Geschenke/SachzuwendungenNeues BFH-Urteil zum Sportsponsoring: Bei VIP-Logen § 37b EStG-Pauschalsteuer mindern
| Viele Unternehmer unterstützen überregionale Sportvereine und buchen VIP-Logen, um dort Geschäftspartner und/oder eigene Arbeitnehmer zu empfangen. Der Wermutstropfen: Die eingeladenen Personen müssen diese Leistung selbst versteuern, es sei denn, der Unternehmer als Einladender nutzt die Pauschalversteuerung nach § 37b EStG und übernimmt diese Steuer. Genau zu jenem § 37b EStG hat der BFH jüngst eine neue steuerzahlerfreundliche Entscheidung gefällt, die LGP nachfolgend vorstellt. |
Der Hintergrund: Geschenke unterliegen der Besteuerung
VIP-Logen enthalten Aufwendungen für Werbung, Geschenke, Bewirtung und Raumkosten. Geschenke ergeben sich immer dann, wenn Unternehmer in die VIP-Loge Geschäftspartner oder eigene Arbeitnehmer einladen. Die eingeladenen Geschäftspartner müssen den Vorteil, den sie in Form des kostenlosen Eintritts erfahren, als gewinnerhöhende Betriebseinnahme erfassen. Bei den Arbeitnehmern ergibt sich ein Sachbezug. Dieser stellt, wenn er die 50-Euro-Freigrenze (§ 8 Abs. 2 S. 11 EStG) überschreitet und die Sonderregelung für Betriebsveranstaltungen (§ 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG) nicht anwendbar ist, steuer- und beitragspflichtigen Arbeitslohn dar.
Unschöne Folge: Die Einladung hat bei Begünstigten „steuerliche Nachwirkungen“, da sie im Gegenzug für die Einladung Steuern zahlen müssen. Um die Besteuerung zu umgehen und eine „richtige“ Einladung zu schaffen, können Unternehmer die Steuer gemäß § 37b EStG zu ihren Lasten pauschalieren und tragen. Das geht sowohl für Geschenke an Geschäftspartner als auch für Geschenke an eigene Arbeitnehmer.
Die pauschale Steuer beläuft sich auf 30 Prozent der vom Einladenden für das Geschenk (= den kostenlosen Eintritt) getätigten Aufwendungen – inkl. Umsatzsteuer (§ 37b Abs. 1 S. 2 EStG). Auf die Vorsteuerabzugsberechtigung kommt es nicht an. Hinzu kommen Kirchensteuer und Soli, wobei die Kirchensteuer entweder nach dem vereinfachten oder nach dem Nachweisverfahren ermittelt werden kann (gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 28.12.2006). Wendet der Einladende die Pauschalierung an, schuldet er die Steuer. Auf seine eigene Steuerschuld anrechnen kann er sie nicht (§ 37b Abs. 3 S. 2 i. V. m. § 40 Abs. 3 EStG). Damit der Eingeladene weiß, dass er eine „richtige“ Einladung erhalten hat, ist er von der Übernahme der Steuer zu unterrichten (§ 37b Abs. 3 S. 3 EStG).
So hat die Finanzverwaltung § 37b bisher praktiziert
Der VIP-Logen-Erlass (BMF, Schreiben vom 22.08.2005, Az. IV B 2 – S 2144 – 41/05; Abruf-Nr. 130700) sieht ab der Randziffer 14 vor, dass der Einladende einen pauschalen Gesamtpreis für die VIP-Loge pauschal zu 40 Prozent auf Werbung und jeweils 30 Prozent auf Bewirtung und Geschenke verteilen kann. Sofern keine andere Zuordnung (z. B. durch Teilnehmerlisten) nachgewiesen wird, ist dabei davon auszugehen, dass von den Geschenken jeweils die Hälfte auf Geschäftspartner bzw. eigene Arbeitnehmer entfallen. Bei diesen auf Geschenke entfallenden 30 Prozent handelt es sich um den Betrag, den das Finanzamt bisher gemäß § 37b EStG pauschal versteuert hat (BMF, Schreiben vom 19.05.2015, Rz. 15).
Beispiel 1 |
... und wirkte sich im konkreten Fall so aus Lösung: Von dem pauschalen Gesamtpreis können ohne weitere Nachweise 18.000 Euro (30 Prozent) als Geschenke angesehen werden. Um die Besteuerung bei den Eingeladenen zu umgehen, kann U die Steuer nach § 37b EStG pauschal zu seinen Lasten erheben. Die pauschale Steuer beträgt 5.400 Euro (30 Prozent von 18.000 Euro) zzgl. Soli und ggf. Kirchensteuer. |
Um diesen Fall ging es jetzt beim BFH
Beim BFH war jetzt ein Verfahren anhängig, in dem es darum ging, wie
- Leerplätze bei einzelnen Veranstaltungen zu beurteilen sind,
- ob bzw. in welcher Höhe Abschläge für einen Arbeitnehmer zulässig sind, der die Kunden in der Loge betreut, und
- ob und in welchem Umfang Abzüge für Werbeleistungen vorzunehmen sind.
Das FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 22.06.2021, Az. 8 K 8232/18, Abruf-Nr. 225712) hatte in der Vorinstanz dargestellt, dass die vom BMF geforderte Verteilung eines pauschalen Gesamtpreises im Verhältnis 40/30/30 (30 Prozent = Geschenke) unzutreffend sein kann. Das gilt vor allem dann, wenn der Pauschalpreis keine Bewirtung enthält. In dem Streitfall war insbesondere zu beachten, dass der Unternehmer die Nutzer der Loge genauso nachweisen konnte wie die Anzahl der leer gebliebenen Plätze. Arbeitnehmer mussten z. B. darauf achten, dass Werbeflyer auslagen, ausreichend T-Shirts vorhanden waren und das Firmenvideo lief. Auch führte der Arbeitnehmer den Gästeempfang sowie die Essensbestellungen durch. Denn die Bewirtung wurde gesondert abgerechnet und war im Logenpreis nicht enthalten.
Die neuen Grundsätze des BFH
Der BFH hat in seiner Entscheidung die bisher von der Finanzverwaltung praktizierte Form der pauschalen Ermittlung der § 37b-Steuer verworfen und sich grundsätzlich dem FG Berlin-Brandenburg angeschlossen. Dabei manifestiert der BFH im Wesentlichen folgende drei Grundsätze (BFH, Urteil vom 23.11.2023, Az. VI R 15/21, Abruf-Nr. 239879):
1. § 37b EStG ist nur für Sachzuwendungen anwendbar
Da Gegenstand der Sachzuwendung die Überlassung des einzelnen Logenplatzes ist, können auf Leerplätze entfallende Aufwendungen nicht berücksichtigt werden (kein Begünstigter). Leerplätze erhöhen auch nicht den Vorteil der weiteren aktiv genutzten Plätze. Daher muss der auf Leerplätze entfallende Aufwand für die Pauschalierung herausgerechnet werden.
2. § 37b EStG setzt steuerbare Einnahmen beim Eingeladenen voraus
§ 37b EStG setzt voraus, dass dem Eingeladenen steuerbare Einnahmen zufließen. Nimmt ein eigener Arbeitnehmer an der Veranstaltung als Gastgeber teil und handelt damit im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse, ist insoweit keine Pauschalierung vorzunehmen. Aus Sicht des BFH sprach im zu entscheidenden Sachverhalt einiges dafür, den vollen Logenplatz des Gastgebers bei der Pauschalierung nach § 37b EStG herauszunehmen.
3. Gesamtpreis der VIP-Loge ist im Schätzungswege aufzuteilen
Die Gesamtkosten für die VIP-Loge sind im Schätzungswege aufzuteilen, weil nur der Bereich „Geschenke“ der Pauschalierung nach § 37b EStG unterliegt. Um den auf die Geschenke entfallenden Aufwand zu ermitteln, ist jedoch nicht zwingend die pauschale Aufteilung des BMF (40/30/30-Regel bzw. 30 Prozent des Gesamtaufwands entfallen auf Geschenke) zu nutzen. Im Streitfall sah es der BFH auch als möglich an, die Schätzung des Geschenkeanteils wie folgt vorzunehmen:
- 1. Alle Plätze werden zunächst mit einem Platzwert bewertet. Das ist der Ticketpreis je Veranstaltung in der Preiskategorie 1 zzgl. eines Aufschlags von fünf Euro für die Nutzung der VIP-Loge mit den individuellen Vorteilen (z. B. Einlass und Garderobe) sowie der Bewirtung am Platz.... kann anders als nach BMF- Aufteilungsregel ermittelt werden
- 2. Dieser Platzwert wird je eingeladenem Arbeitnehmer angesetzt. Für jeden eingeladenen Geschäftspartner wird der Platzwert ebenfalls angesetzt, jedoch abzüglich einer Pauschale von 40 Prozent für Werbung.
- 3. Die Summe der Platzwerte für Arbeitnehmer und Geschäftspartner ergibt die Aufwendungen, die für die Pauschalierung nach § 37b EStG maßgebend sind.
Beispiel (wie oben nur auf Basis der neuen BFH-Rechtsprechung) |
So ändern sich durch das BFH-Urteil ... Lösung: Der Platzwert je Logenplatz beträgt 55 Euro (50 Euro zzgl. fünf Euro). Für eingeladene Mitarbeiter sind nicht 100, sondern nur 50 Platzwerte anzusetzen. Der Abschlag von 50 Platzwerten resultiert aus den 50 Veranstaltungen, bei denen jeweils ein Mitarbeiter im eigenbetrieblichen Interesse teilgenommen hat („Gastgeber“). Damit ergeben sich Geschenke in Höhe von 2.750 Euro (50 x 55 Euro). Für die Geschäftspartner ist der Platzwert von 55 Euro um 40 Prozent (Werbung) auf 33 Euro zu reduzieren. Es ergeben sich bei 350 Geschäftspartnern Geschenke in Höhe von 11.550 Euro. Für die Pauschalierung nach § 37b EStG sind damit insgesamt 14.300 Euro anzusetzen und die pauschale Steuer beträgt 4.290 Euro (30 Prozent). |
Wichtig | Im Ursprungsfall (mit der pauschalen Aufteilung nach BMF) belief sich die Bemessungsgrundlage für die Geschenke noch auf 18.000 Euro und die pauschale Steuer auf 5.400 Euro. Damit führt die neue Rechtsprechung des BFH (s. Beispiel) zu einer effektiven Ersparnis in Höhe von 1.110 Euro!
Das sind die Empfehlungen für die Praxis
Die neuen Grundsätze des BFH kollidieren erheblich mit der bisherigen Sichtweise der Finanzverwaltung. Es ist daher damit zu rechnen, dass in absehbarer Zeit ein neues BMF-Schreiben erlassen wird. Fest steht, dass in der Praxis basierend auf der neuen Rechtsprechung des BFH in vielen Fällen eine zu hohe Pauschalierung nach § 37b EStG erfolgt sein dürfte. Das gilt insbesondere dann, wenn die VIP-Loge nicht immer vollständig genutzt wurde (Leerplätze) und ein Arbeitnehmer als Gastgeber fungiert hat.
Es ist für die Praxis daher ratsam, die neuen Grundsätze des BFH zu beherzigen, und auch bereits abgegebene Lohnsteueranmeldungen mit nach § 37b EStG pauschalierter Steuer durchzugehen. Hier gilt es zu überprüfen, ob der bisher pauschal versteuerte Sachbezug aufgrund der neuen BFH-Rechtsprechung reduziert werden kann. Da es sich um eine Steueranmeldung handelt, ist bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung eine Änderung und Reduzierung der Steuerlast problemlos möglich (§ 164 Abs. 2 AO). Bei einer Korrektur der Steueranmeldung sollte jedoch auch bedacht werden, dass das Finanzamt die Reduzierung der bisher angemeldeten Steuer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überprüfen wird. Es ist also geboten,
Ausgabe: 04/2024, S. 80 · ID: 49963927
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