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Werbungskosten/BetriebsausgabenInsolvenzverfahren: Kosten für Verwertungsmaßnahmen ausnahmsweise doch abziehbar

Abo-Inhalt29.01.20254 Min. LesedauerVon Dipl.-Finw. StB Christian Herold, Herten/Westf.

| Der BFH hatte für das Verbraucherinsolvenzverfahren bereits entschieden, dass die Tätigkeitsvergütung des Insolvenzverwalters beim Insolvenzschuldner steuerlich nicht zu berücksichtigen ist (BFH 4.8.16, VI R 47/13; BFH 16.12.21, VI R 41/18). Es war aber noch die Frage offen, ob die Kosten eines Regelinsolvenzverfahrens als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden können, wenn Wirtschaftsgüter verwertet werden, deren Veräußerung zu steuerpflichtigen Einkünften führt. Nun hat der BFH zwar entschieden, dass die Kosten des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerschuldners prinzipiell weder Werbungskosten noch außergewöhnliche Belastungen darstellen. Dies gelte aber nicht für solche Aufwendungen, die auch angefallen wären, wenn der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut außerhalb eines Insolvenzverfahrens veräußert hätte und die Aufwendungen in einem solchen Fall als Werbungskosten abziehbar wären (BFH 13.8.24, IX R 29/23). |

Sachverhalt

Über das Vermögen der Klägerin wurde wegen Zahlungsunfähigkeit ein Regelinsolvenzverfahren eröffnet. Im Eigentum der Klägerin stehende Vermietungsobjekte wurden durch die Insolvenzverwalterin verwertet. Aufgrund der Verwertung des Vermögens kam es zu einer vollständigen Befriedigung der Gläubiger. Durch den Verkauf der Immobilien wurden allerdings steuerpflichtige Veräußerungsgewinne erzielt, denn die Immobilien befanden sich erst seit wenigen Jahren im Eigentum der Klägerin. Sie beantragte daher, dass die Gewinne um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu reduzieren seien. Das Finanzamt lehnte dies ab. Das Finanzgericht pflichtete dem Finanzamt bei. Und auch der BFH ist der Auffassung, dass die Kosten des Insolvenzverfahrens grundsätzlich steuerlich unberücksichtigt bleiben. Allerdings sind diese ausnahmsweise dann – gegebenenfalls anteilig – abziehbar, wenn Verwertungskosten auch „unter normalen Umständen“ zu Werbungskosten führen würden, das heißt, wenn die Klägerin ohnehin vorhatte, die Immobilien – steuerpflichtig – zu veräußern oder wenn diese auch ohne das „Zutun“ des Insolvenzverwalters veräußert worden wären.

Entscheidungsgründe

Vom BFH wurde bereits entschieden, dass die Vergütung eines Treuhänders im Verbraucherinsolvenzverfahren dem Privatbereich des Steuerpflichtigen zuzuordnen ist und daher nicht als Werbungskosten abgezogen werden kann. Zur Begründung hat der BFH angeführt, das Verbraucherinsolvenzverfahren betreffe die wirtschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen als Person und somit dessen private Lebensführung, indem es eine geordnete Befriedigung der Gläubiger für den Fall ermögliche, dass das Einkommen und Vermögen nicht zu deren vollständiger Befriedigung ausreicht. Dieser Rechtssatz gilt auch für ein Regelinsolvenzverfahren. Denn nach § 1 S. 1 InsO dient das (Regel-)Insolvenzverfahren dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird.

Es besteht auch kein objektiver Veranlassungszusammenhang zwischen der Erzielung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften durch die Verwertung der Vermietungsobjekte und den unmittelbar durch das Insolvenzverfahren verursachten Aufwendungen. Zwar mag das Insolvenzverfahren ursächlich für die Verwertung der Vermietungsobjekte im Sinne einer einfachen Kausalität geworden sein. Dies genügt jedoch nicht zur Annahme eines objektiven Veranlassungszusammenhangs. Denn die Aufwendungen des Insolvenzverfahrens sind nicht alleine durch einzelne Tätigkeiten des Insolvenzverwalters, sondern durch die Übernahme der Geschäftsführung für das gesamte Insolvenzverfahren veranlasst.

Die Kosten sind auch nicht als außergewöhnliche Belastung steuermindernd zu berücksichtigen. Insolvenzen sind nämlich keineswegs unüblich und damit nicht außergewöhnlich.

Das Finanzgericht muss aber noch feststellen, inwieweit die streitigen Aufwendungen ausschließlich durch das Insolvenzverfahren veranlasst worden sind oder vordergründig einer Einkunftsquelle zuzuordnen gewesen wären, wenn die Klägerin außerhalb eines Insolvenzverfahrens die Grundstücke selbst veräußert hätte.

Relevanz für die Praxis

Hatte die Klägerin ohnehin vor, die Immobilien zu veräußern oder hätte sie diese nach einer Freigabe durch den Insolvenzverwalter veräußert wollen, so würden die entsprechenden Verwertungskosten den steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn gegebenenfalls anteilig mindern. Wie eine solche Feststellung konkret erfolgen kann und welche Kosten dann tatsächlich abgezogen werden dürfen, lässt der BFH aber offen. Für das FG wird die entsprechende Feststellung sicherlich nicht leicht und kann möglicherweise nur im Rahmen einer Schätzung erfolgen.

Früher hatte der BFH beim Verbraucherinsolvenzverfahren wenigstens in bestimmten Fällen einen Abzug von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung zugelassen, nämlich wenn der Steuerpflichtige die Ursache seiner Überschuldung und damit die Notwendigkeit eines Verbraucherinsolvenzverfahrens nicht selbst gesetzt hatte (BFH 4.8.16, VI R 47/13). Diese Ansicht hat der BFH mit seinem o. g. Urteil aus 2021 aber ausdrücklich aufgegeben.

Noch ein Hinweis zur Umsatzsteuer. Hier lässt der BFH beim Regelinsolvenzverfahren eine Aufteilung in private und betriebliche (unternehmerische) Aufwendungen zu und ermöglicht so einen anteiligen Vorsteuerabzug (vgl. BFH 15.4.15, V R 44/14, BStBl II 15, 679; siehe auch Abschnitt 3.10 Abs. 6 Nr. 15 UStAE).

AUSGABE: GStB 2/2025, S. 49 · ID: 50242945

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