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WerberechtHeilmittelwerbegesetz: Wann ist eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung berechtigt?

Abo-Inhalt04.03.20254 Min. LesedauerVon RA Dr. Matthias Losert, LL.M., Berlin

| Wann ist eine Werbung für Leistungen einer Privatklinik unzulässig? Mit dieser Frage hatte sich das Landgericht (LG) Bochum zu befassen (Urteil vom 07.05.2024, Az. 18 O 21/23). Das Urteil veranschaulicht die engen Grenzen, innerhalb derer Werbung für medizinische Leistungen erlaubt ist. |

Verband klagt erfolgreich auf Unterlassung der Werbung

Eine Unternehmensgruppe unterhält mehrere Privatkliniken für minimalinvasive Behandlungen bei Übergewicht. Dort werden auch Ernährungsberatungen und Magenverkleinerungen angeboten. Wegen ihrer Werbeaktivitäten erhielt die Unternehmensgruppe eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung von einem Verband, in dem auch mehrere Ärzte- und Apothekerkammern vertreten sind.

Diese Werbeinhalte wurden in der Abmahnung gerügt

  • a) Diese Unternehmensgruppe hatte mit einer kostenlosen Beratung für eine ärztliche begleitete Gewichtsabnahme geworben.
  • b) Ferner hatte sie für ein Finanzierungsmodell für ärztliche Leistungen durch ein Drittunternehmen geworben.
  • c) Auch mit dem Focus-Siegel wurde ohne weitere Erläuterungen geworben.

In der Abmahnung wurde die Unternehmensgruppe aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben, mit der sie sich verpflichtet, die monierte Werbung zu unterlassen. Da sich die Unternehmensgruppe im Recht fühlte, verweigerte sie die Abgabe der Erklärung. Daher erhob der Verband eine Unterlassungsklage beim LG Bochum. Das Gericht gab der Klage größtenteils statt.

Darum sah das Gericht die Werbung als unzulässig an

Das Gericht sah einen Verstoß der Werbeaussagen gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und das Heilmittelwerbegesetz (HWG).

a) Unzulässig: Werbung mit der Gratisberatung

Das Gericht ging davon aus, dass es sich bei der Werbung um eine kostenlose Werbegabe nach § 7 Abs. 1 HWG handle. Der Begriff der kostenlosen Werbegabe ist weit auszulegen. Unter einer kostenlosen Werbegabe versteht man jede geldwerte Vergünstigung, die im Zusammenhang mit der Werbung für ein Heilmittel gewährt wird. Da eine ärztliche Beratung nicht kostenlos gewährt wird, ist die Werbung dafür unzulässig. Da sich andere Unternehmen an diese Regelung halten, liegt hier ein Vorsprung durch Rechtsbruch vor. Daher ist nach § 3a UWG der Anwendungsbereich des Wettbewerbsrechts eröffnet und der Unterlassungsanspruch begründet.

b) Unzulässig: Werbung mit dem Focus-Siegel „Top-Mediziner“

Die Abbildung des Siegels „Top-Mediziner“ auf der Webseite ohne Angaben, welche Kriterien der Siegelverleihung zugrunde lägen, sei eine nach § 5 UWG unzulässige irreführende Werbung (vgl. CB 09/2023, Seite 13). Denn hierbei würden nach § 5a UWG den beteiligten Verkehrskreisen wesentliche Informationen vorenthalten. Der Verbraucher könne die Werbung mangels Kenntnis des Prüfverfahrens nicht einordnen. Daher werde seine Fähigkeit zu einer informierten geschäftlichen Entscheidung spürbar beeinträchtigt.

c) Erlaubt: Werbung mit der Finanzierung ärztlicher Leistungen

Die Werbung mit der Finanzierung ärztlicher Leistungen durch ein Drittunternehmen wurde vom Landgericht Bochum jedoch als zulässig bewertet. Zwar unterlägen Ärzte aufgrund der Regelungen in den jeweiligen Berufsordnungen einem Werbeverbot. Das gelte aufgrund des Klinikprivilegs jedoch nicht für Kliniken. Im Gegensatz zu Ärzten sei es ihnen gestattet, sachangemessen für ihre Leistungen zu werben. Denn diese Kliniken hätten einen größeren Aufwand an Betriebsausgaben und seien im Vergleich zu Ärzten mit einem Werbeverbot stärker belastet. Auch würden die beteiligten Verkehrskreise, die hier die potenziellen Patienten sind, der Werbung durch eine auf Gewinnerzielung ausgelegte Klinik weniger ärztliche Autorität beimessen, als wenn diese Werbung direkt durch Ärzte erfolge.

So gehen Sie gegen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen vor

Nicht jede wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist berechtigt. Wenn eine Klinik eine wettbewerbliche Abmahnung erhält, empfiehlt es sich, diese von einem spezialisierten Rechtsanwalt überprüfen zu lassen. Stellt dieser fest, dass die monierte Werbung unzulässig war, wird er die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung anraten. Das ist eine Unterlassungserklärung, bei dem sich der Abmahnungsempfänger ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage gleichwohl rechtsverbindlich verpflichtet, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen. Falls er in Zukunft gegen sein Unterlassungsversprechen verstößt, verpflichtet er sich darin, eine angemessene Vertragsstrafe zu zahlen. Mit Abgabe dieser Unterlassungserklärung wird der geltend gemachte Unterlassungsanspruch erfüllt. Dann ist es dem Abmahnverband verwehrt, diesen einzuklagen. Bei einem Gegenstandswert von 25.000 Euro, den das Gericht hier angenommen hat, hat die abgemahnte Klinik bei einer erfolgreichen Unterlassungsklage 6.480,90 Euro an Anwalts- und Gerichtskosten zu tragen.

Praxistipp | Vorsicht ist auch beim Unterschreiben einer vorformulierten Unterlassungserklärung geboten. Denn diese enthält häufig ein Schuldanerkenntnis, welches sich auch auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Abmahnkosten bezieht. Diese werden von den abmahnenden Rechtsanwaltskanzleien oftmals überhöht festgesetzt. Wird diese Unterlassungserklärung nicht modifiziert unterschrieben, ist der Abmahnungsempfänger an diese Höhe gebunden und kann deren Höhe nicht mehr gerichtlich überprüfen lassen.
Weiterführende Hinweise
  • Urteil: Ärztesiegel „Top Mediziner“ ist irreführend (vgl. CB 09/2023, Seite 13)

AUSGABE: CB 3/2025, S. 18 · ID: 50247189

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