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WohnraummieteKeine Hinweispflicht des Vermieters auf erhöhtes Lüftungserfordernis
. 238586
| Bei Einbau neuer Fenster vor Abschluss des Mietvertrags muss der Vermieter den Mieter nicht auf die Notwendigkeit eines erhöhten Lüftungserfordernisses hinweisen (LG Hanau 2.6.23, 2 S 106/22, Abruf-Nr. 238586). |
Der Mieter verlangte von seinem Wohnungsvermieter u. a. Schadenersatz für seine beschädigte Küche. Er behauptete, der schimmelbedingte Schaden sei aufgrund baulicher Mängel entstanden. Das AG wies dies zurück und stützte sich dabei auf die Feststellungen mehrerer Gutachter. Es folgte der Rechtsprechung des BGH und ging davon aus, dass der Vermieter beweisen müsse, dass der Schimmel nicht durch bauliche Umstände verursacht wurde. Dies sei dem Vermieter gelungen, da das Gebäude nach den damals geltenden Baunormen errichtet wurde. Der Sachverständige habe zwar einen Verstoß gegen die DIN 1946-6 festgestellt und den Schimmel auf den Einbau einer Zentralheizung und „zu dichter“ Fenster zurückgeführt, die aber jeweils als solche keinen Mangel nach § 536 BGB darstellen würden. Der Sachverständige habe eine für den Mieter unzumutbare Notwendigkeit überobligatorischen Lüftens nicht bejaht.
Die Berufung des Mieters blieb erfolglos. Bei Nichtvorliegen abweichender Parteivereinbarungen müsse die Mietsache dem bei ihrer Errichtung herrschenden Stand der Technik entsprechen, wie er sich etwa in den zu diesem Zeitpunkt bestehenden DIN-Normen niederschlage, so das LG. Es liege also kein Mangel i. S. d. § 536 BGB vor (Verweis auf BGH 5.12.18, VIII ZR 271/17 und VIII ZR 67/18). Erörterungen dazu, ob die Abweichung von einer späteren DIN-Norm schadenskausal war, wie dies das AG angestellt habe, seien entbehrlich. Maßgeblich sei, welche Norm bei Errichtung des Hauses galt.
Aus der Feststellung des Sachverständigen, die Fenster würden „zu dicht“ schließen, könnten keine Rückschlüsse gezogen werden, weil es für das Gebäude keine entsprechenden DIN-Vorgaben gebe und weil der Einbau neuer Fenster auch keine umfassende Sanierung darstelle. Nur eine Sanierung, die einem Neubau gleiche, würde die Hochstufung des Gebäudes in eine jüngere Altersklasse bedingen, für die neuere technische Vorgaben anwendbar seien (BGH 5.6.13, VIII ZR 287/12). Das werde zwar teilweise anders beurteilt, wenn der Vermieter die Fenster im laufenden Mietverhältnis austausche (LG Lübeck 9.1.90, 14 S 60/89; AG Emden 28.10.88, 5 C 1197/86). Dieser Fall liege aber nicht vor. Ziehe ein neuer Mieter Jahre nach dem Einbau neuer Fenster ein, müsse der Vermieter ihn nicht auf ein bestimmtes Lüftungsverhalten hinweisen (LG Detmold 7.10.15, 10 S 42/15; AG Nürtingen 9.6.10, 42 C 1905/09).
Beachten Sie | Andere Gerichte gehen von einer Aufklärungspflicht des Vermieters aus: Wird der Mieter nach dem Einbau von isolierverglasten Fenstern nicht auf das Erfordernis zusätzlichen Lüftens hingewiesen, haftet er nicht für Feuchtigkeitsschäden, die nur dadurch entstehen, weil er sein bisheriges ausreichendes – aber jetzt unzulängliches – Lüftungsverhalten beibehalten hat (LG Lübeck 9.1.90, 14 S 60/89; AG Stadthagen 22.10.86, 4 C 1011/85). Der Mieteranwalt sollte daher Ansprüche aus culpa in contrahendo und § 280 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB im Blick behalten.
AUSGABE: MK 1/2024, S. 1 · ID: 49812562