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Betriebswirtschaftliche InstrumenteNicht nur nach monetären Aspekten entscheiden: ABC-Analyse für Mandanten und Kunden

Abo-Inhalt04.07.20256 Min. LesedauerVon Dipl.-Betriebswirt Jörgen Erichsen, Leverkusen

| Die ABC-Analyse ist ein betriebswirtschaftliches Instrument, um Handlungsschwerpunkte zu erkennen und Prioritäten zu setzen. Sie ist einfach anzuwenden, berücksichtigt aber nicht immer alle entscheidungsrelevanten Faktoren. So werden qualitative Faktoren wie die Liefertermintreue i. d. R. nicht berücksichtigt, obwohl sie für eine Entscheidung wichtig sind. Mit einigen Anpassungen ist es jedoch möglich, auch diese Faktoren einzubeziehen und den Nutzen des Tools deutlich zu erhöhen. Der Beitrag zeigt, wie dies gelingt und stellt eine Arbeitshilfe für die direkte Umsetzung zur Verfügung. |

1. So funktioniert die klassische ABC-Analyse

Bei der ABC-Analyse werden die Untersuchungsobjekte, z. B. Kunden oder Materialien, anhand von zwei Kriterien in Klassen eingeteilt. Die Kriterien sind i. d. R. das Umsatz- oder Verbrauchsvolumen und der Anteil an der Gesamtmenge. Ursprünglich stammt die ABC-Analyse aus der Materialwirtschaft. Dort wurde zuerst erkannt, dass mit wenigen Artikeln fast immer hohe Eurobeträge bzw. Volumina bewegt werden. Es lohnt sich beim Materialeinkauf also z. B., sich intensiv um Preisverhandlungen bei Artikeln mit hohem Volumen zu kümmern, um mit relativ geringem Aufwand hohe Einsparungen zu erzielen.

BBP-Grafik_Zusammenhang von Werten und Mengen innerhalb der ABC-Analyse.eps (© IWW Institut)
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© IWW Institut

In einem Einkaufsportfolio, das oft Hunderte von Materialien umfasst, machen i. d. R. nur ca. 5 bis 10 % aller Artikel ca. 70 bis 80 % des Gesamtwerts aus. Dies sind die sogenannten A-Artikel. Weitere 20 bis 30 % der Artikel haben in etwa den gleichen Wert: 20 bis 30 %. In diesem Fall spricht man von B-Artikeln. Die restlichen Artikel, ca. 70 bis 80 %, machen den restlichen Wert aus. Für Unternehmen lohnt es sich also, sich z. B. bei Verhandlungen oder Kostensenkungsmaßnahmen im Materialbereich zunächst auf A-Artikel zu fokussieren. Denn auf diese Weise lässt sich mit relativ geringem Aufwand fast immer schnell ein vergleichsweise großer Erfolg erzielen.

Bei der Nutzung hat sich schnell herausgestellt, dass die ABC-Analyse auch in anderen Bereichen eines Unternehmens eingesetzt werden kann. Mögliche weitere Einsatzfelder sind Kunden, Produkte, Aufträge oder Projekte. Wie alle betriebswirtschaftlichen Instrumente hat auch die ABC-Analyse verschiedene Vor- und Nachteile, die man vor der Anwendung kennen sollte.

Vor- und Nachteile der ABC-Analyse
VorteileNachteile
Geringer Arbeitsaufwand, grundsätzlich schnell und einfach umzusetzen
Relativ grobe Klassifizierung mit nur drei Kategorien
Ergebnisse lassen sich übersichtlich darstellen; es ist auch für Fachfremde sofort zu sehen, wo Prioritäten gesetzt werden sollten
Nur Grundsatzaussagen möglich; in vielen Fällen müssen weitere Analysen vorgenommen werden
Untersuchungsgegenstand übergreifend nutzbar
Gefahr eines „Entscheidungsautomatismus“ allein anhand von monetären Größen
Keine Berücksichtigung qualitativer Entscheidungsparameter

2. ABC-Analyse für Kunden umsetzen mit der Excel-Arbeitshilfe

Unternehmen und Kanzleien, die ihren Kundenstamm priorisieren wollen, stehen bei der Durchführung der ABC-Analyse häufig vor der Frage, ob nicht auch C-Kunden wichtig sein können. Dies kann der Fall sein, wenn es sich um neue Mandanten handelt, deren Entwicklung noch unklar ist, oder um Mandanten, die über ein ausgeprägtes Netzwerk verfügen. Wendet man die klassische ABC-Analyse an, fallen diese Kunden durch das Raster und werden vernachlässigt oder man trennt sich von ihnen, obwohl sie für das Unternehmen wichtig sind bzw. werden können. Es gilt also, das Instrument so zu erweitern, dass auch qualitative Faktoren in die Entscheidung einfließen können.

Dies kann erreicht werden, indem bei der Umsetzung eine zweite Entscheidungsebene berücksichtigt wird, bei der zunächst nach einem oder mehreren qualitativen Faktoren und erst dann nach quantitativen Faktoren sortiert wird. Abb. 2 (die Kunden sind noch nicht sortiert) zeigt am Beispiel der Excel-Arbeitshilfe (Abruf-Nr. 50370076), wie das aussehen kann. In den beiden linken Spalten werden die Kunden und ggf. die Kundennummern eingetragen. In der dritten Spalte werden dann die qualitativen und in der nächsten Spalte die quantitativen Werte eingetragen. Bei den Werten kann z. B. mit Umsätzen oder Deckungsbeiträgen (DB) gearbeitet werden.

Beachten Sie | Der reine Umsatz sagt oft wenig über den Erfolgsbeitrag eines Kunden aus. Der DB (Umsatz minus variable Kosten wie Material und Löhne bzw. Personalkosten) zeigt besser, wie profitabel ein Kunde ist.

2.1 Festlegungen in der Excel-Arbeitshilfe

Zunächst muss festgelegt werden, bis zu welchem kumulierten Prozentwert es sich um A-Kunden handeln soll, im Beispiel wurden 75 % gewählt (Zelle C2), und dann, bis zu welchem Wert es sich um B-Kunden handeln soll. Im Beispiel liegt der Wert bei 85 % (Zelle E2). Alle anderen Kunden werden automatisch als C-Kunden klassifiziert.

Beachten Sie | Die Einteilung kann frei definiert werden.

  • Abb. 2: Tabellenblatt „Kunden ABC“ unsortiert

2.2 Kunden in der Liste sortieren

Im nächsten Schritt müssen die Kunden sortiert werden – und zwar zunächst nach qualitativen und erst dann nach quantitativen Faktoren. In der Excel-Arbeitshilfe müssen dazu die Zellen markiert werden, die sortiert werden sollen, hier A4 bis D54. Wichtig: Die Spalten E bis G dienen lediglich der Auswertung und dürfen nicht in die Sortierung einbezogen werden.

Für die Sortierung geht man jetzt auf „Daten“ → „Sortieren“ und wählt bei „Sortieren nach …“ „Qualitative Faktoren“ aus. Dann klickt man auf „Ebene hinzufügen“ und wählt „Umsatz/DB“ und hier „Nach Größe absteigend“ sowie anschließend „OK“.

  • Abb. 3: Tabellenblatt „Kunden ABC“ sortiert

Zuerst werden die Kunden aufgelistet, die trotz geringer Mengen für das Unternehmen aus strategischen Gründen wichtig sind oder sein können, dann erfolgt die „klassische“ Sortierung ausschließlich nach Volumen.

Praxistipp | Soll bei den qualitativen Faktoren eine bestimmte Sortierung erreicht werden, so sind zusätzlich zu den Texteinträgen Zahlen zu verwenden, z. B. Kunde 22 „1 Netzwerk“, Kunde 48 „Neukunde“ usw. Die Sortierung erfolgt dann zuerst nach Zahlen, anschließend nach Buchstaben.

Beachten Sie | Soll die Datei weiterverwendet werden, muss das Ergebnis unter einem anderen Dateinamen gespeichert oder mit „Strg +Z“ rückgängig gemacht werden.

2.3 Hinweise für Verbesserungen

Abhängig von der Klassifizierung können Unternehmen z. B. darüber nachdenken, folgende Verbesserungen vorzunehmen:

Ideen für Verbesserungen
A-KundenC-Kunden
Persönliche Betreuung mit eigenem Ansprechpartner
Ansprechpartner über Hotline
Sonderkonditionen, z. B. Zahlungsziele
Leistungsangebote nur über Homepage
Bevorzugte Termine
Längere Wartezeiten bei Terminen
Angebot spezieller Leistungen, z. B. BWL-Beratung, Fördermittelberatung
Kein Angebot spezieller Leistungen ohne konkrete Nachfrage des Kunden
Bevorzugte Zusendung von Angeboten, z. B. mit personalisiertem Newsletter
Standard-Newsletter und -E-Mails

B-Kunden bewegen sich zwischen A- und C-Kunden. Welche Maßnahmen konkret umgesetzt werden, hängt davon ab, ob sie eher in Richtung A- oder in Richtung C-Kunden tendieren. Größere B-Kunden sollten tendenziell wie A-Kunden, kleinere B-Kunden wie C-Kunden behandelt werden. I. d. R. müssen Einzelfallentscheidungen getroffen werden.

Fazit | Die ABC-Analyse ist ein etabliertes betriebswirtschaftliches Instrument, mit dem verschiedene Untersuchungsobjekte wie Materialien, Produkte oder Kunden klassifiziert werden können. Sie ist schnell und einfach durchzuführen, berücksichtigt aber ursprünglich nur monetäre Aspekte bei der Klassifizierung. Dies kann zu falschen Ergebnissen und auch zu Fehlentscheidungen führen. Denn auch Kunden mit geringen Umsätzen oder Deckungsbeiträgen können für ein Unternehmen wertvoll sein, wenn es sich beispielsweise um Neukunden oder Kunden mit guten Beziehungen handelt. Mit der klassischen ABC-Analyse werden sie als C-Kunden eingestuft und kaum beachtet oder sogar ausgelistet. Die ABC-Analyse sollte daher so modifiziert werden, dass auch qualitative Faktoren in die Bewertung einfließen.

AUSGABE: BBP 7/2025, S. 200 · ID: 50274158

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