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Arbeitgeber/ArbeitnehmerArbeitsrecht versus Steuerrecht – spannende Entscheidungen zur Inflationsausgleichsprämie

Abo-Inhalt29.10.202412 Min. LesedauerVon Dipl.-Finw. StB Christian Herold, Herten/Westf.

| Wenn Arbeitgeber ihren Mitarbeitern eine Inflationsausgleichsprämie gewähren, bleibt diese bis zu einem Betrag von 3.000 EUR steuer- und sozialversicherungsfrei. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird. Die Regelung gilt für Zahlungen, die vom 26.10.22 bis zum 31.12.24 gewährt werden (§ 3 Nr. 11c EStG). Doch muss der Arbeitgeber die Prämie allen Mitarbeitern zahlen? Oder darf er differenzieren? Die Arbeitsgerichte (ArbG)mussten sich mit dem Thema jüngst mehrfach befassen – und bald wird auch das Bundesarbeitsgericht tätig werden müssen. |

1. Zunächst der Blick ins Steuerrecht

Vorweg ein Hinweis zur Auszahlung der Prämie: Sie muss tatsächlich bis zum 31.12.24 gewährt werden. Eine Auszahlung mit dem Dezembergehalt 2024 erst Anfang Januar 2025 wäre zu spät!

BMF: FAQ zur Inflationsausgleichsprämie, Punkt 12

„Es gilt das Zuflussprinzip gemäß §§ 11, 38a Einkommensteuergesetz. Für den Zufluss beim Arbeitnehmer kommt es darauf an, dass er wirtschaftlich über das Geld verfügen kann.“

Und wann kann der Arbeitnehmer über das Geld verfügen? Hierzu gibt es ein aktuelles Urteil des BFH vom 17.8.23 (V R 12/22). Danach kommt es für den Zufluss auf den Buchungstag, d. h. auf den Zeitpunkt der Gutschrift beim Arbeitnehmer an und nicht auf den Wertstellungstag bei der Bank (BFH 17.8.23, V R 12/22). Das Urteil ist zwar zur Umsatzsteuer ergangen, dürfte für die Lohn- und Einkommensteuer aber gleichermaßen gelten. Daher gilt: Die Inflationsausgleichsprämie sollte frühzeitig überwiesen werden und nicht erst am Silvestertag. Die „Zehn-Tage-Regelung“ des § 11 Abs. 2 EStG, wonach wiederkehrende Ausgaben noch dem Vorjahr zugeordnet werden können, greift aufgrund des Einmal-Charakters der Inflationsausgleichsprämie nicht (eine Ausnahme könnte allenfalls bei einer monatlichen Ratenzahlung der Prämie gelten).

Steuerlich gibt es keine Verpflichtung, die Inflationsausgleichsprämie an alle Arbeitnehmer auszuzahlen. Das heißt, der Arbeitgeber hat es in der Hand, dem einen Arbeitnehmer eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie zu zahlen und dem anderen nicht (BT-Drs. 20/3987, 14.10.22). Etwas anderes kann allenfalls gelten, wenn es um ein Arbeitsverhältnis mit einem nahen Angehörigen geht, denn dieses muss einem Fremdvergleich standhalten. Bei einem GGf kann es etwas diffiziler sein:

Meines Erachtens darf die Inflationsausgleichsprämie nur dann steuerfrei an den GGf gezahlt werden, wenn der Fremdvergleich gewährleistet ist. Sonst führt die Zahlung zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Gibt es neben dem GGf noch einen oder mehrere Geschäftsführer, die nicht an der GmbH beteiligt sind und denen auch eine Inflationsausgleichsprämie gezahlt wird, so ist einem internen Fremdvergleich m. E. genüge getan. Die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie an den GGf – neben der Zahlung an Fremdgeschäftsführer – führt grundsätzlich nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung.

Ist der Gesellschafter alleiniger Geschäftsführer, wird es schwieriger, um nicht zu sagen „fast unmöglich“. Um eine vGA zu vermeiden, müsste der GGf im Rahmen eines externen Fremdvergleichs zumindest darlegen können, dass die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie in der Branche oder in Vergleichsbetrieben üblich ist. Ein solcher Nachweis wird nur selten gelingen.

Merke | In der Praxis reicht es dem Prüfer bei Lohnsteueraußen- oder Betriebsprüfungen zuweilen aus, wenn wenigstens den leitenden Angestellten unmittelbar unterhalb der Ebene des Geschäftsführers eine Vergütung gezahlt wird. Dies wird für den Fremdvergleich mitunter als ausreichend befunden. Eine allgemeine Tendenz oder gar eine Beratungsempfehlung sollte daraus aber nicht abgeleitet werden. Allein-GGf werden sich auf Streitigkeiten mit dem Finanzamt einstellen müssen, wenn sie sich selbst eine Inflationsausgleichsprämie gönnen, das sollte man den Betroffenen ins Bewusstsein rufen.

Wenn eine Inflationsausgleichsprämie in Betracht kommt, sollten einige Grundsätze beherzigt werden: Vor der Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie sollte ein entsprechender Gesellschafterbeschluss gefasst werden. Fast müßig ist es zu erwähnen, dass die GmbH auch genügend finanzielle Mittel haben muss, um die Prämie zahlen zu können. Es ist auch davon abzuraten, die Prämie nur dem Gesellschafter-Verrechnungskonto gutzuschreiben. Wenn sie schon dem Grunde nach geleistet werden darf, sollte sie auch tatsächlich ausgezahlt werden. Natürlich kann man das auch anders sehen und eine Gutschrift auf dem Gesellschafter-Verrechnungskonto als ausreichend erachten. Doch will man es tatsächlich auf Streitigkeiten mit dem Finanzamt wegen einer solchen „Formalie“ ankommen lassen?

Zuweilen ist übrigens zu lesen, dass man – statt eines Gesellschafterbeschlusses – auch eine allgemeine Verankerung zur Zahlung von Prämien etc. im Anstellungsvertrag vornehmen könnte, wenn man dort in etwa einfügt:

Formulierungsbeispiel / Allgemeine Prämienregelung

„Dem Geschäftsführer stehen alle steuerfreien Leistungen zu, die auch den Mitarbeitern XYZ zustehen …“

Meines Erachtens sind solche Klauseln jedoch gefährlich, denn der GGf hätte dann rechtlich z. B. auch einen Anspruch auf SFN-Zuschläge, die aber steuerlich zu verdeckten Gewinnausschüttungen führen würden. Man hätte also einen ewigen Konflikt zwischen Arbeits- bzw. Zivil- und Steuerrecht.

2. Nun der Blick ins Arbeitsrecht

Auch wenn sowohl die grundsätzliche Zahlung der Inflationsausgleichsprämie als auch eine eventuelle Verteilung unter den Arbeitnehmern steuerlich im freien Belieben des Arbeitgebers stehen, können sich aus dem Tarif- oder Arbeitsrecht abweichende Handhabungen ergeben. So dürfen Arbeitgeber nicht einfach willkürlich bestimmte Arbeitnehmer begünstigen bzw. andere benachteiligen. Sofern nicht alle Arbeitnehmer eine Prämie erhalten oder diese ihrer Höhe nach differenziert gezahlt wird, müssen objektive Gründe für die unterschiedliche Behandlung vorliegen. Ansonsten gilt arbeitsrechtlich der Gleichbehandlungsgrundsatz.

2.1 Fall 1: Elternzeit

Bei öffentlichen Arbeitgebern hatte eine Entscheidung des ArbG Essen für Unruhe, ja fast für Entsetzen, gesorgt. Dieses hatte entschieden, dass die Inflationsausgleichsprämie auch Eltern in Elternzeit zustehe. Zumindest gelte dies, wenn andere Arbeitnehmer im selben Betrieb die Prämie trotz Bezuges von Krankengeld erhalten. Dann liege eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung vor (ArbG Essen 16.4.24, 3 Ca 2231/23). Zur Freude der Arbeitgeber und zum Leidwesen der betroffenen Arbeitnehmer hat das LAG Düsseldorf die Entscheidung nun aber revidiert. Ein Tarifvertrag darf den Inflationsausgleich während der Elternzeit ausschließen (LAG Düsseldorf 14.8.24, 14 SLa 303/24). Die Entscheidung ist zwar zu einem Tarifvertrag im öffentlichen Dienst ergangen, dürfte aber auch für andere Tarifverträge und für nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer sinngemäß Bedeutung haben.

2.1.1 Sachverhalt

Die Klägerin ist bei einem kommunalen Arbeitgeber beschäftigt. Sie befand sich vom 14.6.22 bis zum 13.4.24 in Elternzeit. Ab dem 14.12.23 bis zum Ende der Elternzeit arbeitete sie mit 24 Wochenstunden in Teilzeit (Vollzeit = 39 Wochenstunden). Der auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin anzuwendende Tarifvertrag über Sonderzahlungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise (TV Inflationsausgleich) sah im Juni 2023 einen Inflationsausgleich von einmalig 1.240 EUR und in den Monaten Juli 2023 bis Februar 2024 von monatlich 220 EUR vor. Allerdings sah der Tarifvertrag auch vor, dass für die Gewährung der Prämie an mindestens einem Tag ein Anspruch auf Entgelt bestanden haben muss.

Die Kommune zahlte der Klägerin die Prämie nur für die Monate Januar und Februar 2024 i. H. v. 135,38 EUR (24/39 von 220 EUR). Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Tarifvertrag gegen das arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgebot verstößt. Eine Herausnahme von Beschäftigten ohne Entgelt(fortzahlungs)bezug laufe dem Zweck der Inflationsausgleichszahlung, einer Entlastung in Bezug auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten, zuwider. Berechtigt sind nach dem Tarifvertrag auch Arbeitnehmer, denen ein Krankengeldzuschuss zustand, selbst wenn dieser de facto durch die Sozialversicherungsträger wegen Barleistungen nicht gezahlt wird, sowie Arbeitnehmer, die nur Kinderkrankengeld erhalten. Die Differenzierung zwischen diesen Arbeitnehmern und Arbeitnehmern in Elternzeit sei nicht gerechtfertigt. Es liege auch eine mittelbare Diskriminierung vor, weil Mütter länger in Elternzeit gingen als Väter.

Mit ihrer Argumentation konnte sie zwar das ArbG Essen überzeugen, nicht hingegen das LAG.

2.1.2 Entscheidungsgründe

Die tarifliche Regelung verstößt nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot. Sie ist wirksam. Die Tarifvertragsparteien dürfen den Bezug von Entgelt an mindestens einem Tag als Anspruchsvoraussetzung für den Inflationsausgleich festlegen. Weil das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit – ausgenommen die Teilzeittätigkeit – ruht, erfüllt die Klägerin diese Voraussetzung nicht. Sie hat keinen Entgeltanspruch. Diese Differenzierung ist sachlich gerechtfertigt und stellt keine mittelbare Diskriminierung dar, weil der tarifliche Inflationsausgleich auch einen Vergütungszweck verfolgt. Er ist arbeitsleistungsbezogen ausgestaltet. Fehlt es daran völlig, weil nicht an einem Tag ein Entgeltanspruch besteht, besteht kein Anspruch.

Merke | Soweit Beschäftigte, die Krankengeld bzw. Kinderkrankengeld beziehen, einen Inflationsausgleich erhalten, erfolgt dies aus sozialen Gründen zur Abmilderung besonderer Härten. Für diese durften die Tarifvertragsparteien andere Regelungen vorsehen als für Beschäftigte in Elternzeit. Die Inanspruchnahme einer Elternzeit ist im Regelfall planbar, die eigene oder die Erkrankung des Kindes tritt dagegen typischerweise plötzlich und unerwartet auf.

Das Gericht hat der Klägerin lediglich aufgrund ihrer Teilzeittätigkeit für den Monat Dezember 2023 (zusätzlich) einen Inflationsausgleich von 220 EUR zugesprochen. Sie hatte in diesem Monat an einem Tag Anspruch auf Arbeitsentgelt. Für die Höhe der Inflationsausgleichsprämie ist die am ersten Tag des Bezugsmonats vereinbarte Arbeitszeit maßgeblich. Diese war am 1.12.23 noch fiktiv 100 %. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf eine Entschädigung i. H. v. 8.000 EUR wegen unzulässiger Geschlechtsdiskriminierung (§ 15 Abs. 2 AGG) hatte keinen Erfolg, weil die Kommune die Klägerin nicht wegen des Geschlechts diskriminiert hat.

2.1.3 Relevanz für die Praxis

Das LAG hat die Revision zugelassen. Möglicherweise geht der Fall also in die nächste Runde. Betroffene, egal ob Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, sollten das Urteil und die weitere Rechtsentwicklung sorgfältig beobachten, wenn sie bei der Zahlung der Inflationsausgleichsprämie durch eine Differenzierung benachteiligt sind oder diese – aus Arbeitgebersicht – praktizieren möchten.

2.2 Fall 2: Altersteilzeit

Kürzlich haben mehrere LAG zu der Frage Stellung genommen, ob eine Inflationsausgleichsprämie während der passiven Phase der Altersteilzeit gezahlt werden muss. Beispielhaft soll hier zunächst ein Fall vorgestellt werden, über den das LAG Niedersachsen zu entscheiden hatte (17.5.24, 14 SLa 26/24, Abruf-Nr. 242962).

2.2.1 Sachverhalt

Der Kläger befindet sich seit dem 1.10.22 in der passiven Phase der Altersteilzeit. Sein Arbeitgeber zahlte an seine aktiv beschäftigten Mitarbeiter, auch an diejenigen, die noch in der aktiven Phase eines Altersteilzeitverhältnisses standen, eine Inflationsausgleichsprämie von 1.250 EUR. Der Kläger erhielt dementsprechend keine Inflationsausgleichsprämie. Hiergegen wandte er sich arbeitsgerichtlich. Er vertrat die Auffassung, dass er aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ebenfalls einen Anspruch auf Zahlung der Inflationsausgleichsprämie habe. Eine Differenzierung nach aktiver und passiver Phase der Altersteilzeit sei unzulässig. Doch mit seinem Begehren scheiterte er vor dem LAG.

2.2.2 Entscheidungsgründe

Der Arbeitgeber hat die Inflationsausgleichsprämie ausschließlich an aktiv beschäftigte Arbeitnehmer gezahlt und dies damit begründet, diese Arbeitnehmer mit der Leistung motivieren zu wollen. Er hat gerade nicht seine nicht aktiv im Arbeitsverhältnis Tätigen unterstützen wollen, weil eine Motivation dieser Arbeitnehmergruppe nicht geboten gewesen sei. Damit hat der Arbeitgeber einen Leistungszweck dargelegt, der durch die Gruppenbildung unmittelbar nachvollziehbar und ausreichend substanziiert ist. Ein solcher Zweck ist ein durchaus anerkennenswertes sachliches Differenzierungskriterium. Beschäftigte in der Passivphase der Altersteilzeit haben nach den vertraglichen Bedingungen zukünftig keine Arbeitsleistung mehr zu erbringen, der Arbeitgeber kann sie durch die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie daher auch nicht zu solch einer Arbeitsleistung motivieren (so auch LAG Niedersachsen 21.2.24, 8 Sa 564/23, Rn. 40).

Das LAG Hamm hat in einem ähnlichen Fall genauso entschieden (11.6.24, 16 SLa 27/24). Anders als die Richter aus Niedersachsen haben die Richter aus Westfalen aber die Revision zum BAG zugelassen – und diese liegt nun unter dem Az. 9 AZR 132/24 vor.

Ein weiteres Urteil stammt vom LAG Düsseldorf. Dieses hat entschieden: Es liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor, wenn die Tarifvertragsparteien Arbeitnehmer, die sich am Stichtag in der Passivphase der Altersteilzeit befunden haben, von der Zahlung einer derartigen Inflationsausgleichsprämie ausnehmen. Eine Ausnahme für Arbeitnehmer in der Passivphase der Altersteilzeit kann bei einer derartigen Inflationsausgleichsprämie mittelbar benachteiligend wegen des Alters und wegen der Teilzeittätigkeit sein, ist aber durch die Ziele der Vergütung der Arbeit zum Auszahlungszeitpunkt und der Belohnung der zukünftigen Betriebstreue gerechtfertigt (LAG Düsseldorf 5.3.24, 14 Sa 1148/23, Rev. BAG 9 AZR 71/24).

2.3 Fall 3: Grundsatz der Betriebstreue

Eine mögliche – arbeitsrechtliche – Differenzierung bietet der Grundsatz der Betriebstreue. Doch alles hat seine Grenzen, wie die beiden nachfolgend dargestellten Urteile zeigen.

  • Jüngst hat das LAG Düsseldorf entschieden: Der Arbeitgeber darf mit einer Inflationsausgleichsprämie i. S. v. § 3 Nr. 11c EStG auch das Ziel verfolgen, zukünftige Betriebstreue zu belohnen. Eine einmalige Inflationsausgleichsprämie in einer Höhe bis zu 3.000 EUR, auf die sich das Ruhen des Arbeitsverhältnisses nicht auswirkt, die nicht an das Erreichen von Zielen geknüpft ist, die sich bei einer höheren Vergütung nicht erhöht und bei einem geringeren Arbeitszeitanteil nur mindert, wenn keine Kinder auf der Lohnsteuerkarte eingetragen sind, hat keinen Vergütungscharakter. Sie darf mit einer Bindungsklausel versehen werden.
  • Bei einer Prämie in einer Höhe zwischen 500 und 3.000 EUR ist es mit der durch Art. 12 GG garantierten Berufsfreiheit vereinbar, wenn der Arbeitnehmer für weitere drei Monate an den Betrieb gebunden wird; d. h. in dieser Zeit nicht kündigen darf. Wegen des Ziels der Inflationsausgleichsprämie, auch zukünftige Betriebstreue zu belohnen, ist es sachlich gerechtfertigt, den Bestand des Arbeitsverhältnisses für weitere drei Monate nach der Auszahlung zu verlangen (LAG Düsseldorf 23.4.24, 14 SLa 9/24).
  • Beachten Sie | Gegen das Urteil wurde die Revision zum BAG zugelassen. Diese ist unter dem Az. 10 AZR 121/24 anhängig, sodass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.
  • Auch das ArbG Stuttgart führt zwar aus, dass die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie grundsätzlich von der zukünftigen Betriebstreue abhängig gemacht werden kann. Aber: Es wäre unzulässig, befristet beschäftigte Arbeitnehmer gegenüber unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern zu benachteiligen. Beispielsweise wäre es schädlich, wenn es für unbefristet Beschäftigte lediglich darauf ankommt, dass im Januar 2023 ein ungekündigtes Beschäftigungsverhältnis vorliegt, während von befristet Beschäftigten zusätzlich verlangt wird, dass das Befristungsende am 31.12.23 oder später liegt (ArbG Stuttgart 14.11.23, 3 Ca 2173/23).

3. Inflationsausgleichsprämie pfändbares Arbeitseinkommen

Aktuell hat der BGH entschieden, dass eine vom Arbeitgeber gezahlte Inflationsausgleichsprämie als Arbeitseinkommen gilt und als solches pfändbar ist (Beschluss vom 25.4.24, IX ZB 55/23).

  • Der Fall: Auf Eigenantrag des Schuldners eröffnete das Insolvenzgericht im Februar 2023 das Insolvenzverfahren über dessen Vermögen. Der Arbeitgeber gewährte dem Schuldner eine Inflationsausgleichsprämie von 3.000 EUR, zahlbar in Teilbeträgen von 1.500 EUR zum 30.6.23 und zum 30.6.24. Der Schuldner beantragte, die Unpfändbarkeit der Inflationsausgleichsprämie festzustellen und diese freizugeben. In letzter Instanz hat auch der BGH diesen Antrag abgelehnt.
  • Begründung: Bei der Inflationsausgleichsprämie handelt es sich um eine aus eigenen Mitteln des Arbeitgebers gezahlte freiwillige Zusatzleistung zum Arbeitslohn. Die Inflationsausgleichsprämie ist keine aus öffentlichen Mitteln finanzierte staatliche Hilfsmaßnahme. Die Inflationsausgleichsprämie gilt somit als Arbeitseinkommen. Unter anderem weist der BGH darauf hin, dass die Inflationsausgleichsprämie nicht zweckgebunden ist. Zwar dient sie der Abmilderung des schnellen Anstiegs der Verbraucherpreise. Letztlich ist der Arbeitnehmer in der Verwendung der Prämie aber – anders als bei der Corona-Soforthilfe – frei. Anders als bei der Energiepreispauschale hat der Gesetzgeber auch keine Unpfändbarkeit der Prämie angeordnet. Pfändungsschutz ist folglich nicht zu gewähren.

AUSGABE: GStB 11/2024, S. 389 · ID: 50162193

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