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MKMietrecht kompakt

Vertragsgemäße NutzungWo dürfen Fahrräder abgestellt werden?

Top-BeitragAbo-Inhalt30.05.20256 Min. LesedauerVon Assessor jur. Harald Büring, Düsseldorf

| In Mehrfamilienhäusern kommt es oft vor, dass Mieter ihre Fahrräder im Keller, im Treppenhaus, auf dem Hof oder in ihrer Wohnung abstellen. Daran nehmen andere Mieter Anstoß, wenn das Fahrrad im Weg steht oder sie Schäden an der Hauswand befürchten. Wie sieht hier die rechtliche Situation aus? |

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1. Allgemeines

Das Abstellen des Fahrrads durch den Mieter stellt u. U. eine vertragswidrige Nutzung der Mietsache nach § 540 BGB dar. Zur Mietsache gehören neben der Wohnung auch die zugehörigen Gemeinschaftsflächen, wie das Treppenhaus oder der Hof.

2. Keine Grundsatzentscheidung des BGH

Bislang gibt es hierzu noch keine Grundsatzentscheidung des BGH. Er hat bisher lediglich zu der Frage Stellung bezogen, inwieweit Mieter einen Rollstuhl oder einen Kinderwagen im Treppenhaus abstellen dürfen. Hierzu hat der BGH klargestellt, dass ein Mieter normalerweise einen Rollstuhl oder Kinderwagen im Treppenhaus abstellen darf, wenn er darauf angewiesen ist und die Größe des Treppenhauses das Abstellen zulässt (10.11.06, V ZR 46/06, WuM 07, 29). Ob dieser Grundsatz auf Fahrräder übertragbar ist, ist zweifelhaft.

3. Beispiele aus der Rechtsprechung

Zur Frage, inwieweit das Abstellen von Fahrrädern eine vertragsgemäße oder vertragswidrige Nutzung der Mietsache darstellt, gibt es einige Beispiele aus der unterinstanzlichen Rechtsprechung.

Beispiel 1: Fahrrad auf dem Hof

Mieter M. nutzte einen Fahrradanhänger (110 × 89 × 80 cm) zum Transport von zwei Kleinkindern, die 16 Monate und zwei Jahre alt sind. Vermieter V. verlangte von ihm, dass er diesen vom Hof entfernt und stattdessen nach jeder Nutzung im Keller des Mehrfamilienhauses abstellt.

Das AG Berlin-Schöneberg entschied, dass der Mieter den Fahrradanhänger auf dem Hof des Mehrfamilienhauses abstellen darf und wies die Klage des Vermieters ab. Das Gericht begründete das damit, dass der Keller des Mieters keine zumutbare Abstellmöglichkeit darstellt. Das ergibt sich daraus, dass er beim Hinuntertragen nicht gleichzeitig die Kinder beaufsichtigen kann. Sie so lange alleine zu lassen, wäre unverantwortlich. Ein Mitnehmen der Kinder ist gerade aufgrund der Größe des Kinderwagens unmöglich, weil zumindest eins der Kinder die Treppe nicht ohne fremde Hilfe laufen kann. Demgegenüber führt das Abstellen des Fahrradanhängers im Hof zu keiner Beeinträchtigung anderer Personen. Ebenso wenig wird der Lichteinfall in eine Souterrainwohnung beeinträchtigt (12.12.05, 6 C 430/05, BeckRS 05, 30997321).

Beispiel 2: Fahrradtransport in Mietwohnung

Mieter M. eines Mehrfamilienhauses trug regelmäßig sein Fahrrad in seine Mietwohnung im zweiten Stock, um es in dieser abzustellen. Nachdem er dabei aus Versehen das Treppenhaus beschädigt hatte, verlangte Vermieter V. von ihm, dass er dies künftig unterlässt. M. war hiermit nicht einverstanden.

Das AG Hamburg-Altona entschied, dass er hierzu das Treppenhaus benutzen darf und wies die Klage des Vermieters ab. Das Gericht begründete das damit, dass der Vermieter nicht den Transport des Fahrrads im Mietvertrag untersagt hatte. Dessen ungeachtet stellt das Abstellen des Fahrrads in der Wohnung des Mieters eine vertragsgemäße Nutzung der Mietsache dar.

Hiergegen spricht nach Auffassung des AG Hamburg-Altona nicht, dass der Mieter das Rad auf einem anmietbaren Fahrradabstellplatz hätte abstellen können. Das ergibt sich einmal daraus, dass der Mieter für die Kosten hätte aufkommen müssen. Darüber hinaus hätte die Gefahr bestanden, dass das Fahrrad dort beschädigt oder gestohlen wird. Des Weiteren wäre es dort der Witterung ausgesetzt worden. Schließlich gab das Gericht zu bedenken, dass es in Großstädten üblich ist, das Fahrrad mit in die Wohnung zu nehmen (5.7.19, 318c C 1/19, ZMR 19, 875). Dieses Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.

Beispiel 3: Fahrradtransport in WEG-Wohnung

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft hatte den folgenden Beschluss gefällt: „Fahrräder dürfen nur in den gemeinschaftlichen Fahrradräumen, auf dem privaten Tiefgaragenstellplatz oder im privaten Kellerraum abgestellt werden. Ein Transport in die Wohnungen ist nicht zulässig.“ Gegen diesen Beschluss wandte sich Eigentümer E. Er verwies darauf, dass er ein hochwertiges Fahrrad im Wert von rund 3.000 EUR besitzt. Weil es in der Anlage bereits zu mehreren Diebstählen aus dem nicht ausreichend gesicherten Fahrradraum gekommen sei, wollte er sein Fahrrad in seiner Wohnung abstellen. Von daher war er der Ansicht, dass ihm erlaubt sein müsse, das Fahrrad durch das Treppenhaus zu transportieren.

Das LG München I sah das – ebenso wie die Vorinstanz – anders. Der WEG-Beschluss sei rechtmäßig ergangen, weil er den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Nach Ansicht der Richter wird durch das Transportverbot nicht der Kernbereich des Eigentums betroffen. Der Eigentümer werde nicht dadurch diskriminiert, dass Kinderwagen, Rollstühle und Rollatoren in die Wohnung transportiert werden dürfen. Denn diese Gegenstände werden gebraucht, damit die jeweiligen Hausbewohner zur Wohnung gelangen können (23.11.17, 36 S 3100/17 WEG, ZWE 18, 176).

Beispiel 4: Fahrrad braucht nicht im Fahrradkeller abgestellt werden

Die Hausordnung eines Mehrfamilienhauses sah vor, dass die Mieter ihre Fahrräder im Fahrradabstellraum abstellen müssen. Hiermit war Mieterin M. nicht einverstanden. Sie wollte ihr Fahrrad in ihrem eigenen Keller aufbewahren.

Das AG Münster entschied, dass der Vermieter dulden muss, dass die Mieterin ihr Rad in ihrem eigenen Keller abstellt. Denn es handele sich bei ihrem Fahrrad um ein wertvolles Rennrad, das aus dem Fahrradkeller eher entwendet werden kann. Darüber hinaus passt es auch nicht in die normalen Fahrradständer (2.6.93, 7 C 127/93, WuM 94, 198).

Beispiel 5: Ein Fahrrad ist kein Rollator

Vermieter V. wandte sich dagegen, dass Mieterin M., die im ersten Stock eines Mehrfamilienhauses wohnte, ihren Rollator am Treppenabgang neben dem Eingang im Hausflur abstellte. Er verwies darauf, dass der Hausflur dann zu eng sei. Von daher müsse M. ihren Rollator – ebenso wie ein Fahrrad – vor der Haustür abstellen, wenn sie ihn nicht mehr in den Keller bringen kann. Die Hausordnung sah vor, dass Fahrräder u. Ä. nicht und Kinderwagen nur übergangsweise im Hausflur abgestellt werden können, wenn diese nicht den Durchgang versperren oder für ältere Bewohner eine Behinderung darstellen.

Das LG Hannover sah das – wie das AG Hannover als Vorinstanz (13.5.05, 503 C 3987/05) – anders als der Vermieter. Die Richter verwiesen darauf, dass ein Rollator nicht mit einem Fahrrad gleichgesetzt werden darf. Denn bei einem Rollator geht es darum, dass behinderte Personen sich bewegen können und dadurch mehr Lebensqualität haben. Sie sind daher auf einen Abstellplatz angewiesen. Allerdings muss die Mieterin ihn zusammenklappen, damit eine ordnungsgemäße Nutzung des Treppenhauses möglich ist. Dies sei für die übrigen Mieter hinnehmbar, weil die Nutzung des Treppenhauses dann nur geringfügig beeinträchtigt wird (17.10.05, 20 S 39/05, WuM 06, 189).

4. Fazit

Wo Mieter ihr Fahrrad abstellen dürfen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Jedoch können Vermieter hier eher Verbote aussprechen – vor allem auf engen Gemeinschaftsflächen, wie etwa im Treppenhaus – als das bei Rollstühlen und Rollatoren der Fall ist. Das ergibt sich vor allem aus der Entscheidung des LG München I und der Entscheidung des LG Hannover als Umkehrschluss. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass behinderte Menschen dringend auf ihre Hilfsmittel angewiesen sind.

Praxistipp | Vermieter sollten klar im Mietvertrag bzw. in der Hausordnung regeln, wo Fahrräder abgestellt werden dürfen. Am besten stellen sie eine Abstellmöglichkeit im Fahrradkeller zur Verfügung und sorgen für gute Zugangsmöglichkeiten, etwa über eine Rampe. Das würde auch behinderten Mietern entgegenkommen, die Rad fahren können.

AUSGABE: MK 6/2025, S. 112 · ID: 50409713

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