen folgende Leistungen:

  • Eingehende Untersuchung einschließlich Beratung
  • Erhebung der Anamnese zum Ernährungsverhalten (insbesondere zum Nuckelflaschengebrauch) sowie zum Zahnpflegeverhalten durch die Betreuungspersonen
  • Ernährungs- und Mundhygieneberatung der Betreuungspersonen mit dem Ziel der Keimzahlsenkung durch verringerten Konsum zuckerhaltiger Speisen und Getränke auch mittels Nuckelflasche sowie durch verbesserte Mundhygiene, Aufklärung der Betreuungsperson über die Ätiologie oraler Erkrankungen
  • Erhebung der Anamnese zu Fluoridierungsmaßnahmen
  • Empfehlung geeigneter Fluoridierungsmittel zur Schmelzhärtung (fluoridiertes Speisesalz, fluoridhaltige Zahnpaste u. ä.) und ggf. Abgabe oder Verordnung von Fluorid-Tabletten
  • Einschätzung des Kariesrisikos

Der Abstand zwischen einer Leistung nach FU1 und einer nach FU2 beträgt mind. 4 Monate. Im selben Kalenderhalbjahr ist die BEMA-Nr. 01 nicht berechenbar. Im folgenden Kalenderhalbjahr kann die BEMA-Nr. 01 frühestens 4 Monate nach Erbringen der Früherkennungsuntersuchung abgerechnet werden.

Frühuntersuchungen bei privat versicherten Kleinkindern

Im Gegensatz zur vertragszahnärztlichen Versorgung gibt es in der GOZ außer der Nr. 0010 GOZ und den GOÄ-Nrn. 1, 3, 4, 5, 6 sowie der Zuschlagsposition K1 keine speziellen Früherkennungsuntersuchungen für Kleinkinder.

Nr. 0010 GOZ

Eingehende Untersuchung zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kiefererkrankungen einschließlich Erhebung des Parodontalbefundes sowie Aufzeichnung des Befundes.

Nr. 6 GOÄ

Vollständige körperliche Untersuchung mind. eines der folgenden Organsysteme: …, das stomatognathe System, … ggf. einschließlich Dokumentation.

Das stomatognathe System umfasst die Inspektion der Mundhöhle, die Inspektion und Palpation der Zunge und beider Kiefergelenke sowie den vollständigen Zahnstatus.

Nr. 5 GOÄ*

Symptombezogene Untersuchung.

Zuschlag für Kleinkinderbehandlung

Da sich Kleinkinder selten problemlos untersuchen lassen und/oder eine gezielte Anamnese und Angabe z. B. von Schmerzen in der Regel nicht möglich ist, steht zusätzlich zu den Nrn. 5 und 6 GOÄ der Zuschlag K1 GOÄ zur Verfügung. Dieser Zuschlag unterliegt dem einfachen Gebührensatz und kann nicht im Zusammenhang mit der Nr. 0010 GOZ berechnet werden.

Zuschlag K1

Zuschlag zu Untersuchungen nach den Nummern 5, 6, 7 oder 8* bei Kindern bis zum vollendeten 4. Lebensjahr.

Die Berechnung des GOÄ-Zuschlags K1 ist ohne Nr. 5 oder 6 GOÄ nicht möglich.

Erhebung der Fremdanamnese

Die Leistungsbeschreibung der Nr. 4 GOÄ führt häufig zu konträren Auffassungen der Berechenbarkeit. Durch diese Gebührenziffer sollen besonders schwierige und aufwendige Fremdanamnesen und Besprechungen mit Bezugspersonen honoriert werden. Einzelne Zahnärztekammern sind der Ansicht, dass bei der Behandlung eines Kindes bzw. Kleinkindes das Vorgehen zwar besprochen oder die Anamnese erhoben wird, die Gebühr jedoch nicht angesetzt werden darf. Halten Sie ggf. Rücksprache mit Ihrer Kammer.

Nr. 4 GOÄ

Erhebung der Fremdanamnese über einen Kranken und/oder Unterweisung und Führung der Bezugsperson(en) – im Zusammenhang mit der Behandlung eines Kranken.

Die Leistung nach Nr. 4 GOÄ ist im Behandlungsfall (Zeitraum von 30 Tagen) nur einmal berechnungsfähig. Für eine kurze Therapieanweisung oder eine kurze Befragung der Begleit- oder Bezugsperson des Kleinkindes kann die Nr. 4 GOÄ nicht berechnet werden.

Laut GOZ-Kommentar der BZÄK (Stand: 8/2022) sind die Nrn. 4 und 1 GOÄ nicht nebeneinander berechenbar, wenn sich sämtliche Bestandteile der Legenden zu den Nrn. 1 und 4 GOÄ an ein und dieselbe Person richten, wie dies z. B. der Fall ist bei Mutter oder Betreuer (mit entsprechender Vollmacht) und Kleinkind sowie schwerst kommunikationsgestörten Patienten (Beschluss des Gebührenausschusses der BÄK vom 21.05.1997). Eine regelmäßige Berechnung der Leistung bei Einbeziehung der Mutter bei der Behandlung von Kindern ist daher nicht statthaft.

Erhebung der Fremdanamnese über einen Kranken

Die Vertrauenspersonen des Patienten, z. B. die Eltern, Großeltern, Tante oder ein Vormund werden im Zusammenhang mit der Behandlung des Patienten befragt und diese Informationen als Anamnese dokumentiert. Die Unterlagen von einem anderen Zahnarzt (z. B. Karteikarte, Röntgenaufnahmen) werden analysiert und dokumentiert.

Unterweisung und Führung der Bezugsperson(en)

Die Vertrauenspersonen des Patienten (Eltern/ein Vormund), werden im Zusammenhang mit der Behandlung des Patienten geführt und unterwiesen.

GKV: Anleitung der Betreuungsperson

Eine Leistung nach Nr. FUPr ist nur im Zusammenhang mit einer Leistung nach Nr. FU1 abrechenbar. Diese Leistung ist vergleichbar mit der Nr. 4 GOÄ.

FUPr

Leistung

Punkte

Euro*

Praktische Anleitung der Betreuungspersonen zur Mundhygiene beim Kind (*Punktwert: 1,20 Euro)

10

12,00

Die Leistung nach Nr. FLA kann bei Versicherten vom 6. bis zum vollendeten 72. Lebensmonat zweimal je Kalenderhalbjahr abgerechnet werden, ab dem 34. Lebensmonat jedoch nur bei hohem Kariesrisiko. Sie umfasst die Anwendung von Fluoridlack zur Zahnschmelzhärtung einschl. der Beseitigung von sichtbaren weichen Zahnbelägen und der relativen Trockenlegung der Zähne.

FLA

Leistung

Punkte

Euro*

Fluoridlackanwendung zur Zahnschmelzhärtung (*Punktwert: 1,20 Euro)

14

16,80

PKV: Entfernung von weichen Zahnbelägen

Die Entfernung harter und weicher Zahnbeläge an Milchzähnen kann auch bei Kleinkindern erforderlich sein. Selbst wenn es nur vier Mausezähnchen sind, dauert die Reinigung meist um ein Vielfaches länger, als bei älteren Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.

Nr. 4050 GOZ

Entfernung harter und weicher Zahnbeläge gegebenenfalls einschließlich Polieren an einem einwurzeligen Zahn oder Implantat, auch Brückenglied.

Nr. 4055 GOZ

Entfernung harter und weicher Zahnbeläge gegebenenfalls einschließlich Polieren an einem mehrwurzeligen Zahn.

PKV: Fluoridierung

Die lokale Fluoridierung zur Verbesserung der Zahnhartsubstanz ist zur Kariesvorbeugung und -behandlung, mit Lack oder Gel und je Sitzung berechenbar. Die Bewertung der Nr. 1020 GOZ liegt deutlich unter der BEMA-Nr. FLA, die im Januar 2023 ein Honorar von 16,80 Euro aufweist. Für die Nr. 1020 GOZ ist ein Steigerungsfaktor von 6,0-fach erforderlich, um das vertragszahnärztliche Honorar zu erzielen.

Nr. 1020 GOZ

Lokale Fluoridierung zur Verbesserung der Zahnhartsubstanz, zur Kariesvorbeugung und -behandlung, mit Lack oder Gel, je Sitzung.

Ein Fallbeispiel

Eine Mutter kommt mit ihrer privat versicherten Tochter, 8 Monate alt, zur Untersuchung. Die Untersuchung gestaltet sich aufgrund des Alters schwierig, es zeigen sich zwei durchbrechende Milchzähne (einwurzelig). Die Mutter wünschte im Anschluss an die Untersuchung eine ausführliche Beratung über

  • das Zähneputzen in diesem Alter,
  • Zahnpasta mit Fluorid oder ohne,
  • Ernährungstipps,
  • wie lange der Nuckel verwendet werden darf, usw.

Das Praxisteam nimmt sich die erforderliche Zeit und die Mutter wird ausführlich beraten. Die Gesamtdauer der Behandlung inklusive der Beratung beträgt 42 Min.

Geb. Nr.

Euro/1,0-fach

Euro/1,5-fach

Euro/1,8-fach

Euro/2,3-fach

Euro/3,5-fach

0010

5,62

8,44

10,12

12,94

19,68

Ä6

5,83

8,74

10,49

13,41

20,40

Ä1

4,66

6,99

8,39

10,72

16,32

Ä3

8,74

13,11

15,74

20,11

30,60

Ä4

12,82

19,23

23,08

29,49

44,88

Ä5

4,66

6,99

8,39

10,72

16,32

K1

6,99

1020

2,81

4,22

5,06

6,47

9,84

4050

0,56

0,84

1,01

1,29

1,97

4055

0,73

1,10

1,32

1,68

2,56

Bei der Berechnung sind die Abrechnungsbestimmungen der jeweiligen Gebührenziffern zu beachten.

Honorarbeispiele mit unterschiedlichen Leistungen

0010 (1,5-fach), Ä3 (2,3-fach)

28,55 Euro

0010 (1,5-fach), Ä3 (3,5-fach)

39,04 Euro

0010 (1,5-fach), Ä4 (3,5-fach), 2x 4050 (2,3-fach), 1020 (1,8-fach)

67,95 Euro

Ä5 (2,3-fach), Ä1 (3,5-fach), K1, 2x 4050 (2,3-fach), 1020 (1,8-fach)

41,67 Euro

Ä5 (2,3-fach), Ä4 (3,5-fach), K1, 2x 4050 (2,3-fach), 1020 (1,8-fach)

70,23 Euro

Bei einem Stundenverrechnungssatz in Höhe von z. B. 185 Euro (3,08 Euro je Min.) sollte eine Behandlung mit 42 Min. ein Honorar in Höhe von 129,50 Euro als Ergebnis zeigen. Kaum eine Praxis wird dieses Honorar 1:1 umsetzen. Die Einstellung der Mutter, für ihr Baby frühzeitig Prophylaxe-Maßnahmen zu treffen, ist sehr erfreulich, abgesehen von der Bindung an die Praxis. Eventuell sind auch soziale Aspekte zu beachten. Ein erhöhter Aufwand sollte bei der Bemessung des Steigerungsfaktors gemäß § 5 Abs. 2 GOZ berücksichtigt werden.

AUSGABE: PA 3/2023, S. 11 · ID: 49053116

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