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Seit 01.01.2024 gelten neue steuerfreie Kaufkraftzuschläge
TrinkgelderDas gilt für die Lohn- und Umsatzversteuerung von Trinkgeldern in der Praxis
| In der Gastronomie, aber auch in anderen bargeldintensiven Branchen stehen Trinkgelder auf der Tagesordnung. Doch wann unterliegen sie der Lohn- oder Einkommensteuer? Wann fallen Sozialabgaben an, wann Umsatzsteuer? LGP macht Sie mit den Regeln vertraut und zeigt auch, wie Trinkgelder an Arbeitnehmer per EC-Zahlung steuer- und beitragsfrei bleiben. |
Trinkgelder an Arbeitnehmer – meistens steuerfrei
Erhält ein Arbeitnehmer ein Trinkgeld, kann dieses steuerfreien, aber auch steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen.
Steuerfreies Trinkgeld – das sind die Voraussetzungen
Erhält der Arbeitnehmer das Trinkgeld
- anlässlich einer Arbeitsleistung
- zusätzlich zu dem Betrag, der für die Arbeitsleistung zu zahlen ist,
- von einem Dritten (nicht vom Arbeitgeber)
- freiwillig und ohne, dass ein Rechtsanspruch auf das Trinkgeld besteht,
dann ist das Trinkgeld seit 2002 gemäß § 3 Nr. 51 EStG steuerfrei. Auf die konkrete Höhe des Trinkgelds kommt es nicht an, da die Steuerbefreiung keinen Höchstbetrag vorsieht. Positiver Nebeneffekt: Ein steuerfreies Trinkgeld unterliegt auch nicht den Sozialabgaben (§ 1 Abs. 1 SvEV).
Das bedeutet, dass in der Praxis insbesondere zu unterscheiden ist, von wem das Trinkgeld stammt. Wird das Trinkgeld
- vom Arbeitgeber gezahlt, dann unterliegt es der Besteuerung und den Sozialabgaben;
- von einem Kunden gezahlt, dann ist es unter den genannten Voraussetzungen steuer- und beitragsfrei.
Beispiel |
Trinkgeld der Kunden darf Arbeitnehmer behalten Lösung: Das Trinkgeld wird R anlässlich ihrer erbrachten Arbeitsleistung von den Kunden freiwillig und ohne, dass ein Rechtsanspruch darauf besteht, gegeben. Damit ist das Trinkgeld bei ihr in voller Höhe nach § 3 Nr. 51 EStG steuerfrei. |
Abwandlung |
Trinkgeld wird in einem Trinkgeld-Pool gesammelt |
Trinkgeld-Pool ist für Steuerbefreiung nicht schädlich |
Wichtig | Steuerfreie Trinkgelder muss der Arbeitgeber nicht im Lohnkonto des Arbeitnehmers aufzeichnen (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV).
Es ist unerheblich, wer als Dritter das Trinkgeld zahlt. Deshalb sind auch Trinkgelder an Postzusteller steuerfrei, obwohl diese meist der Empfänger und nicht der Absender der Post zahlt. Gleiches gilt für Trinkgelder an Pannenhelfer eines Automobilvereins.
Unter diesen Voraussetzungen ist Trinkgeld steuerpflichtig
Handelt es sich hingegen um Trinkgelder oder Bedienungszuschläge, auf die der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch hat, so handelt es sich gemäß R 19.3 Abs. 1 Nr. 5 LStR zwingend um Arbeitslohn. Es werden damit Steuern und Sozialabgaben fällig. Zu diesen steuerpflichtigen Trinkgeldern zählen z. B.:
- Metergelder im Möbeltransportgewerbe (BFH, Urteil vom 09.03.1965, Az. VI 109/62)
- Freiwillige Sonderzahlungen an Arbeitnehmer eines konzernverbundenen Unternehmens (BFH, Urteil vom 03.05.2007, Az. VI R 37/05, Abruf-Nr. 072025)
- Feste Bedienungszuschläge im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe
- Von Gästen zugewendetes Spielgeld an Stripteasetänzer (FG Hamburg, Urteil vom 20.04.2010, Az. 3 K 58/09)
- Aus dem Spielbanktronc einer Spielbank finanzierte Zahlungen an die Croupiers (BFH, Urteil vom 18.12.2008, Az. VI R 49/06, Abruf-Nr. 090315 und Beschluss vom 25.11.2009, Az. VI B 97/09, Abruf-Nr. 239362)
Beispiele |
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Unbares Trinkgeld bei Kartenzahlung kann steuerfrei sein
In der Praxis wird Trinkgeld oft per Kartenzahlung geleistet. Auch diese unbar geleisteten Trinkgelder sind unter den genannten Voraussetzungen steuer- und beitragsfrei. Denn die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 51 EStG entfällt nicht alleine dadurch, dass der Arbeitgeber als eine Art Treuhänder bei der Aufbewahrung und Verteilung des Trinkgelds eingeschaltet ist (BFH, Urteil vom 18.06.2015, Az. VI R 37/14, Abruf-Nr. 179708).
Unbare Trinkgelder in Kassensystem erfassen
Um auch unbare Trinkgelder leicht und einwandfrei dem kassierenden Arbeitnehmer zuordnen zu können, ist es erforderlich, im Kassensystem eine zusätzliche Rechnungsposition für Trinkgelder aufzunehmen (mit null Prozent Umsatzsteuer). Diese wird vom Arbeitnehmer betätigt, um unbare Trinkgelder zu kassieren. Wenn der Arbeitnehmer dann am Tagesende sein Kellnerportemonnaie abrechnet, entnimmt er aus dem Bargeldbestand sowohl das bar erhaltene als auch das unbar an ihn gezahlte Trinkgeld. Die Summe des unbar gezahlten Trinkgelds kann (aufgrund der eingefügten Rechnungsposition) dem Z-Bon entnommen werden. Für das unbar gezahlte Trinkgeld fertigt er einen Beleg, den der Arbeitgeber bei der Kassenabrechnung zur Feststellung der Tageseinnahmen berücksichtigt.
Denn werden Trinkgelder freiwillig über das EC-Gerät gezahlt, müssen Vereinnahmung (Zahlung des Kunden) und Verausgabung (Auskehrung an den Arbeitnehmer) nachprüfbar dokumentiert und aufgezeichnet werden. Eine Vermischung von baren und unbaren Geldbeständen darf nicht erfolgen, da hieraus falsche Kassenbestände resultieren würden (daher Fertigung eines Belegs durch den Arbeitnehmer bei barer Entnahme des unbaren Trinkgelds). Die beim Arbeitgeber verbleibende Summe der baren und unbaren Einnahmen muss danach im Saldo den gesamten Rechnungspositionen des Arbeitnehmers abzüglich dem Trinkgeld entsprechen. Differenzen dürfen nicht auftreten, da lediglich das überschüssige Trinkgeld entnommen wurde.
Beispiel |
So ist mit unbarem Trinkgeld in der Praxis zu verfahren Lösung: Der Z-Bon von K weist Einnahmen in Höhe von 1.600 Euro aus, da das bar erhaltene Trinkgeld nicht aufgezeichnet wurde.
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Abgleich der Gesamterlöse mit den EC-Belegen auch möglich
Wurde das unbar erhaltene Trinkgeld nicht als gesonderte Rechnungsposition im Kassensystem erfasst, kann das Trinkgeld durch einen Abgleich der Gesamterlöse mit den EC-Belegen ermittelt werden. Da die EC-Belege aufgrund des unbaren Trinkgelds einen höheren Betrag als den regulären Rechnungsbetrag ausweisen, handelt es sich bei der Differenz um das Trinkgeld.
Beispiel |
Barkeeper F rechnet am Tagesende die Kasse ab. Enthalten sind 500 Euro. Zudem liegen in der Kasse EC-Belege über 100 Euro. Gemäß dem Kassensystem wurden in seiner Schicht 420 Euro bar und 85 Euro unbar umgesetzt. Zudem befinden sich in der Kasse immer 50 Euro Wechselgeld. Lösung: F zieht zunächst vom Kassenbestand (500 Euro) das Wechselgeld (50 Euro) und die Barerlöse (420 Euro) ab. Die verbleibenden 30 Euro stellen das bar erhaltene Trinkgeld dar. Danach vergleicht F die EC-Belege (100 Euro) mit den unbaren Umsätzen (85 Euro). Die Differenz stellt das unbar erhaltene Trinkgeld dar. Über dieses fertigt F einen Beleg und entnimmt es der Kasse. |
Exkurs: Trinkgelder an Unternehmer immer steuerpflichtig
Erhält der Unternehmer ein Trinkgeld, handelt es sich stets um eine steuerpflichtige Betriebseinnahme. Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 51 EStG lässt sich nicht anwenden, da diese nur für Arbeitnehmer gilt.
Vor diesem Hintergrund sollten insbesondere Solo-Selbstständige glaubhafte Aufzeichnungen über erhaltene Trinkgelder führen und diese in der Gewinnermittlung erfassen. Denn auch den Betriebsprüfern des Finanzamts ist bekannt, in welchen Branchen regelmäßig Trinkgelder gezahlt werden. Bucht ein Solo-Selbstständiger in einer Branche mit typischen Trinkgeldzahlungen nur die regulären Preise als Betriebseinnahme und beschäftigt er kein Personal, ergibt sich automatisch Konfliktpotenzial mit dem Betriebsprüfer. Dieser Konflikt endet meistens in Hinzuschätzungen von (Trinkgeld)Erlösen und / oder einem Steuerstrafverfahren.
Beispiel |
Taxifahrer T ist selbstständiger Unternehmer. Für eine Fahrt berechnet er einem Kunden 22 Euro. Dieser bezahlt freiwillig 25 Euro. Lösung: T muss 25 Euro als Betriebseinnahme erfassen. |
Abwandlung |
Würde T für sein Unternehmen eine Kapitalgesellschaft gründen (z. B. GmbH oder UG) und sich als Arbeitnehmer anstellen, wäre das Trinkgeld bei ihm nach § 3 Nr. 51 EStG steuerfrei. |
Trinkgelder und die Umsatzsteuer
Auch bei der Umsatzsteuer ist Trinkgeld nicht gleich Trinkgeld. Hier sind folgende Konstellationen zu unterscheiden:
- Sind Trinkgelder bereits im vom Kunden zu zahlenden Gesamtpreis enthalten, wie z. B. der im Gaststättengewerbe übliche Bedienungszuschlag, zählt das Trinkgeld immer zum umsatzsteuerpflichtigen Entgelt. Das gilt auch dann, wenn das Bedienungspersonal den Zuschlag nicht an den Unternehmer abführt, sondern vereinbarungsgemäß als Entlohnung für seine Dienste zurückbehält (BFH, Urteil vom 19.08.1971, Az. V R 74/68).Fall 1: Trinkgeld ist im Gesamtpreis enthalten
- Zahlt der Kunde das Trinkgeld freiwillig, kommt es wieder darauf an, wer das Trinkgeld erhält.Fall 2: Trinkgeld wird vom Kunden freiwillig gezahlt
- Erhält das Trinkgeld ein Arbeitnehmer, so unterliegt es mangels eines Leistungsaustauschs nicht der Umsatzsteuer.
- Erhält das Trinkgeld der Unternehmer, stellt es einen umsatzsteuerpflichtigen Umsatz dar. Denn zum umsatzsteuerpflichtigen Entgelt gehört alles, was der Kunde gegenüber dem Unternehmer aufgewandt hat, um die Leistung zu erhalten, abzüglich der enthaltenen Umsatzsteuer. Deshalb ist nach Abschn. 10.1 Abs. 5 UStAE auch das an den Unternehmer gezahlte Trinkgeld als freiwillige Zahlung in die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn – wie üblich – zwischen Zahlung und erbrachter Leistung eine innere Verknüpfung besteht.
Beispiel |
Trinkgeld an Unternehmer ist stets umsatzsteuerpflichtiger Umsatz |
Lösung: Der Umsatzsteuer unterliegen die vollen 110 Euro für die verzehrten Speisen und Getränke inkl. des Bedienungszuschlags von zehn Euro sowie das dem Unternehmer R zugewandte Trinkgeld in Höhe von fünf Euro. Umsatzsteuerliches Entgelt sind folglich 115 Euro abzüglich Umsatzsteuer. Das dem Mitarbeiter zugewandte Trinkgeld von zehn Euro unterliegt nicht der Umsatzsteuer und ist zudem nach § 3 Nr. 51 EStG steuerfrei. |
Ausgabe: 02/2024, S. 33 · ID: 49761931
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