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Teilzeit/VergütungBAG: Keine Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit vereinbart – dann greift § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG
| Die Arbeit auf Abruf ist ein beliebtes Mittel von Arbeitgebern, die Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmer flexibel an den Beschäftigungsbedarf anzupassen. Sie führt in der Praxis regelmäßig zu Streit, insbesondere über die Vergütung. Erneuter Beleg dafür ist ein Urteil des BAG. LGP stellt das Urteil vor und erläutert, wie Arbeitgeber Arbeit auf Abruf in der Praxis rechtssicher handhaben. |
„Arbeit auf Abruf“ als Gestaltungsinstrument
Wird auf Abruf gearbeitet, bedeutet dies, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen haben. Legaldefiniert ist dies in § 12 Abs. 1 S. 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG).
Die gesetzliche Regelung sieht vor, dass eine solche Art zu arbeiten vertraglich fixiert, mithin ausdrücklich vereinbart werden muss. Auch die Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit muss explizit festgelegt sein (§ 12 Abs. 1 S. 2 TzBfG).
Fehlt eine solche zwingende Vereinbarung zur wöchentlichen Arbeitszeit, regelt § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG, dass eine Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche als vereinbart gilt. Ist die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt, hat der Arbeitgeber die Arbeitsleistung täglich jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen. Hieraus folgt die Vergütungspflicht seitens des Arbeitgebers, und zwar unabhängig davon, ob er die Arbeitsleistung abgerufen, also in Anspruch genommen, hat oder nicht.
Um diesen „Arbeit-auf-Abruf-Fall“ ging es vor dem BAG
Die Vermutungsregelung in § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG war auch Dreh- und Angelpunkt des Falls, den das BAG kürzlich entschieden hat.
Dort hatte eine Arbeitnehmerin Zahlungsforderungen gegen ihre Arbeitgeberin erhoben. Sie war seit dem Jahr 2009 bei der Arbeitgeberin auf Abruf beschäftigt und war nach Bedarf in unterschiedlichem zeitlichem Umfang zur Arbeit herangezogen worden. Nachdem sich der Umfang des Abrufs ihrer Arbeitsleistung ab dem Jahr 2020 im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren verringerte, berief sich die Arbeitnehmerin darauf, ihre Arbeitsleistung sei in den Jahren 2017 bis 2019 nach ihrer Berechnung in einem zeitlichen Umfang von durchschnittlich 103,2 Stunden monatlich abgerufen worden. Eine ergänzende Vertragsauslegung ergebe, dass dies die nunmehr geschuldete und von der Arbeitgeberin zu vergütende Arbeitszeit sei. Soweit der Abruf ihrer Arbeitsleistung in den Jahren 2020 und 2021 diesen Umfang nicht erreichte, verlangte sie Vergütung wegen Annahmeverzugs.
BAG: Fingiertes Kontingent von wöchentlich 20 Stunden zählt
Das BAG kam zum Schluss, dass die regelmäßig zu erbringende Arbeitszeit der Arbeitnehmerin 20 Stunden pro Woche betrug. Es hat deshalb der Klage auf Zahlung von Vergütung wegen Annahmeverzugs nur in geringem Umfang insoweit stattgegeben, als der Abruf der Arbeitsleistung in einzelnen Wochen 20 Stunden unterschritten hatte (BAG, Urteil vom 18.10.2023, Az. 5 AZR 22/23, Abruf-Nr. 237969).
- Für das BAG war für das Arbeitsverhältnis eine Arbeitszeit von wöchentlich 20 Stunden gemäß § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG maßgeblich. Denn arbeitsvertrag-lich sei zwar Arbeit auf Abruf vereinbart, aber keine Regelung zur wöchentlichen Arbeitszeit getroffen worden. Die Arbeitszeit habe sich auch nicht aus einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergeben.Ohne vertragliche Regelung gelten 20 Wochenstunden als vereinbart
- Auch eine konkludente vertragliche Vereinbarung sah das BAG nicht: Für diese reicht das Abrufverhalten des Arbeitgebers in einem bestimmten, lange nach Beginn des Arbeitsverhältnisses liegenden und scheinbar willkürlich gegriffenen Zeitraum nicht aus. Allein aus dem Abrufverhalten des Arbeitgebers lässt sich insofern kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert ableiten, dass er sich für alle Zukunft an eine von § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG abweichende höhere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit binden wolle. Ebenso wenig rechtfertigt allein die Bereitschaft der Arbeitnehmer, in einem bestimmten Zeitraum mehr als nach § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG geschuldet, zu arbeiten, die Annahme, die Arbeitnehmer wollen sich dauerhaft in einem höheren zeitlichen Umfang als gesetzlich vorgesehen binden.In Abrufverhalten des Arbeitgebers ist keine Arbeitszeit-regelung zu sehen
- Die fehlende Vereinbarung führe zu einer Lücke im Vertrag, was den Um-fang der Arbeitszeit angehe. Diese Lücke sei durch den Rückgriff auf § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG zu schließen und nicht durch eine ergänzende Vertrags-auslegung. Denn genau für solch einen Fall einer fehlenden Vereinbarung sei § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG gedacht.Lücke im Vertrag wird durch § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG geschlossen
Bedeutung des Urteils für die Praxis
Der Umfang des Beschäftigungs- und Vergütungsanspruchs bei Abrufarbeit ohne vertragliche Regelung ist mit dem BAG-Urteil nun auch höchstrichterlich entschieden. Das Urteil des LAG Hamm vom 29.11.2022 (Az. 6 Sa 202/22, Abruf-Nr. 233464, LGP 7/2023, Seite 154) ist damit bestätigt.
Ausgabe: 02/2024, S. 47 · ID: 49786568
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