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GesetzesänderungenWachstumschancengesetz bringt auch Änderungen bei der betrieblichen Altersversorgung

Top-Beitrag Abo-Inhalt 25.03.2024 5 Min. Lesedauer Von Dr. Claudia Veh, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, München

| Das Wachstumschancengesetz (WCG) bringt auch Änderungen bei der betrieblichen Altersversorgung mit sich. LGP stellt sie vor. |

Versorgungsfreibetrag bei Direktzusagen und U-Kassen

Leistungen aus Direktzusagen und Unterstützungskassen werden nachgelagert als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit versteuert. Dabei bleiben Leistungen im Rahmen des Versorgungsfreibetrags sowie ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag des § 19 Abs. 2 EStG steuerfrei.

Durch das WCG wird nun die Abschmelzung des steuerfreien Teils bis zum Jahr 2058 gestreckt, auch um den Urteilen des BFH vom 19.05.2021 (Az. X R 20/19 und X R 33/19, Abruf-Nrn. 222652 und 222650) zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung vom Ansatz her Rechnung zu tragen.

Beginnend mit dem Jahr 2023 wird der anzuwendende Prozentwert zur Bemessung des Versorgungsfreibetrags nicht mehr in jährlichen Schritten von 0,8 Prozentpunkten, sondern nur noch in jährlichen Schritten von 0,4 Prozentpunkten verringert. Der Höchstbetrag wird rückwirkend ab dem Jahr 2023 um jährlich 30 Euro und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag um jährlich neun Euro sinken. Dies gilt für den Lohnsteuerabzug erst ab 2025 (§ 52 Abs. 26a EStG).

Beispiel
Rentenbeginn im Jahr 2030; monatliche Rente 2.000 Euro (jährlich 24.000 Euro).
Bisheriger § 19 EStG24.000 Euro Rente p. a.Neuer § 19 EStG24.000 Euro Rente p. a.
Versorgungsfreibetrag
8,00 %1.920 Euro11,2 %2.688 Euro
Höchstbetrag
600 Euro600 Euro840 Euro840 Euro
Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag
180 Euro180 Euro252 Euro252 Euro
Steuerfreier Betrag der Rente
780 Euro1.092 Euro
Zu versteuernder Betrag der Rente
23.220 Euro22.908 Euro
Damit bleiben – lässt man die Werbungskosten außen vor – nach der neuen Regelung im Beispiel 312 Euro jährlich (26 Euro monatlich) mehr steuerfrei als bisher.

Im Ergebnis fällt die steuerliche Entlastung für rentennahe Jahrgänge ab 2023 leicht höher aus als bisher, denn die Änderung gilt rückwirkend für 2023. So waren bei Versorgungsbeginn im Jahr 2023 nach bisherigem Gesetzestext höchsten 1.326 Euro jährlich steuerfrei, nunmehr sind es maximal 1.365 Euro.

Altersentlastungsbetrag § 24a S. 5 EStG

Analoges gilt für den Altersentlastungsbetrag des § 24a EStG. Dieser ist anwendbar auf nachgelagert zu besteuernde Leistungen aus Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds, sofern der Arbeitnehmer vor dem Beginn des Kalenderjahres, in dem er sein Einkommen bezogen hat, das 64. Lebensjahr vollendet hat.

Der Entlastungsbetrag betrug im Jahr 2005 noch 40 Prozent der Bezüge, maximal 1.900 Euro und wurde danach sukzessive abgeschmolzen. Aktuell beläuft er sich noch auf 12,8 Prozent, maximal 608 Euro und sollte nach bisheriger Rechtslage bis 2040 auf null Euro abgeschmolzen werden.

Auch hier sieht das WCG eine Streckung auf 2058 vor. Es wird beginnend mit dem Jahr 2023 der anzuwendende Prozentsatz nicht mehr in jährlichen Schritten von 0,8 Prozentpunkten, sondern nur noch in jährlichen Schritten von 0,4 Prozentpunkten verringert; der Höchstbetrag sinkt um jährlich 19 Euro anstatt bisher 38 Euro.

Beispiel
Rentenbeginn im Jahr 2030; monatliche Rente 2.000 Euro (jährlich 24.000 Euro).
Bisheriger § 24a EStG 24.000 Euro Rente p. a.Neuer § 24a EStG24.000 Euro Rente p. a.
Versorgungs- freibetrag
8,00 %1.920 Euro11,2 %2.688 Euro
Höchstbetrag
380 Euro380 Euro532 Euro532 Euro
Steuerfreier Betrag der Rente
380 Euro532 Euro
Zu versteuernder Betrag der Rente
23.620 Euro23.468 Euro
Nach der neuen Fassung bleiben im Beispiel 152 Euro jährliche Rente mehr steuerfrei als bisher (12,67 Euro monatlich) – Werbungskosten außen vor gelassen.

Wichtig | Die aufgeführten Änderungen sind im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung bereits ab 2023 zu berücksichtigen, im Lohnsteuerabzugsverfahren aber erst ab 2025.

Änderung bei Fünftel-Regelung

Eine weitere Änderung betrifft das Verfahren bei der Fünftel-Regelung des § 34 EStG. Diese Vorschrift kann bei außerordentlichen Einkünften aufgrund mehrjähriger Tätigkeit in einem Veranlagungszeitraum eine Abmilderung der Steuerbelastung bewirken, da für die Ermittlung der Steuerbelastung die außerordentlichen Einkünfte fiktiv auf fünf Jahre verteilt werden. Die Fünftel-Regelung ist anwendbar bei einmaligen Kapitalleistungen in den Durchführungswegen Direktzusage und Unterstützungskasse.

Bislang konnte die Fünftel-Regelung bereits bei der Berechnung der Lohnsteuer berücksichtigt werden. Das erforderte aber komplizierte Berechnungsschleifen im Programmablaufplan für die maschinelle Lohnsteuerberechnung der Arbeitgeber. Davon werden Arbeitgeber nun befreit. § 39b Abs. 3 S. 9 EStG wird durch das WCG ersatzlos gestrichen. Das bedeutet: Arbeitgeber müssen ab 01.01.2025 die Fünftel-Regelung nicht mehr im Rahmen der Lohnsteuer berücksichtigen. Allerdings können Arbeitnehmer die Fünftel-Regelung nach wie vor im Veranlagungsverfahren geltend machen.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer (keine Kinder, nicht kirchensteuerpflichtig, Lohnsteuer-Klasse 1) hat im Veranlagungszeitraum ohne die Kapitalleistung aus der Direktzusage ein zu versteuerndes Einkommen von 42.000 Euro. Nun erhält er bei Erreichen des Pensionsalters eine Kapitalleistung von 100.000 Euro.
Laufende Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit
42.000 Euro
Vergütung für mehrjährige Tätigkeit
100.000 Euro
Steuern bei Einkünften von 42.000 Euro
5.193 Euro
Steuern bei Einkünften in Höhe von 42.000 Euro + 1/5 x 100.000 Euro = 62.000 Euro
10.432 Euro
Steuern für die Kapitalzahlung (10.432 Euro ./. 5.193) x 5
26.195 Euro
Steuern im Jahr der Abfindung mit Fünftel-Regelung (5.193 Euro + 26.195 Euro)
31.388 Euro
Steuern auf 142.000 Euro ohne Fünftel-Regelung
44.646 Euro
Vorteil Fünftel-Regelung
13.258 Euro

Die Entlastung der Arbeitgeber ist prinzipiell zu begrüßen. Allerdings besteht nun die Gefahr, dass viele Arbeitnehmer die Fünftel-Regelung nicht kennen – und diese steuerliche Begünstigung damit nicht nutzen.

Abwandlung des Beispiels

Der Arbeitnehmer würde 13.258 Euro mehr Steuern auf die Kapitalleistung aus der Pensionszusage zahlen, wenn die Fünftel-Regelung nicht angewandt wird.
Fazit | Das WCG ist im Hinblick auf die Streckung des Zeitraums bis zur vollen nachgelagerten Besteuerung zu begrüßen. Die Änderung im Zusammenhang mit der Fünftel-Regelung verlagert die „Anwendungsverantwortung“ von § 34 EStG vom Arbeitgeber auf die Arbeitnehmer. Damit droht die Steuerbegünstigung bei uninformierten Arbeitnehmern unter den Tisch zu fallen. Das sollte durch strukturierte Beratung unbedingt vermieden werden.

Ausgabe: 04/2024, S. 77 · ID: 49919022

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