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TrinkgelderDas gilt für die Lohn- und Umsatzversteuerung von Trinkgeldern in der Praxis

Abo-Inhalt 15.01.2024 9 Min. Lesedauer Von Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| In der Gastronomie, aber auch in anderen bargeldintensiven Branchen stehen Trinkgelder auf der Tagesordnung. Doch wann unterliegen sie der Lohn- oder Einkommensteuer? Wann fallen Sozialabgaben an, wann Umsatzsteuer? LGP macht Sie mit den Regeln vertraut und zeigt auch, wie Trinkgelder an Arbeitnehmer per EC-Zahlung steuer- und beitragsfrei bleiben. |

Trinkgelder an Arbeitnehmer – meistens steuerfrei

Erhält ein Arbeitnehmer ein Trinkgeld, kann dieses steuerfreien, aber auch steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen.

Steuerfreies Trinkgeld – das sind die Voraussetzungen

Erhält der Arbeitnehmer das Trinkgeld

  • anlässlich einer Arbeitsleistung
  • zusätzlich zu dem Betrag, der für die Arbeitsleistung zu zahlen ist,
  • von einem Dritten (nicht vom Arbeitgeber)
  • freiwillig und ohne, dass ein Rechtsanspruch auf das Trinkgeld besteht,

dann ist das Trinkgeld seit 2002 gemäß § 3 Nr. 51 EStG steuerfrei. Auf die konkrete Höhe des Trinkgelds kommt es nicht an, da die Steuerbefreiung keinen Höchstbetrag vorsieht. Positiver Nebeneffekt: Ein steuerfreies Trinkgeld unterliegt auch nicht den Sozialabgaben (§ 1 Abs. 1 SvEV).

Das bedeutet, dass in der Praxis insbesondere zu unterscheiden ist, von wem das Trinkgeld stammt. Wird das Trinkgeld

  • vom Arbeitgeber gezahlt, dann unterliegt es der Besteuerung und den Sozialabgaben;
  • von einem Kunden gezahlt, dann ist es unter den genannten Voraussetzungen steuer- und beitragsfrei.

Beispiel

Die Restaurantfachfrau R erhält Trinkgelder und darf sie behalten.
Lösung: Das Trinkgeld wird R anlässlich ihrer erbrachten Arbeitsleistung von den Kunden freiwillig und ohne, dass ein Rechtsanspruch darauf besteht, gegeben. Damit ist das Trinkgeld bei ihr in voller Höhe nach § 3 Nr. 51 EStG steuerfrei.

Abwandlung

R und ihre Kolleginnen im Restaurant möchten Trinkgelder fair untereinander aufteilen, damit kein Konkurrenzkampf um die „guten“ Tische entsteht. Zudem soll auch das Küchenpersonal einen Teil vom Trinkgeld erhalten. Deshalb haben sie vereinbart, Trinkgelder in eine gemeinsame Trinkgeldkasse zu geben. Diese wird ein Mal im Monat untereinander aufgeteilt.
Lösung: Die Arbeitnehmer erhalten die Trinkgelder noch immer direkt von den Kunden, sodass eine persönliche Beziehung besteht. Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 51 EStG lässt sich anwenden. Dass die Arbeitnehmer die Trinkgelder zunächst gemeinsam in einem Trinkgeld-Pool sammeln und im Anschluss untereinander verteilen, ist für die Steuerbefreiung unschädlich (BFH, Urteil vom 18.08.2005, Az. VI B 40/05, Abruf-Nr. 053358).

Wichtig | Steuerfreie Trinkgelder muss der Arbeitgeber nicht im Lohnkonto des Arbeitnehmers aufzeichnen (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV).

Es ist unerheblich, wer als Dritter das Trinkgeld zahlt. Deshalb sind auch Trinkgelder an Postzusteller steuerfrei, obwohl diese meist der Empfänger und nicht der Absender der Post zahlt. Gleiches gilt für Trinkgelder an Pannenhelfer eines Automobilvereins.

Unter diesen Voraussetzungen ist Trinkgeld steuerpflichtig

Handelt es sich hingegen um Trinkgelder oder Bedienungszuschläge, auf die der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch hat, so handelt es sich gemäß R 19.3 Abs. 1 Nr. 5 LStR zwingend um Arbeitslohn. Es werden damit Steuern und Sozialabgaben fällig. Zu diesen steuerpflichtigen Trinkgeldern zählen z. B.:

  • Metergelder im Möbeltransportgewerbe (BFH, Urteil vom 09.03.1965, Az. VI 109/62)
  • Freiwillige Sonderzahlungen an Arbeitnehmer eines konzernverbundenen Unternehmens (BFH, Urteil vom 03.05.2007, Az. VI R 37/05, Abruf-Nr. 072025)
  • Feste Bedienungszuschläge im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe
  • Von Gästen zugewendetes Spielgeld an Stripteasetänzer (FG Hamburg, Urteil vom 20.04.2010, Az. 3 K 58/09)
  • Aus dem Spielbanktronc einer Spielbank finanzierte Zahlungen an die Croupiers (BFH, Urteil vom 18.12.2008, Az. VI R 49/06, Abruf-Nr. 090315 und Beschluss vom 25.11.2009, Az. VI B 97/09, Abruf-Nr. 239362)

Beispiele

  • Die Bedienung B arbeitet in einer Gaststätte. Die Speisekarte sieht einen Bedienungszuschlag von zehn Prozent vor, welchen die Arbeitnehmer erhalten. Ein Kunde zahlt 100 Euro zzgl. zehn Euro Bedienungszuschlag zzgl. 15 Euro Trinkgeld.
  • Lösung: Das Trinkgeld von 15 Euro ist bei B steuer- und beitragsfrei. Der Bedienungszuschlag von zehn Euro ist steuer- und beitragspflichtig.
  • Croupier C in einer Spielbank muss – vertraglich geregelt – seine Trinkgelder (Troncaufkommen) an den Arbeitgeber abführen. Dieser sammelt die Trinkgelder aller Arbeitnehmer und teilt den Gesamtbetrag am Ende des Jahres nach einem festgelegten Schlüssel auf. C erhält einen Anteil von 4.800 Euro.
  • Lösung: Das Troncaufkommen hat der Arbeitgeber vereinnahmt. Dieser hat das anteilige Troncaufkommen im Anschluss an die Arbeitnehmer ausgezahlt. Damit ist die Auszahlung von 4.800 Euro an C steuer- und beitragspflichtig. Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 51 EStG greift nicht, weil die Gelder nicht von einem Dritten, sondern vom Arbeitgeber stammen (BFH, Urteil vom 18.12.2008, Az. VI R 49/06, Abruf-Nr. 090315).

Unbares Trinkgeld bei Kartenzahlung kann steuerfrei sein

In der Praxis wird Trinkgeld oft per Kartenzahlung geleistet. Auch diese unbar geleisteten Trinkgelder sind unter den genannten Voraussetzungen steuer- und beitragsfrei. Denn die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 51 EStG entfällt nicht alleine dadurch, dass der Arbeitgeber als eine Art Treuhänder bei der Aufbewahrung und Verteilung des Trinkgelds eingeschaltet ist (BFH, Urteil vom 18.06.2015, Az. VI R 37/14, Abruf-Nr. 179708).

Unbare Trinkgelder in Kassensystem erfassen

Um auch unbare Trinkgelder leicht und einwandfrei dem kassierenden Arbeitnehmer zuordnen zu können, ist es erforderlich, im Kassensystem eine zusätzliche Rechnungsposition für Trinkgelder aufzunehmen (mit null Prozent Umsatzsteuer). Diese wird vom Arbeitnehmer betätigt, um unbare Trinkgelder zu kassieren. Wenn der Arbeitnehmer dann am Tagesende sein Kellnerportemonnaie abrechnet, entnimmt er aus dem Bargeldbestand sowohl das bar erhaltene als auch das unbar an ihn gezahlte Trinkgeld. Die Summe des unbar gezahlten Trinkgelds kann (aufgrund der eingefügten Rechnungsposition) dem Z-Bon entnommen werden. Für das unbar gezahlte Trinkgeld fertigt er einen Beleg, den der Arbeitgeber bei der Kassenabrechnung zur Feststellung der Tageseinnahmen berücksichtigt.

Denn werden Trinkgelder freiwillig über das EC-Gerät gezahlt, müssen Vereinnahmung (Zahlung des Kunden) und Verausgabung (Auskehrung an den Arbeitnehmer) nachprüfbar dokumentiert und aufgezeichnet werden. Eine Vermischung von baren und unbaren Geldbeständen darf nicht erfolgen, da hieraus falsche Kassenbestände resultieren würden (daher Fertigung eines Belegs durch den Arbeitnehmer bei barer Entnahme des unbaren Trinkgelds). Die beim Arbeitgeber verbleibende Summe der baren und unbaren Einnahmen muss danach im Saldo den gesamten Rechnungspositionen des Arbeitnehmers abzüglich dem Trinkgeld entsprechen. Differenzen dürfen nicht auftreten, da lediglich das überschüssige Trinkgeld entnommen wurde.

Beispiel

Kellner K hat Bar-Erlöse von 1.500 Euro erzielt. Zudem wurden ihm 50 Euro an Trinkgeld zugewandt, das er nicht gesondert als Rechnungsposition erfasst hat. Zwei der Kunden haben per EC-Kartenzahlung bezahlt. Kunde eins bezahlte 75 Euro (Rechnungsbetrag 68,80 + Trinkgeld 6,20) und Kunde zwei 25 Euro (Rechnungsbetrag 22,50 + Trinkgeld 2,50). Das unbar erhaltene Trinkgeld nahm K als zusätzliche Rechnungsposition im Kassensystem auf.
Lösung: Der Z-Bon von K weist Einnahmen in Höhe von 1.600 Euro aus, da das bar erhaltene Trinkgeld nicht aufgezeichnet wurde.
  • Aus dem Z-Bon ergibt sich die gesamte Höhe des unbar erhaltenen Trinkgelds (8,70 Euro). Dieses entnimmt K dem Barbestand und fertigt darüber einen Beleg.
  • Ferner entnimmt K das bare Trinkgeld (50 Euro), ohne einen Beleg zu fertigen. Bei seinem Arbeitgeber gibt er folglich Bargeld in Höhe von 1.491,30 Euro ab (1.550,00 Euro ./. Trinkgeld bar 50,00 Euro ./. Trinkgeld unbar 8,70 Euro).
  • Zudem erhält der Arbeitgeber die Gutschriften auf seinem Konto in Höhe von insgesamt 100 Euro. Damit sind auch dem Arbeitgeber die zutreffenden Erlöse von 1.591,30 Euro zugeflossen.

Abgleich der Gesamterlöse mit den EC-Belegen auch möglich

Wurde das unbar erhaltene Trinkgeld nicht als gesonderte Rechnungsposition im Kassensystem erfasst, kann das Trinkgeld durch einen Abgleich der Gesamterlöse mit den EC-Belegen ermittelt werden. Da die EC-Belege aufgrund des unbaren Trinkgelds einen höheren Betrag als den regulären Rechnungsbetrag ausweisen, handelt es sich bei der Differenz um das Trinkgeld.

Beispiel

Barkeeper F rechnet am Tagesende die Kasse ab. Enthalten sind 500 Euro. Zudem liegen in der Kasse EC-Belege über 100 Euro. Gemäß dem Kassensystem wurden in seiner Schicht 420 Euro bar und 85 Euro unbar umgesetzt. Zudem befinden sich in der Kasse immer 50 Euro Wechselgeld.
Lösung: F zieht zunächst vom Kassenbestand (500 Euro) das Wechselgeld (50 Euro) und die Barerlöse (420 Euro) ab. Die verbleibenden 30 Euro stellen das bar erhaltene Trinkgeld dar. Danach vergleicht F die EC-Belege (100 Euro) mit den unbaren Umsätzen (85 Euro). Die Differenz stellt das unbar erhaltene Trinkgeld dar. Über dieses fertigt F einen Beleg und entnimmt es der Kasse.
Praxistipp | Alternativ zur Barentnahme des unbaren Trinkgelds kann auch der Arbeitgeber das Trinkgeld auszahlen. Der Arbeitgeber behält das unbare Trinkgeld zunächst treuhänderisch ein und zahlt es z. B. einmal im Monat mit der Lohnabrechnung – steuer- und beitragsfrei – an den Arbeitnehmer aus.

Exkurs: Trinkgelder an Unternehmer immer steuerpflichtig

Erhält der Unternehmer ein Trinkgeld, handelt es sich stets um eine steuerpflichtige Betriebseinnahme. Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 51 EStG lässt sich nicht anwenden, da diese nur für Arbeitnehmer gilt.

Vor diesem Hintergrund sollten insbesondere Solo-Selbstständige glaubhafte Aufzeichnungen über erhaltene Trinkgelder führen und diese in der Gewinnermittlung erfassen. Denn auch den Betriebsprüfern des Finanzamts ist bekannt, in welchen Branchen regelmäßig Trinkgelder gezahlt werden. Bucht ein Solo-Selbstständiger in einer Branche mit typischen Trinkgeldzahlungen nur die regulären Preise als Betriebseinnahme und beschäftigt er kein Personal, ergibt sich automatisch Konfliktpotenzial mit dem Betriebsprüfer. Dieser Konflikt endet meistens in Hinzuschätzungen von (Trinkgeld)Erlösen und / oder einem Steuerstrafverfahren.

Beispiel

Taxifahrer T ist selbstständiger Unternehmer. Für eine Fahrt berechnet er einem Kunden 22 Euro. Dieser bezahlt freiwillig 25 Euro.
Lösung: T muss 25 Euro als Betriebseinnahme erfassen.

Abwandlung

Würde T für sein Unternehmen eine Kapitalgesellschaft gründen (z. B. GmbH oder UG) und sich als Arbeitnehmer anstellen, wäre das Trinkgeld bei ihm nach § 3 Nr. 51 EStG steuerfrei.

Trinkgelder und die Umsatzsteuer

Auch bei der Umsatzsteuer ist Trinkgeld nicht gleich Trinkgeld. Hier sind folgende Konstellationen zu unterscheiden:

  • Sind Trinkgelder bereits im vom Kunden zu zahlenden Gesamtpreis enthalten, wie z. B. der im Gaststättengewerbe übliche Bedienungszuschlag, zählt das Trinkgeld immer zum umsatzsteuerpflichtigen Entgelt. Das gilt auch dann, wenn das Bedienungspersonal den Zuschlag nicht an den Unternehmer abführt, sondern vereinbarungsgemäß als Entlohnung für seine Dienste zurückbehält (BFH, Urteil vom 19.08.1971, Az. V R 74/68).
  • Zahlt der Kunde das Trinkgeld freiwillig, kommt es wieder darauf an, wer das Trinkgeld erhält.
    • Erhält das Trinkgeld ein Arbeitnehmer, so unterliegt es mangels eines Leistungsaustauschs nicht der Umsatzsteuer.
    • Erhält das Trinkgeld der Unternehmer, stellt es einen umsatzsteuerpflichtigen Umsatz dar. Denn zum umsatzsteuerpflichtigen Entgelt gehört alles, was der Kunde gegenüber dem Unternehmer aufgewandt hat, um die Leistung zu erhalten, abzüglich der enthaltenen Umsatzsteuer. Deshalb ist nach Abschn. 10.1 Abs. 5 UStAE auch das an den Unternehmer gezahlte Trinkgeld als freiwillige Zahlung in die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn – wie üblich – zwischen Zahlung und erbrachter Leistung eine innere Verknüpfung besteht.

Beispiel

R betreibt ein Restaurant. Ein Kunde hat Speisen und Getränke im Wert von 110 Euro verzehrt. Enthalten ist ein allgemeiner Bedienungszuschlag von zehn Euro. Der Kunde bezahlt aber nicht nur die 110 Euro, sondern gibt dem bedienenden Mitarbeiter mit den Worten „für Sie“ noch weitere zehn Euro. Nachdem sich R an der Tür von seinem Kunden verabschiedet, wendet dieser ihm nochmals fünf Euro zu und bedankt sich für das tolle Essen.
Lösung: Der Umsatzsteuer unterliegen die vollen 110 Euro für die verzehrten Speisen und Getränke inkl. des Bedienungszuschlags von zehn Euro sowie das dem Unternehmer R zugewandte Trinkgeld in Höhe von fünf Euro. Umsatzsteuerliches Entgelt sind folglich 115 Euro abzüglich Umsatzsteuer. Das dem Mitarbeiter zugewandte Trinkgeld von zehn Euro unterliegt nicht der Umsatzsteuer und ist zudem nach § 3 Nr. 51 EStG steuerfrei.
Weiterführender Hinweis

Ausgabe: 02/2024, S. 33 · ID: 49761931

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