FeedbackAbschluss-Umfrage

GewinnverteilungBMF setzt neue Maßstäbe für die steuerliche Anerkennung inkongruenter Gewinnausschüttungen

Abo-Inhalt02.12.202410 Min. LesedauerVon Prof. Dr. Hans Ott, StB/vBP, Köln

| Eine vom Beteiligungsverhältnis abweichende inkongruente Gewinnausschüttung wird vielfach als Gestaltungsmaßnahme bei einer GmbH eingesetzt. Laut BMF wurden solche Ausschüttungen bislang anerkannt, wenn sie zivilrechtlich wirksam vereinbart worden waren und hierfür zusätzlich beachtliche wirtschaftliche außersteuerliche Gründe nachgewiesen wurden, um einen Gestaltungsmissbrauch auszuschließen. Außerdem sah die Finanzverwaltung in einer nur kurzzeitig geltenden oder wiederholt geänderten Gewinnverteilungsabrede ein Indiz für eine unangemessene Gestaltung. Als Reaktion auf die jüngste BFH-Rechtsprechung hat die Finanzverwaltung nun die Voraussetzungen einer steuerlichen Anerkennung inkongruenter Gewinnausschüttungen modifiziert (BMF 4.9.24, IV C 2 – S 2742/19/10004 :003, BStBl I 24, 1246). |

1. Die neue Verwaltungsansicht

Mit Urteil vom 28.9.22 (VIII R 20/20, BStBl II 24, 697; vgl. dazu Ott, GStB 23, 64) hat der BFH der Verwaltungsansicht im BMF-Schreiben vom 17.12.13 (IV C 2 – S 2750-a/11/10001, BStBl I 14, 63) ausdrücklich widersprochen und entschieden, dass ein punktuell satzungsdurchbrechender Beschluss über eine inkongruente Vorabausschüttung einer GmbH, der von der Gesellschafterversammlung einstimmig gefasst worden ist und von keinem Gesellschafter angefochten werden kann, als zivilrechtlich wirksamer Ausschüttungsbeschluss der Besteuerung zugrunde zu legen ist.

Merke | Nach dem BMF-Schreiben vom 17.12.13 setzte die steuerliche Anerkennung einer inkongruenten Gewinnausschüttung bei der GmbH voraus, dass entweder im Gesellschaftsvertrag ein anderer Gewinnverteilungsmaßstab festgelegt wurde oder die Satzung eine sog. Öffnungsklausel enthält, nach der alljährlich mit Zustimmung der beeinträchtigten Gesellschafter oder einstimmig über eine von der satzungsmäßigen Regelung abweichende Gewinnverteilung beschlossen werden kann. Dieser Beschluss musste mit der in der Satzung bestimmten Mehrheit gefasst werden.

Mit dem aktuellen BMF-Schreiben vom 4.9.24 folgt die Finanzverwaltung den Grundsätzen des BFH im o. g. Urteil vom 28.9.22 und äußert sich zudem zur Behandlung einer gespaltenen Gewinnverwendung i. V. m. zeitlich inkongruenten Gewinnausschüttungen nach dem BFH-Urteil vom 28.9.21 (VIII R 25/19, BStBl II 24, 688). Nach der Anwendungsregelung in Punkt II. ersetzt das BMF-Schreiben vom 4.9.24 das vorangehende BMF-Schreiben vom 17.12.13 und ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden.

2. Fallgruppen inkongruenter Gewinnausschüttungen

Im Hinblick auf die steuerliche Anerkennung inkongruenter Gewinnausschüttungen wird nach dem BMF-Schreiben vom 4.9.24 zwischen der AG und der GmbH wie folgt differenziert:

Bei einer AG ist die Zulässigkeit inkongruenter Gewinnausschüttungen – wie bisher – deutlich eingeschränkt. Denn diese sind nur anzuerkennen, wenn in der Satzung gemäß § 60 Abs. 3 AktG ein vom Verhältnis der Anteile am Grundkapital (§ 60 Abs. 1 AktG) abweichender Gewinnverteilungsschlüssel festgelegt wurde und die Ausschüttung diesem Verhältnis entspricht. Eine inkongruente Gewinnausschüttung aufgrund einer Öffnungsklausel in der Satzung oder aufgrund eines satzungsdurchbrechenden Beschlusses erfüllt dagegen diese Voraussetzung nicht.

Im Hinblick auf die zivilrechtliche Wirksamkeit werden bei der GmbH dagegen vier Fallgruppen unterschieden:

Übersicht / 

Fallgruppe
Sachverhalt
1
Abweichende Regelung der Gewinnverteilung im Gesellschaftsvertrag
2
Öffnungsklausel für abweichende Gewinnverteilung im Gesellschaftsvertrag
3
Punktuell satzungsdurchbrechender Beschluss
4
Gespaltene Gewinnverwendung, zeitlich inkongruente Gewinnausschüttung

2.1 Regelungen im Gesellschaftsvertrag

In den Fallgruppen 1 und 2, die an Regelungen im Gesellschaftsvertrag anknüpfen, gilt für die zivilrechtliche Wirksamkeit:

  • Fallgruppe 1: Es wurde bereits im Gesellschaftsvertrag gem. § 29 Abs. 3 S. 2 GmbHG ein anderer Maßstab der Verteilung als das Verhältnis der Geschäftsanteile festgesetzt und die Ausschüttung entspricht diesem Verhältnis. Für eine nachträgliche Änderung des Gesellschaftsvertrags zur Regelung einer inkongruenten Gewinnverteilung ist die Zustimmung derjenigen Gesellschafter erforderlich, die von der Veränderung nachteilig betroffen sind.
  • Fallgruppe 2: Der Gesellschaftsvertrag enthält eine Öffnungsklausel, nach der mit Zustimmung der beeinträchtigten Gesellschafter eine von der satzungsmäßigen oder gesetzlichen Regelung abweichende Gewinnverteilung beschlossen werden kann. Zudem muss der Beschluss mit den erforderlichen Gesellschafterzustimmungen und der ggf. im Gesellschaftsvertrag bestimmten Mehrheit gefasst werden. Für eine Öffnungsklausel wird z. B. folgende Formulierung vorgeschlagen (vgl. Birkenmaier/Obser, GmbHR 22, 850, 857 f.):
  • „Der zur Ausschüttung bestimmte Gewinn steht den Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Beteiligung am Stammkapital der Gesellschaft zu, soweit nicht mit Zustimmung der betroffenen Gesellschafter (oder alternativ: aller Gesellschafter) eine andere Gewinnverteilung beschlossen wird.“

2.2 Sonderfälle ohne Regelungen im Gesellschaftsvertrag

Während die Fallgruppen 1 und 2 auch bereits nach dem BMF-Schreiben vom 17.12.13 anerkannt wurden, sind nunmehr im BMF-Schreiben vom 4.9.24 zwei weitere Fallgruppen hinzugekommen, in denen auch ohne satzungsmäßige Regelung eine inkongruente Gewinnausschüttung anerkannt wird:

  • Fallgruppe 3: Es liegt ein punktuell satzungsdurchbrechender Beschluss über eine inkongruente Vorabausschüttung vor, der von der Gesellschafterversammlung mit den Stimmen aller Gesellschafter gefasst worden ist und von keinem Gesellschafter angefochten werden kann. Nach dem o. a. BFH-Urteil vom 29.9.22 ist ein solcher zivilrechtlich wirksamer Ausschüttungsbeschluss der Besteuerung zugrunde zu legen. Ein punktuell satzungsdurchbrechender Beschluss liegt vor, wenn seine Wirkung sich in der betreffenden Maßnahme als Einzelakt erschöpft, sodass die Satzung durch den Beschluss zwar verletzt wird, aber nicht mit Wirkung für die Zukunft geändert werden soll.

Beachten Sie | Die Finanzverwaltung weist darauf hin, dass nach dem o. a. BFH-Urteil vom 28.9.22 ein satzungsdurchbrechender Gesellschafterbeschluss – selbst wenn dieser einstimmig gefasst wurde – nichtig sein kann. Dies wäre jedenfalls der Fall, wenn er einen vom Regelungsinhalt der Satzung abweichenden rechtlichen Zustand mit Dauerwirkung (und sei es auch nur für einen begrenzten Zeitraum) begründet und bei der Beschlussfassung nicht alle materiellen und formellen Bestimmungen einer Satzungsänderung (insbesondere die notarielle Beurkundung und Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister gem. § 53 Abs. 3 S. 1, § 54 Abs. 1 GmbHG) eingehalten werden.

Der BFH hatte in seinem Urteil vom 28.9.22 unter Hinweis auf die einschlägige Zivilrechtsprechung (z. B. BGH 25.11.02, II ZR 69/01, DB 03, 88) im Hinblick auf die zivilrechtliche Wirksamkeit sog. zustandsbegründende von punktuell satzungsdurchbrechenden Beschlüssen (wie ein Vorabausschüttungsbeschluss) abgegrenzt.

Merke | Obwohl das BMF-Schreiben vom 4.9.24 in der Fallgruppe 3 nur die Vorabausschüttung anspricht, dürfte die Begründung des BFH im Urteil vom 28.9.22 darüber hinaus generell für punktuell satzungsdurchbrechende Beschlüsse über inkongruente Gewinnausschüttungen gelten (so auch Lauer/Weustenfeld, DB 22, 985, 987; Strecker, KÖSDI 22, 22657,22665). Um etwaige Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung zu vermeiden, ist dennoch die Aufnahme einer entsprechenden Öffnungsklausel in der Satzung empfehlenswert.
  • Fallgruppe 4: Unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 28.9.21 (VIII R 25/19, BStBl II 24, 688) erkennt die Finanzverwaltung nunmehr auch einen Gesellschafterbeschluss über eine gespaltene Gewinnverwendung verbunden mit einer zeitlich inkongruenten Gewinnausschüttung als zivilrechtlich wirksam an, wenn dieser vorsieht, dass der auf den Mehrheitsgesellschafter gemäß seiner Beteiligung entfallene Anteil am Gewinn nicht ausgeschüttet, sondern in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage eingestellt wird. Dies gilt auch dann, wenn zugleich die Gewinnanteile von Minderheitsgesellschaftern ausgeschüttet werden. Die Einstellung eines Gewinnanteils in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage führt auch bei einem beherrschenden Gesellschafter nicht zum Zufluss von Kapitalerträgen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 i. V. m. mit § 11 Abs. 1 S. 1 EStG.

Nach Ansicht der Finanzverwaltung stehen diese Urteilsgrundsätze nicht im Widerspruch zu den in H 20.2 EStH 2023 unter dem Stichwort „Zuflusszeitpunkt bei Gewinnausschüttungen – Beherrschender Gesellschafter/Alleingesellschafter“ aufgeführten BFH-Entscheidungen. Im Urteilsfall wurde im Rahmen der Gewinnverwendung für einzelne Gesellschafter gerade keine Ausschüttung, sondern ausdrücklich eine Einstellung des Gewinnanteils in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage beschlossen. Mangels eines Gewinnausschüttungsbeschlusses für diese Gesellschafter stellt sich hier die Frage der Fälligkeit nicht. Der BFH hatte im o. a. Urteil vom 28.9.21 entschieden, dass mit der Zuweisung in die gesellschafterbezogene Gewinnrücklage (noch) kein konkreter, auszahlbarer Gewinnanspruch entstanden ist. Ein solcher entsteht erst durch den auf Ausschüttung gerichteten Gewinnverwendungsbeschluss.

Solange ein solcher Beschluss aber nicht gefasst ist, hat der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft keine Forderung. Der thesaurierte Gewinn ist vielmehr bilanziell im Rahmen des Eigenkapitals auszuweisen. Bei dem Gesellschafter, dem die betreffende Rücklage zuzurechnen ist, liegt ein Zufluss erst vor, wenn aufgrund eines erneuten Gesellschafterbeschlusses der Gewinn an diesen Gesellschafter ausgeschüttet wird. Mit der gespaltenen Gewinnverwendung i. V. m. einer zeitlich inkongruenten Gewinnausschüttung, ist es also möglich, den Gewinnanteil eines einzelnen Gesellschafters zeitweise in der GmbH zu belassen und erst in späteren Jahren an diesen Gesellschafter auszuschütten. Es besteht jedoch das Risiko, dass aufgrund künftiger Verluste der GmbH eine spätere Ausschüttung ganz oder teilweise unmöglich wird (vgl. nur Blumers/Beinert/Witt, DStR 02, 616).

Merke | Die Einstellung in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage (Buchung auf einem Unterkonto der Gewinnrücklage) ist von einer schuldrechtlich gebundenen Kapitalrücklage zu unterscheiden, in die eine vom Gesellschafter geleistete disquotale Einlage eingestellt wird, damit nach R E 7.5 Abs. 11 S. 13 und 14 ErbStR 2019 eine steuerbare Werterhöhung der Anteile von Mitgesellschaftern i. S. v. § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG zugunsten des leistenden Gesellschafters vermieden wird (vgl. Ott, GStB 23, 456, 458).

Noch nicht abschließend geklärt ist, ob eine – ohne wirtschaftlichen Grund – durchgeführte inkongruente Gewinnausschüttung zu einer freigebigen Zuwendung i. S. v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zwischen den Gesellschaftern führt. Während die Finanzverwaltung in R E 7.5 Abs. 7 S. 4 bis 6 ErbStR im Fall einer verdeckten Gewinnausschüttung an eine dem Gesellschafter nahestehende Person regelmäßig von einer freigebigen Zuwendung ausgeht, wird im Schrifttum zu Recht die Auffassung vertreten, dass bei einer inkongruenten Gewinnausschüttung an Mitgesellschafter für die Annahme einer Schenkung kein Raum ist, sondern hierfür ein expliziter gesetzlicher Tatbestand erforderlich wäre (vgl. dazu Werner, DStR 23, 868, 873; Bringmann/Göke, NWB 24, 2751).

Beachten Sie | Im Falle der gespaltenen Gewinnverwendung verhindert die Bildung einer gesellschafterbezogenen Gewinnrücklage für den nicht an einer Ausschüttung teilnehmenden Gesellschafter auf jeden Fall die mögliche Annahme einer freigebigen Zuwendung durch die inkongruente Gewinnausschüttung an die Mitgesellschafter (vgl. Mirbach/Egelhof, WPg 23, 655; Lohr/Göke/Brinkmann, NWB 23, 2029).

3. Zum Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs

Die Finanzverwaltung hatte noch im BMF-Schreiben vom 17.12.13 zur Vermeidung eines Missbrauchs i. S. d. § 42 AO den Nachweis verlangt, dass für die vom gesetzlichen Verteilungsschlüssel abweichende Gewinnverteilung beachtliche wirtschaftlich vernünftige außersteuerliche Gründe nachgewiesen werden. Im Übrigen war Indiz für eine unangemessene Gestaltung, wenn die Gewinnverteilungsabrede nur kurzzeitig galt oder wiederholt geändert wurde. Der BFH hat dagegen in seiner Rechtsprechung regelmäßig die Ansicht vertreten, im Zusammenhang mit inkongruenten Gewinnausschüttungen könne ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 AO nicht angenommen werden (vgl. z. B. BFH 28.9.21, VIII R 25/19, BStBl II 24, 688; BFH 4.12.14, IV R 28/11, BFH/NV 15, 495; BFH 13.3.18, IX R 35/16, BFH/NV 18, 936). Demzufolge enthält auch das aktuelle BMF-Schreiben vom 4.9.24 den Hinweis auf § 42 AO bzw. auf unangemessene Gestaltungen nicht mehr. Die Finanzverwaltung hält lediglich daran fest, dass die steuerliche Anerkennung inkongruenter Gewinnausschüttungen davon abhängt, dass diese zivilrechtlich wirksam sind.

4. „Abgesicherte“ Einsatzmöglichkeiten für inkongruente Gewinnausschüttungen

Unter Beachtung der zivilrechtlichen Vorgaben nach dem aktuellen BMF-Schreiben vom 4.9.24 werden nunmehr inkongruente Gewinnausschüttungen steuerlich anerkannt und können z. B. in folgenden Fällen in der Praxis zum Einsatz kommen:

4.1 Gespaltene Gewinnverwendung

Wegen unterschiedlicher Interessen hinsichtlich der Vornahme von Gewinnausschüttungen beschließen die Gesellschafter einer GmbH, dass die Gewinne für einen Gesellschafter bzw. eine Gesellschaftergruppe in einer gesellschafterbezogenen Gewinnrücklage thesauriert werden, während andere Gesellschafter eine Gewinnausschüttung erhalten, um damit z. B. persönliche Verluste auszugleichen bzw. ihren persönlichen Finanzierungsbedarf oder den einer nahestehenden Gesellschaft zu decken.

Beispiele

  • 1. Die Gesellschafter A und B sind zu je 50 % an der X-GmbH beteiligt, die im Jahre 2023 einen Jahresüberschuss i. H. v. 500.000 EUR erwirtschaftet hat. Gesellschafter A hat im Jahre 2024 einen steuerlich abzugsfähigen Verlust aus der Beteiligung an der gewerblichen tätigen V-KG i. H. v. 250.000 EUR erzielt, während B im selben Jahr erhebliche positive Einkünfte erwirtschaftet hat. Die Gesellschafter beschließen, eine gespaltene Gewinnverwendung vorzunehmen. Danach wird der Jahresüberschuss i. H. v. 250.000 EUR an A ausgeschüttet, während für B eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage gebildet wird, die erst zu einem späteren Zeitpunkt (z. B. im Jahr 2025) zur Ausschüttung gelangt.
  • 2. Sachverhalt wie Beispiel 1, jedoch erwirtschaftet die X-GmbH nur einen Jahresüberschuss i. H. v. 250.000 EUR. Die Gesellschafter beschließen (ggf. durch punktuell satzungsdurchbrechenden Beschluss), dass A eine Vorabausschüttung von 250.000 EUR im Jahr 2024 erhält. Gleichzeitig wird vereinbart, dass B als Nachteilsausgleich zu einem späteren Zeitpunkt, spätestens jedoch bei der Liquidation der X-GmbH – vorab und beschränkt auf den Liquidationserlös –, einen Betrag von 250.000 EUR erhält.

4.2 Inkongruente Gewinnausschüttung

Inkongruente Gewinnausschüttungen werden vielfach auch vorgenommen, um bestimmte Sonderleistungen eines Gesellschafters abzugelten.

Beispiele

  • 3. A, der zu 40 % an der X-GmbH beteiligt ist, überlässt dieser z. B. Wirtschaftsgüter unentgeltlich zur Nutzung oder hat einen neuen Großkunden akquiriert und erhält als Ausgleich hierfür eine höhere (inkongruente) Gewinnausschüttung.
  • 4. Im Rahmen der Umwandlung der X-GmbH & Co. KG in die Z-GmbH nach § 20 UmwStG bringt der Gesellschafter A sein funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen mit in die Z-GmbH ein, während der Gesellschafter B nicht über Sonderbetriebsvermögen verfügt. Als Wertausgleich gegenüber B erfolgen (zeitweise) inkongruente Gewinnausschüttungen an A.

Schließlich können inkongruente Gewinnausschüttungen auch zur gezielten Mobilisierung eines „eingesperrten“ steuerlichen Einlagekontos (vgl. dazu Ott, GStB 24, 30, 32) sowie vor der geplanten Übertragung von Anteilen an einer GmbH eingesetzt werden (vgl. Ott, GStB 23, 64, 72).

Fazit | Mit dem aktuellen BMF-Schreiben vom 4.9.24 hat die Finanzverwaltung auf die neuere BFH-Rechtsprechung reagiert und das BMF-Schreiben vom 17.12.13 neu gefasst. Unter Differenzierung von vier Fallgruppen werden inkongruente Gewinnausschüttungen bei der GmbH anerkannt, wenn der Ausschüttungsbeschluss zivilrechtlich wirksam ist. Liegen die zivilrechtlichen Voraussetzungen vor, können inkongruente Gewinnausschüttungen als flexibles Gestaltungsinstrument in der Praxis eingesetzt werden. Das aktuelle BMF-Schreiben vom 4.9.24 enthält keine Aussagen mehr zur Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs. Insbesondere verlangt die Finanzverwaltung nicht mehr, dass wirtschaftlich vernünftige außersteuerliche Gründe für eine inkongruente Gewinnausschüttung dargelegt werden müssen.

AUSGABE: GStB 12/2024, S. 443 · ID: 50195240

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2024

Bildrechte