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Sonderabschreibung und InvestitionsabzugsbetragKann die „Superabschreibung“ für E-Autos mit der Bildung eines IAB kombiniert werden?

Abo-Inhalt06.08.202546 Min. LesedauerVon Lukas Hendricks, Bonn

| In der betrieblichen Praxis ist nach dem Beschluss des Gesetzes für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland die Frage klärungsbedürftig, ob die neue Sonderabschreibung für Elektrofahrzeuge nach § 7 Abs. 2a EStG in Kombination mit der Bildung und Übertragung eines Investitionsabzugsbetrags (IAB) nach § 7g Abs. 1 und Abs. 2 EStG zulässig ist. |

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1. Gesetzlicher Hintergrund

In § 7 Abs. 2a EStG heißt es, dass die arithmetisch degressive Abschreibung nicht „neben Sonderabschreibungen in Anspruch genommen werden kann“.

Wortlaut

„S. 1 kann nur angewendet werden, wenn der Steuerpflichtige keine Sonderabschreibungen für das Wirtschaftsgut in Anspruch genommen hat.“

Die steuerliche Beratungspraxis steht nun vor der Frage, ob denn trotz dieser Formulierung die Übertragung eines IAB nach § 7g Abs. 1, 2 EStG möglich sei.

Im Kern geht es um die Frage, ob der Abzug von den Anschaffungskosten nach § 7g Abs. 2 S. 3 EStG eine „Sonderabschreibung“ i. S. d. § 7 Abs. 2a EStG neuer Fassung ist oder ob die Übertragung eines IAB, die zunächst aus einer Bildung nach § 7g Abs. 1 und einer Auflösung nach § 7g Abs. 2 S. 3 EStG bei gleichzeitiger Herabsetzung der Anschaffungskosten besteht, begrifflich etwas anderes ist als eine „Sonderabschreibung“.

Einem möglichen Verständnis nach beinhaltet der § 7g EStG zwei Sonderabschreibungen – eine i. H. v. 50 % gemäß § 7g Abs. 2 S. 3 EStG unter der Voraussetzung, dass vorher ein IAB gebildet wurde und eine weitere Sonderabschreibung i. H. v. 40 % gemäß § 7g Abs. 5 EStG.

Für das Verständnis, die Herabsetzung der Anschaffungskosten nach § 7g Abs. 2 S. 3 EStG als Sonderabschreibung zu verstehen, spricht auch die Formulierung in der Überschrift des § 7g EStG, die von Sonderabschreibungen im Plural und anders als z. B. im § 7b EStG von Sonderabschreibung im Singular spricht. Allerdings verwendet auch § 7g Abs. 5 EStG die Formulierung Sonderabschreibungen im Plural für die bis zu 40%ige Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG. Dies kann sich daher auf die Möglichkeit, diese über mehrere Jahre verteilt in Anspruch zu nehmen, beziehen und bedingt daher nicht zwingend die Annahme zweier Sonderabschreibungen (einer in § 7g Abs. 2 EStG und einer in § 7g Abs. 5 EStG).

Auch Schmidt formuliert in Rn. 55 zu § 7g im Kommentar zur ESt: „Wirtschaftliche Bedeutung: Im Ergebnis wird damit eine zusätzliche Sonderabschreibung gewährt, die jedoch zur Voraussetzung hat, dass zuvor ein Investitionsabzug vorgenommen wurde.“

Auch die Beschlussempfehlung und der Bericht des Finanzausschusses (7. Ausschuss) BT-Drs. 21/629, www.iww.de/s13576 bringen dazu keine erhellenden Erkenntnisse, auch wenn eine Klarstellung zu diesem Punkt näher gelegen hätte als eine Klarstellung, dass auch gebrauchte Fahrzeuge begünstigt sind.

Erklärung der Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD (Protokolltext)

„Die arithmetisch degressive Abschreibung für neu angeschaffte Elektrofahrzeuge in § 7 Abs. 2a EStG umfasst alle Elektrofahrzeuge i. S. d. § 9 Abs. 2 KraftStG, die nach dem 30.6.25 und vor dem 1.1.28 dem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen neu zugegangen sind. Eine Beschränkung auf Neufahrzeuge erfolgt nicht.“

Fraglich bleibt also, ob ein Elektroauto, das zu mehr als 90 % betrieblich genutzt wird, zunächst mit einem IAB bei Investitionen um 50 % gemindert werden und auf die verbleibende Hälfte dann der § 7 Abs. 2a EStG angewendet werden oder ob die Inanspruchnahme und „Übertragung“ eines IAB in Form eines „Abzugs von den Anschaffungskosten“ bei Investition als „Sonderabschreibung“ bereits die Inanspruchnahme der arithmetisch degressiven Sonderabschreibung nach § 7 Abs. 2a EStG für Elektroautos ausschließt.

StB M. Seifert, Troisdorf, vertritt dazu in den Steuernews 7/2025 des Landesverbands der Steuerberatenden Berufe in Bayern die im Konjunktiv formulierte Position: „Die Übertragung eines vor Investition gebildeten IAB dürfte auf ein sonderabschreibungsbegünstigtes Fahrzeug zulässig sein. Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibung dürften nach der Übertragung eines IAB die geminderten Anschaffungskosten sein.“

Die Verwendung des Wörtchens „dürfen“ zeugt aber von verbleibenden Rechtsunsicherheiten. Hierfür sprechen folgende Überlegungen:

  • Die Inanspruchnahme eines IABs nach § 7g Abs. 1, 2 EStG und dessen Abzug von den Anschaffungskosten nach § 7g Abs. 2 S. 3 EStG ist keine „Sonderabschreibung“ i. S. d. Ausschlusses nach § 7 Abs. 2a S. 2 EStG.
  • Daher kann im Grundsatz auf die geminderten Anschaffungskosten nach Übertragung des IAB die neue arithmetisch-degressive Sonderabschreibung nach § 7 Abs. 2a EStG in Anspruch genommen werden.

2. Systematische Einordnung im Detail

2.1 Worum geht es in § 7 Abs. 2a EStG?

Diese Norm ermöglicht für die Anschaffung von Elektrofahrzeugen eine degressive Sonderabschreibung von 75 % im ersten Jahr, jedoch nur, wenn „der Steuerpflichtige keine Sonderabschreibungen für das Wirtschaftsgut in Anspruch genommen hat“. Das Gesetz sagt nicht: „… keine Steuervergünstigungen“ oder „… keine IABs“, sondern gezielt „Sonderabschreibungen“.

Was sind „Sonderabschreibungen“ i. S. d. § 7 EStG?

In der steuerrechtlichen Terminologie meint der Begriff der „Sonderabschreibungen“ typischerweise:

  • § 7b EStG: Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau
  • § 7g Abs. 5 EStG: die klassische Sonderabschreibung i. H. v. 40 % für kleine und mittlere Betriebe
  • § 7h und § 7i EStG: Sonderabschreibungen für bestimmte Gebäude

Der Abzug nach § 7g Abs. 2 EStG ist keine Sonderabschreibung, sondern ein eigenständiges steuerliches Gestaltungsinstrument und Bestandteil der eigenständigen „Übertragung“ eines im Vorfeld der Investition gebildeten Steuerabzugsbetrags auf die begünstigte Investition:

Merke | Der IAB reduziert nicht als „Abschreibung“ den Gewinn, sondern führt zu einer Verlagerung der Besteuerung durch eine außerbilanzielle steuermindernde Rücklage. Er ist daher keine Abschreibung im technischen Sinne. Daher ist auch der „Abzug von den Anschaffungskosten“ nach § 7g Abs. 2 S. 3 EStG keine Sonderabschreibung, sondern eine Folgewirkung der früheren IAB-Bildung.

  • Der IAB bewirkt einen außerbilanziellen Abzug vom Gewinn im Jahr der Bildung.
  • Bei tatsächlicher Investition erfolgt eine zeitgleiche Auflösung und „Herabsetzung der Anschaffungskosten“ (§ 7g Abs. 2 S. 2 und 3 EStG).
  • Diese geminderten Anschaffungskosten bilden dann die AfA-Bemessungsgrundlage (vgl. § 7g Abs. 2 S. 3, 2. Hs. EStG).

2.2 Argumente gegen eine Gleichsetzung von IAB/Abzug mit „Sonderabschreibungen“

Gesetzessystematik: In § 7g EStG selbst wird zwischen IAB (§ 7g Abs. 1 bis 2) und Sonderabschreibung (§ 7g Abs. 5) klar unterschieden. Wenn der Gesetzgeber im § 7 Abs. 2a EStG n. F. allgemein auch IABs hätte ausschließen wollen, hätte er dies explizit getan. Ein Beispiel wäre eine Formulierung wie: „… keine Sonderabschreibungen oder andere steuerliche Vergünstigungen, insbesondere nach § 7g Abs. 1 und 5 EStG“.

Begriffliche Präzision: § 7g Abs. 5 spricht selbst von „Sonderabschreibungen nach dieser Vorschrift“, nicht jedoch Abs. 1 bis 2. Auch die Literatur unterscheidet zwischen „IAB“ und „Sonderabschreibung“ im engeren Sinne:

  • Vgl. z. B. Reddig in Herman/Heuer/Raupach zu § 7g EStG Rn. 65, der über den „Herabsetzungsbetrag“ unter Berufung auf BFH (12.11.14, X R 19/13) schreibt, dass er zwar keine Sonderabschreibung sei, aber wie eine wirke.
  • Auch Schmidt differenziert in der Kommentierung zu § 7g EStG in einen „50 %-Abzug von den Anschaffungs-/Herstellungskosten“ gem. § 7g Abs. 2 S. 3 EStG und der Sonderabschreibung gem. § 7g Abs. 5 EStG.
  • Auch Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Rn. 168 bezeichnet die Minderung der Anschaffungskosten gem. § 7g Abs. 2 S. 3 EStG als „Neutralisierung“ oder „Kompensation“: „Meines Erachtens handelte es sich nicht um eine Abschreibung (zum Begriff s. § 7 Rn. 5 [Handzik]), auch nicht um eine Sonderabschreibung, da der Gesetzgeber von einem „herabsetzen“, aber nicht von „abschreiben“ oder „absetzen“ spricht (glA BT-Drs. 16/5377, 16).“
  • Ebenso: Happe, in: Frotscher/Geurts, EStG, § 7g EStG, spricht von der „Minderung“ oder „Reduzierung“ der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten im Investitionsjahr.

So hat auch der BFH zum Herabsetzungsbetrag nach der Bildung eines IAB gem. § 7g Abs. 2 EStG mit einem nicht zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 12.11.14 (X R 19/13) entschieden:

Wortlaut (BFH 12.11.14, X R 19/13)

„§ 7g Abs. 2 S. 2 EStG 2008 normiert keine Sonderabschreibung. Diese ist abschließend in § 7g Abs. 5 und 6 EStG 2008 geregelt. § 7g Abs. 2 S. 2 EStG 2008 bestimmt lediglich ‚technisch‘, wie im Jahr der Anschaffung zu verfahren ist, wenn im Vorjahr ein IAB in Anspruch genommen worden ist.“

3. Ergebnis für die konkrete Frage

Auch wenn es scheint, dass dem Gesetzgeber diese Feinheit bei der Formulierung des neuen § 7 Abs. 2a EStG nicht präsent war, kann ein Steuerpflichtiger für den Erwerb eines Elektroautos im Betriebsvermögen, das zu mindestens 90 % betrieblich genutzt wird, nach dem Wortlaut des Gesetzes im § 7 Abs. 2a und § 7g EStG

  • 1. zunächst einen IAB nach § 7g Abs. 1 EStG bilden,
  • 2. bei Investition diesen IAB gemäß § 7g Abs. 2 S. 3 EStG von den Anschaffungskosten abziehen,
  • 3. die verbleibenden Anschaffungskosten der Sonderabschreibung nach § 7 Abs. 2a EStG unterwerfen, sofern keine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 i. V. m. Abs. 6 EStG in Anspruch genommen wird.

Dies ist auch im Sinne der Intention der jeweiligen Vorschrift nachvollziehbar: Die IAB-Regelung dient der Liquiditätserleichterung im Vorfeld einer Investition, die Sonderabschreibung § 7 Abs. 2a EStG dagegen der Förderung in Investitionen zugunsten vermeintlich klimafreundlicher Mobilität. Beide Mechanismen schließen sich nicht automatisch aus.

Rechenbeispiel

Elektrofahrzeug und Kombination von:

  • 1. IAB gemäß § 7g Abs. 1 und 2 EStG
  • 2. Anschaffungskostenminderung nach § 7g Abs. 2 S. 3 EStG
  • 3. Sonderabschreibung von 50 % + 75 % AfA im Erstjahr gem. § 7 Abs. 2a EStG n. F. (gilt für neue Elektrofahrzeuge mit Anschaffung nach dem 30.6.25)

Ausgangslage: Ein Elektrofahrzeug wird im September 2025 angeschafft. Die Netto-Anschaffungskosten betragen: 100.000 EUR. Die betriebliche Nutzung des Elektrofahrzeugs beträgt im Jahr 2025 und 2026 jeweils über 90 %. Es wurde vorab im Jahr 2024 ein IAB i. H. v. 50.000 EUR gem. § 7g Abs. 1 EStG gebildet.

Schritt 1: Abzug von den Anschaffungskosten nach § 7g Abs. 2 S. 3 EStG

Nach der Investition erfolgt die Übertragung des IAB auf die Anschaffungskosten.

  • Ursprüngliche Anschaffungskosten

100.000 EUR

  • Abzug gem. § 7g Abs. 2 S. 3 EStG

– 50.000 EUR

  • Verbleibende Anschaffungskosten

50.000 EUR

Schritt 2: Anwendung des § 7 Abs. 2a EStG (Sonderabschr. für Elektrofahrzeuge)

Die degressive Sonderabschreibung nach § 7 Abs. 2a EStG erlaubt im ersten Jahr (2025): 75 % arithmetisch degressive Sonderabschreibung auf die geminderten Anschaffungskosten: 50.000 EUR × 75 % = 37.500 EUR

„Abschreibungs“-Volumen im Erstjahr (2025):

Maßnahme

Betrag (EUR)

IAB (Vorj., 2024 – außerbilanzielle Wirkung)

50.000

(nicht im Jahr 2025 wirksam)

§ 7g Abs. 2 S. 3 EStG – Abzug von den Anschaffungskosten

50.000

(nicht erfolgswirksam)

§ 7 Abs. 2a EStG – 75 % Sonderabschreibung:

75 % AfA auf Restwert 50.000 EUR

37.500

∑ „Abschreibungen“ in 2025 (steuerlich)

87.500

(davon 50.000 EUR im Jahr 2024 wirksam)

Fazit | Die Inanspruchnahme eines IAB nach § 7g Abs. 1 EStG und der damit verbundene Abzug von den Anschaffungskosten nach § 7g Abs. 2 S. 3 EStG stellen keine Sonderabschreibungen i. S. d. § 7 Abs. 2a S. 2 EStG dar. Ein vorheriger Abzug und Übertragung eines IAB schließt daher die Inanspruchnahme der neuen Sonderabschreibung für Elektrofahrzeuge nicht aus. Es bleibt abzuwarten, wie sich das BMF zu dieser Detailfrage positioniert, im Zweifel wird die Finanzrechtsprechung entscheiden müssen, ob die „Übertragung“ eines IAB eine „Sonderabschreibung“ gem. § 7 Abs. 2a EStG darstellt.

AUSGABE: BBP 8/2025, S. 217 · ID: 50490938

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