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UmsatzsteuerDie neue Kleinunternehmerregelung ab 1.1.25

Abo-Inhalt04.12.20248 Min. LesedauerVon Dipl.-Finw. (FH) Thomas Meurer, Baesweiler

| Bedingt durch eine Änderung des EU-Rechts muss auch Deutschland seine Regelungen zum Kleinunternehmer (§ 19 UStG) zum 1.1.25 umfassend ändern. Dies erfolgt durch das JStG 2024, dem der Bundesrat am 22.11.24 zugestimmt hat. Neben vielen Anpassungen am bisherigen System kann die Regelung auch erstmalig im EU-Ausland in Anspruch genommen werden. Hierzu wird ein neues Meldeverfahren in § 19a UStG eingeführt. |

1. Musterfall

Die bisherige und die neue Rechtslage werden an diesem Beispiel verdeutlicht:

Ausgangsbeispiel
Der deutsche Händler U hat folgende Umsätze:
Inländische Umsätze 2023
20.000 EUR
Prognose für 2024
25.000 EUR
Tatsächliche inländische Umsätze 2024
23.000 EUR
Umsätze 2024 in den Niederlanden
1.000 EUR
Umsätze 2024 in Belgien
20.000 EUR
Prognose für 2025
40.000 EUR
Tatsächliche inländische Umsätze 2025
120.000 EUR(bis 30.9.25: 99.999 EUR)
Umsätze 2025 in den Niederlanden
5.000 EUR
Umsätze 2025 in Belgien
20.000 EUR

1.1 Regelung bis zum 31.12.24

Die für im Inland ausgeführte Umsätze geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland ansässig sind, nicht erhoben, wenn der Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 EUR nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird (§ 19 Abs. 1 UStG a. F.).

Bis dato gilt die Kleinunternehmerregelung nur für inländische Umsätze. Im Vorjahr (2023) haben die Umsätze des U die Grenze von 22.000 EUR nicht überschritten. Zudem war die Prognose zu Jahresbeginn geringer als 50.000 EUR. Demnach ist U für 2024 Kleinunternehmer (= keine Erhebung der Steuer).

Die Prognose war bislang auch dann weiterhin maßgeblich, wenn sich das Unternehmen im Laufe des Jahres anderweitig entwickelt hat und die Grenze von 50.000 EUR deshalb überschritten wurde.

Beachten Sie | Die Umsätze in den Niederlanden und in Belgien sind hiervon aber nicht berührt. U muss sich daher in den Niederlanden und in Belgien registrieren und dort die jeweilige Steuer abführen, auch wenn die Umsätze unterhalb der (in- und ausländischen) Kleinunternehmerschwelle liegen.

1.2 Die Neuregelung ab dem 1.1.25

Die Neuregelung dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2020/285 des Rates vom 18.2.20 in Bezug auf die Sonderregelung für Kleinunternehmen. Darin wurden die Mitgliedstaaten bis zum 31.12.24 verpflichtet, die zur Umsetzung dieser Richtlinie erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen. Dies erfolgt nun durch das JStG 2024.

Ein von einem im Inland ansässigen Unternehmer bewirkter steuerbarer Umsatz ist nun steuerfrei, wenn der Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 25.000 EUR nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr 100.000 EUR nicht überschreitet. Bereits aus der Neufassung des § 19 Abs. 1 UStG lassen sich wesentliche Unterschiede festhalten:

  • Es liegt nun – wie im Unionsrecht immer schon – eine Steuerfreiheit anstatt einer Nichterhebung vor.
  • Der Umstand, dass ein Kleinunternehmer keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug hat, ergibt sich nicht mehr aus § 19 Abs. 1 S. 4 UStG a. F., sondern ganz allgemein aus § 15 Abs. 2 UStG. Eine Rückausnahme ist nicht möglich (§ 15 Abs. 3 S. 2 UStG n. F.). Auch spätere Änderungen der Verhältnisse werden nicht mehr über einen Sondertatbestand (§ 15a Abs. 7 UStG a. F.) abgebildet, sondern fallen unter die „normalen“ Vorschriften (§ 15a Abs. 1 bis 4 UStG).
  • Die Vorjahresgrenze wird auf 25.000 EUR angehoben.
  • Die Grenze für das laufende Jahr wird auf 100.000 EUR erweitert. Es erfolgt für das laufende Jahr aber keine Prognose mehr, vielmehr ist der laufende Umsatz (und alle nachfolgenden), mit dem die Grenze von 100.000 EUR überschritten wird, zu besteuern. Die bisherigen Umsätze des Jahres bleiben aber bis zur 100.000 EUR-Grenze steuerfrei.

§ 19 UStG n. F. greift weiterhin nur für die inländischen Umsätze (vgl. aber die Ausführungen zu § 19a UStG n. F. unter Nr. 5). Unternehmer U hat im Ausgangsbeispiel im Jahr 2024 Umsätze i. H. von 23.000 EUR erzielt – und damit weniger als 25.000 EUR (= neue Schwelle). Auf eine etwaige Prognose zu Beginn des Jahres 2025 kommt es nicht mehr an. Vielmehr tritt ab dem Umsatz, der die Schwelle von 100.000 EUR überschreitet, eine Steuerpflicht ein (hier ab 10/25). Die 99.999 EUR bis 9/25 bleiben steuerfrei.

Merke | Durch die Neuregelung müssen Kleinunternehmer die Umsätze laufend überwachen. Der Umsatz, der zum Überschreiten der 100.000 EUR-Schwelle führt, sollte bereits richtig mit Umsatzsteuer berechnet und hierfür (nachträglich) Vorsteuern gezogen werden.

Beachten Sie | Hat U im Ausgangsbeispiel z. B. im Zeitraum 7/25 Waren eingekauft, die er nun ab 10/25 steuerpflichtig verkaufen muss, kommt insoweit eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 2 UStG im Zeitpunkt der steuerpflichtigen Veräußerung in Betracht.

2. Andere Frist für Verzicht und Widerruf

Bislang konnte der Unternehmer bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung erklären, dass er auf die Anwendung der Regelung verzichtet. In dieser Spanne war auch ein (rückwirkender Widerruf) möglich (§ 19 Abs. 2 UStG a. F.).

Nun ist der Verzicht bis zum letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres gegenüber dem FA unwiderruflich zu erklären (also z. B. für 2025 bis zum 28.2.27). Der Unternehmer kann den Verzicht nun nur noch mit Wirkung von Beginn eines darauffolgenden Kalenderjahres an widerrufen (vgl. § 19 Abs. 3 UStG n. F.).

3. Neugründungen

Nimmt der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auf, ist § 19 Abs. 1 S. 1 UStG n. F. mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Gesamtumsatz im laufenden Kalenderjahr den Betrag von 25.000 EUR nicht überschreitet. Bereits der Umsatz, mit dem die Grenze überschritten wird, unterliegt der Regelbesteuerung. Die bis zum Zeitpunkt der Überschreitung bewirkten Umsätze sind steuerfrei. Dies ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zum JStG 2024 (Regierungsentwurf, BT-Drs. 20/12780).

Merke | Somit entfällt auch hier die Prognose und die ersten 25.000 EUR sind nach § 19 UStG steuerfrei. Möchte ein neues Unternehmen demnach von Anfang an Vorsteuern geltend machen, muss es (konkludent) auf § 19 UStG verzichten.

Keine Hochrechnung mehr: Übt der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur für einen Teil des Kalenderjahres aus, entfällt die bisherige Umrechnung nach § 19 Abs. 3 S. 3 UStG a. F. in einen Jahresgesamtumsatz.

4. Regelungen zur Kleinunternehmer-Rechnung

Mit § 34a UStDV n. F. wird erstmals eine vereinfachte Kleinunternehmer-Rechnung eingeführt. Im Vergleich zur „normalen“ Rechnung i. S. des § 14 Abs. 4 UStG ergeben sich u. a. folgende Besonderheiten:

Merke | Kleinunternehmer müssen (auch über die Übergangsregelung nach § 27 Abs. 38 UStG hinaus) keine elektronischen Rechnungen (E-Rechnungen) ausstellen. Zum Empfang von E-Rechnungen müssen sie allerdings in der Lage sein. Diese Erleichterung ist im Schreiben des BMF (15.10.24, III C 2 - S 7287-a/23/10001 :007) zu den elektronischen Rechnungen noch nicht enthalten.
  • Der Unternehmer kann anstatt seiner StNr. oder USt-IdNr. auch seine Kleinunternehmer-Identifikationsnummer (KU-IdNr.) angeben.
  • Das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung ist in einer Summe mit einem Hinweis darauf anzugeben, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer gilt.
  • Es ist nur das Ausstellungsdatum erforderlich, nicht aber die Angabe des Leistungszeitpunkts.

5. Kleinunternehmerregelung bei Umsätzen im EU-Ausland

Der neue § 19a UStG regelt das besondere Meldeverfahren, mit dem es inländischen Unternehmern ermöglicht wird, auch in anderen Mitgliedstaaten die Kleinunternehmerregelung anzuwenden. Das besondere Meldeverfahren dient der Prüfung der Voraussetzungen für die unionsweite Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung. Hierzu und zur (weiteren) Teilnahme am besonderen Meldeverfahren wird dem grenzüberschreitend tätigen inländischen Kleinunternehmer ein individuelles Identifikationsmerkmal – eine KU-IdNr. mit Annex „EX“ – durch das BZSt erteilt.

Die Teilnahme setzt nach § 19a Abs. 1 UStG n. F. weiter voraus, dass

Merke | Der Unternehmer muss die jeweiligen nationalen Umsatzgrenzen (in Deutschland 25.000 EUR und 100.000 EUR) einhalten. Zudem darf sein Umsatz in allen Mitgliedstaaten zusammen 100.000 EUR nicht überschreiten.
Für einen im Inland ansässigen Unternehmer, der ausschließlich im Inland die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer in Anspruch nimmt, gilt das besondere Meldeverfahren nicht. Somit wird in diesen Fällen keine KU-IdNr. erteilt.
  • 1. der Unternehmer nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmte Schnittstelle beim BZSt die Teilnahme am besonderen Meldeverfahren beantragt,
  • 2. der ermittelte Jahresumsatz des Unternehmers im Gemeinschaftsgebiet im vorangegangenen Kalenderjahr 100.000 EUR nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet,
  • 3. der Unternehmer die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme der Steuerbefreiung für Kleinunternehmer des Mitgliedstaats, der die Steuerbefreiung gewährt, erfüllt und
  • 4. der Unternehmer in keinem anderen Mitgliedstaat zur Anwendung der Steuerbefreiung für Kleinunternehmer registriert ist.

Ausgangsbeispiel: Im Grunde ist es für U nun möglich, die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer auch in den Niederlanden und in Belgien in Anspruch zu nehmen. Dies müsste er über das BZSt beantragen, das dann von den beiden Ländern eine Zustimmung einholen würde. Dafür müsste U auch die Schwellenwerte in Belgien (25.000 EUR) und den Niederlanden (20.000 EUR) einhalten. Zudem darf der Umsatz im Gemeinschaftsgebiet, also in allen Mitgliedstaaten inklusive Deutschland zusammen, 100.000 EUR nicht überschreiten.

Die niederländischen bzw. belgischen Schwellen hat U sowohl in 2024 als auch in 2025 eingehalten. Auch die EU-Gesamtschwelle von 100.000 EUR wurde in 2024 nicht überschritten. In 2025 überschreitet der Umsatz des U aber die 100.000 EUR. Bis zu diesem Zeitpunkt kann U die Steuerfreiheit auch in Belgien und in den Niederlanden beanspruchen, wenn er sich zum besonderen Verfahren nach § 19a UStG anmeldet – danach allerdings nicht mehr.

5.1 Verfahrensrechtliche Abwicklung

Nach § 19a Abs. 3 UStG n. F. hat der Unternehmer für jedes Kalendervierteljahr eine Umsatzmeldung abzugeben. Der Unternehmer hat die Umsatzmeldung innerhalb eines Monats nach Ablauf des Kalendervierteljahrs dem BZSt nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmte Schnittstelle zu übermitteln.

Beachten Sie | Überschreitet der ermittelte Jahresumsatz im Gemeinschaftsgebiet 100.000 EUR, muss der Unternehmer dies binnen 15 Werktagen nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmte Schnittstelle dem BZSt anzeigen. Mit Überschreiten endet die Teilnahme am besonderen Meldeverfahren. In der Folge darf der Unternehmer die KU-IdNr. nicht mehr verwenden. Diese wird durch das BZSt deaktiviert. Umsatzmeldungen nach § 19a Abs. 3 UStG sind nicht mehr abzugeben.

5.2 EU-Unternehmer

Der § 19a UStG ist für im EU-Ausland ansässige Unternehmen national in § 19 Abs. 4 UStG n. F. geregelt. Danach kann auch ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer, dessen Jahresumsatz im Gemeinschaftsgebiet den unionsrechtlich vorgegebenen Grenzwert von 100.000 EUR im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet, für seine in Deutschland bewirkten Umsätze die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen. Voraussetzung ist, dass seine inländischen Umsätze unter den in § 19 Abs. 1 S. 1 UStG genannten Beträgen liegen und ihm für die Steuerbefreiung in Deutschland von seinem Ansässigkeitsstaat eine insoweit gültige KU-IdNr. erteilt oder bestätigt wurde. Die Prüfung des Jahresumsatzes im Gemeinschaftsgebiet obliegt dem Ansässigkeitsstaat.

6. Zusammenfassende Übersicht

Tabellarische Zusammenfassung zur Kleinunternehmerregelung (altes versus neues Recht)
bis zum 31.12.24
ab dem 1.1.25
Art der Begünstigung
Nichterhebung
Steuerbefreiung
Vorjahreswert
22.000 EUR
25.000 EUR
Wert laufendes Jahr
50.000 EUR
100.000 EUR
Prognose erforderlich
ja
nein
Folge bei Überschreiten der Grenze des laufenden Jahres
keine im laufenden Jahr; aber ab dem Folgejahr
Steuerpflicht des laufenden Umsatzes bis zum 31.12. und ab dem 1.1. des Folgejahres
Grenze bei Neugründungen
22.000 EUR
25.000 EUR
Prognose bei Neugründung
ja
nein
Folge bei Überschreiten der Grenze des Neugründungsjahres
keine im laufenden Jahr; aber ab dem Folgejahr
Steuerpflicht des laufenden Umsatzes bis zum 31.12. und ab dem 1.1. des Folgejahres
Hochrechnung bei unterjährigen Umsätzen
ja
nein
Frist für Verzicht
Formelle Bestandskraft (Einspruchsfrist)
Ende Februar des übernächsten Jahres
Rückwirkender Widerruf des Verzichts möglich
ja, innerhalb formeller Bestandskraft (Einspruchsfrist)
nein
Vorsteuerabzug
nein, § 19 Abs. 1 S. 4 UStG
nein, § 15 Abs. 2 UStG
Auch für Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat möglich
nein
ja, nach § 19a UStG
Besondere Rechnungsangaben
nein, nur kein gesonderter Steuerausweis erlaubt, § 19 Abs. 1 S. 4 UStG
ja, § 34a UStDV

AUSGABE: MBP 12/2024, S. 212 · ID: 50156291

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