Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe 29.10.2024 abgeschlossen.
Ihr Plus im Netz
GStB-Sonderausgabe „Checkliste Steuergestaltung 2024/2025“
Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Nov. 2024 abgeschlossen.
Private-Equity-FondsFallstudie zum Feststellungsverfahren von ausländischen Ziel-Fonds
| Für die Besteuerung von Private-Equity-Fonds in der Rechtsform der Personengesellschaft finden die allgemeinen steuerrechtlichen Regelungen Anwendung. Dies gilt auch für das Verfahrensrecht. Anhand des dargestellten Sachverhaltes wird aufgezeigt, welche verfahrensrechtlichen Fragestellungen die Praxis bewegen, wenn es um das Feststellungsverfahren von ausländischen Ziel-Fonds geht. |
Inhaltsverzeichnis
1. Sachverhalt
An einem ausländischen Ziel-Fonds in der Rechtsform der „Limited Partnership“ (LP) sind die natürlichen Personen A und B (jeweils Inländer), ein ausländischer Dach-Fonds (LP) sowie weitere ausländische Gesellschafter beteiligt. Am ausländischen Dach-Fonds (LP) sind wiederum C und D (jeweils Inländer) sowie weitere ausländische Gesellschafter beteiligt. Die LPs sind nach einem Rechtstypenvergleich als Personengesellschaften einzustufen. Aus der Beteiligung an dem Ziel- bzw. Dach-Fonds erzielen A, B, C und D gemeinschaftliche steuerpflichtige Einkünfte. Die Fonds vermitteln keinem ausländischen Gesellschafter steuerpflichtige Einkünfte i. S. v. § 49 EStG.

Im Nachfolgenden wird geprüft, ob der Dach-Fonds in das Feststellungsverfahren des Ziel-Fonds aufgenommen werden muss. Soweit für die Verfasser ersichtlich, gibt es hierzu bislang keine Verlautbarungen der Finanzverwaltung.
2. Lösungsvorschlag
Einkommensteuerpflichtige Einkünfte werden nach § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen steuerlich zuzurechnen sind. Gesondert festgestellt werden daher insbesondere Einkünfte einer Personengesellschaft.
Bei „mehrstöckigen“ Personengesellschaftsstrukturen – demnach bei einer mittelbaren Beteiligung – ist ein „zweistufiges“ Feststellungsverfahren durchzuführen. Auf einer ersten Stufe werden in einem Feststellungsverfahren Art und Höhe der Einkünfte der Untergesellschaft sowie die Zurechnung dieser Einkünfte an die an der Untergesellschaft beteiligten Personen festgestellt. Auf einer zweiten Stufe werden sodann die Einkünfte der Obergesellschaft festgestellt und den Gesellschaftern der Obergesellschaft zugerechnet, wobei die auf der ersten Stufe ermittelten Einkünfte der Untergesellschaft, soweit sie der Obergesellschaft zuzurechnen sind, berücksichtigt werden. Die gesonderte und einheitliche Feststellung der Untergesellschaft entfaltet dabei als Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO) Bindungswirkung (§ 182 AO) für das Feststellungsverfahren der Obergesellschaft (BFH 10.8.89, III R 5/87, BStBl II 90, 38 [39]).
In der hier aufgezeigten Fallkonstellation ist für den Ziel-Fonds (Untergesellschaft) und den Dach-Fonds (Obergesellschaft) jeweils ein Feststellungsverfahren nach § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. a AO durchzuführen. Nachfolgend wird geprüft, ob auf Ebene des Ziel-Fonds neben A und B auch der Dach-Fonds Feststellungsbeteiligter und infolgedessen in das Feststellungsverfahren des Ziel-Fonds aufzunehmen ist. Tatbestandliche Einschränkungen können dabei aus § 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AO folgen. Die Vorschrift grenzt in praxisgerechter Art und Weise die Erforderlichkeit eines Feststellungsverfahrens ein, wenn für ein solches nach seinem Sinn und Zweck – Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens – kein Bedürfnis besteht (ebenso Kunz in: Gosch, AO/FGO, § 180 AO, Rn. 101). Vor diesem Hintergrund hat der BFH, soweit für die Verfasser ersichtlich, folgende Grundsätze zur Erforderlichkeit eines Feststellungsverfahrens auf Ebene einer ausländischen Untergesellschaft aufgestellt:
- „Ist eine aus Inländern bestehende Personengesellschaft (Obergesellschaft) an einer ausländischen Personengesellschaft (Untergesellschaft) beteiligt, so kann ihr Gewinnanteil aus der Untergesellschaft jedenfalls dann nicht im Feststellungsverfahren für die Obergesellschaft festgestellt werden, wenn an der Untergesellschaft eine weitere Personengesellschaft beteiligt ist und deren Gesellschafter möglicherweise ebenfalls Inländer sind. In diesem Fall ist vielmehr ein Feststellungsverfahren für die Untergesellschaft durchzuführen.“ (BFH 9.7.03, I R 5/03, BFH/NV 2004, 1 [Leitsatz])Bei dieser Variante Feststellungsverfahren für Untergesellschaft durchzuführen
- „Entsprechend dem Sinn und Zweck der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung ist die Regelung des § 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AO bei doppelstöckigen Personengesellschaften analog anzuwenden. Ein Feststellungsverfahren auf der Stufe der ausländischen Unterpersonengesellschaft ist deshalb nach ständiger Rechtsprechung ausgeschlossen, wenn an ihr zwar eine inländische (Ober-)Personengesellschaft mit mehreren im Inland einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschaftern, daneben aber (an der Unterpersonengesellschaft) keine weiteren im Inland steuerpflichtigen Personen unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind.“ (BFH 24.7.13, I R 57/11, BStBl II 16, 633 [635 in Rn. 19])
- „Eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte einer ausländischen Unterpersonengesellschaft (hier: der Fondsgesellschaften) ist unter Berücksichtigung des § 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AO erst erforderlich, wenn an der Untergesellschaft sowohl eine inländische (Ober-)Personengesellschaft mit mehreren im Inland einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschaftern unmittelbar und daneben unmittelbar oder mittelbar (über eine andere Personengesellschaft) weitere im Inland steuerpflichtige Personen beteiligt sind“ (BFH 11.12.18, VIII R 11/16, BFHE 263, 418, Rn. 26)
Zur Beantwortung der Frage, ob der Dach-Fonds Feststellungsbeteiligter im Feststellungsverfahren der Untergesellschaft ist, ist darauf abzustellen, ob bei einer nur mittelbaren Beteiligung über eine ausländische Obergesellschaft, hier der Beteiligung der inländischen Gesellschafter C und D über den Dach-Fonds, eine „beteiligte Person“ i. S. v. § 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AO vorliegt. Diese Frage wird, soweit für die Verfasser ersichtlich, in der rechtsdogmatischen Befassung mit § 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AO in der Literatur nicht hinreichend angesprochen.
Auch der BFH beantwortet in seinen Entscheidungen nicht ausdrücklich die Frage, wer in derartigen Fallgestaltungen jeweils als Feststellungsbeteiligter im Rahmen der gesonderten Feststellung nach § 180 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. a AO anzusehen ist. Ausdrücklich stellt er nur fest, in welcher Fallgestaltung (negativ) ein Feststellungsverfahren nicht durchzuführen ist und unter welchen Voraussetzungen (positiv) in jedem Fall ein Feststellungsverfahren vonnöten ist.
In der jüngeren Entscheidung des BFH vom 11.12.18 bediente sich der BFH einer positiven Formulierung hinsichtlich der Anforderungen an eine gesonderte und einheitliche Feststellung der ausländischen Untergesellschaft. So sei zumindest für den Fall ein Feststellungsverfahren erforderlich, in welchem an der Untergesellschaft sowohl eine inländische (Ober-)Personengesellschaft mit mehreren im Inland einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschaftern unmittelbar und daneben unmittelbar oder mittelbar (über eine andere Personengesellschaft) weitere im Inland steuerpflichtige Personen beteiligt sind. Die inländische Obergesellschaft wird in diesem Fall vom BFH als Feststellungsbeteiligte eingeordnet.
Beachten Sie | Aufgrund der Begrenzung auf inländische Obergesellschaften könnte die Aussage dahin gehend verstanden werden, dass die Obergesellschaft auch nur dann als Feststellungsbeteiligte i. S. v. § 180 AO anzusehen ist, wenn es sich um eine inländische Obergesellschaft handelt. Es liegen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der BFH bestrebt war, insoweit eine dahin gehend abschließende positive Entscheidung zu treffen und im Umkehrschluss eine ausländische Obergesellschaft als Feststellungsbeteiligte auszuschließen. Es bestand für den BFH mangels Entscheidungserheblichkeit keinerlei Anlass, eine Äußerung hinsichtlich einer ausländischen Obergesellschaft zu treffen. Auch die Entscheidungen vom 9.7.03 und 24.7.13 sind u. E. nicht dahin gehend zu verstehen, dass eine ausländische Personengesellschaft per se als Feststellungsbeteiligte der ausländischen Untergesellschaft auszuschließen ist.
Für den aufgezeigten Fall sehen wir den Tatbestand des § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO erfüllt und auch nicht durch § 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AO eingeschränkt, sodass der Dach-Fonds (ausländische Obergesellschaft) Feststellungsbeteiligter des ausländischen Ziel-Fonds ist. Bei konsequenter Auslegung des hier aufgezeigten Lösungsansatzes wäre ein Feststellungsverfahren auf Ebene der Untergesellschaft auch dann zu bejahen, wenn an der Untergesellschaft nur ein Inländer unmittelbar und weitere Inländer mittelbar über eine ausländische Personengesellschaft beteiligt wären. Ein solches zweistufiges Feststellungsverfahren würde zum einen sicherstellen, dass divergierende Entscheidungen der Finanzbehörden vermieden werden, und zum anderen zur Verwaltungsökonomie beitragen.
Den hier aufgezeigten Lösungsansatz könnte man entsprechend der aktuellen BFH-Rechtsprechung (BFH 11.12.18, VIII R 11/16, BFHE 263, 418, Rn. 26) auch auf ausschließlich mittelbare Fallkonstellationen übertragen. Anzumerken ist, dass der Anwendungserlass zur Abgabenordnung im Hinblick auf die Zuständigkeitsregelungen diesen Fall nicht kennt (AEAO zu § 18, Nr. 6 Buchst. b).
Folgt man dem hier aufgezeigten Lösungsansatz, dürften die Einkünfte des Dach-Fonds nur insoweit im Feststellungsverfahren des Ziel-Fonds berücksichtigt werden, als sie der deutschen Besteuerung unterliegen, also soweit sie auf C und D entfallen. Sofern Einkünfte keine Auswirkung auf die (inländische) festzusetzende Steuer haben, ist eine gesonderte Feststellung nicht erforderlich, denn sie ist kein Selbstzweck (ebenso Frotscher in: Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 180 AO Rn. 35, Stand: 21.5.24).
Diese verfahrensrechtlichen Problemfelder sollten in der Praxis nicht unbeachtet bleiben. Denn andernfalls könnten sich sowohl aufseiten des steuerlichen Beraters als auch aufseiten der Finanzverwaltung (vermeidbare) Mehrarbeiten ergeben.
Zu den Autoren | Der Aufsatz wurde nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst und gibt die persönliche Meinung der Verfasser wieder.
AUSGABE: GStB 11/2024, S. 395 · ID: 50148826