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EEErbrecht effektiv

ZuständigkeitZuständigkeit des Nachlassgerichts im Erbscheinsverfahren beim Tod des Erblassers im Hospiz, § 65 Abs. 4 FamFG

Abo-Inhalt03.06.20255523 Min. Lesedauer

| Allein der Wechsel in ein Hospiz ist nicht geeignet, dort den gewöhnlichen Aufenthalt des Betroffenen zu begründen. Dies ist immer eine Frage des Einzelfalls. So lautet der Kern einer Entscheidung des OLG Schleswig-Holstein (17.3.25, 3 Wx 65/24, Abruf-Nr. 247520). In dem entschiedenen Fall reichten die Umstände nach Auffassung des Gerichts allerdings aus, um einen gewöhnlichen Aufenthalt im Hospiz zu begründen. |

Der zuletzt in Y – seit 2012 – wohnhaft gewesene Erblasser ist in einem Hospiz in X verstorben. Die Wohnung in Y wurde erst nach seinem Tod aufgelöst. Als er schwer erkrankte, wurde er zunächst in Krankenhäusern in Y behandelt. Ende April 2022 wurde er in das Hospiz in X verlegt. Dort verstarb er – nach etwas mehr als zwei Monaten – Ende Juni 2022. Die Beteiligten im Erbscheinsverfahren stritten über die Zuständigkeit des angerufenen Nachlassgerichts in X. Dieses hat unter Annahme seiner Zuständigkeit mit Beschluss vom 13.8.24 die zur Begründung des Antrages auf Erteilung eines Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Gegen diesen Beschluss wandte sich einer der Beteiligten mit der Beschwerde, soweit die Zuständigkeit des Amtsgerichts X angenommen wurde. Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen.

Das Nachlassgericht habe zu Recht seine Zuständigkeit angenommen. Nach § 343 Abs. 1 FamFG ist das Gericht (für die Erteilung eines Erbscheins) zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Der Aufenthalt im Hospiz habe den Anforderungen an den gewöhnlichen Aufenthalt im Einzelfall genügt. Bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltes seien folgende Aspekte bzw. Umstände zu berücksichtigen, wobei das Gericht bei den einzelnen Kriterien auch auf zum Teil abweichende Auffassungen hinweist und eingeht:

  • Der gewöhnliche Aufenthalt sei vom „schlichten“ Aufenthalt im Sinne jeder Anwesenheit abzugrenzen, der nicht ausreicht.
  • Bei der Bestimmung sei eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in den Jahren vor seinem Tod und im Zeitpunkt seines Todes vorzunehmen.
  • Neben objektiven Kriterien seien auch subjektive Kriterien (OLG München FGPrax 22, 231) zu berücksichtigen.
  • Eine bestimmte Mindestdauer sei nicht notwendig (OLG Celle ZEV 20, 229).
  • Der Aufenthalt in einem Krankenhaus sei nur vorübergehender Natur.
  • Allein der willentliche Aufenthalt im Hospiz sei nicht geeignet, dort den gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen, da dieser in der Regel auf palliativmedizinischer Notwendigkeit beruhe und durchschnittlich nur für einen kurzen Zeitraum erfolge (OLG Braunschweig FamRZ 23, 732; KG, a. a. O.).

Für das Gericht war letztlich entscheidend, dass der Ortswechsel nach X hier nicht nur den äußeren Zwängen der Krankheit geschuldet war, sondern gerade auch wegen der örtlichen Nähe zu den Eltern und der Lebensgefährtin des Erblassers, die sämtlich in X leben, erfolgte.

AUSGABE: EE 6/2025, S. 91 · ID: 50396146

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