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Schenkung der SchwiegerelternKeine Rückforderung eines Renditeobjekts

Abo-Inhalt10.01.2022325 Min. LesedauerVon RA Dr. Gudrun Möller, FA Familienrecht, Münster

| Übertragen Eltern dem eigenen Kind und dem Schwiegerkind eine Immobilie als Familienheim, kann diese bei Scheitern der Ehe des Kindes u. U. zurückgefordert werden. Das OLG Oldenburg hat sich mit der Frage befasst, ob dies auch für ein Renditeobjekt gilt. |

Sachverhalt

Die Antragstellerin A hatte ihrer Tochter F und ihrem Schwiegersohn M eine Eigentumswohnung übertragen, die diese nicht als Ehewohnung nutzten. Die Ehe von M und F wurde später geschieden. Die A hat in zwei Instanzen vergeblich beantragt, den M zu verpflichten, an sie einen Betrag zu zahlen, da durch das Scheitern der Ehe die Geschäftsgrundlage der Schenkung weggefallen sei. Sie könne den Wert der Schenkung abzüglich eines Abschlags für die Zeit des Bestands der Ehe verlangen. Geschäftsgrundlage sei der Fortbestand der Ehe gewesen (OLG Oldenburg 14.10.20, 11 UF 100/20, Abruf-Nr. 220268).

Entscheidungsgründe

Es besteht kein vermögensrechtlicher Ausgleichsanspruch aus § 313 Abs. 1 und 3 BGB. Der Schenkungsvertrag ist durch eine einseitige unentgeltliche Zuwendung gekennzeichnet, mit der der Schenker dem Beschenkten diesen Gegenstand zur freien Verfügung ohne Gegenleistung überlässt (BGH 18.6.19, X ZR 107/16, FK 19, 147). Eine Rückforderung des Geschenks ist nur möglich, wenn der Beschenkte eine schwere Verfehlung gegenüber dem Schenker oder einem nahen Angehörigen begeht oder er sich als grob undankbar erweist, § 530 Abs. 1 BGB. Ein Schenkungsvertrag ist daher stets asymmetrisch. Dies wirkt sich auch auf die für die Geschäftsgrundlage relevanten Vorstellungen der Vertragsparteien aus. Nicht jede bei Vertragsschluss vorhandene Vorstellung ist Geschäftsgrundlage des Vertrags (BGH, a.a.O).

Bei der Ermittlung der rechtlich relevanten Vorstellungen des Schenkers ist die Nutzungsart der Immobilie relevant. Die Auffassung der A, wonach es nach der BGH-Rechtsprechung auf die Eigen- oder Fremdnutzung der Immobilie nicht ankomme, trifft nicht zu. Vielmehr fehlt der vorliegenden Schenkung gerade der erforderliche Gemeinschafts- oder Paarbezug. Während eine zur Selbstnutzung geschenkte Immobilie mit der Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft in direktem Zusammenhang steht, weil sie die Lebens- und Haushaltsführung der Ehegatten unmittelbar betrifft, stellt sich die Situation bei Anlage- und Renditeobjekten anders dar. Es ist damit zu rechnen, dass angelegtes Vermögen in eine andere Anlageart umgeschichtet oder verbraucht wird. Anders als bei der Übertragung einer Immobilie zu Wohnzwecken kann der Schenker bei Übertragung sonstigen Vermögens gerade nicht damit rechnen, dass dieses langfristig für die Lebens- und Beziehungsgestaltung der Ehegatten genutzt werden wird. Hinzu kommt hier, dass sich auch im notariellen Vertrag kein Hinweis darauf findet, dass die Ehegatten die Immobilie angeblich langfristig nutzen sollen.

Nach der neueren BGH-Rechtsprechung ist allenfalls aufgrund besonderer, im Einzelfall vom Tatrichter festzustellender Umstände anzunehmen, der Geschäftswille des Schenkers baue auf der Vorstellung einer lebenslangen Beziehung auf. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung und der Statistik, dass eine Ehe nicht auf Lebenszeit besteht. Ob und ggf. wann sich das Risiko einer Trennung verwirklicht, ist für diesen wie für jede andere Person i. d. R. nicht vorhersehbar (BGH 18. 6.19, X ZR 107/16 Rn. 20).

Belegkräftige Indizien dafür, dass die A bei der Schenkung auf einen lebenslangen Fortbestand der Beiziehung vertraut hat, hat sie nicht vorgetragen. Dem Sachvortrag und den gegenbeweislichen Beweisantritten des M, wonach Motive für die Weggabe der Wohnung Mietstreitigkeiten, der hohe Renovierungsbedarf oder die Wiederannäherung nach einem innerfamiliären Streit zwischen ihr und der F waren, ist sie nicht substanziiert entgegengetreten.

Zwar ist bei lebensnaher Auslegung davon auszugehen, dass die Schenkung an den M zumindest auch vor dem Hintergrund erfolgte, dass dieser mit der F verheiratet war. Dies allein rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, der Fortbestand der Ehe sei von den Beteiligten zur Geschäftsgrundlage erhoben worden. Soweit die A diese Vorstellung gehabt hat, handelt es sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum. Gerade vor dem Hintergrund der vertraglichen Risikoverteilung bei der Schenkung (BGH, a.a.O.) hat die A nicht dargetan, dass die Zuwendung mit dem Fortbestand der Ehe stehen und fallen sollte. Vielmehr ist aufseiten der A von einem Motivbündel auszugehen. Denn mit der Übertragung der Wohnung hat sich die A zugleich Aufwendungen für die Renovierung der Wohnung oder Streitigkeiten mit den Wohnungsmietern erspart. Aufgrund der Tatsache, dass eine Eigennutzung der Wohnung durch F und M nie beabsichtigt war und aufgrund der mit der Weggabe verbundenen Aufwandsersparnis, ist eine kausale Verknüpfung zwischen der Schenkung und dem Fortbestand der Ehe nicht erkennbar.

Wie das AG zutreffend festgestellt hat, hat die A auch einen Schenkungswiderruf gem. § 530 Abs. 1 BGB (sog. grober Undank) nicht schlüssig dargelegt.

Relevanz für die Praxis

Das OLG vertritt im Hinblick auf das geschenkte Renditeobjekt zu Recht die Ansicht „geschenkt ist geschenkt und wiederholen ist gestohlen!“ § 313 BGB darf nicht dazu missbraucht werden, dem Schenkungsvertrag im Wege der Vertragsanpassung rechtliche Verpflichtungen zu unterlegen, die in Widerspruch zu der vereinbarten und für ihn charakteristischen unentgeltlichen Zuwendung stehen und die unbedingte und unwiderrufliche unentgeltliche Zuwendung in eine bedingte oder widerrufliche Übertragung eines Vermögensgegenstands umwandeln. Anders als bei der Schenkung einer Immobilie als Familienheim unterscheidet sich die Schenkung eines Renditeobjekts in keiner Weise von einem sonstigen Geschenk an das Schwiegerkind.

Dem Schenker ist zu raten, seine Vorstellungen über eine Auflage oder Zweckabrede zum Vertragsinhalt zu machen.

AUSGABE: FK 2/2022, S. 24 · ID: 47495350

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