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GesetzgebungJahressteuergesetz 2024 in „trockenen Tüchern“

Abo-Inhalt02.12.20246 Min. LesedauerVon Dipl.-Bw. (FH) StB Christian Westhoff, Datteln

| Am 18.10.24 hat der Bundestag in 2. und 3. Lesung den durch den Finanzausschuss (umfangreich) geänderten Gesetzentwurf für ein Jahressteuergesetz (JStG) 2024 beschlossen. Da auch der Bundesrat am 22.11.24 zugestimmt hat, ist das Gesetz also nun in „trockenen Tüchern“. Nachfolgend werden wichtige Neuerungen bei der Einkommen- und Umsatzsteuer vorgestellt. |

1. Einkommensteuer

Mobilitätsbudgets: Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die geplante Erweiterung der bisherigen Pauschalbesteuerungsvorschriften um Möglichkeiten zur Nutzung moderner Fortbewegungsmöglichkeiten (wie z. B. E-Scooter, Sharing-Angebote und Fahrtdienstleistungen) nun doch nicht umgesetzt wurde.

1.1 Steuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen (§ 3 Nr. 72 EStG)

Die für die Anwendung der Steuerbefreiung zulässige Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister wird von 15 kW (peak) auf 30 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit erhöht. Durch die Änderung wird weiter klargestellt, dass auch bei Gebäuden mit mehreren Gewerbeeinheiten (aber ohne Wohneinheiten) Photovoltaikanlagen bis zu 30 kW (peak) je Gewerbeeinheit begünstigt sind.

Merke | Die Neuregelung gilt für Anlagen, die nach dem 31.12.24 angeschafft, in Betrieb genommen oder erweitert werden.

1.2 E-Bilanz

Die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung von Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen (E-Bilanz, § 5b EStG) wird auch auf die zugrunde liegenden Kontennachweise, das Anlagenverzeichnis sowie die Verzeichnisse nach § 5 Abs. 1 S. 2 EStG und § 5a Abs. 4 EStG erstreckt.

Die Übermittlungsverpflichtung für den Anlagenspiegel, die sich bislang zum Teil aus handelsrechtlichen Regelungen ergibt, wird jetzt ausdrücklich in § 5b Abs. 1 EStG geregelt. Jede für steuerliche Zwecke zu erstellende Bilanz ist ebenfalls von der Übermittlungspflicht umfasst. Das gilt auch für den Anhang, den Lagebericht, den Prüfungsbericht und die Verzeichnisse nach § 5 Abs. 1 S. 2 und § 5a Abs. 4 EStG.

Anwendung: Die Übermittlungspflicht der Kontennachweise gilt für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.24 beginnen. Die weiteren neuen Übermittlungspflichten finden erst für Wirtschaftsjahre Anwendung, die nach dem 31.12.27 beginnen.

1.3 Beteiligungsidentische Personengesellschaften: Buchwertübertragung

§ 6 Abs. 5 EStG ermöglicht unter den dort genannten Voraussetzungen eine steuerneutrale Überführung bzw. Übertragung von Wirtschaftsgütern. Etwaige stille Reserven werden somit nicht aufgedeckt.

Das BVerfG (Beschluss vom 28.11.23, 2 BvL 8/13) hat entschieden, dass § 6 Abs. 5 S. 3 EStG mit dem Grundgesetz unvereinbar ist, soweit beteiligungsidentische Personengesellschaften von Übertragungen von Wirtschaftsgütern zum Buchwert ausgeschlossen werden. Dies wird nun die Neuregelung in § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 4 EStG ermöglichen.

Anwendung: Gilt rückwirkend für alle offenen Fälle.

Merke | Auf gemeinsamen Antrag der Mitunternehmer zum Zeitpunkt der Übertragung kann aus Vertrauensschutzgründen für Übertragungen vor dem 12.1.24 von einer Anwendung des § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 4 EStG abgesehen werden (§ 52 Abs. 12 EStG).

1.4 Bonusleistungen der gesetzlichen Krankenkassen

Die von einer gesetzlichen Krankenkasse auf Basis von § 65a SGB V gewährte Geldprämie (Bonus) für gesundheitsbewusstes Verhalten kann eine die Sonderausgaben mindernde Beitragserstattung darstellen. Hierzu hat das BMF mit Schreiben vom 16.12.21 eine Vereinfachung geschaffen:

  • Bonusleistungen bis zur Höhe von 150 EUR pro versicherte Person stellen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung dar und mindern die Sonderausgaben nicht.

Beachten Sie | Diese Regelung wurde ursprünglich bis Ende 2023 befristet und dann für bis zum 31.12.24 geleistete Zahlungen verlängert (BMF 28.12.23, IV C 3 - S 2221/20/10012 :005). Die Vereinfachungsregelung wird nun ab 2025 gesetzlich verstetigt.

1.5 Kinderbetreuungskosten

Kinderbetreuungskosten können nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG als Sonderausgaben steuerlich absetzbar sein. Folgende Aspekte sind hier zu beachten:

Merke | Ab 2025 wird die Abzugsmöglichkeit von 2/3 der Aufwendungen auf 80 % der Aufwendungen und der Höchstbetrag von 4.000 EUR je Kind auf 4.800 EUR je Kind erhöht.
  • Abzug von 2/3 der Betreuungsleistungen, maximal 4.000 EUR/Jahr (wirksam damit 6.000 EUR).
  • Der Abzug ist zulässig für haushaltszugehörige Kinder unter 14 Jahren (oder Behinderung, Eintritt vor dem 25. Lebensjahr, Übergangsregel 27. Lebensjahr).
  • Grundsätzlich erforderlich: Rechnung und Überweisung.
  • Nicht abziehbar: Kosten für Sachleistungen und die Vermittlung besonderer Fähigkeiten (z. B. Musik-, Sprach-, Sportunterricht).

1.6 Verlustverrechnungsbeschränkung bei Termingeschäften

Verluste aus Termingeschäften dürfen nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und solchen aus Stillhalterprämien, nicht aber mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen ausgeglichen und verrechnet werden. Darüber hinaus sind der Verlustausgleich und die Verlustverrechnung auch der Höhe nach auf jährlich 20.000 EUR beschränkt.

Nicht ausgeglichene Verluste sind in die Folgejahre vorzutragen und dort jeweils i. H. von 20.000 EUR mit Gewinnen aus Termingeschäften oder mit Einkünften aus Stillhalterprämien zu verrechnen.

Beachten Sie | Der BFH (7.6.24, VIII B 113/23) hält diese Regelung (§ 20 Abs. 6 S. 5 EStG) für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Merke | Mit der Streichung des gesonderten Verlustverrechnungskreises für Termingeschäfte und der betragsmäßigen Beschränkung der Verrechenbarkeit von Verlusten aus Forderungsausfällen wird dem Vereinfachungsaspekt der Abgeltungsteuer wieder mehr Bedeutung zukommen. Gleichzeitig wird den verfassungsrechtlichen Bedenken des BFH Rechnung getragen.

Anwendung: Gilt grundsätzlich in allen offenen Fällen.

1.7 Private Veräußerungsgeschäfte

Private Veräußerungsgeschäfte mit Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Verkauf nicht mehr als zehn Jahre beträgt, unterliegen der Besteuerung (§ 23 EStG). Ausgenommen sind aber Wirtschaftsgüter, die

  • im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder
  • im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.

Der BFH (26.9.23, IX R 13/22) hatte entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung Folgendes entschieden: Derjenige, der als Beteiligter einer Erbengemeinschaft einen Erbanteil an einer Erbmasse erwirbt, zu der auch ein Grundstück gehört, das er nachfolgend innerhalb von zehn Jahren veräußert, löst keinen Vorgang nach § 23 EStG aus.

Als Reaktion auf das Urteil des BFH wurde in § 23 EStG eine steuerzahlerunfreundliche Anpassung vorgenommen. Hier wurden die Wörter „oder Gesamthandsvermögen“ ergänzt.

Anwendung: Die Regelung gilt in allen offenen Fällen.

1.8 Abziehbarkeit von Unterhaltsaufwendungen (§ 33a Abs. 1 S. 12 EStG)

Ein Abzug von Unterhaltsaufwendungen bei Zahlung von Geldzuwendungen wird künftig nur durch Banküberweisung anerkannt. Bislang werden auch andere Zahlungswege zugelassen (z. B. Mitnahme von Bargeld bei Familienheimfahrten).

Nachweiserleichterungen können nach allgemeinen Billigkeitsgrundsätzen bei Vorliegen besonderer Verhältnisse (beispielsweise im Fall eines Krieges) im Wohnsitzstaat der unterhaltenen Person aufgrund einer darauf beruhenden Verwaltungsregelung gewährt werden.

Anwendung: Gilt ab dem VZ 2025.

1.9 Haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen

Voraussetzung für alle Steuerermäßigungen nach § 35a EStG ist der Erhalt einer Rechnung und die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers. Nach Auffassung des BFH (12.4.22, VI R 2/20) ging dies aus dem bisherigen Wortlaut des § 35a Abs. 5 S. 3 EStG im Hinblick auf Pflege- und Betreuungsleistungen nicht eindeutig hervor.

Anwendung: Gilt ab dem VZ 2025.

2. Umsatzsteuer

2.1 Reform der Kleinunternehmerregelung

Im neuen § 19 Abs. 1 UStG werden von inländischen Kleinunternehmern bewirkte Umsätze von der Umsatzsteuer befreit. Mit Wirkung ab 2025 wird also eine echte Steuerbefreiung eingeführt (bislang wird die Umsatzsteuer bei Kleinunternehmern „nicht erhoben“).

Voraussetzung für die Befreiung ist, dass Umsatzgrenzen eingehalten werden. Diese werden wie folgt angehoben: von 22.000 EUR im vorangegangenen Jahr auf 25.000 EUR und im laufenden Jahr von 50.000 EUR auf 100.000 EUR. Bei Überschreiten der 100.000 EUR-Grenze kommt es zu einem unterjährigen Wegfall der Kleinunternehmerregelung!

Beachten Sie| Alle Aspekte zur Neuregelung lesen Sie in dieser Ausgabe im Beitrag „Die neue Kleinunternehmerregelung ab 1.1.25“ (MBP 24, 212).

2.2 Änderungen beim Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs (§ 15 Abs. 1 UStG)

Unterliegt der Leistungserbringer der Ist-Besteuerung, kann der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug künftig erst dann und insoweit geltend machen, als er eine Zahlung auf eine an ihn ausgeführte Leistung erbracht hat.

Anwendung: Die Neuregelung ist erstmals auf Rechnungen anzuwenden, die nach dem 31.12.27 ausgestellt werden.

2.3 Weitere Änderungen

Zudem erfolgen bei der Umsatzsteuer Änderungen bzw. Anpassungen in diesen Bereichen:

AUSGABE: MBP 12/2024, S. 206 · ID: 50230465

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