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Genehmigung einer NamensänderungBeschwerderecht des nicht Sorgeberechtigten

Abo-Inhalt03.01.2022427 Min. LesedauerVon RiOLG Andreas Kohlenberg, Celle

| Ein nicht sorgeberechtigter Elternteil ist bei Namensübereinstimmung mit seinem Kind berechtigt, Beschwerde gegen die familiengerichtliche Genehmigung einer vom Vormund beabsichtigten Antragstellung im öffentlich-rechtlichen Namensänderungsverfahren nach § 2 Abs. 1 NamÄndG (z. B. Einbenennung in den Namen der Pflegefamilie) zu erheben. |

1. Beschwerdeberechtigung

Gem. § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den angefochtenen Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist, wobei es sich um die unmittelbare Beeinträchtigung eines eigenen materiellen Rechts handeln muss. Dazu ein Fall aus der Praxis:

Beispiel nach BGH 8.1.20, XII ZB 478/17, Abruf-Nr. 214486

Die im Dezember 08 bzw. im Mai 10 geborenen Kinder entstammen einer nicht ehelichen Beziehung. Sie tragen den Familiennamen P der Mutter M. Mit Beschluss hat das OLG der M das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitssorge sowie das Recht zur Vertretung in sozialrechtlichen Angelegenheiten für beide Kinder entzogen und dem Jugendamt (JA) als Pfleger übertragen. Die Kinder leben als Pflegekinder bei den Eheleuten E. V erkannte die Vaterschaft für beide Kinder an. M und V willigten unwiderruflich in die gemeinschaftliche Annahme der Kinder durch die E ein. Die Adoptionseinwilligungen wurden durch Zeitablauf kraftlos. Später beantragte das JA, die elterliche Sorge für die Kinder auf sich zu übertragen. Durch Beschluss bestellte das AG das JA im Wege einstweiliger Anordnung zu deren Vormund. Das JA beantragte erfolgreich die familiengerichtliche Genehmigung für ein Verfahren nach dem NamÄndG, um den Familiennamen der Kinder in E ändern zu lassen. Die Beschwerde der M dagegen war erfolglos, ihre Rechtsbeschwerde führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

In Kindschaftssachen ist das Recht der leiblichen Eltern i. d. R. bei Eingriffen in das Sorgerecht unmittelbar beeinträchtigt. Im Beispiel war die M Inhaberin der elterlichen Sorge, soweit ihr diese nicht in Teilbereichen entzogen worden war. Mit der Einwilligung der M in die Annahme der Kinder durch die E ruhte die elterliche Sorge aber gem. § 1751 Abs. 1 S. 1 BGB in den Teilbereichen, die ihr noch verblieben waren; insoweit trat gem. § 1751 Abs. 1 S. 2 BGB kraft Gesetzes Amtsvormundschaft durch das JA ein (sog. Adoptionsvormundschaft). Die Pflegschaft blieb davon unberührt, § 1751 Abs. 1 S. 3 BGB. Nachdem die Einwilligung in die Adoption gem. § 1750 Abs. 4 S. 2 BGB kraftlos geworden war, fiel der Grund für das Ruhen der elterlichen Sorge zwar weg. Dies ließ aber nicht die elterliche Sorge wiederaufleben, soweit sie der M zugestanden hatte. Vielmehr blieb die Adoptionsvormundschaft des JA bestehen, bis das FamG gem. § 1751 Abs. 3 BGB über die „Rückübertragung“ der elterlichen Sorge auf die M entschieden hatte. Der Beschluss, das JA zum Vormund zu bestellen, stellte dessen Vormundschaft auf eine neue Grundlage. Der M wurde die Sorge entzogen und auf den Vormund übertragen. Damit endete die Pflegschaft, § 1918 BGB.

Es kann sich aber auch der nicht (mehr) sorgeberechtigte rechtliche Elternteil gegen solche Entscheidungen beschweren, die unmittelbar in seine verfassungsrechtlich geschützten Elternrechte eingreifen. Das Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 GG schützt – ebenso wie das Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK (vgl. EGMR FamRZ 02, 1017, 1018 f.) – das Interesse eines nicht sorgeberechtigten Elternteils daran, dass die namensmäßige Übereinstimmung als äußeres Zeichen der persönlichen Bindung zu seinem Kind beibehalten wird (BayVGH 8.1.19, 5 C 18.2513, juris Rn. 5). Mit der beabsichtigten Namensänderung wird das nach der Entziehung des Sorgerechts allein noch nach außen wirkende Band zur M durchtrennt und dadurch die Trennung zwischen Kind und M vertieft. Das kann Folgen auch für das Kindeswohl haben. Daran ist die Genehmigungsfähigkeit des Namensänderungsantrags zu messen (OLG Brandenburg FamRZ 12, 461, 462).

Merke | Unerheblich für die Zuständigkeit der Beschwerde ist, ob die M ein berechtigtes Interesse an der Aufrechterhaltung des namensrechtlichen Bandes geltend macht. Eine Befugnis des nicht sorgeberechtigten Elternteils zur Beschwerde gegen die familiengerichtliche Genehmigung einer vom Vormund beabsichtigten Antragstellung im öffentlich-rechtlichen Namensänderungsverfahren ist deshalb bei Namensübereinstimmung mit dem Kind gegeben.

2. Zuständigkeiten

Will der Vormund als gesetzlicher Vertreter eines beschränkt Geschäftsfähigen oder eines Geschäftsunfähigen eine Namensänderung beantragen, muss das FamG dies genehmigen, § 2 Abs. 1 NamÄndG. Die Verwaltungsbehörde entscheidet unter Abwägung aller von der Namensführung berührten privaten und öffentlichen Belange, ob ein wichtiger Grund dafür i. S. v. § 3 Abs. 1 NamÄndG vorliegt. Der Name eines in einem dauerhaften Pflegeverhältnis lebenden Pflegekindes ist dem Familiennamen der Pflegeeltern anzugleichen, wenn dies dem Kindeswohl förderlich ist und keine überwiegenden Interessen an der Beibehaltung des bisherigen Namens bestehen; der Widerspruch der leiblichen Eltern ist unerheblich, wenn diese keine Elternverantwortung wahrnehmen (BVerwG FamRZ 87, 807, 809). Da in dem verwaltungsbehördlichen Verfahren eine am Kindeswohl orientierte Sachprüfung stattfindet, darf das FamG dieser Prüfung nicht in der Weise vorgreifen, dass eine Entscheidung der Verwaltungsbehörde und ggf. eine Anrufung des VG unmöglich gemacht wird. Das FamG kann die Genehmigung nur verweigern, wenn das Gesetz eine Namensänderung untersagt oder wenn sich offensichtlich kein Gesichtspunkt findet, der eine Namensänderung rechtfertigt (OLG Hamm FamRZ 13, 985, 986). Dies ist dem Gesetz aber nicht unmittelbar zu entnehmen. Soweit der Vormund nach sonstigen Vorschriften für seine Tätigkeit – etwa für den Abschluss bestimmter Rechtsgeschäfte (§§ 1821 ff. BGB) – eine Genehmigung des FamG benötigt, ist der Maßstab für die gerichtliche Entscheidung stets das Wohl und das Interesse des Mündels (BGH NJW 86, 2829, 2830).

Dementsprechend orientiert sich auch die Genehmigung eines Antrags auf Namensänderung am Wohl des Mündels. Gegenstand der Tätigkeit des FamG ist nur, den Namensänderungsantrag zu genehmigen, nicht aber die Namensänderung selbst. Dabei sind zwar auch die Erfolgsaussichten der vom Vormund beabsichtigten Rechtsverfolgung einzubeziehen (BGH FamRZ 17, 119 Rn. 10). Dies darf aber wegen der eindeutigen Zuständigkeitsverteilung zwischen FamG einerseits und Verwaltungsbehörde bzw. VG andererseits nicht dazu führen, dass das FamG die Genehmigung des Antrags schon immer versagen darf, wenn nach seiner rechtlichen Einschätzung kein wichtiger Grund i. S. v. § 3 NamÄndG für eine Namensänderung gegeben ist. Denn wenn es schon im Genehmigungsverfahren erforderlich ist, verschiedene für und gegen eine Namensänderung sprechende Umstände gegeneinander abzuwägen, muss dies im Zweifel dem zuständigen VG überlassen bleiben und darf die Genehmigung nicht verweigert werden (BayObLG FamRZ 88, 1200, 1201).

a) Gleiches gilt bei Verfahren nach § 1628 BGB

Auch aus dem Prüfungsauftrag des FamG im Verfahren nach § 1628 BGB ergibt sich nichts anderes: Dabei streiten geschiedene Elternteile bei gemeinsamer elterlicher Sorge über die Entscheidungsbefugnis, einen Antrag auf öffentlich-rechtliche Namensänderung zu stellen, um dem Kind, das den Familiennamen des einen Teils trägt, den Familiennamen des anderen zu erteilen, bei dem es seit der Trennung lebt (sog. Scheidungshalbwaisenfälle). Bei einem solchen Elternkonflikt ist die Entscheidungskompetenz demjenigen zu übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird. Auch die Beibehaltung des bisherigen Kindesnamens kann als die bessere Konfliktlösung erscheinen.

Das FamG muss deshalb das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 NamÄndG in dem Umfang vollständig prüfen, in dem die im Verfahren nach § 1628 BGB von Amts wegen zu treffenden Feststellungen eine ausreichende Grundlage hierfür ergeben. Dem steht nicht entgegen, dass es dabei auch Erwägungen anstellen muss, die in gleicher Weise im nachgeschalteten Verfahren von der zuständigen Verwaltungsbehörde oder vom zuständigen VG vorgenommen werden würden. Denn bei der Prüfung, welcher Elternteil in der betreffenden Angelegenheit besser geeignet erscheint zu entscheiden, muss das FamG sämtliche Aspekte der von den Eltern angestrebten divergierenden Ziele einbeziehen und diese, soweit aufgrund der zu treffenden Feststellungen möglich, auch rechtlich umfassend würdigen (vgl. BGH FamRZ 17, 119 Rn. 9 ff.).

Im Genehmigungsverfahren nach § 2 Abs. 1 NamÄndG geht es aber um die Kontrolle vormundschaftlichen Handelns. Hier steht fest, dass der Vormund kraft seiner Rechtsstellung allein entscheidungsbefugt ist, ob ein öffentlich-rechtliches Namensänderungsverfahren eingeleitet werden soll oder nicht. Darüber hinaus legt die Verwaltungsrechtsprechung in den sog. Scheidungshalbwaisenfällen für die Frage, ob ein wichtiger Grund (§ 3 NamÄndG) für die Änderung des vom Kind aktuell geführten Familiennamens vorliegt, den Maßstab der Kindeswohlerforderlichkeit zugrunde, der unmittelbar aus der gesetzgeberischen Wertung in § 1618 S. 4 BGB entnommen ist (vgl. BVerwG FamRZ 02, 1104, 1108). Demgegenüber zieht das VG in sog. Pflegekindfällen i. d. R. mit dem Kriterium der bloßen Kindeswohlförderlichkeit keinen den FamG in gleicher Weise vertrauten Prüfungsmaßstab heran.

b) FamG muss Kinder und Eltern anhören

Das familiengerichtliche Verfahren, einen beabsichtigten Namensänderungsantrag gem. § 2 Abs. 1 NamÄndG zu genehmigen, ist eine die Vormundschaft betreffende Kindschaftssache i. S. v. § 151 Nr. 4 FamFG (BT-Drucksache 16/6308, 234). In diesen richtet sich die Pflicht des Gerichts, Kinder und Eltern anzuhören, nach §§ 159, 160 FamFG. Gem. § 2 Abs. 2 NamÄndG beschränkt sich die Pflicht, einen minderjährigen Antragsteller anzuhören, darauf, dass dieser von dem Gericht zum Namensänderungsantrag „zu hören“ ist, wenn er das 16. Lebensjahr vollendet hat. Dabei stellt § 2 Abs. 2 NamÄndG im familiengerichtlichen Genehmigungsverfahren eine die Anhörungspflichten nach § 159 Abs. 1 FamFG verdrängende Spezialvorschrift dar (OLG Bremen StAZ 14, 143 f.). Nach § 160 Abs. 1 S. 1 FamFG soll das Gericht in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, die Eltern persönlich anhören. Personenbezogene Kindschaftssachen i. d. S. sind alle in § 151 Nr. 1 bis Nr. 5 FamFG aufgeführten Verfahren, soweit diese die Lebensführung und -stellung eines Kindes und nicht nur dessen Vermögen betreffen (BT-Drucksache 16/6308, 241 zu § 162 FamFG).

In personenbezogenen Kindschaftssachen kann von einer persönlichen Anhörung der Eltern nach § 160 Abs. 1 S. 1 FamFG nur in besonderen Ausnahmefällen (BT-Drucksache 16/6308, 240) abgesehen werden. Der Zweck der persönlichen Anhörung – die Gewährung rechtlichen Gehörs und die Aufklärung des Sachverhalts – kann auch anders erreicht werden. § 160 Abs. 2 S. 2 FamFG, der es in „sonstigen Kindschaftssachen“ ermöglicht, von der Anhörung eines nicht sorgeberechtigten Elternteils abzusehen, wenn von dessen Anhörung keine Aufklärung erwartet werden kann, ist nicht anwendbar. Denn § 160 Abs. 2 FamFG regelt allein die Anhörungspflicht gegenüber Eltern in Verfahren, die ausschließlich die Vermögenssorge betreffen (BT-Drucksache 16/6308, 240). Dies rechtfertigt den Umkehrschluss, dass auch nicht sorgeberechtigte Eltern in Verfahren, die persönliche Angelegenheiten ihres Kindes betreffen, stets nach § 160 Abs. 1 S. 1 FamFG anzuhören sind, ohne dass es dafür darauf ankäme, ob von ihrer Anhörung eine Aufklärung zu erwarten ist.

Für die Anhörung von Eltern im familiengerichtlichen Verfahren betreffend die Genehmigung eines Namensänderungsantrags gelten diese Maßstäbe. Der Umstand, dass § 2 Abs. 2 NamÄndG bei minderjährigen Antragstellern nach Vollendung ihres 16. Lebensjahres abweichend von § 159 Abs. 1 S. 1 FamFG keine persönliche Anhörung durch das Gericht vorschreibt, mag zwar ein Anhaltspunkt dafür sein, dass familiengerichtliche Genehmigungsverfahren nach § 2 Abs. 1 NamÄndG zu den „besonders gelagerten Ausnahmefällen“ des § 160 Abs. 1 S. 1 FamFG gehören können, in denen auf eine persönliche Anhörung der Eltern verzichtet werden kann. Dies ändert aber nichts daran, dass die Eltern zumindest schriftlich oder auf sonstige geeignete Weise anzuhören sind, um rechtliches Gehör zu gewähren. Schwerwiegende Gründe i. S. v. § 160 Abs. 3 FamFG, die ein Absehen von der Anhörung des V rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Familienname des V nicht mit dem Familiennamen der Kinder übereinstimmt. Die Anhörungspflicht nach § 160 Abs. 1 FamFG knüpft an die rechtliche Elternstellung und nicht an eine unmittelbare Rechtsbetroffenheit an. Ein Elternteil ist in Kindschaftssachen auch anzuhören, wenn er nicht Verfahrensbeteiligter i. S. v. § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG ist. Im Beispiel hat der BGH mangels ordnungsgemäßer Anhörung des V die Entscheidung aufgehoben und die Sache an das OLG zurückverwiesen.

AUSGABE: FK 2/2022, S. 27 · ID: 47637285

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