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UmsatzsteuerKein Vorsteuerabzug für die Heizungsanlage bei einer Wohnraumvermietung

Abo-Inhalt30.04.20246 Min. LesedauerVon Dipl.-Finw. StB Christian Herold, Herten/Westf.

| Die Erneuerung einer Heizungsanlage ist extrem teuer. Da wäre es von Vorteil, wenn ein Vermieter den Vorsteuerabzug aus den Kosten geltend machen könnte. Aktuell hat der BFH aber entschieden, dass Vermieter von Wohnraum den Vorsteuerabzug für eine Heizungsanlage nicht erreichen können, denn Vorrang hat immer die Betriebskostenverordnung, die eine „Umlegung“ von einmaligem Instandhaltungsaufwand für eine Heizungsanlage im Rahmen der Betriebskosten nicht zulässt. Zwar kann die Miete gegebenenfalls im gewissen Rahmen erhöht werden, doch diese ist steuerfrei und kann den Vorsteuerabzug nicht ermöglichen (BFH 7.12.23, V R 15/21). |

Sachverhalt

Die Klägerin vermietete ein Haus mit zwei Wohnungen zu Wohnzwecken. Laut Mietvertrag setzte sich die Miete aus der Grundmiete, den „kalten“ Betriebskosten sowie Kosten für Heizung und Warmwasser zusammen. In 2016 ließ die Klägerin eine neue Heizungsanlage für die vermieteten Wohnungen installieren. Die Mieter erhielten die Möglichkeit, die individuellen Heizungs- und Wassertemperaturen zu regulieren und bei Beschwerden den Hersteller direkt zu kontaktieren. Für jeden Mieter gab es Einzelzähler, welche die individuellen Wärmemengen erfassten. Im November 2016 verzichtete die Klägerin auf die Kleinunternehmerregelung und gab eine USt-Voranmeldung ab. Darin erklärte sie Umsätze zu 19 % aus den Wärme- und Warmwasserlieferungen an die Mieter und machte Vorsteuerbeträge geltend, die auf den Erwerb und die Installation der Heizungsanlage und auf die an die Mieter erbrachten Gaslieferungen entfielen. Das Finanzamt war der Auffassung, die Wärme- und Warmwasserlieferungen an die Mieter seien typische Nebenleistungen zur steuerfreien Wohnungsvermietung. Ein Vorsteuerabzug scheide aus, weil die Klägerin ausschließlich steuerfreie Vermietungsumsätze getätigt habe. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg, doch der BFH hat den Vorsteuerabzug letztlich versagt.

Entscheidungsgründe

Das Recht zum Vorsteuerabzug hängt unter anderem davon ab, ob zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung der hierfür erforderliche Zusammenhang besteht. Für das Recht auf Vorsteuerabzug müssen danach jedenfalls die Kosten der Eingangsleistungen Eingang in den Preis der Ausgangsumsätze finden, die der Steuerpflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit erbringt (EuGH 8.9.22, C-98/21). Allerdings ist der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG für Leistungen ausgeschlossen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet.

Schuldet der Vermieter von Wohnraum zum vertragsgemäßen Gebrauch auch die Versorgung mit Wärme und warmem Wasser, stehen Kosten des Vermieters für eine neue Heizungsanlage oder für den Ersatz einer bestehenden Heizungsanlage jedenfalls dann im direkten und unmittelbaren Zusammenhang zur steuerfreien Vermietung, wenn es sich dabei nicht um Betriebskosten handelt, die der Mieter gesondert zu tragen hat. Dies trifft dann zu, wenn die Kosten für Erwerb und Installation der Heizungsanlage vom Mieter nicht neben der Miete gesondert nach § 556 BGB als Betriebskosten zu tragen waren.

Bei der leitungsgebundenen Wärme- und (Warm-)Wasserversorgung schuldet der Vermieter – grundsätzlich anders als bei Strom und ohne dass es insoweit einer gesonderten Vereinbarung bedarf – das Vorhalten einer intakten Heizungsanlage. Folglich sind die Kosten für den Erwerb und die Installation einer Heizungsanlage grundsätzlich Kostenelemente der steuerfreien Vermietung.

Merke | Gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Der Vermieter hat nach § 535 Abs. 1 S. 3 BGB die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen. Dazu gehören auch die Betriebskosten. Das Gesetz geht davon aus, dass der Vermieter die aus der Gebrauchsgewährung herrührenden Kosten in die Miete einkalkuliert und diese mit dem vereinbarten Mietentgelt abgegolten werden.

Abweichungen hiervon bedürfen der Vereinbarung, zu deren Inhalt § 556 BGB für die Wohnraummiete gesetzliche Vorgaben enthält. So können die Vertragsparteien danach vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten gesondert neben der Miete trägt (§ 556 Abs. 1 S. 1 BGB). Betriebskosten sind dabei die Kosten, die dem Eigentümer durch das Eigentum an dem Grundstück oder durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes oder der Wirtschaftseinheit, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen.

§ 556 Abs. 1 S. 3 BGB i. V. m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 der Betriebskostenverordnung (BetrKV) schließt allerdings Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten vom Betriebskostenbegriff aus, sodass diese Kosten sowie Verwaltungskosten von den umlagefähigen Betriebskosten abzugrenzen sind. Die (nicht als Betriebskosten umlagefähigen) Aufwendungen für Instandsetzung und Instandhaltung müssen zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs erbracht werden, um die durch Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkung entstehenden baulichen oder sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV). Instandsetzung und Instandhaltung betreffen deshalb Mängel an der Substanz der Immobilie oder ihrer Teile. Demgemäß sind insbesondere Bau- und sonstige Anschaffungskosten als einmalige und nicht als „laufende“ Kosten und folglich nicht als Betriebskosten anzusehen. Dasselbe gilt für Abschreibungen auf die Heizungsanlage.

Beachten Sie | Wenn der Erhaltungsaufwand für die Erneuerung der Heizungsanlage nicht auf die Mieter im Rahmen der Betriebskosten umgelegt werden kann, kann der direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen den Kosten aus Erwerb und Installation einer Heizungsanlage und der steuerfreien Vermietung nicht gelöst werden. Gleiches gilt für die (Betriebs-)Kosten der Warmwasserlieferung.

Bestätigt wird der zur steuerfreien Vermietung bestehende direkte und unmittelbare Zusammenhang auch dadurch, dass der Einbau einer wesentlich verbesserten Heizungsanlage unter den Voraussetzungen einer energetischen Modernisierung zu einer Mieterhöhung nach §§ 555b, 559 BGB und damit zu einer Erhöhung des steuerfreien Entgelts, nicht aber zu umlagefähigen Betriebskosten geführt hätte.

Es kommt auch dann nicht zu einer abweichenden Beurteilung, wenn die auf den jeweiligen Mieter umgelegten Betriebskosten für Wärme und Warmwasser als Entgelt für eine umsatzsteuerlich eigenständig anzusehende Wärme- und Warmwasserlieferung anzusehen wären. Denn auch bei Annahme derartiger steuerpflichtiger Lieferungen führt der unionsrechtliche Maßstab des Preiseingangs zu keinem Vorsteuerabzug, da die nationale Preisregelung in Form des verbindlichen Betriebskostenbegriffs eine „Zuordnung“ der Kosten für eine Heizungsanlage zu diesen Lieferungen nicht zulässt.

Ein Vorsteuerabzug ergibt sich auch nicht daraus, dass der Vermieter wegen der zivilrechtlichen Beschränkungen einer Mieterhöhung und der fehlenden Umlagemöglichkeit im Rahmen der Betriebskosten keine Möglichkeit hat, die konkret aus dem Erwerb und der Installation der Heizungsanlage entstandenen Kosten auf seine Mieter umzulegen. Denn die wohnungsmietrechtliche Beschränkung des Betriebskostenbegriffs führt dazu, dass der maßgebliche Zusammenhang zur steuerfreien Vermietung bestehen bleibt.

Relevanz für die Praxis

Das FG Münster hatte den Vorsteuerabzug noch zugelassen. Es sah getrennte Leistungen, nämlich einerseits die steuerfreie Vermietung und andererseits steuerpflichtige Energielieferungen der Vermieterin. Die Vorinstanz ist hier insbesondere dem EuGH-Urteil vom 16.4.15 (C-42/14) gefolgt, wonach die Vermietung einer Immobilie und die Lieferung von Wasser, Elektrizität und Wärme sowie die Abfallentsorgung grundsätzlich als mehrere getrennt voneinander zu beurteilende Leistungen anzusehen sind. Der BFH hat der Revision aber stattgegeben und hält auch eine Vorlage an den EuGH nicht für erforderlich, weil die deutsche BetrKV eine Aufteilung der Leistung nicht zulässt.

Der BFH weist explizit darauf hin, dass er nicht über andere Fälle wie z. B. das sog. Wärme-Contracting zu entscheiden hatte. Dabei werden Investitionen für die erstmalige Errichtung oder die Modernisierung von zentralen Heizanlagen vom Eigentümer an einen fremden Unternehmer ausgelagert. Die Wärmelieferung und ggf. der Betrieb der Anlage werden anschließend vom Contractor übernommen und die Kosten direkt mit den Mietern abgerechnet.

Beim XI. Senat des BFH ist noch ein Verfahren anhängig, in dem es um folgende Frage geht (XI R 8/21): Handelt es sich bei Stromlieferungen über eine Photovoltaikanlage des Vermieters an die Mieter um eine unselbstständige Nebenleistung der steuerfreien Vermietung? Die Vorinstanz hatte diesbezüglich geurteilt: Auch wenn Strom über eine Photovoltaikanlage vom Vermieter erzeugt und an die Mieter geliefert wird, handelt es sich dabei im Regelfall nicht um eine unselbstständige Nebenleistung der (steuerfreien) Vermietung. Entscheidend ist, dass der Mieter die Möglichkeit hat, den Stromanbieter frei zu wählen (FG Niedersachsen 25.2.21, 11 K 201/19, EFG 21, 883 Nr. 10).

AUSGABE: GStB 5/2024, S. 161 · ID: 49983939

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