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UmwandlungssteuerrechtEntnahmen im Rückwirkungszeitraum: JStG sorgt für neue „Sollbruchstelle“ bei § 20 UmwStG
| Entnahmen im Rückwirkungszeitraum sind regelmäßig eine große Herausforderung bei der praktischen Umsetzung eines Vorgangs i. S. d. § 20 UmwStG in Handelsbilanz und Steuerbilanz. Durch das JStG ist dieses Thema zudem eine „Sollbruchstelle“ für die Steuerneutralität der Umwandlungen nach § 20 UmwStG geworden. |
1. Die Problematik im Überblick
Während Einkommen und Vermögen der übernehmenden Gesellschaft auf Antrag rückwirkend (meist auf den 31.12.) ermittelt werden (§ 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG), gilt dies für Einkommen und Gewerbeertrag nicht für im Rückwirkungszeitraum getätigte Entnahmen (§ 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG). Grundsätzlich gilt der Wert, mit dem die GmbH das eingebrachte Vermögen ansetzt, für den Einbringenden als Anschaffungskosten für die neuen GmbH-Anteile (§ 20 Abs. 3 S. 1 UmwStG). Die Anschaffungskosten sind aber um den Buchwert der Entnahmen des Rückwirkungszeitraums zu mindern (§ 20 Abs. 5 S. 3 UmwStG).
Das UmwStG nennt zwar die Rechtsfolgen, die sich aufgrund der Entnahmen im Rückwirkungszeitraum ergeben, regelt aber nicht, wie diese technisch erreicht werden. Den „einen richtigen praktischen Weg“ gibt es daher nicht. Nachfolgend wird gezeigt, wie die Einbringung in Handels- und Steuerbilanz abgebildet werden kann, sodass sich die erforderlichen Rechtsfolgen ohne „künstliche Nebenrechnungen“ ergeben.
Diese Thematik wird sich nahezu ausschließlich bei Einbringungen von Einzelunternehmen in Kapitalgesellschaften ergeben. Bringt eine Kapitalgesellschaft einen Betrieb oder Teilbetrieb in eine Tochter-Kapitalgesellschaft ein, bestehen bei der einbringenden GmbH keine Entnahmen. Wird eine Personengesellschaft eingebracht oder umgewandelt, sind Entnahmen zwar grundsätzlich denkbar, doch werden bei Personengesellschaften meist Auszahlungen aus dem Verrechnungskonto mit Fremdkapitalcharakter oder Tätigkeitsvergütungen vorliegen. Diese Vorgänge nehmen aber an der Rückwirkung teil und werden rückwirkend als geliehene oder getilgte Beträge (Verrechnungskonto) oder als Arbeitslohn und Lohnaufwand (Tätigkeitsvergütung) behandelt.
2. Rechtsfolgen der Rückwirkung
Dadurch, dass die Entnahmen des Rückwirkungszeitraums noch als aus dem Einzelunternehmen getätigt gelten, entstehen Entnahmegewinne im Zeitpunkt der tatsächlichen Entnahme noch im Einzelunternehmen. Das kann sowohl Sach- als auch Nutzungsentnahmen betreffen. Ferner wird gedanklich von Anfang an ein um den Buchwert der Entnahmen vermindertes Betriebsvermögen in die GmbH eingebracht. Daher schreibt § 20 Abs. 5 S. 3 UmwStG auch vor, dass die Anschaffungskosten für die GmbH-Anteile um den Buchwert der Entnahmen des Rückwirkungszeitraums zu mindern sind. Schließlich dürfte sich – auch wenn dies nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist – der Zugang zum steuerlichen Einlagekonto um den Betrag der Entnahmen im Rückwirkungszeitraum mindern.
Der „Buchwert der Entnahmen“ bringt zum Ausdruck, dass nicht der Wert, mit dem die Entnahme bewertet wird (meist Teilwert) entscheidend ist, sondern der Wert, mit dem ein entnommenes Wirtschaftsgut zuvor in der Bilanz ausgewiesen wurde. Bei Nutzungsentnahmen beträgt der „Buchwert der Entnahmen“ daher 0 EUR.
Beispiel |
Lösung
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3. „Einfacher“ Fall ohne Gewinnrealisation
Hier wird zunächst die bloße Technik der Darstellung der Entnahmen im Rückwirkungszeitraum gezeigt, ohne dass die Risikobereiche, die zu einer Aufdeckung stiller Reserven führen könnten, relevant sind. Geschäftsvorfälle nach dem Rückwirkungszeitraum werden dabei komplett ignoriert, da diese in beiden Bilanzen schlicht laufend gebucht werden, ohne dass Besonderheiten zu beachten sind.
Beispiel | |||
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Einzelunternehmen 31.12.24 „original“ | |||
Wirtschaftsgüter | 200.000 EUR | Eigenkapital | 160.000 EUR |
Rückstellungen | 40.000 EUR | ||
Summe | 200.000 EUR | 200.000 EUR | |
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Einbuchung des Vermögens in die Handelsbilanz am 27.7.25 zu Buchwerten:
Handelsbilanz GmbH – Eröffnungsbilanz auf den 27.7.25 | |||
Wirtschaftsgüter | 200.000 EUR | Stammkapital | 25.000 EUR |
Kapitalrücklage | 135.000 EUR | ||
Rückstellungen | 40.000 EUR | ||
Summe | 200.000 EUR | 200.000 EUR |
Das IDW (IDW RS HFA 42 Rn. 32 i. V. m. IDW RS HFA 43 Rn. 5) führt aus, dass der Vermögensübergang einen laufenden Geschäftsvorfall darstellt. Statt der vorgenannten Eröffnungsbilanz wäre daher ausführlicher dargestellt, eine Eröffnungsbilanz aufzustellen, die nur Stammkapital und Einlageforderung aufweist. Das in der oben dargestellten Eröffnungsbilanz ausgewiesene Vermögen wäre dann mit dem ersten laufenden Buchungssatz einzubuchen.
- „Verlängerung“ der Steuerbilanz des Einzelunternehmens auf den 31.12.24 um zwei MerkpostenVerlängerung der Steuerbilanz um zwei Merkposten und deren Bewertung
- Bewertung der Merkposten mit dem „Buchwert der Entnahmen“ (ggf. saldiert mit Einlagen): Aktiver Merkposten (sonst. VG) und passiver Merkposten (sonst. VBLK) je 50.000 EUR
- Kein Merkposten für die Pkw-Nutzung, da die Nutzung keinen Buchwert hat
- „Redaktionelle“ Aufteilung des Eigenkapitals in zwei Teilbeträge (Höhe des Merkpostens und Rest)
Einzelunternehmen 31.12.24 „original“ | |||
Wirtschaftsgüter | 200.000 EUR | Eigenkapital | 160.000 EUR |
Rückstellungen | 40.000 EUR | ||
Summe | 200.000 EUR | 200.000 EUR | |
Steuerbilanz des Einzelunternehmens zum 31.12.24 mit Merkposten und ... | |||
1Wirtschaftsgüter | 200.000 EUR | 2Eigenkapital Teilbetrag 1 | 50.000 EUR |
2akt. Merkposten (sonst. VG) | 50.000 EUR | 1Eigenkapital Teilbetrag 2 | 110.000 EUR |
1Rückstellungen | 40.000 EUR | ||
1pass. Merkposten (sonst. VBLK) | 50.000 EUR | ||
Summe | 250.000 EUR | 250.000 EUR | |
1Wirtschaftsgüter, Eigenkapital Teilbetrag 2, Rückstellungen und passiver Merkposten werden in die Steuerbilanz der GmbH eingebucht.2Aktiver Merkposten und Eigenkapital Teilbetrag 1 verbleiben in einem Einzelunternehmens-Rudiment. | |||
... Eröffnungsbilanz auf den 31.12.24 | |||
Wirtschaftsgüter | 200.000 EUR | 3Stammkapital | 25.000 EUR |
3hrl. Kapitalrücklage | 135.000 EUR | ||
3steuerl. Korrektur der KapRL | – 50.000 EUR | ||
Rückstellungen | 40.000 EUR | ||
pass. Merkposten (sonst. VBLK) | 50.000 EUR | ||
Summe | 200.000 EUR | 200.000 EUR |
3Saldo der drei in der Steuerbilanz ausgewiesenen Eigenkapitalpositionen = 110.000 EUR
Da eine Einlage von 110.000 EUR geleistet wird, von der 25.000 EUR einen Zugang zum Stammkapital darstellen, ist noch am 31.12.24 ein Zugang zum steuerlichen Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG von 85.000 EUR zu erfassen. Im Falle der Sachgründung oder Ausgliederung zur Neugründung der GmbH kann dadurch erforderlich werden, trotz Gründung der GmbH im Jahr 25 eine KSt-Erklärung (Anlage KSt 1F) für das Jahr 24 abzugeben. In der GmbH wird das Vermögen mit 110.000 EUR eingebucht, im Einzelunternehmen wurde für das eingebuchte Betriebsvermögen ein Eigenkapital (Teilbetrag 2) von 110.000 EUR ausgewiesen, sodass sich kein Einbringungsgewinn ergibt. Die Anschaffungskosten des Einbringenden für die GmbH-Anteile betragen 110.000 EUR und entsprechen dem Saldo der drei in der Steuerbilanz ausgewiesenen Eigenkapitalpositionen. Der Gesetzeswortlaut kommt (anders) zu Anschaffungskosten in identischer Höhe:
Ermittlung der Anschaffungskosten | |||
Wert, mit dem die GmbH das („echte“) Vermögen ansetzt (§ 20 Abs. 3 S. 1 UmwStG) | |||
Aktiva | 200.000 EUR | ||
Rückstellungen | – 40.000 EUR | ||
Saldo | 160.000 EUR | 160.000 EUR | |
Buchwert der Entnahmen (§ 20 Abs. 5 S. 3 UmwStG) | 50.000 EUR | ||
Anschaffungskosten | 110.000 EUR | ||
Rest-Einzelunternehmen, weiterhin 31.12.24 | |||
akt. Merkposten (sonst. VG) | 50.000 EUR | Eigenkapital Teilbetrag 2 | 50.000 EUR |
Summe | 50.000 EUR | 50.000 EUR |
Die praktische Schwierigkeit, dass die Positionen „Bank“ und „Kasse“ in Handelsbilanz und Steuerbilanz an unterschiedlichen Stichtagen auf die GmbH übergehen, wird unter 5. gesondert thematisiert.
Werden dann im Laufe des Jahres 2025 die Entnahmen getätigt, wird in der GmbH handelsrechtlich gebucht:
Ergebnisverwendung | 50.000 EUR | an | Bank | 50.000 EUR |
Das IDW (IDW RS HFA 42 Rn. 18 i. V. m. IDW RS HFA 43 Rn. 5) spricht davon, dass Eigenkapitalauskehrungen an die Gesellschafter im Rückwirkungszeitraum als Minderung des übergehenden Reinvermögens erfolgsneutral in der Bilanz des übernehmenden Rechtsträgers zu berücksichtigen seien. Diese Vorgabe wird durch die Buchung als Ergebnisverwendung umgesetzt. Eine unmittelbare Buchung gegen Rücklagen oder eine andere Eigenkapitalposition erscheint auch denkbar.
Steuerlich wird davon abweichend keine Ergebnisverwendung, sondern eine Auflösung des passiven Merkpostens (der am 31.12.24 genau zu diesem Zweck und genau in dieser Höhe im Einzelunternehmen eingebucht wurde und dann im Rahmen der Einbringung auf die GmbH übergegangen ist) gebucht:
Auflösung pass. Merkposten | 50.000 EUR | an | Bank | 50.000 EUR |
Im Rest-Einzelunternehmen wird rein steuerlich die Entnahme gebucht (Bewertung als Entnahme mit dem Teilwert). Da sich im Einzelunternehmen aber keine Wirtschaftsgüter mehr befinden, wird stattdessen der aktive Merkposten ausgebucht:
Entnahme | 55.000 EUR | an | Auflösung akt. Merkposten | 50.000 EUR |
Ertrag | 5.000 EUR |
Der Gewinn aus der privaten Pkw-Nutzung wird noch als Ertrag im Einzelunternehmen im Jahr 2025 erfasst, obwohl das Einzelunternehmen ansonsten bereits fiktiv in der GmbH aufgegangen ist. Ob dieser Gewinn der Gewerbesteuer unterliegt, kann wegen der Höhe unterhalb von 24.500 EUR dahinstehen. Es spricht aber viel dafür, dass kein stehender Gewerbebetrieb mehr existiert und der Betrag folglich schon dem Grunde nach nicht der Gewerbesteuer unterliegt.
Der laufende Gewinn von 80.000 EUR wird in der GmbH entweder dadurch erfasst, dass alle Buchungssätze des Rückwirkungszeitraums (mit Ausnahme der Entnahmen) in der GmbH nachgebucht werden (Kopie des Buchungsstapels im Einzelunternehmen und Einfügung in die GmbH) oder, indem die Verkehrszahlen aller Bestandskonten in einem zusammengefassten Buchungssatz gegen „Ertrag, den der übertragende Rechtsträger für Rechnung des übernehmenden Rechtsträgers erwirtschaftet hat“ (umbenannter s. b. E.) angepasst werden (vgl. IDW RS HFA 42 Rn. 33 i. V. m. IDW RS HFA 43 Rn. 5).
Nachteil der Stapelkopie ist, dass bei der Einfügung von Buchungen eines Einzelunternehmens in eine GmbH-Buchhaltung regelmäßig technische Probleme auftreten. Nachteil der Saldonachbuchung ist, dass Besonderheiten der Konten (Nichtabziehbarkeit von Geschenken, Steuerfreiheit von Dividenden etc.) nicht automatisiert weiterverarbeitet werden können.
Am 31.12.25 besteht dann – vorbehaltlich anderweitiger „zufälliger“ Abweichungen – grundsätzlich wieder eine Einheitsbilanz. In der Handelsbilanz ist wegen der Buchung der entnommenen Beträge von 50.000 EUR als Ergebnisverwendung und des Jahresüberschusses von 80.000 EUR ein Bilanzgewinn von 30.000 EUR auszuweisen.
Handelsbilanz GmbH – Schlussbilanz auf den 31.12.25 | |||
Handelsbilanz der GmbH auf den 31.12.25 | 200.000 EUR | Stammkapital | 25.000 EUR |
Abgang Ergebnisverwendung | – 50.000 EUR | Kapitalrücklage | 135.000 EUR |
neue Wirtschaftsgüter (aus JÜ) | 80.000 EUR | Bilanzgewinn | 30.000 EUR |
Rückstellungen | 40.000 EUR | ||
Summe | 230.000 EUR | 230.000 EUR |
Da steuerlich keine Ergebnisverwendung gebucht wird, ist in der Steuerbilanz ein Jahresüberschuss von 80.000 EUR auszuweisen.
Steuerbilanz GmbH – Schlussbilanz auf den 31.12.25 | |||
Steuerbilanz der GmbH auf den 31.12.25 | 200.000 EUR | Stammkapital | 25.000 EUR |
entnommene Beträge | – 50.000 EUR | hrl. Kapitalrücklage | 135.000 EUR |
neue Wirtschaftsgüter (aus JÜ) | 80.000 EUR | stl. Korrektur der KapRL | – 50.000 EUR |
Jahresüberschuss | 80.000 EUR | ||
Rückstellungen | 40.000 EUR | ||
pass. Merkposten | 50.000 EUR | ||
Summe | 230.000 EUR | 230.000 EUR |
Die steuerliche Korrektur zur Kapitalrücklage stellt ein steuerliches Minderkapital dar. Der Jahresüberschuss in der Steuerbilanz übersteigt den Bilanzgewinn um 50.000 EUR, sodass insoweit ein steuerliches Mehrkapital besteht. Durch Umbuchungen in der Steuerbilanz von 50.000 EUR aus dem Jahresüberschuss in die Kapitalrücklage sowie des Restbetrags aus dem Jahresüberschuss in den Bilanzgewinn wird dann eine „echte“ Einheitsbilanz erzeugt.
4. Neue Problembereiche aufgrund des JStG 2024
Bei Einbringungen i. S. d. § 20 UmwStG ist ein Buchwertansatz nicht oder nur eingeschränkt möglich, soweit negatives Buchvermögen eingebracht wird oder andere Gegenleistungen in schädlichem Umfang gewährt werden.
Die Schädlichkeit oder Unschädlichkeit des Umfangs der anderen Gegenleistungen richtet sich insbesondere nach der Höhe des eingebrachten Buchvermögens. Andere Gegenleistungen sind nach § 20 Abs. 2 Nr. 4 UmwStG unschädlich
- bei kleineren Beträgen (bis max. 500.000 EUR) bis zum vollen Betrag des eingebrachten Buchvermögens,
- bei mittelgroßen Beträgen (500.000 EUR bis 2.000.000 EUR) bis zu einem Betrag von 500.000 EUR,
- bei großen Beträgen (oberhalb von EUR 2.000.0000) bis zu 25 % des eingebrachten Buchvermögens.
Das JStG 2024 regelt nun rückwirkend für alle 2024 beurkundeten Fälle, dass auch für die Fragen, ob negatives Buchvermögen eingebracht wurde und in welchem Umfang, andere Gegenleistungen unschädlich sind, Entnahmen des Rückwirkungszeitraums das eingebrachte Betriebsvermögen mindern. Ebenso wie in § 20 Abs. 5 S. 3 UmwStG dürfte es dabei auf den „Buchwert der Entnahmen“ ankommen. Diese Regelung ist technisch herausfordernd und rechtlich ausgesprochen gefährlich.
Häufig wird bei Einbringungen nach § 20 UmwStG geregelt, dass ein möglichst hoher Betrag als andere Gegenleistung in die Verbindlichkeiten eingebucht wird. Dies wird regelmäßig gewünscht, da diese Beträge dann zukünftig unabhängig von einer Verwendungsreihenfolge als Schuldentilgung an den Gesellschafter zurückgezahlt werden können, ohne dass beim Gesellschafter steuerbare Einkünfte entstehen.
Im o. g. Beispiel hätte man in der Vergangenheit in Fällen der Sachgründung einer GmbH häufig die Regelung im Einbringungsvertrag gefunden, dass
- das eingebrachte Vermögen mit dem Buchwert angesetzt werden soll,
- i. H. v. 25.000 EUR im Stammkapital verbucht werden soll und
- darüber hinaus zu einer Verbindlichkeit gegen den Gesellschafter führt.
Da sich die notarielle Urkunde auf die Handelsbilanz bezieht und da ein Merkposten handelsrechtlich nicht besteht, wäre handelsrechtlich statt der dortigen Kapitalrücklage von 135.000 EUR aus dem Beispiel unter 3. eine Verbindlichkeit gegen den Gesellschafter von 135.000 EUR auszuweisen.
Beachten Sie | Erfolgt die Einbringung als Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG, wäre diese Verbindlichkeit handelsrechtlich wegen § 54 Abs. 4 UmwG unzulässig. Bei einer Einbringung durch Sachgründung, Sachkapitalerhöhung, Bargründung mit Sachagio oder Barkapitalerhöhung mit Sachagio (jeweils nach den Vorschriften des GmbHG) wäre diese Verbindlichkeit aber denkbar.
Da die Verbindlichkeit wirksam vereinbart wurde, wäre diese auch steuerlich zu beachten. Steuerlich wird aber nach der Neuregelung nur ein Buchvermögen von 110.000 EUR (Betriebsvermögen des EU abzgl. Buchwert der Entnahmen im Rückwirkungszeitraum oder „Teilbetrag 2“ des Eigenkapitals) eingebracht. Da die anderen Gegenleistungen aber bei einem eingebrachten Buchvermögen von unter 500.000 EUR max. dem vollen Betrag des Eigenkapitals (also hier 110.000 EUR) entsprechen dürfen, würden hier andere Gegenleistungen von 25.000 EUR zu viel (135.000 EUR statt max. 110.000 EUR) gewährt, sodass steuerlich in dieser Höhe stille Reserven aufzudecken wären.
Handelsbilanz GmbH – Eröffnungsbilanz auf den 27.7.25 | |||
Wirtschaftsgüter | 200.000 EUR | Stammkapital | 25.000 EUR |
Kapitalrücklage | 135.000 EUR | ||
Verbindlichkeit | 135.000 EUR | ||
Rückstellungen | 40.000 EUR | ||
Summe | 200.000 EUR | 200.000 EUR | |
Steuerbilanz GmbH – Eröffnungsbilanz auf den 31.12.24 | |||
Saldo der beiden EK-Positionen beträgt 0 EUR | 200.000 EUR | 1Stammkapital | 25.000 EUR |
Aufstockung Wirtschaftsgüter | 25.000 EUR | 1steuerliches Minderkapital | - 25.000 EUR |
Verbindlichkeit | 135.000 EUR | ||
Rückstellungen | 40.000 EUR | ||
pass. Merkposten (sonst. VBLK) | 50.000 EUR | ||
Summe | 225.000 EUR | 225.000 EUR |
1Saldo der beiden in der Steuerbilanz ausgewiesenen Eigenkapitalpositionen = 0 EUR
Da das eingebrachte Betriebsvermögen in der GmbH mit 0 EUR angesetzt und daneben eine andere Gegenleistung von 135.000 EUR gewährt wird, wird das Einzelunternehmen für 135.000 EUR verkauft. Da in der Schlussbilanz des Einzelunternehmens mit Merkposten ein Eigenkapital für das eingebrachte Betriebsvermögen (Teilbetrag 2) von 110.000 EUR ausgewiesen wurde, ergibt sich ein Veräußerungsgewinn von 25.000 EUR.
Da nicht alle stillen Reserven aufgedeckt werden, ist dieser Veräußerungsgewinn nicht nach §§ 16, 34 EStG begünstigt. Da aber das Einzelunternehmen beendet wird, unterliegt dieser Gewinn nicht der Gewerbesteuer.
Die Anschaffungskosten des Einbringenden für die GmbH-Anteile betragen 0 EUR und entsprechen dem Saldo der beiden in der Steuerbilanz ausgewiesenen Eigenkapitalpositionen. Der Gesetzeswortlaut kommt (anders) zu Anschaffungskosten in identischer Höhe:
Wertansatz gem. § 20 Abs. 3 S. 1 UmwStG | ||
Wert, mit dem die GmbH das „echte“ Vermögen ansetzt | 225.000 EUR | |
Verbindlichkeit (vgl. auch § 20 Abs. 3 S. 3 UmwStG) | – 135.000 EUR | |
Rückstellungen | – 40.000 EUR | |
Saldo | 50.000 EUR | 50.000 EUR |
Buchwert der Entnahmen (§ 20 Abs. 5 S. 3 UmwStG) | – 50.000 EUR | |
Anschaffungskosten | 0 EUR |
Hier wird eine Einlage von 0 EUR geleistet, von der 25.000 EUR einen Zugang zum Stammkapital darstellen. Zutreffend wäre daher, entweder das steuerliche Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG um 25.000 EUR zu mindern oder einen Sonderausweis i. S. d. § 28 KStG zu bilden (soweit ein steuerliches Einlagekonto, das gemindert werden könnte, nicht besteht).
Ferner wären stille Reserven aufzudecken, wenn durch die Entnahmen im Rückwirkungszeitraum das eingebrachte Buchvermögen negativ würde. Dies tritt nicht nur bei „Chaos-Mandanten“ ein, sondern auch bei soliden Mandanten, die im Rückwirkungszeitraum mehr entnehmen als das Eigenkapital per 31.12.24. Dies wird insbesondere passieren, wenn der Gewinn des Rückwirkungszeitraums entnommen wird.
Beispiel | |||
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Einzelunternehmen 31.12.24 „original“ | |||
Wirtschaftsgüter | 200.000 EUR | Eigenkapital | 40.000 EUR |
Rückstellungen | 160.000 EUR | ||
Summe | 200.000 EUR | 200.000 EUR | |
|
Zwar wird im Rückwirkungszeitraum eine Verbesserung des Eigenkapitals erreicht (Gewinn 80.000 EUR, Buchwert der Entnahmen 50.000 EUR), doch wird der Gewinn der GmbH zugeordnet, während die Entnahmen noch aus dem Einzelunternehmen als getätigt gelten.
Die Entnahmen von 50.000 EUR übersteigen das Eigenkapital des 31.12.24 um 10.000 EUR, sodass mindestens in Höhe dieser 10.000 EUR steuerlich stille Reserven aufzudecken sind. Durch Einbuchung der Merkposten wird der „Teilbetrag 2“ des Eigenkapitals i. H. v. 10.000 EUR negativ:
Einzelunternehmen 31.12.24 mit Merkposten | |||
Wirtschaftsgüter | 200.000 EUR | Eigenkapital Teilbetrag 1 | 50.000 EUR |
Teilbetrag 2 wird durch Einbuchung der Merkposten negativ | 50.000 EUR | Eigenkapital Teilbetrag 2 | – 10.000 EUR |
Rückstellungen | 160.000 EUR | ||
pass. Merkposten (sonst. VBLK) | 50.000 EUR | ||
Summe | 250.000 EUR | 250.000 EUR | |
Handelsbilanz GmbH – Eröffnungsbilanz auf den 27.7.25 | |||
Wirtschaftsgüter | 200.000 EUR | Stammkapital | 25.000 EUR |
Kapitalrücklage | 15.000 EUR | ||
Rückstellungen | 160.000 EUR | ||
Summe | 200.000 EUR | 200.000 EUR | |
Steuerbilanz GmbH – Eröffnungsbilanz auf den 31.12.24 | |||
Wirtschaftsgüter | 200.000 EUR | 1Stammkapital | 25.000 EUR |
Aufstockung Wirtschaftsgüter | 10.000 EUR | 1Kapitalrücklage | 15.000 EUR |
1steuerliches Minderkapital | – 40.000 EUR | ||
Rückstellungen | 160.000 EUR | ||
pass. Merkposten (sonst. VBLK) | 50.000 EUR | ||
Summe | 210.000 EUR | 210.000 EUR |
1Saldo der drei in der Steuerbilanz ausgewiesenen Eigenkapitalpositionen = 0 EUR
Da das eingebrachte Betriebsvermögen in der GmbH mit 0 EUR angesetzt wird und in der Schlussbilanz des Einzelunternehmens mit Merkposten ein Eigenkapital für das eingebrachte Betriebsvermögen (Teilbetrag 2) von – 10.000 EUR ausgewiesen wurde, ergibt sich ein Veräußerungsgewinn von 10.000 EUR. Auch dieser Veräußerungsgewinn ist nicht nach §§ 16, 34 EStG begünstigt, unterliegt aber ebenfalls nicht der Gewerbesteuer.
Hier wird eine Einlage von 0 EUR geleistet, von der 25.000 EUR einen Zugang zum Stammkapital darstellen. Zutreffend wäre es daher, entweder das steuerliche Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG um 25.000 EUR zu mindern (soweit ein entsprechender Betrag besteht) oder einen Sonderausweis i. S. d. § 28 KStG zu bilden (soweit ein steuerliches Einlagekonto, das gemindert werden könnte, nicht besteht).
Die Anschaffungskosten des Einbringenden für die GmbH-Anteile betragen 0 EUR und entsprechen dem Saldo der drei in der Steuerbilanz ausgewiesenen Eigenkapitalpositionen. Der Gesetzeswortlaut kommt (anders) zu Anschaffungskosten in identischer Höhe:
Wertansatz gemäß § 20 Abs. 3 S. 1 UmwStG | ||
Wert, mit dem die GmbH das „echte“ Vermögen ansetzt | 210.000 EUR | |
Rückstellungen | – 160.000 EUR | |
Saldo | 50.000 EUR | 50.000 EUR |
Buchwert der Entnahmen (§ 20 Abs. 5 S. 3 UmwStG) | – 50.000 EUR | |
Anschaffungskosten | 0 EUR |
5. Unterschiedliche Stichtage für die Eröffnungsbilanz
Die Handelsbilanz der GmbH ist zum Zeitpunkt der „echten“ Gründung (Entstehung der Vor-GmbH und Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den Vermögensgegenständen am 27.7.25 durch Abschluss des Notarvertrags) zu erstellen, die steuerliche Eröffnungsbilanz hingegen bereits rückwirkend auf den 31.12.24. Dies löst das Praktiker-Problem aus, dass in den Bilanzpositionen „Bank“ und „Kasse“ am 31.12.24 eine Buchung mit der Auswahl „nur Steuerrecht“ vorzunehmen ist. Diese Auswahl versuchen Computersysteme für Bank und Kasse regelmäßig zu unterbinden.
Für DATEV-Nutzer wird hier das Dokument 1044581 im DATEV-Hilfe-Center relevant, wenn man nicht „tricksen“ möchte. Die in der Praxis deutlich komfortablere „Trickserei“ kann darin bestehen, dass
- entweder nur für die Jahre 2024 und 2025 zwei Mandanten angelegt werden – einer für die Handelsbilanz und einer für die Steuerbilanz
- oder die Bestände aus Bank und Kasse
- im Einzelunternehmen am 31.12.24 auf „sonstige Vermögensgegenstände“ umgebucht werden,
- in der GmbH als „sonstige Vermögensgegenstände“ an den unterschiedlichen Stichtagen eingebucht werden und
- in der ersten laufenden Buchung des Jahres 2025 (noch vor der Nachbuchung der Geschäftsvorfälle des Rückwirkungszeitraums) wieder auf Bank und Kasse zurückgebucht werden.
In Variante 1 können dann nach einer Buchwerteinbringung ab 2026 wieder einheitliche Bestände geführt werden, da in Handels- und Steuerbilanz beide Male das Eigenkapital um 50.000 EUR gemindert wurde – und zwar steuerlich bereits im Einzelunternehmen bzw. durch Einbuchung eines um die Entnahmen geminderten Eigenkapitals und handelsrechtlich durch die Ergebnisverwendung.
Fazit | Durch die Technik mit zwei Merkposten und die Aufteilung des Eigenkapitals in Teilbeträge 1 und 2 können alle Rechtsfolgen (Anschaffungskosten, Veräußerungserlös, Zugang steuerliches Einlagekonto) aus der steuerlichen Eröffnungsbilanz der GmbH abgelesen werden, ohne dass es weiterer Nebenrechnungen bedarf. Ferner kann der Entnahmegewinn im Einzelunternehmen durch Buchung einer Entnahme in Höhe des zutreffenden Entnahmewertes bilanziell abgebildet werden. Nebenrechnungen oder außerbilanzielle Korrekturen sind nicht erforderlich. |
- Die Ausführungen stammen aus dem Vortrag „Einbringungen nach §§ 20, 21 UmwStG“, den der Autor für das IFU-Institut hält.
AUSGABE: GStB 2/2025, S. 63 · ID: 50274820