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Long-Term-Incentive-Pläne (LTI-Modell)Langzeitvergütungsmodelle zur Mitarbeiterbindung: Eine rechtliche und steuerliche Einordnung
| Der Mangel an fachlich qualifizierten Arbeitskräften ist täglich spürbar und führt zu einem Wettbewerb um geeignete Arbeitskräfte unter den konkurrierenden Unternehmen, auch „War for Talents“ genannt. Um neue Arbeitskräfte zu gewinnen und bereits vorhandenes, fachlich qualifiziertes Personal an das eigene Unternehmen zu binden, vereinbaren immer mehr Unternehmen mit ihren Mitarbeitern sogenannte Long-Term-Incentive-Pläne (LTI-Modelle) als zusätzliche variable Vergütungsbestandteile. BBP stellt die gängigen LTI-Modelle mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen vor. |
1. Wirtschaftliches Grundkonzept: Long Term Incentives
Es gibt nicht den „einen“ Long-Term-Incentive-Plan (LTIP). Vielmehr versteht man darunter generell Vergütungskonzepte, die Führungskräfte zu nachhaltigem Handeln anhalten sollen, indem ihnen entsprechende langfristige Anreize geboten werden. Dies ist zwar eine mögliche Anwendungsvariante, deckt aber nicht das gesamte Spektrum der Einsatzbereiche von LTIP ab, denn LTIP lassen sich ebenso effektiv bei Nicht-Führungspersonen einsetzen. Außerdem lassen sich mit LTIP auch andere Ziele als „nachhaltiges Wirtschaften“ erreichen, beispielsweise die Gewinnung neuer qualifizierter Mitarbeiter, die Bindung bewährter (Schlüssel-)Mitarbeiter, die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen des Arbeitgebers und schließlich der Wille der Mitarbeiter, dieses Unternehmen voranzutreiben. Kurzum: Der Mitarbeiter wird dazu motiviert, unternehmerisch zu denken und auf eine Weise für den Unternehmer tätig zu werden, wie es der Unternehmer selbst tun würde.
Diese Zielsetzung zeichnet die Grundstruktur eines jeden LTIP vor. Sie besteht aus drei Elementen – der Belohnung, der Bemessungsgrundlage und dem auslösenden Ereignis:
- Als Belohnung kommen typischerweise in Betracht:... der Belohnung ...
- Echte Beteiligungen am Arbeitgeberunternehmen
- Virtuelle Beteiligungen am Arbeitgeberunternehmen
- Genussrechte am Arbeitgeberunternehmen
- Geldprämien
- Als Bemessungsgrundlagen kommen alle Anknüpfungspunkte unternehmensinterner oder -externer, wirtschaftlicher oder ideeller Art in Betracht. Typische unternehmensinterne wirtschaftliche Kennziffern sind z. B. Umsatz, ROCE, EBITDA/EBIT, Cashflow, IRR und Schuldenabbau. Typische unternehmensinterne ideelle Kennziffern sind die Steigerung der Kundenzufriedenheit und der Abbau/Aufbau von Standorten oder neuen Bereichen und Abteilungen.... der Bemessungsgrundlage ...
- Als auslösendes Ereignis kommt der schlichte Zeitablauf, der Eintritt eines bestimmten Ereignisses oder das Erreichen bestimmter Erfolgsziele in Betracht. Ebenso ist der umgekehrte Fall möglich, dass verdiente Belohnungen nicht verfallen (dazu später mehr).... und dem auslösenden Ereignis
Beachten Sie | Oft fallen das auslösende Ereignis und die Bemessungsgrundlage zusammen, da das Incentive-Programm nur bei Eintritt einer bestimmten Vorgabe greift.
Absicherung des LTI-Modells durch Lohnsteuer-Anrufungsauskunft |
2. Virtuelle Beteiligungsmodelle
Der Arbeitgeber kann einen Mitarbeiter mit einer echten gesellschaftsrechtlichen Beteiligung belohnen. Dann wird der Mitarbeiter gleichzeitig zum Mitgesellschafter und ihm stehen die entsprechenden Rechte als Gesellschafter, nämlich Mitverwaltungs- und Vermögensrechte, zu. Hierzu gehört insbesondere der Anspruch auf Teilhabe am Jahresergebnis (beispielsweise gemäß § 29 Abs. 1 GmbHG, § 72 GmbHG, § 58 Abs. 4 S. 1 AktG, § 271 AktG, § 709 BGB) sowie die Teilnahme und Mitwirkung in der Gesellschafterversammlung (§ 45 Abs. 1 GmbHG i. V. m. Gesellschaftsvertrag oder § 45 Abs. 2 GmbHG i. V. m. den §§ 46 ff. GmbHG, §§ 715, 709 Abs. 3 BGB) bzw. der Hauptversammlung (§ 118 AktG). Hierdurch erhält der Mitarbeiter – abhängig von seiner Stimmkraft – ggf. korporationsrechtliche, unternehmenslenkende Rechtsmacht.
Entscheidet sich der Arbeitgeber jedoch dafür, dass der Mitarbeiter keine gesellschaftsrechtliche „Macht“ im Unternehmen haben soll, kommen anstelle echter gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen sogenannte virtuelle Beteiligungen (Phantom Shares/Stocks) in Betracht. Diese vermitteln keinerlei Teilhabe an der Lenkung des Unternehmens, sondern allein an dessen wirtschaftlichem Erfolg. Die folgende Darstellung konzentriert sich ausschließlich auf virtuelle Beteiligungsmodelle. Allen diesen Modellen ist gemein, dass sie dem begünstigten Mitarbeiter keine Gesellschafterstellung einräumen. Stattdessen wird die Gesellschafterstellung vertraglich zwischen dem Arbeitgeber und dem Mitarbeiter simuliert. Dies hat u. a. folgende Konsequenzen:
- Das für die jeweilige Rechtsform geltende Verbandsrecht findet keine Anwendung, insbesondere nicht hinsichtlich besonderer Formvorschriften (anders z. B. notarielle Beurkundung gemäß § 15 GmbHG).
- Der virtuelle „Gesellschafter“ hat keine Mitverwaltungs- und/oder Vermögensrechte kooperationsrechtlicher Natur, er hat aber auch keine entsprechenden Pflichten (z. B. Einlage gemäß § 14 GmbHG/§ 54 AktG, Nachschusspflicht gemäß § 26 GmbHG oder Treuepflichten).
- Es gibt keine Pflicht zur Eintragung des virtuellen Gesellschafters in das Handelsregister (anders z. B. § 40 GmbHG).
- Die virtuelle Beteiligungsvereinbarung bildet eine reine Rechenziffer für eine Vergütungsregelung, die sich darin erschöpft, dass sie sich die gesellschaftsrechtliche Gewinnverteilung zum Vorbild nimmt, um den Mitarbeiter für seine Tätigkeit anzuspornen.
- Die Rechtsform der Gesellschaft ist irrelevant für die Bildung von virtuellen Gesellschaftsbeteiligungen.
Die folgenden Modelle sind als virtuelle Beteiligungen üblich.
2.1 Phantom Shares
Die schlichte Phantom-Shares-Gestaltung entsteht durch einen Phantom-Shares-Vertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem jeweiligen Mitarbeiter. Der Arbeitgeber räumt dem Mitarbeiter virtuelle Geschäftsanteile an der Gesellschaft ein, wodurch sich eine virtuelle Beteiligungsquote an derselben ergibt. Diese vermittelt dem Mitarbeiter einen Zahlungsanspruch, beispielsweise wenn das Jahresergebnis festgestellt ist. Falls ein Jahresüberschuss erzielt wurde, wird die Beteiligungsquote verwendet, um die Höhe des Zahlungsanspruchs zu bestimmen.
Wirtschaftlich hat diese Gestaltung für den Mitarbeiter den Vorteil, dass sie unmittelbar mit dem Unternehmenserfolg des Arbeitgebers skaliert. Dies ist zugleich ihr Nachteil. Verzeichnet das Arbeitgeberunternehmen keinen Jahresüberschuss, dann liegen keine ausschüttungsfähigen Gewinne vor, sodass auch ein eventueller Zahlungsanspruch 0 beträgt.
Rechtlich ist zu beachten, dass das Gesetz keine „virtuellen Beteiligungen“ kennt. Der entsprechende Fall ist also nicht vom Gesetzgeber geregelt, sodass die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze gelten. Im Zivilrecht gilt grundsätzlich die Vertragsfreiheit, soweit das Recht keine Grenze setzt. Es ist daher zunächst notwendig, im Phantom-Shares-Vertrag alle Modalitäten des LTIP umfassend zu regeln, um den Vergütungsanspruch dem Grunde und der Höhe nach zu begründen und spätere Streitigkeiten darum zu vermeiden. Hierzu gehört insbesondere,
- was die Parteien unter Phantom Shares verstehen (in Abgrenzung zu echten Gesellschaftsanteilen),
- in welchem Umfang Phantom Shares gewährt werden, dabei klarstellend, dass mit dem Vertrag keine echten Beteiligungen übertragen werden sollen, sondern allein eine (zusätzliche) Gratifikation gewährt werden soll,
- nach welcher Berechnung die virtuellen Anteile einen Zahlungsanspruch begründen,
- ob der Mitarbeiter nur an den laufenden Gewinnen, an einem Veräußerungserlös und/oder an einem Liquidationserlös beteiligt wird und
- wie sich Kapitalmaßnahmen der Gesellschafter auf den Zahlungsanspruch aufgrund der Phantom Shares des Mitarbeiters auswirken.
Beachten Sie | Im Rahmen der Vertragsfreiheit ist es auch denkbar, dass der Arbeitgeber eine Kappungsklausel im Hinblick auf den virtuellen Gewinnanteil des Mitarbeiters vereinbaren möchte. Eine solche Klausel relativiert die virtuelle Beteiligung, indem sie den virtuellen Gewinnanteil des Mitarbeiters auf einen Maximalbetrag begrenzt (Kappungsgrenze). Dies hat für den Arbeitgeber den Vorteil, dass er eine Obergrenze für die Verdienstmöglichkeit des Mitarbeiters setzen und somit einen größeren Anteil des ausschüttungsfähigen Gewinns für sich selbst vereinnahmen kann.
Merke | Im steuerrechtlichen Kontext werden Zahlungen aus solchen Verträgen als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit gemäß § 19 Abs. 1 EStG betrachtet und gelten somit als Arbeitslohn, auf den das Zuflussprinzip nach § 11 EStG Anwendung findet. Der Arbeitgeber verbucht diese Zahlungen als Lohnverbindlichkeit oder entsprechenden Aufwand. Sie sind als betrieblich veranlasster Aufwand gemäß § 4 Abs. 4 EStG steuerlich abzugsfähig. |
2.2 Restricted Shares
Bei Restricted Shares handelt es sich im Grunde genommen um Phantom Shares. Der Unterschied besteht darin, dass der Mitarbeiter die virtuelle Beteiligung erst nach Erreichen bestimmter Bedingungen (Covenants/Vestings) erlangt. Der Mitarbeiter muss sich seine Vorteile also erst erarbeiten. Typische Vestings sind Zeitablauf, das Erreichen eines vorab bestimmten Ziels, das sukzessive Erreichen bestimmter Meilensteine oder das Ausüben einer Option. Je nach Einzelfall kann die Kombination der Vestings zweckmäßig sein. Im Vergleich zu Phantom Shares bieten Restricted Shares den Vorteil, dass durch die entsprechende Ausgestaltung des auslösenden Moments gezielte Leistungsanreize für den Mitarbeiter gesetzt werden können. Während bei Phantom Shares jährlich Zahlungsansprüche des Mitarbeiters gegenüber dem Arbeitgeber entstehen, zwingen Restricted Shares den Mitarbeiter in stärkerem Maße dazu, in Vorleistung zu gehen, indem vorab vereinbarte Bedingungen erfüllt oder Ziele erreicht werden.
Merke | Steuerrechtlich werden Restricted Shares wie die zuvor beschriebenen Phantom Shares behandelt. |
2.3 Appreciation Rights
Appreciation Rights können ebenfalls wie Phantom Shares ausgestaltet sein. Bei ihnen ist wesentlich, dass der Mitarbeiter keine Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg des Arbeitgeberunternehmens per se erhalten soll. Er soll lediglich an einer Steigerung des Unternehmenswerts partizipieren. Der entsprechende Vertrag hat also nicht nur die o. g. Regelungen eines Phantom-Shares-Vertrags zu enthalten, sondern darüber hinaus auch noch einen definierten Basisanteilswert. Nach Ablauf des jeweiligen Geschäftsjahrs hat eine Unternehmens-/Anteilsbewertung stattzufinden. Die Differenz aus aktuellem Anteilswert und Basiswert ergibt die Größe, aus der sich der Zahlungsanspruch des Mitarbeiters gegen seinen Arbeitgeber berechnet. Diese Methode hat den Nachteil, dass dem Arbeitgeber durch die jährlich durchzuführende Anteilsbewertung periodisch zusätzlicher Aufwand entsteht.
Merke | Steuerrechtlich führen Zuflüsse aus Appreciation Rights für den Mitarbeiter i. d. R. zu Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gemäß § 19 Abs. 1 EStG. Das gilt unabhängig davon, ob sie wie Phantom Shares ausgestaltet sind, die lediglich die o. g. Anteilswertsteigerung als Bemessungsgrundlage haben anstelle des Jahresergebnisses. Das Gleiche gilt, wenn sie als reine Geldleistung, d. h. ohne virtuelle Beteiligung, ausgestaltet sind. Auch hier bildet die Anteilswertsteigerung die Bemessungsgrundlage. |
3. Genussrechte und Bonuszahlungsmodelle
Genussrechte nehmen eine Zwitterstellung zwischen echten gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen und bloßen Zahlungsansprüchen ein. Einerseits vermitteln sie keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung, sondern lediglich ein Teilrecht einer solchen – i. d. R. in Form von Gewinnbezugsrechten. Andererseits vermitteln auch Genussrechte keine Gesellschafterstellung, die über das erworbene Teilrecht hinausgeht. In jedem Fall ist anerkannt, dass Genussrechte rein schuldrechtliche Wirkung haben. Bonuszahlungsmodelle können unterschiedlich ausgestaltet sein, da sie nur eines gemeinsam haben: die Geldprämie als Belohnung. Im Unterschied zu Tantiemen, die i. d. R. jährlich ausgezahlt werden, erfolgt die Berechnung von Bonuszahlungsmodellen anhand einer mehrjährigen Betrachtung.
3.1 Genussrechte
Genussrechte werden durch einen Genussrechtsvertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem jeweiligen Mitarbeiter vergeben. In diesem Vertrag verschafft der Arbeitgeber dem Mitarbeiter Genussrechte zu einem bestimmten Nennbetrag. Für die Genussrechte zahlt der Mitarbeiter ein Entgelt, das dem Arbeitgeber gleichzeitig als Finanzierungsmittel für die Unternehmung dient. Die Genussrechte verschaffen dem Mitarbeiter eine rein schuldrechtliche, jedoch keine gesellschaftsrechtliche Berechtigung, am laufenden Gewinn des Unternehmens beteiligt zu werden (BGH 5.10.92, II ZR 172/91, BFH 19.1.94, I R 67/92). Nach Ausgabe der Genussrechte trägt der Arbeitgeber den Mitarbeiter in das von ihm analog § 67 AktG zu führende Genussrechtsregister ein. Das Register kann elektronisch geführt werden und muss laufend aktualisiert werden. Einzutragen sind: Name und Nachname, Wohnort/Sitz des oder der Berechtigten und die Genussrechte mit ihrem jeweiligen Nennbetrag.
Die Handhabung von Genussrechten ist jedoch mit einigen Fallstricken verbunden. Diese ergeben sich aus der grundlegenden Fragestellung, ob Genussrechte und das vermittelte Genussrechtskapital als Eigen- oder Fremdkapital zu klassifizieren sind. Daraus ergeben sich die folgenden Problemfelder. Steuerrechtlich können die Emissionen an die Genussrechtsinhaber als Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG als steuerpflichtiger Kapitalertrag zu beurteilen sein.
Eine Handelsbilanzierung von Genussrechtskapital ist nicht geregelt. Gemäß IDW HFA 1/1994 wird es als Eigenkapital eingestuft, wenn die Genussrechteinhaberschaft einer echten Beteiligung gleicht. Das ist gemäß dieser Rechnungslegungsstandards dann der Fall, wenn die auf die Genussrechte zu zahlende Vergütung erfolgsabhängig ist, eine Verlustteilnahme besteht, die Kapitalüberlassung längerfristig erfolgt und für den Fall der Insolvenz oder Liquidation ein Nachrang gegenüber anderen Gläubigern vereinbart ist. Wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, ähnelt das Genussrechtskapital eher dem Fremdkapital und ist als Verbindlichkeit des Unternehmens gegenüber dem Mitarbeiter zu buchen.
In der jüngeren Vergangenheit war die rechtliche Beurteilung von Zahlungen durch eine Kapitalgesellschaft als Genussrechtsemittentin wiederholt problematisch (BMF 8.12.86, IV B 7 – S 2742 – 26/86; demgegenüber BFH 14.8.19, I R 44/17). § 8 Abs. 3 S. 2 KStG ordnet in diesem Fall für die steuerliche Gewinn- ermittlung die Hinzurechnung des Ausschüttungsbetrags auf Genussrechte an, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist. Da es für Personengesellschaften als Genussrechtsemittenten keine vergleichbare Regelung zu § 8 Abs. 3 S. 2 KStG gibt, sind entsprechende Auszahlungen bei betrieblicher Veranlassung als Betriebsausgabe gemäß § 4 Abs. 4 EStG abzugsfähig.
Praxistipp | Aufgrund der Fehlerträchtigkeit bei der Handhabung von Genussrechten und Genussrechtskapital – sowohl bei der Vertragsgestaltung als auch bei der Handels- und Steuerbilanzierung – empfiehlt es sich, die rechtliche Einordnung durch die Finanzverwaltung (BMF 11.4.23, IV C 6 – S 2133/19/10004:002) sowie die Rechtsprechung (BFH 14.8.19, I R 44/17) zu berücksichtigen und aktuelle Entwicklungen zu beobachten. |
3.2 Mitarbeiterdarlehen
Konzeptionell kann ein Mitarbeiter auch durch ein Mitarbeiterdarlehen incentiviert werden. Hierzu schließen Arbeitgeber und Mitarbeiter einen Darlehensvertrag, aufgrund dessen der Mitarbeiter dem Arbeitgeber ein Darlehen gewährt. Dieses wird verzinst an den Mitarbeiter zurückgezahlt. Der Mehrwert für den Mitarbeiter resultiert aus der besonderen Ausgestaltung des Darlehenszinses. Mögliche Gestaltungsvarianten sind ein fester oder ein variabler Zinssatz. Insbesondere kann jede wirtschaftliche oder ideelle Kennziffer als Bezugsgröße für den Zins gewählt werden. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Mitarbeiter dauerhaft das Ausfallrisiko seines Darlehensrückzahlungsanspruchs trägt, solange das Darlehen noch nicht zurückgezahlt ist. Für den Arbeitgeber bietet diese Gestaltung den Vorteil, dass er den Mitarbeiter an das Unternehmen bindet und sich gleichzeitig Fremdkapital für seine Unternehmung verschafft.
Steuerlich ist zu berücksichtigen, dass Zinseinnahmen als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu qualifizieren sind. Sie unterliegen dem strengen Verlustverrechnungsregime für solche Einkünfte nach § 20 Abs. 6 EStG. Zusätzlich und in besonderem Maße ist der steuerrechtliche Fremdvergleichsgrundsatz zu beachten. Ein vertraglich vereinbarter Zinssatz, der nicht fremdüblich ist, kann nach den Grundsätzen des Fremdvergleichs durch das zuständige FA zu korrigieren sein (FG Niedersachsen 7.1.14, 9 K 135/12). „Fremdüblich” bedeutet in diesem Fall, dass der gewählte Zinssatz weder ungewöhnlich niedrig noch unverhältnismäßig hoch sein darf. Dasselbe gilt für die Wahl der Kennziffer für den Zinssatz.
3.3 Cash Plan
Der einfachste LTIP-Typus ist der Cash Plan. Auch hierfür ist ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter notwendig. Der Arbeitgeber verspricht dem Mitarbeiter die Auszahlung einer Geldprämie. Das Incentivierungspotenzial liegt in der Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage. Im Unterschied zur Tantieme ergibt sich die Höhe der Geldprämie aus Kennziffern oder Bezugsgrößen, die über mehrere Geschäftsjahre betrachtet werden (z. B. ein prozentualer Anteil an der durchschnittlichen Umsatzrendite der vergangenen drei Jahre). Das Modell ist weitgehend offen für verschiedenste Gestaltungen, da sich die Bemessungsgrundlage frei auswählen lässt. Diese Gestaltungsfreiheit birgt zwar die Gefahr einer intransparenten Gestaltung gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, wenn für den Mitarbeiter nicht klar ist, wie er sich seinen Bonus verdient und wie dieser sich berechnet (beispielsweise wenn die „Steigerung der Kundenzufriedenheit“ oder die „Etablierung einer weiteren Niederlassung“ als Voraussetzung gewählt wird). Diese Komplexität ist bei entsprechender Vorausschau des Vertragsgestalters jedoch handhabbar.
Merke | Steuerrechtlich kann der Mitarbeiter von der Fünftelregelung des § 34 Abs. 1 EStG profitieren. Der BFH erkennt für Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 Hs. 1 EStG den besonderen Steuertarif nach der Fünftelregelung an, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (BFH 2.9.21, VI R 19/19):
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4. Bindungsregelungen: Vestings und Leaver
Nach der Wahl des LTIP steht noch eine Entscheidung aus: Darf der Mitarbeiter seine verdiente Belohnung behalten? Unternehmer möchten verhindern, dass Mitarbeiter nach Erhalt der Vergütung das Unternehmen verlassen. Dies wird durch Vesting-Klauseln und Leaver-Regelungen adressiert.
Vesting-Klauseln sind auflösende (§ 158 Abs. 2 BGB) oder aufschiebende Bedingungen (§ 158 Abs. 1 BGB), um eine Belohnung zu erhalten oder zu erreichen. Ist die Belohnung beispielsweise verdient, kann sie je nach konkretem Bedingungstatbestand wieder verfallen. Alternativ kann die Belohnung erst verdient werden, wenn der Mitarbeiter eine gewisse Dauer im Unternehmen verblieben ist. Die einzige Grenze für solche Vesting-Klauseln sind arbeitsrechtliche Schutzvorschriften i. V. m. § 134 BGB sowie allgemeine Nichtigkeitsregelungen wie z. B. § 138 BGB oder § 242 BGB. Zu den arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften gehören das MuschG, das BEEG sowie das EntgFG mit ihren jeweiligen Fristen. Zweckmäßig ist es, die entsprechende Frist während der Vesting-Periode weiterlaufen zu lassen, um den gesetzlich vorgesehenen Schutz bei vorübergehendem Ausfall eines Mitarbeiters nicht zu unterlaufen.
Leaver-Regelungen sind auflösend bedingte Klauseln, die festlegen, was mit einer verdienten Belohnung geschieht, wenn ein Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheidet. Sie können bewirken, dass die Belohnung (z. B. virtuelle Anteile oder Geldprämien) vollständig fortfällt. Üblicherweise wird das Ausscheiden nach „Good Leaver“ und „Bad Leaver“ unterschieden. „Good Leaver“ scheiden unverschuldet aus (z. B. dauerhafte Erkrankung, Tod). Bad Leaver“ haben ihr Ausscheiden selbst verschuldet (z. B. Eigenkündigung oder Verstoß gegen unternehmensinterne Richtlinien). Vesting- und Leaver-Klauseln unterliegen der AGB-Kontrolle gemäß § 310 Abs. 3 BGB, wobei arbeitsrechtliche Besonderheiten gemäß § 310 Abs. 4 S. 2 BGB zu berücksichtigen sind.
Beispiel |
Für Leaver-Klauseln, die die Eigenkündigung des Mitarbeiters zum Gegenstand haben, ergibt sich Folgendes: Das BAG hat aus dem Verbot des § 622 Abs. 6 BGB, für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Mitarbeiter eine längere Frist zu vereinbaren als für die Kündigung durch den Arbeitgeber, den allgemeinen Grundsatz hergeleitet, dass es unzulässig ist, durch vertragliche Absprachen eine ungleiche Kündigungslage zum Nachteil einer der Parteien des Arbeitsverhältnisses – vor allem des Arbeitnehmers – zu schaffen. Insbesondere ist es unzulässig, einen einseitigen Vermögensnachteil des Arbeitnehmers für den Fall einer von ihm erklärten Kündigung zu vereinbaren (BGH 19.9.05, II ZR 342/03, BAG 6.9.89, 5 AZR 586/88). Damit soll die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers geschützt werden. Er soll die Freiheit behalten, unter Beachtung der geltenden Kündigungsfrist und ohne Diskriminierung im Verhältnis zu seinem Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zu beenden und sich einer anderen Tätigkeit zuzuwenden. |
Zu beachten ist letztlich, dass alle Vertragsklauseln das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB erfüllen müssen und gesetzlich verankerte Grundgedanken nicht zum Nachteil des Mitarbeiters abgeändert werden dürfen (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), sofern sie der AGB-Kontrolle unterliegen.
LTIP motivieren Mitarbeiter und sichern ihre Bindung an das Unternehmen |
AUSGABE: BBP 7/2025, S. 192 · ID: 50403482