Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe 29.10.2024 abgeschlossen.
Ihr Plus im Netz
GStB-Sonderausgabe „Checkliste Steuergestaltung 2024/2025“
Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Nov. 2024 abgeschlossen.
UmwandlungssteuerrechtSteuerliche Gefahren beim Verzicht auf die Ausgabe von Anteilen im Rahmen von Umwandlungen
| Im Rahmen von Umwandlungen kann auf die Ausgabe von Anteilen am übernehmenden Rechtsträger in bestimmten Konstellationen verzichtet werden. Das kann im Hinblick auf die Organisationsstruktur oder auch zur Vermeidung zusätzlicher Umwandlungskosten sinnvoll sein. Nicht aus den Augen verlieren darf man aber, welche steuerlichen Folgen sich aus dem Verzicht auf die Ausgabe von Anteilen ergeben. Der Beitrag geht anhand von Praxisfällen auf wichtige Aspekte ein und zeigt Gestaltungsansätze auf. |
Inhaltsverzeichnis
1. Hintergrund
Wesenstypisch für die im Umwandlungsgesetz geregelten Umwandlungsarten ist die Kapitalerhöhung des übernehmenden Rechtsträgers und die damit verbundene Ausgabe neuer Anteile. Von diesem Grundsatz macht das Gesetz jedoch an einigen Stellen Ausnahmen. So sind in bestimmten Fällen Kapitalerhöhungsverbote zu beachten. Daneben räumt der Gesetzgeber den Beteiligten aber auch die Möglichkeit ein, auf die Ausgabe neuer Anteile zu verzichten. Steuerlich ist die Relevanz neuer Anteile zwiegespalten. Für Verschmelzungen und Spaltungen von Kapitalgesellschaften auf Personen- bzw. Kapitalgesellschaften stellen sie lediglich keine schädlichen Gegenleistungen dar und verhindern damit nicht einen Buchwertansatz. Bei Einbringungen sind neue Anteile jedoch unabdingbar, um die Regelungen des Umwandlungssteuergesetzes anzuwenden.
Während bei Einbringungsvorgängen somit die Folgen des Verzichts auf die Ausgabe von Anteilen recht offensichtlich sind, können sich auch bei anderen Umwandlungsvorgängen steuerliche Implikationen ergeben, derer man sich bewusst sein sollte.
2. Praxisbeispiele
2.1 Downstream Merger
Die AB-OHG hält 100 % der Anteile an der C-GmbH. Gesellschafter der AB-OHG sind A und B mit einer Beteiligung von jeweils 50 %. Die AB-OHG wird nun auf die C-GmbH verschmolzen (sog. Downstream Merger). Auf die Ausgabe neuer Anteile an der C-GmbH wird gem. § 54 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UmwG zulässigerweise verzichtet. A und B erhalten somit nach der Verschmelzung jeweils 50 % der bestehenden Anteile an der C-GmbH, die bisher von der AB-OHG gehalten wurden (s. Abbildung 1 auf der nächsten Seite).
Die Verschmelzung einer Personen- auf eine Kapitalgesellschaft fällt grundsätzlich in den Anwendungsbereich des § 20 UmwStG (vgl. Tz. 01.44 UmwStE). Zwingend notwendig ist jedoch die Ausgabe neuer Anteile. Solche entstehen nur bei der Gesellschaftsgründung oder bei einer Kapitalerhöhung (vgl. Tz. E 20.10 UmwStE).

Die bestehenden Anteile an der C-GmbH stellen keine neuen Anteile dar (a. A. Kesseler, DStR 06, 67). Im Ergebnis fällt der Downstream Merger somit nicht in den Anwendungsbereich des § 20 UmwStG, wenn auf eine Kapitalerhöhung verzichtet wird. Vielmehr liegt eine verdeckte Einlage vor, die zu einer Aufgabe des gesamten Mitunternehmeranteils und damit zur zwangsweisen Aufdeckung der stillen Reserven führt (vgl. Middendorf/Stegemann, DStR 06, 71).
Praxistipp | Es ist für einen Buchwertansatz nicht zwingend notwendig, dass neue Anteile ausgegeben werden, die im Wert genau dem eingebrachten Vermögen entsprechen. Somit würde auch eine Kapitalerhöhung um 1 EUR ausreichen, um § 20 UmwStG zu genügen. Im Mehrpersonenkontext ist insoweit aber Vorsicht geboten, wenn es durch eine zu niedrige Kapitalerhöhung zu Wertverschiebungen kommt. Denn einerseits greift dadurch die Mitverstrickung von Anteilen gem. § 22 Abs. 7 UmwStG, andererseits ergeben sich schenkungsteuerliche Implikationen wegen § 7 Abs. 8 ErbStG. Auf einen Bereicherungswillen kommt es dafür laut Finanzverwaltung nicht an (vgl. R E 7.5 Abs. 10 ff. ErbStR). Eine Steuerbefreiung gem. §§ 13a, 13c, 28a ErbStG ist nicht anwendbar (vgl. R E 7.5 Abs. 13 ErbStR). |
2.2 Konzerninterne Umstrukturierung
Gerade in komplexen Konzerngeflechten ist es nicht immer leicht zu identifizieren, ob verdeckte Gewinnausschüttungen bzw. verdeckte Einlagen durch den Verzicht auf die Ausgabe von Anteilen ausgelöst werden. Es empfiehlt sich daher, diesen Aspekt als gesonderten Punkt bei der Prüfung der steuerlichen Konsequenzen der geplanten Umstrukturierung aufzunehmen.
Die M-GmbH ist zu jeweils 100 % an der T1-GmbH und der T2-GmbH beteiligt. Die T1-GmbH hält 100 % der Anteile an der E1-GmbH und die T2-GmbH alle Anteile an der E2-GmbH. Im Rahmen einer konzerninternen Umstrukturierung wird nun die E2-GmbH auf die E1-GmbH verschmolzen. Auf eine Kapitalerhöhung wird bei der E1-GmbH gem. § 54 Abs. 1 S. 3 UmwG verzichtet, weil nicht gewünscht ist, dass die T2-GmbH Anteile an der E1-GmbH hält.

Für den Wertansatz in der Schlussbilanz der E2-GmbH als übertragendem Rechtsträger kommt es nicht darauf an, ob die übernehmende Gesellschaft eine Kapitalerhöhung vornimmt. § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 UmwStG spricht explizit den Fall an, dass keine Gegenleistung gewährt wird. Auf Gesellschafterebene ist zwar grundsätzlich § 13 UmwStG einschlägig. Diese Norm greift aber nicht, wenn es zu einer Wertverschiebung kommt (vgl. Tz. 13.03 UmwStE). Vorliegend ist das der Fall, weil der Wert der Beteiligung an der E2-GmbH auf die T1-GmbH übergeht. Darin liegt eine vGA der T2-GmbH an die M-GmbH und eine verdeckte Einlage der M-GmbH in die T1-GmbH. Gegenstand der vGA sind die Anteile an der E2-GmbH, sodass auf Ebene der T2-GmbH § 8b Abs. 2, 3 KStG Anwendung findet (vgl. BMF 28.4.03, IV A 2 – S 2750a – 7/03, DStR 03, 881, Tz. 21).
2.3 Problematische Übertragung auf die Holding
Detlef und Erwin sind zu je 50 % an der DE-GmbH beteiligt. Zudem halten sie beide jeweils 100 % der Anteile an der D-Holding-GmbH bzw. E-Holding-GmbH. Die beiden Holdinggesellschaften wiederum halten jeweils 50 % an der DE-OHG. Die DE-GmbH wird nun auf die DE-OHG verschmolzen.

Detlef und Erwin wünschen keine Kapitalerhöhung bei der DE-OHG, weil sie wirtschaftlich ja weiterhin zu 50 % über ihre Holdinggesellschaften beteiligt sind.
Vor der steuerlichen Würdigung ist zunächst ein anderer Aspekt zu klären. Ausweislich des Sachverhalts werden Detlef und Erwin nicht an der übernehmenden OHG beteiligt. Dies ist wohl gesellschaftsrechtlich zulässig, auch wenn es für Personengesellschaften – anders als für übernehmende GmbHs oder AGs – keine explizite Regelung gibt (vgl. Winter in: Schmitt/Hörtnagl, 10. Aufl. 2024, UmwG § 2 Rz. 23; a. A. Weiler, NZG 08, 527, 529).
Wirtschaftlich betrachtet übertragen Detlef und Erwin ihre Anteile an der DE-GmbH unentgeltlich auf die D-Holding-GmbH und die E-Holding-GmbH. Darin liegt eine verdeckte Einlage, die gem. § 17 Abs. 1 S. 2 EStG wie eine Veräußerung der Anteile zum gemeinen Wert behandelt wird (vgl. Levedag in: Schmidt, EStG, 43. Aufl. 2024, § 17 Rz. 93). In diesem Fall bleibt für eine Besteuerung nach den §§ 4, 7 UmwStG kein Raum mehr. Detlef und Erwin nehmen steuerlich gesehen nicht an der Umwandlung teil. Die Besteuerung wird allein über die verdeckte Einlage vorgenommen.
Wertadäquate Beteiligung und spätere Einbringung in ihre Holdings als Ausweg |
3. Fazit und Handlungsempfehlung
Die Möglichkeit, auf die Ausgabe neuer Anteile im Rahmen von Umstrukturierungen zu verzichten, stellt häufig ein probates Mittel dar, um die Umwandlung zu vereinfachen und wirtschaftlich unnötige Kosten zu sparen. Allerdings sind die steuerlichen Konsequenzen dieses Verzichts nicht außer Acht zu lassen. Während bei Einbringungsfällen die Ausgabe neuer Anteile zwingend ist, sind in anderen Konstellationen negative steuerliche Folgen durch verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen zu beachten. Es sollte daher stets genau geprüft werden, ob sich durch den Verzicht auf eine Kapitalerhöhung ungewollte steuerliche Konsequenzen ergeben.
Zum Autor | Prof. Dr. David Eberhardt, M. Sc. ist Professor für Allgemeines und Besonderes Steuerrecht an der Hochschule für Finanzen NRW. Der Beitrag ist nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst und gibt die private Meinung des Autors wieder.
AUSGABE: GStB 11/2024, S. 399 · ID: 50132751