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ArbeitgeberleistungenDie lohnsteuerlichen Spielregeln für die Überlassung und Übereignung von Jobrädern

Top-Beitrag Abo-Inhalt 02.09.2024 7 Min. Lesedauer Von Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Die Überlassung eines Jobrads ist en vogue. Die Kosten sind gering, die Umsetzung ist einfach – und die Gesundheit wird gefördert. Auch finanziell ist die Überlassung eines Jobrads attraktiv. Der folgende Beitrag macht Sie mit den lohnsteuerlichen Regelungen vertraut und erläutert anhand von Beispielen, wo die Vorteile für Arbeitnehmer liegen. |

Lohnsteuerliche Spielregeln bei Überlassung des Jobrads

Die Überlassung eines Jobrads wirkt sich bei Arbeitnehmern steuerlich wie folgt aus:

Grundsatz: Geldwerter Vorteil ist lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn

Überlassen Arbeitgeber einem Arbeitnehmer ein Jobrad zur privaten Nutzung, stellt dies einen geldwerten Vorteil bei dem Arbeitnehmer dar.

Der geldwerte Vorteil zählt grundsätzlich zum steuer- und beitragspflichtigen Arbeitslohn (Sachbezug, § 19 Abs. 1 Nr. 1 und § 8 Abs. 1 EStG). Daher ist der geldwerte Vorteil gemäß § 8 Abs. 2 S. 10 EStG i. V. m. dem gleichlautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 09.01.2020 (Abruf-Nr. 213598) mit monatlich ein Prozent der auf volle 100 Euro abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Jobrads einschl. Umsatzsteuer anzusetzen.

Diese Pauschale deckt sämtliche Fahrten des Arbeitnehmers ab. Dazu zählen z. B. Privatfahrten, Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder Fahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung.

Beispiel „Jobrad als steuerpflichtiger Arbeitslohn“

Betrieb A überlässt der angestellten Arbeitnehmerin M ein Jobrad. Der Listenpreis bei Erwerb betrug brutto 2.500 Euro.
Lösung:
  • M fließt mit dem Jobrad ein steuer- und beitragspflichtiger Vorteil zu. Dieser ist mit monatlich 25 Euro anzusetzen (2.500 Euro x 1 %). Der 50-Euro-Sachbezugsfreibetrag des § 8 Abs. 2 S. 11 EStG ist nicht anwendbar.
  • Die monatlich vom Arbeitgeber zu zahlende Umsatzsteuer beträgt hiervon 19 Prozent, also 3,99 Euro (25,00 : 119 x 19).

Leistet der Arbeitnehmer eine Zuzahlung an den Arbeitgeber, reduziert die Zuzahlung den steuerpflichtigen geldwerten Vorteil.

Abwandlung „Jobrad mit Zuzahlung“

M zahlt monatlich zehn Euro hinzu.
Lösung:
  • M fließt mit dem Jobrad ein steuer- und beitragspflichtiger Vorteil von lediglich monatlich 15 Euro zu (25 Euro ./. 10 Euro).
  • Die monatlich vom Arbeitgeber zu zahlende Umsatzsteuer beträgt 3,99 Euro.

Ausnahme 1: Geviertelte Besteuerung seit 2020

Einen besonderen Vorteil erzielen Arbeitnehmer, wenn Arbeitgeber ihnen das Jobrad erstmals nach dem 31.12.2019, aber noch vor dem 01.01.2031 überlassen. Seit dem Jahr 2020 wird als monatlicher Arbeitslohn für das Kalenderjahr nämlich nur ein Viertel der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers (abgerundet auf volle 100 Euro) inkl. Umsatzsteuer angesetzt.

Beispiel: Geviertelter Betrag als Arbeitslohn (nach dem 31.12.2019)

Betrieb A überlässt der angestellten Arbeitnehmerin M im Jahr 2024 ein Fahrrad auch zur privaten Nutzung (Bruttolistenpreis bei Erwerb 3.000 Euro).
Lösung:
  • Eigentlich müssten bei M monatlich 30 Euro (3.000 Euro x 1 %) als steuer- und beitragspflichtiger Arbeitslohn berücksichtigt werden. Aufgrund der Überlassung nach dem 31.12.2019 reduziert sich der geviertelte und auf volle 100 Euro abgerundete Betrag auf 700 Euro, sodass monatlich lediglich sieben Euro (ein Prozent) als steuer- und beitragspflichtiger Arbeitslohn zu behandeln sind.
  • Umsatzsteuerlich ist auch die Ein-Prozent-Regelung anwendbar, aber ohne Viertelung des Listenpreises. Die monatliche Umsatzsteuerschuld des Arbeitgebers beträgt: 4,79 Euro (3.000 Euro x 1 % = 30 Euro, darin 19 % USt).

Ausnahme 2: Steuer- und Beitragsfreiheit bei Jobrad „on top“

Das Jobrad kann auch komplett steuer- und beitragsfrei sein (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV). Hierzu muss das Jobrad dem Arbeitnehmer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn überlassen werden. Dann gilt nach § 3 Nr. 37 EStG die Lohnsteuerbefreiung. Diese ist zudem nicht auf ein Jobrad je Arbeitnehmer begrenzt (Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung vom 20.11.2017, Az. S2334.21122/4 St.32).

Damit ist eine Begünstigung insbesondere bei Gehaltsverzicht oder -umwandlung zugunsten des Jobrads ausgeschlossen. Das Jobrad muss „on top“ überlassen werden. Konkret definiert § 8 Abs. 4 EStG, dass Leistungen immer dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden, wenn

  • 1. die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
  • 2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
  • 3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
  • 4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.

Wird einer der Punkte mit „Ja“ beantwortet, liegt keine zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährte Leistung vor. Damit ist die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 37 EStG ausgeschlossen.

Schädliche und unschädliche Beispiele für Jobrad
Schädliche Beispiele – So geht es nicht:
Der Arbeitnehmer erhält ein Jobrad und verzichtet dafür
  • a) auf ein bereits zugesagtes oder vereinbartes Urlaubsgeld,
  • b) auf eine bereits zugesagte oder vereinbarte Gehaltserhöhung,
  • c) auf einen Teil seines vereinbarten Grundgehalts,
  • d) auf die Auszahlung von Überstunden oder Ähnliches oder
  • e) auf eine zugesagte oder vereinbarte Prämie bzw. Gewinnbeteiligung.
Unschädliche Beispiele – So geht es:
  • a) Der Arbeitnehmer erhält ein Jobrad, ohne dass dafür im Gegenzug andere Zahlungen/Ansprüche wegfallen.
  • b) Eine bisher freiwillig gezahlte Sonderzahlung (z. B. Urlaubs- oder Weihnachtsgeld) wird zugunsten eines Jobrads nicht mehr gezahlt. (Achtung: Betriebliche Übung und Arbeitsverträge beachten!).

Hierzu zwei Beispiele zur Veranschaulichung – ein Beispiel mit Jobrad on top und eines über Jobrad über Gehaltsumwandlung.

Beispiel „Jobrad on top“

Arbeitgeber A überlässt seiner Mitarbeiterin E 2024 zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn ein Fahrrad mit UVP 2.980 Euro zur privaten Nutzung.
Lösung:
  • Die Überlassung löst aufgrund der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 37 EStG keine Lohnsteuer aus.
  • A muss monatlich 4,63 Euro Umsatzsteuer abführen, weil die Steuerbefreiung nicht für die USt gilt (UVP 2.980, abgerundet auf 2.900 Euro x 1 %).

Beispiel „Jobrad über Gehaltsumwandlung“

Der Arbeitgeber überlässt seinem Arbeitnehmer M ab 2024 gegen Gehaltsumwandlung ein Fahrrad mit UVP von 3.290 Euro. F verzichtet hierfür monatlich auf 50 Euro seines Gehalts.
Lösung:
  • Der lohnsteuerliche geldwerte Vorteil beträgt acht Euro/Monat (3.290 Euro x ¼ = 822,50 Euro abgerundet auf 800 Euro x 1 %).
  • Die monatliche Umsatzsteuerschuld beträgt 5,11 Euro (3.200 Euro x 1 % = 32 Euro, darin 19 % Umsatzsteuer).

Entfernungspauschale als Werbungskosten ansetzbar

Fährt der Arbeitnehmer mit dem Jobrad täglich zur ersten Tätigkeitsstätte, kann er die Entfernungspauschale von 0,30 Euro je Kilometer (einfache Entfernung) und Tag als Werbungskosten geltend machen (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG).

Übereignung des Jobrads an den Arbeitnehmer

Übereignen Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das überlassene Jobrad nach einer gewissen Zeit, wenden sie ihm einen Sachbezug zu – das Fahrrad.

Das BMF gestattet, dass bei Leasingverträgen nach drei Jahren Laufzeit zur Vereinfachung unterstellt werden kann, dass sich der aktuelle Wert auf 40 Prozent der auf volle 100 Euro abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers einschl. Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Inbetriebnahme beläuft (BMF, Schreiben vom 17.11.2017, Az. IV C 5 – S 2334/12/10002-04, Abruf-Nr. 197765, Rz. 3). Analog kann also davon ausgegangen werden, dass die Finanzverwaltung einen Wertverzehr von 20 Prozent pro Nutzungsjahr akzeptiert. Wird ein Jobrad nach vier Jahren einem Arbeitnehmer übereignet, können 20 Prozent des Neuwerts als Vorteil angesetzt werden.

Praxistipp | Beträgt der Vorteil maximal 50 Euro, kann dieser nach § 8 Abs. 2 S. 11 EStG steuerfrei sein. Zudem besteht die Möglichkeit, die Steuer gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 7 EStG mit 25 Prozent zu pauschalieren. Dann entfallen zugleich die Sozialabgaben (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 SvEV).

Wichtig | Obige Grundsätze gelten auch, wenn der Arbeitnehmer das Jobrad von einem Dritten (z. B. Leasinggeber) erwerben sollte. Hier unterliegt der Vorteil (Differenz zwischen aktuellem Wert und Zuzahlung) als Arbeitslohn von dritter Seite ebenfalls der Besteuerung.

Als Jobrad sind auch E-Bikes & Co. begünstigt

Unter die obigen Regelungen zu Jobrädern fallen auch E-Bikes und Pedelecs. Einzige Voraussetzung ist stets, dass es sich verkehrsrechtlich noch um ein Fahrrad handelt. Ist das Elektrofahrrad dagegen als Kraftfahrzeug einzuordnen, gelten die Regelungen für die Überlassung eines Pkw sinngemäß (§ 8 Abs. 2 S. 2 bis 5 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG). Ein Kfz ist es, wenn das Elektrofahrrad folgende Leistungsmerkmale überschreitet:

Beispiel

Der Arbeitgeber überlässt Arbeitnehmer M seit 01.01.2024 ein E-Bike mit einer Nenndauerleistung von 0,45 kWh und einer Motorunterstützung auch über eine Geschwindigkeit von 25 km/h. Das E-Bike hat einen UVP von 3.895 Euro. M nutzt dieses für Privatfahrten sowie arbeitstäglich zum zwölf km entfernten Betrieb.
Lösung:
  • Da das E-Bike als Kfz gilt, sind die Vorteile aus der Privatnutzung und der Nutzung für Fahrten Wohnung – erste Tätigkeitsstätte zu erfassen: Der monatliche lohnsteuerliche Vorteil beträgt 12,24 Euro (3.895 Euro x ¼ = 973,75 Euro abgerundet auf 900 Euro; 900 Euro x 1 % + 900 Euro x 0,03 % x 12 km = 12,24 Euro).
  • Die monatliche Umsatzsteuerschuld beträgt 8,25 Euro (UVP 3.895 Euro, abgerundet auf 3.800 Euro; 3.800 Euro x 1 % + 3.800 Euro x 0,03 % x 12 km = 51,68 Euro; hierin 19 % Umsatzsteuer).

Ausgabe: 9/2024, S. 178 · ID: 50239147

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