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CBChefärzteBrief

GerichtsverfahrenDiese Rechte und Pflichten haben Chefärzte als medizinische Sachverständige

Abo-Inhalt24.06.20241282 Min. LesedauerVon Von RA, FA MedR, FA ArbR, Dr. Bernhard Debong, Kanzlei Praxisrecht Dr. Fürstenberg & Partner, Heidelberg

| Kommt es für eine gerichtliche Entscheidung auf einen klärungsbedürftigen medizinischen Sachverhalt an, ernennt das Gericht einen medizinischen Sachverständigen und beauftragt diesen mit der Erstattung eines Gutachtens. Im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erteilt die Staatsanwaltschaft den Gutachtenauftrag. Im Einzelfall können auch Behörden ein Sachverständigengutachten einholen. Schließlich kann ein Chefarzt auch auf der Grundlage einer entsprechenden Vereinbarung als Privatgutachter tätig werden. Im Folgenden werden wesentliche rechtliche Aspekte der Tätigkeit eines Chefarztes als Gutachter beleuchtet. |

Gutachtenauftrag und Ablehnung der Gutachtenerstattung

In gerichtlichen Verfahren erfolgt die Bestellung zum Sachverständigen durch einen entsprechenden Gerichtsbeschluss. Auf der Grundlage dieses Beschlusses erteilt das Gericht dem Sachverständigen den Gutachtenauftrag. Grundsätzlich ist jeder (Chef-)Arzt zur Übernahme eines gerichtlichen Gutachtenauftrags verpflichtet. In den jeweiligen Verfahrensordnungen sind die Gründe geregelt, die den vom Gericht zum Sachverständigen bestellten Arzt berechtigen, die Erstattung des Gutachtens zu verweigern. Dies sind in erster Linie Gründe, die einen Zeugen berechtigen, das Zeugnis zu verweigern, also z. B. eine Ehe, auch wenn diese nicht mehr besteht, oder Verwandtschaftsverhältnisse mit einem Verfahrensbeteiligten.

Praxistipp | Gericht und Staatsanwaltschaft können einen Sachverständigen aber auch aus anderen Gründen von der Verpflichtung zur Erstattung des Gutachtens entbinden. Der praktisch häufigste Grund einer solchen Entbindung ist die Überlastung des Sachverständigen. Die Tatsachen, die die Überlastung des Sachverständigen begründen, sind dem Gericht bzw. der Staatsanwaltschaft glaubhaft zu machen. Nach den Erfahrungen des Autors akzeptieren Gerichte und Staatsanwaltschaften plausible Darlegungen zu Überlastungssituationen und stellen keine hohen Anforderungen an die Glaubhaftmachung.

Pflichten bei Übernahme des Gutachtenauftrags

Den Sachverständigen treffen schon im Rahmen der Anbahnung seiner Beauftragung verschiedene Pflichten, die vor allem der zeitnahen Klärung der Frage dienen, ob der Sachverständige das Gutachten erstatten kann und wird. So muss er beispielsweise unverzüglich prüfen, ob der Auftrag in sein Fachgebiet fällt und ohne die Hinzuziehung weiterer Sachverständiger sowie innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist erledigt werden kann. Ist das nicht der Fall, hat der Sachverständige das Gericht unverzüglich zu verständigen. Auch muss der Sachverständige prüfen, ob ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Derartige Gründe hat der Sachverständige dem Gericht unverzüglich mitzuteilen. Unterlässt er dies, kann gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Übernimmt der Chefarzt den Gutachtenauftrag, muss er das Gutachten eigenverantwortlich erstellen. Er darf sich zwar der Mitarbeit eines nachgeordneten Arztes bedienen, muss diesen dann aber namhaft machen und das schriftliche Gutachten mit „einverstanden aufgrund eigener Untersuchung und Beurteilung“ mitunterzeichnen. Die bloße Unterzeichnung mit „einverstanden“ genügt dagegen nicht (BGH, ständige Rechtsprechung).

Honorierung des Sachverständigen

Gerichtliche Sachverständige erhalten eine Vergütung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz. Dies gilt auch für von der Staatsanwaltschaft beauftragte Sachverständige. Privatgutachter vereinbaren ihre Honorierung auf freier Basis mit ihrem Auftraggeber. Wem das Gutachtenhonorar im Verhältnis zum Krankenhausträger zusteht, richtet sich nach den entsprechenden Vereinbarungen im Chefarztvertrag. Erstellt der Chefarzt das Gutachten im Rahmen einer genehmigten Nebentätigkeit, steht ihm das Gutachtenhonorar zu. Im Gegenzug muss er gegebenenfalls die vereinbarte Kostenerstattung an den Krankenhausträger leisten. Fertigt der Chefarzt das Gutachten im Rahmen seiner Dienstaufgaben an, steht das Honorar dem Krankenhausträger zu. Häufig werden Chefärzte aber in diesen Fällen an den Gutachtenhonoraren im Rahmen der sog. Beteiligungsvergütung prozentual beteiligt.

Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit

Ein Sachverständiger kann abgelehnt werden, wenn hinreichende Gründe vorliegen, die in den Augen einer vernünftigen Partei geeignet sind, Zweifel an seiner Unparteilichkeit zu wecken. Erforderlich sind objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung erwecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und unparteiisch gegenüber. Ein solcher Grund kann ein besonderes Näheverhältnis des Sachverständigen zu einer Partei sein, wobei allein die berufliche Bekanntschaft oder enge fachliche Beziehungen des Sachverständigen zu einer Partei nicht ausreichen (so zuletzt Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 05.02.2024, Az. 4 W 782/23).

Haftung des Sachverständigen

Gerichtlich bestellte Sachverständige haften nach § 839a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einem Verfahrensbeteiligten für Schäden, die auf dem Gutachten beruhen, nur bei vorsätzlich oder grob fahrlässig fehlerhaft erstattetem Gutachten. Dies gilt im Ergebnis auch im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Dagegen kommt die Haftung eines Privatgutachters auch schon bei einfacher Fahrlässigkeit infrage.

Weiterführende Hinweise

AUSGABE: CB 8/2024, S. 16 · ID: 50066242

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