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TeilungsversteigerungTeilungsversteigerungsverfahren durch Miterben trotz Pfändung und Überweisung seines Erbteils

Abo-Inhalt03.06.20254 Min. LesedauerVon Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

| In der Praxis kommt es häufig vor, dass mehrere Grundstücksgemeinschaften ineinander verschachtelt sind. Bei Erbengemeinschaften mit Grundstücksvermögen kann es dabei zu Konflikten hinsichtlich der Auseinandersetzung kommen. Besonders relevant wird dies, wenn ein Miteigentumsanteil am Grundstück vererbt und der Erbteil gepfändet wird. Der BGH hat in diesem Zusammenhang zur Zulässigkeit der Teilungsversteigerung trotz Erbteilspfändung klarstellend entschieden. |

Der Fall des BGH

Die Beteiligte zu 2 war Miteigentümerin eines Grundstücks. Gemeinsam mit der Beteiligten zu 1 war sie zudem als Erbengemeinschaft an einem weiteren Miteigentumsanteil eingetragen. Auf Antrag der Beteiligten zu 1 wurde die Teilungsversteigerung angeordnet. Die Beteiligte zu 2 pfändete den Erbanteil der Beteiligten zu 1 und ließ diesen zur Einziehung übertragen; dies wurde im Grundbuch vermerkt. Trotz der Pfändung übertrug die Beteiligte zu 1 ihren Erbanteil per notariellen Vertrag im Dezember 2020 an die Beteiligte zu 3, zu deren Gunsten ein Widerspruch im Grundbuch eingetragen wurde. Die Beteiligte zu 3 beantragte anschließend den Beitritt zum Versteigerungsverfahren, zog diesen Antrag aber zurück, nachdem das Gericht ihr mitgeteilt hatte, dass sie automatisch in die Rechtsstellung der Beteiligten zu 1 eingetreten sei. Die Beteiligte zu 2 beantragte die Aufhebung bzw. die einstweilige Einstellung des Verfahrens, da sie der Ansicht war, die Beteiligte zu 3 sei nicht wirksam in die Verfahrensstellung eingetreten. Diese Anträge wurden vom Vollstreckungsgericht und im Beschwerdeverfahren abgelehnt. Die Beteiligte zu 2 verfolgte ihr Anliegen nun im Rahmen der zugelassenen Rechtsbeschwerde weiter. Der BGH wies diese zurück.

Die vom BGH entschiedene Frage mit den Konsequenzen für die Praxis

Die Entscheidung zeigt, dass Miterben weitreichende Rechte zur Durchsetzung der Teilungsversteigerung haben, selbst bei bestehenden Pfändungen oder Übertragungen von Erbteilen. Der BGH stärkt damit die Position der Miterben und klärt die rechtlichen Rahmenbedingungen für solche Verfahren.

Leitsätze: BGH 20.3.25, V ZB 63/23

  • 1. Gehört nicht das Grundstück selbst, sondern ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück zum Nachlass, kann jeder Miterbe nicht nur die Teilungsversteigerung des Bruchteils (sog. kleines Antragsrecht), sondern auch allein und ohne Zustimmung der anderen Miterben die Teilungsversteigerung des gesamten Grundstücks verlangen (sog. großes Antragsrecht).
  • 2. Ein Miterbe wird durch die Pfändung und Überweisung seines Erbteils nicht gehindert, ein Teilungsversteigerungsverfahren selbstständig ohne Mitwirkung des Pfändungsgläubigers zu betreiben, um den vormals dem Erblasser zustehenden Anspruch auf Auseinandersetzung der Bruchteilsgemeinschaft an einem Grundstück gemäß § 2039 Satz 1 BGB geltend zu machen.
(Abruf-Nr. 247886)

Beachten Sie | Hier besteht eine Erbengemeinschaft (B1 + B2 zu 1/2-Anteil) innerhalb einer Bruchteilsgemeinschaft (B2 und B1 + B2 zu je 1/2-Anteil). Es bieten sich zwei Möglichkeiten der Auseinandersetzungsversteigerung:

  • § 2039 S. 1 BGB i. V. m. § 749 BGB ermöglicht es einem Miterben, die Auseinandersetzung der Bruchteilsgemeinschaft an einem Grundstück zu verlangen. B2 kann somit die Bruchteilsgemeinschaft, bestehend aus seinem 1/2-Anteil und dem 1/2-Anteil der Erbengemeinschaft (B2 + B1), auseinandersetzen; dieses Recht steht auch B1 zu. Dieses bewirkt somit die Aufhebung sämtlicher Gemeinschaften an dem Grundstück (sog. großes Antragsrecht).
  • B1 und B2 sind auch jeweils berechtigt, nur die zwischen ihnen bestehende Erbengemeinschaft auseinanderzusetzen; versteigert wird dann nur der ihnen zur gesamten Hand gehörige 1/2-Anteil (sog. kleines Antragsrecht). Dies führt nur zur Aufhebung einer Gemeinschaft aus mehreren Gemeinschaften. Dies dient der Verwertung des Nachlasswerts, nicht der Verfügung über den Nachlass.

Der BGH stellt klar, dass eine Pfändung – hier durch B2 – den betroffenen Miterben (B1) nicht daran hindert, ein Teilungsversteigerungsverfahren selbstständig zu betreiben. Denn die Pfändung bewirkt nur eine Verfügungsbeschränkung des Erbteils zugunsten des Gläubigers, lässt aber die Rechtsinhaberschaft beim Schuldner als Miterben. An die Stelle des Auseinandersetzungsanspruchs tritt der (ungeteilte) Anspruch auf Auszahlung des anteiligen Übererlöses. Daran setzt sich das Pfandrecht des B2 im Wege der dinglichen Surrogation fort. Das Pfändungspfandrecht wird somit nicht beeinträchtigt, sondern verwirklicht. Die durch die Teilungsversteigerung entstehende Erlösposition bleibt daher pfändungsgeschützt (§ 804 ZPO i. V. m. Surrogation).

Merke | Da in den Nachlass nicht das gesamte Grundstück fällt, sondern lediglich ein Miteigentumsanteil, wird ein Miterbe durch die Pfändung und Überweisung seines Erbteils nicht gehindert, ein Teilungsversteigerungsverfahren selbstständig ohne Mitwirkung des Pfändungsgläubigers zu betreiben, um den vormals dem Erblasser zustehenden Anspruch auf Auseinandersetzung der Bruchteilsgemeinschaft an einem Grundstück gemäß § 2039 S. 1 BGB geltend zu machen.

Eine nachträgliche Übertragung eines Erbteils, auch wenn sie nach der Pfändung erfolgt, steht der Fortführung des Teilungsversteigerungsverfahrens nicht entgegen. Die Verfahrensstellung des ursprünglichen Antragstellers (B1) geht kraft Gesetzes auf den Erwerber (B3) des Erbteils über. Eine Eintragung im Grundbuch ist nicht erforderlich.

Praxistipp | Aus der Entscheidung ergeben sich weitere Konsequenzen:
  • Vorteile für Miterben:
    • Möglichkeit zur einseitigen Durchsetzung der Teilungsversteigerung, auch bei vererbten Miteigentumsanteilen.
    • Wahrung des Rechts auf Auseinandersetzung trotz Pfändung.
    • Durchsetzung des Auseinandersetzungsanspruchs in gesetzlicher Prozessstandschaft (§§ 749 Abs. 1, 2039 S. 1 BGB).
  • Folgen für Miterben:
    • Der Versteigerungserlös ersetzt den ursprünglichen Grundstücksanteil.
    • Bei späterem Erbteilverkauf können Spannungen mit dem Pfändungsgläubiger dadurch entstehen, wenn ggf. Pfandrecht beeinträchtigt wird.
  • Handlungsempfehlungen für Miterben:
    • Rechtslage prüfen: Vor Einleitung einer Teilungsversteigerung sind die rechtlichen Voraussetzungen und mögliche Auswirkungen auf Gläubigerrechte zu klären.
    • Kommunikation: Frühzeitige Abstimmung mit anderen Miterben und Gläubigern, um Konflikte zu vermeiden.

AUSGABE: EE 6/2025, S. 97 · ID: 50419156

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