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Gesetzgebung der Europäischen UnionOmnibus I-Paket und die Auswirkungen auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung

Abo-Inhalt06.05.202515 Min. LesedauerVon Prof. Dr. Hanno Kirsch, Meldorf

| Die EU-Kommission veröffentlichte am 26.2.25 die ersten beiden von drei geplanten Omnibus-Paketen. Neben der hier behandelten Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung (Omnibus I) ist Gegenstand von Omnibus II die Vereinfachung von Investitionen aus dem InvestEU-Programm, ebenfalls durch Erleichterungen von hiermit verbundenen Berichtspflichten. Ein weiteres Omnibus III-Paket zur Schaffung einer Unternehmenskategorie „small mid-caps“ und zum papierlosen Reporting ist für das zweite Quartal 2025 geplant (vgl. IDW, Omnibus-Paket zur Nachhaltigkeit, 13.2.25: EU veröffentlicht Arbeitsprogramm; abrufbar unter iww.de/s12740; Abruf 28.3.2025). |

1. Reichweite des Omnibus I-Standardentwurfs

  • Im Mittelpunkt des Omnibus I-Pakets steht die Entlastung bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) und die damit verbundene Berichterstattung nach der EU-Taxonomie-Verordnung.
  • Darüber hinaus soll die Umsetzungsfrist für die Europäische Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive vom 5.7.24, im Folgenden CSDDD), welche am 26.7.24 in Kraft getreten ist und welche die EU-Mitgliedstaaten innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht zu transformieren haben, um ein Jahr (d. h. auf Juli 2027) verlängert werden, was zumindest für die erste Tranche der hiernach berichtspflichtigen Unternehmen (> 5.000 Beschäftigte und > 1,5 Mrd. EUR weltweiter Umsatz) eine zeitliche Verschiebung der erstmaligen Anwendungsverpflichtung um ein Jahr zur Folge haben wird.
  • Zudem sollen die in der CSDDD geregelten Sorgfaltspflichten primär auf die eigene Geschäftstätigkeit, die der Tochtergesellschaften und direkter Geschäftspartner in der Wertschöpfungskette (Tier 1) begrenzt werden. Weiterhin brauchen die Due-Diligence-Aktivitäten – zumindest unter bestimmten Voraussetzungen – nicht mehr jährlich, sondern nur alle fünf Jahre bewertet werden.
  • Darüber hinaus ist geplant die bislang vorgesehenen Sanktionsregelungen, einschließlich der zivilrechtlichen Haftung, deutlich zu entschärfen (vgl. Europäische Kommission, Kommission vereinfacht Vorschriften für Nachhaltigkeitsberichterstattung und EU-Investitionen, PM 26.2.25; abrufbar unter iww.de/s12741; Abruf 28.3.25).
  • Weiterhin schlägt die EU-Kommission im Rahmen des Omnibus I-Pakets Entlastungen beim CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) vor. Hier ist u. a. geplant, dass durch Einführung eines neuen kumulativen jährlichen Schwellenwerts von 50 Tonnen pro Einführer kleine Einführer, vor allem KMU und Einzelpersonen, von den CBAM-Verpflichtungen befreit werden sollen (vgl. Europäische Kommission, Kommission vereinfacht Vorschriften für Nachhaltigkeitsberichterstattung und EU-Investitionen, PM 26.2.25; abrufbar unter iww.de/s12741; Abruf 28.3.25).

2. Reduzierung des Anwenderkreises sowie Verschiebung der Erstanwendungszeitpunkte

Die Anpassungen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung sind auf zwei Richtlinienvorschläge aufgeteilt. Mit dem Richtlinienvorschlag COM (2025) 80 final (abrufbar unter iww.de/s12742; Abruf 28.3.25) soll die Einführung der Berichtspflichten für bestimmte, bislang unter die Nachhaltigkeitsberichtspflicht fallenden Unternehmen verschoben werden. Der Richtlinienvorschlag COM (2025) 81 enthält materielle Änderungsvorschläge an folgenden Richtlinien: CSRD (Richtlinie (EU) 2022/2464), CSDDD (Richtlinie (EU) 2024/1760), Bilanzrichtlinie (Richtlinie 2013/34/EU) und Abschlussprüferrichtlinie (2006/43/EC).

2.1 Reduzierung des Anwenderkreises

Nach dem Richtlinienvorschlag COM (2025) 81 (abrufbar unter iww.de/s12743; Abruf 28.3.25) ist eine deutliche Reduzierung des Anwenderkreises, welche einen (konsolidierten) Nachhaltigkeitsbericht aufstellen müssen, geplant. Nach Art. 19a Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2013/34/EU-E sollen künftig nur solche in der EU (bzw. EWR) ansässige Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht aufstellen müssen, wenn diese

  • im Durchschnitt mehr als 1.000 Arbeitnehmer haben und
  • große Unternehmen i. S. d. Bilanzrichtlinie sind (d. h. einen Umsatz von mehr als 50 Mio. EUR oder eine Bilanzsumme von mehr als 25 Mio. EUR oder beides aufweisen).

Analog fallen dann nach Art. 29a Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2013/34/EU-E unter die konsolidierte Nachhaltigkeitsberichtspflicht nur große Gruppen (d. h. deren Mutterunternehmen konzernrechnungslegungspflichtig sind), wenn diese auf konsolidierter Ebene im Durchschnitt mehr als 1.000 Arbeitnehmer beschäftigen.

Demgegenüber soll der Kapitalmarktorientierung bzw. dem Vorliegen von Unternehmen im öffentlichen Interesse keine Bedeutung mehr für die Auslösung der Nachhaltigkeitsberichtspflicht zukommen. Bei Umsetzung dieser Vorschläge werden die Berichtspflichten für die in der sog. dritten Welle betroffenen berichtspflichtigen kleinen und mittleren kapitalmarktorientierten Unternehmen sowie kleinen und nicht komplexen (Kredit-)Instituten i. S. v. Art. 4 Abs. 1 Nr. 145 der EU-VO Nr. 575/2013 und firmeneigenen (Rück-)Versicherungsunternehmen (vgl. die geplante Streichung von 19a Abs. 6 und Abs. 7 Richtlinie 2013/34/EU-E) komplett entfallen (siehe aber 4.2).

Ebenso sollen für die in der vierten Welle vorgesehenen Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU bzw. des EWR, welche innerhalb der EU bzw. des EWR entweder ein Tochterunternehmen oder eine Zweigniederlassung haben, die größenabhängigen Schwellenkriterien angehoben werden. Die die Berichtspflicht auslösenden Nettoumsätze in der EU sollen von bislang 150 Mio. EUR auf 450 Mio. EUR signifikant steigen (vgl. Art. 40a Abs. 1 Unterabs. 5 der Richtlinie 2013/34/EU-E). Zusätzlich ist erforderlich, dass das außerhalb der EU bzw. dem EWR ansässige Mutterunternehmen innerhalb der EU ein großes Tochterunternehmen hat (unverändert) oder eine Zweigniederlassung mit einem jährlichen Umsatzvolumen von mehr als 50 Mio. EUR (bislang 40 Mio. EUR; vgl. Art. 40a Abs. 1 Unterabs. 4 der Richtlinie 2013/34/EU-E).

2.2 Verschiebung der Erstanwendungszeitpunkte

Der Richtlinienvorschlag COM (2025) 80 soll zu einer zeitlichen Verschiebung des erstmalig aufzustellenden Nachhaltigkeitsberichts für die (Mutter-)Unternehmen der sog. zweiten und dritten Welle (vgl. 3.1) führen. Von der zweiten Welle sind alle großen Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkten Personenhandelsgesellschaften erfasst, die nicht bereits im Rahmen der sog. ersten Welle (d. h. große Kapitalgesellschaften bzw. haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften, die mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen und zugleich kapitalmarktorientiert sind, m. a. W. bereits zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtete Unternehmen) von der Nachhaltigkeitsberichterstattungspflicht erfasst wurden. Quantitativ handelt es sich bei den Unternehmen der zweiten Welle um die mit Abstand bedeutendste Gruppe an Unternehmen, die der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der CSRD unterliegen. Das BMJ nennt eine Zahl von ca. 12.800 verpflichteten Unternehmen, die in der zweiten Welle berichtspflichtig werden. Demgegenüber werden von der dritten Welle knapp 950 Unternehmen erfasst (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 24.7.24, S. 120; abrufbar unter iww.de/s12744; Abruf 28.3.25).

Für die bislang von der zweiten bzw. dritten Welle erfassten Kapitalgesellschaften bzw. haftungsbeschränkten Personenhandelsgesellschaften sollen die Erstanwendungszeitpunkte um zwei Jahre auf die am oder nach dem 1.1.27 bzw. 1.1.28 beginnenden Geschäftsjahre verschoben werden (vgl. Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. b und c der Richtlinie [EU] 2022/2464-E).

Unter der Voraussetzung, dass der Richtlinienvorschlag COM (2025) 81 im Rahmen des sich auf der EU-Ebene anschließenden Gesetzgebungsprozesses innerhalb von ca. einem Jahr umgesetzt wird, dürften die meisten der derzeit von der zweiten Welle erfassten großen Kapitalgesellschaften und die diesen gleichgestellten haftungsbeschränkten Personenhandelsgesellschaften aufgrund der geplanten Beschäftigtenschwelle von 1.000 Arbeitnehmern aus der Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung herausfallen (vgl. 3.1).

Dementsprechend dienen die in einem eigenen Richtlinienvorschlag enthaltenen Vorschläge zur Verschiebung der Erstanwendungszeitpunkte der CSRD für die in den Wellen zwei und drei erfassten Unternehmen dazu, dem EU-Parlament ausreichend Zeit für die Beratung der unterbreiteten Vereinfachungsvorschläge (Richtlinienvorschlag COM [2025] 81) zu gewähren, insbesondere auch in Bezug auf die Kriterien zur verpflichtenden Erstellung eines (konsolidierten) Nachhaltigkeitsberichts.

Somit soll durch den Richtlinienvorschlag COM (2025) 80 verhindert werden, dass insbesondere die von der zweiten und möglicherweise der dritten Welle (letztgenannte haben zudem bereits nach dem bestehenden Art. 19a Abs. 7 der Richtlinie 2013/34/EU auch die Möglichkeit ihre Erstanwendung auf die am oder nach dem 1.1.28 beginnenden Geschäftsjahre zu verschieben, wenn dies im Lagebericht angegeben wird) erfassten Unternehmen zunächst der (konsolidierten) Nachhaltigkeitsberichterstattungspflicht unterliegen, die bei Annahme des Richtlinienvorschlags COM (2025) 81 in Bezug auf den Anwendungsbereich dann aus der Nachhaltigkeitsberichtspflicht herausfallen.

Hingegen profitieren die bislang zur nichtfinanziellen (Konzern-)Berichterstattung verpflichteten Unternehmen der ersten Welle nicht von der Verschiebung der Erstanwendung der Nachhaltigkeitsberichtspflichten. Diese sind nach der Umsetzung der CSRD in deutsches Recht uneingeschränkt nachhaltigkeitsberichtspflichtig, wenngleich – im Falle der Umsetzung der vorgeschlagenen Änderung an Art. 19a Abs. 1 bzw. 29a Abs. 1 der Richtlinie 2013/34/EU-E – sämtliche (Mutter-)Unternehmen, welche zwar mehr als 500 aber höchstens 1.000 Arbeitnehmer haben, aus der (konsolidierten) Nachhaltigkeitsberichtspflicht herausfallen werden.

3. Geplante inhaltliche Erleichterungen der CSRD-Berichterstattung

3.1 Überarbeitung des ersten Sets an ESRS

Die EU-Kommission beabsichtigt eine Überarbeitung der im Wege eines delegierten Rechtsakts erlassenen ESRS (vgl. Delegierte Verordnung (EU) 2023/2772 der Kommission vom 31.7.23 zur Ergänzung der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rats durch Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung, ABL. EU L vom 22.12.23), spätestens sechs Monate nach Inkraftsetzung des Richtlinienvorschlags COM (2025) 81. Dabei verfolgt die EU-Kommission das Ziel, die Anzahl der gegenwärtig in den ESRS vorhandenen 783 Datenpunkte substanziell zu reduzieren, wobei

  • weniger für den Zweck der Nachhaltigkeitsberichterstattung für wichtig gehaltene Datenpunkte gestrichen werden sollen,
  • quantitative Datenpunkte eine höhere Priorität gegenüber Textinformationen erhalten sollen und
  • weiterhin eine Unterscheidung zwischen verpflichtenden und freiwilligen Datenpunkten erfolgen soll.

Zudem zielt die Überarbeitung des Sets der erlassenen ESRS darauf ab, die Klarheit einiger Regelungen zu verbessern, die bislang als unklar angesehen wurden. Dies betrifft auch Hinweise zur Anwendung der Wesentlichkeit (vgl. COM [2025] 81, S. 5). Eine Änderung am Grundsatz der aufwendigen Wesentlichkeitsbeurteilungen der Unternehmen aufgrund des doppelten Wesentlichkeitsgrundsatzes (vgl. hierzu z. B. Baumüller/Schönauer, PiR 2025, 88 ff. und 131 ff. sowie Herold/Grottel/Klein, IRZ 2023, 475 ff.) wird aber offensichtlich nicht angestrebt, da die Erläuterungen keine Vorfestlegungen in Bezug auf die Wesentlichkeitsbeurteilungen der Unternehmen beinhalten sollen und zudem der hohe Grad an Kompatibilität zu den anderen internationalen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards erhalten bleiben soll (vgl. COM [2025] 81, S. 5). Darüber hinaus dürften auch einige Angaben zur vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette entfallen (vgl. 3.3).

3.2 Verzicht auf sektorspezifische Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards

Eine zukünftig wirkende Erleichterung ist der in COM (2025) 81 niedergelegte Verzicht auf den Erlass sektorspezifischer Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards. Dies wird erreicht durch die vorgeschlagene ersatzlose Streichung von Art. 29b Abs. 1 Unterabs. 3 und 4 der Richtlinie 2013/34/EU. Art. 29b Abs. 1 Unterabs. 3 der Richtlinie 2013/34/EU lautet bislang:

„In den in Unterabsatz 1 genannten delegierten Rechtsakten legt die Kommission bis zum 30.6.24 Folgendes fest:

  • i) ergänzende Informationen, über die Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte und die unter Art. 19a Abs. 2 aufgeführten Bereiche der Berichterstattung erforderlichenfalls Bericht zu erstatten haben;
  • ii) Informationen, über die Unternehmen Bericht zu erstatten haben, die für den Sektor, in dem sie tätig sind, spezifisch sind.“ (Hinweis: Der Europäische Rat hatte bereits kurz vor Ablauf dieser Frist den Zeitraum zum Erlass sektorspezifischer Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung für EU-Unternehmen um zwei Jahre auf den 30.6.26 verlängert; vgl. EU, Pressemitteilung vom 29.4.24; iww.de/s12745; Abruf am 28.3.25)

Auch die ESRS gehen bislang von der Ergänzung des ersten Sets um sektorspezifische ESRS aus und haben bereits die hieraus erwarteten sektorspezifischen Angaben in dem in ESRS 1. Appendix F enthaltenen Gliederungsvorschlag des Nachhaltigkeitsberichts berücksichtigt (vgl. BBP 2023, 301 f.).

3.3 Begrenzung der Informationsanforderungen in Bezug auf die Wertschöpfungskette

Die ESRS fordern von den nachhaltigkeitsberichtspflichtigen Unternehmen eine Reihe von Datenpunkten, welche Informationen in Bezug auf deren vor- und/oder nachgelagerte Wertschöpfungskette beinhalten (ausführlich Kirsch, RWZ 2024, 217 f.). Damit einhergehend besteht die Gefahr, dass zwar eine Reihe der Unternehmen, welche nach dem Richtlinienvorschlag COM (2025) 81 aus dem Verpflichtungsbereich für eine eigene Nachhaltigkeitsberichterstattung zwar herausfallen, gleichwohl umfangreiche Nachhaltigkeitsberichtsinformationen den nachhaltigkeitsberichtspflichtigen Unternehmen bereitstellen müssen, in deren Lieferketten sie eingebunden sind.

Für diese dann nicht berichtspflichtigen Unternehmen enthält Art. 29b Abs. 4 Unterabs. 1 S. 3 der Richtlinie 2013/34/EU-E eine wesentliche Erleichterung. Bislang sollten an kleinere und mittlere Unternehmen, welche in die Wertschöpfungsketten der nachhaltigkeitsberichtspflichtigen Unternehmen eingebunden sind, höchstens die Anforderungen gestellt werden dürfen, welche sich aus dem für die kapitalmarktorientierten KMU geplanten ESRS LSME ergeben hätten (vgl. Art. 29b Abs. 4 Unterabs. 1 S. 3 der Richtlinie 2013/34/EU sowie hierzu Exposure Draft ESRS for listed small- and medium-sized entities (ESRS LSME), January 2024; abrufbar unter iww.de/s12746; Abruf 28.3.25).

Da die Kapitalmarktorientierung für die künftige Nachhaltigkeitsberichtspflicht jedoch nicht mehr relevant sein soll (vgl. 2.1), entfällt auch dieser Bezugspunkt. An dessen Stelle treten die deutlich reduzierten Anforderungen des VSME (Voluntary Sustainability Standard for SMEs; vgl. zu einem Überblick BBP 2/2025, 49 ff.). Nach Art. 29b Abs. 4 Unterabs. 1 S. 3 der Richtlinie 2013/34/EU-E sollen die Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards keine Angaben festlegen dürfen, die Unternehmen verpflichten würden, Informationen von Unternehmen mit bis zu 1.000 Arbeitnehmern in ihrer Wertschöpfungskette einzuholen, die über die Informationen hinausgehen, die gemäß dem VSME anzugeben sind. Hierdurch soll dem sog. „trickle-down“-Effekt wirksam entgegengetreten werden, der die Nachhaltigkeitsberichterstattung bei den unmittelbar hierzu verpflichteten Unternehmen unangemessene Informationsanforderungen bei den nicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichteten KMU auslöst. Dementsprechend sollen auch die VSME als delegierter Rechtsakt, welche die Bilanzrichtlinie ergänzen, noch erlassen werden (vgl. Art. 29ca Art. 1 der Richtlinie 2013/34/EU-E); bislang hat die EFRAG den VSME am 17.12.24 nur an die EU-Kommission übermittelt (vgl. BBP 2025, 49).

Ein summarischer Abgleich der in Bezug auf die Wertschöpfungskette bestehenden Informationsanforderungen von Unternehmen, welche den Nachhaltigkeitsbericht in Übereinstimmung mit den ESRS aufzustellen haben, mit den in einem nach dem aktuellen VSME erstellten Nachhaltigkeitsbericht zur Verfügung stehenden Informationen zeigt, dass zwar einzelne erforderliche quantitative Informationen unmittelbar bereitgestellt werden können, jedoch größere Defizite in Bezug auf Informationen über die Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit auf Mensch und Umwelt sowie über die Art der Ermittlung von Informationen bestehen. Gleiches gilt auch in Bezug auf die Angaben zu den Strategien in Bezug auf die vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette, die ebenfalls nicht zu den Angaben nach dem VSME zählen (vgl. Kirsch, DStZ 2025). Dementsprechend ist zu erwarten, dass die von der EU-Kommission angekündigte Überarbeitung der ESRS sich ebenso auf die Angaben zur vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette erstrecken wird.

3.4 Verschiebung der Pflicht zum Tagging von Informationen im Nachhaltigkeitsbericht

Nach Art. 29d Abs. 1 S. 1 bzw. Abs. 2 S. 1 der Richtlinie 2013/34/EU haben (Mutter-)Unternehmen, die der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach Art. 19a der Richtlinie 2013/34/EU (bzw. der konsolidierten Nachhaltigkeitsberichterstattung nach Art. 29a der Richtlinie 2013/34/EU) unterliegen, ihren (Konzern-)Lagebericht im einheitlichen europäischen elektronischen Berichtsformat (ESEF) aufzustellen und den (konsolidierten) Nachhaltigkeitsbericht nach Maßgabe der einschlägigen Delegierten Verordnung (EU) 2019/815 auszuzeichnen (sog. „tagging“), einschließlich der Angaben nach Art. 8 der EU-Taxonomie-Verordnung. Art. 29d Abs. 1 S. 2 bzw. Abs. 2 S. 2 der Richtlinie 2013/34/EU-E planen den Zeitpunkt, ab dem eine Auszeichnung der Angaben im (konsolidierten) Nachhaltigkeitsbericht erfolgen muss (Kirsch, DStZ 2025, S. 346 - 348), solange zu verschieben, bis entsprechende Regeln zur Auszeichnung der Nachhaltigkeitsinformationen im Wege einer Delegierten Rechtsverordnung erlassen worden sind.

3.5 Verzicht auf eine Verschärfung der Prüfungsanforderungen

Die aktuelle Fassung von Art. 26a Abs. 3 Unterabs. 2 und 3 der Richtlinie 2006/43/EC (Abschlussprüferrichtlinie) sieht vor, dass die EU-Kommission bis spätestens 1.10.28 zu beurteilen hat, ob eine Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts zur Erlangung hinreichender Prüfungssicherheit möglich ist, und unter dieser Voraussetzung dann auch entsprechende Prüfungsstandards zu erlassen.

Der Richtlinienvorschlag COM (2025) 81 plant das aktuelle Sicherheitsniveau bei den Prüfungen, nämlich eine prüferische Durchsicht, d. h. eine Prüfung mit begrenzter Sicherheit, beizubehalten. Die prüferische Durchsicht ist dabei so anzulegen, dass bei kritischer Würdigung mit einer gewissen Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass der Nachhaltigkeitsbericht in wesentlichen Belangen nicht in Übereinstimmung mit den hierfür einschlägigen Vorgaben erstellt worden ist (vgl. Kirsch, DStZ 2024, 527).

Die EU-Kommission nimmt somit Abstand von der vorgesehenen Verschärfung der Prüfungsanforderungen an den Nachhaltigkeitsbericht. Der Verzicht auf einen Übergang zu höheren Prüfungsanforderungen schafft Klarheit in Bezug auf die auf die Unternehmen zukommenden Anforderungen und vermeidet zusätzliche Kostensteigerungen aufgrund höherer Prüfungsanforderungen (vgl. COM [2025] 81, S. 4).

Stattdessen soll nunmehr in Art. 26a Abs. 3 Unterabs. 3 der Richtlinie 2006/43/EC-E die Befugnis der Kommission enthalten sein, delegierte Rechtsakte zu erlassen, welche die Prüfungsmethoden, die Schlussfolgerungen, die Prüfungsdurchführung, einschl. Planung, Risikobeurteilungen und der darauf ausgerichtete Prüfungsansatz, sowie Prüfungsurteile zwecks Erlangung eines Prüfungsurteils mit begrenzter Sicherheit zum Nachhaltigkeitsbericht zum Gegenstand haben. Hierbei soll es sich um gezielte Richtlinien handeln, welche zeitnah aufkommende Probleme im Bereich der Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung adressieren (vgl. COM [2025] 81, S. 5).

4. Flexibilisierung der Berichterstattung nach Art. 8 der EU-Taxonomie-Verordnung

Da die Verpflichtung nach Art. 8 der EU-Taxonomie-Verordnung (Verordnung [EU] 2020/852) unmittelbar an der Nachhaltigkeitsberichtspflicht anknüpft, verringert sich parallel zur Reduzierung des Anwendungsbereichs für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (vgl. 2.1) auch die Anzahl der Unternehmen, welche der Berichterstattung nach Art. 8 der EU-Taxonomie-Verordnung unterliegen sollen. Darüber hinaus wird für Unternehmen, die in den geplanten Anwendungsbereich der CSRD (m. a. W. große Unternehmen mit mehr als 1.000 Arbeitnehmer) fallen und einen Nettoumsatz von bis zu 450 Mio. EUR aufweisen, eine freiwillige Taxonomie-Berichterstattung vorgeschlagen. Damit können „Unternehmen, die Fortschritte bei der Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele erzielt haben, aber nur bestimmte Anforderungen der EU-Taxonomie erfüllen, freiwillig über ihre teilweise Taxonomie-Konformität Bericht erstatten. Auf diese Weise können sie zeigen, welche Bemühungen sie unternommen haben, um vollständige Taxonomie-Konformität zu erreichen, und welche Fortschritte sie diesbezüglich erzielt haben.“ (Europäische Kommission, Fragen und Antworten zum Omnibus-Paket, 26.2.25, Punkt 12; abrufbar unter iww.de/s12747; Abruf 28.3.25).

Die konkreten Erleichterungsvorschläge für die zur freiwilligen Berichterstattung berechtigten (Mutter-)Unternehmen enthalten Art. 19b bzw. Art. 29aa der Richtlinie 2013/34/EU-E.

Unternehmen, die entweder eine vollständige Taxonomie-Konformität ihrer Wirtschaftstätigkeiten i. S. d. Art. 3 und 9 der EU-Taxonomie-Verordnung oder eine teilweise Taxonomie-Konformität ihrer Wirtschaftstätigkeiten (d. h. Erfüllung nur einzelner Kriterien für die Nachhaltigkeit des Art. 3 und 9 der EU-Taxonomie-Verordnung) behaupten, sollen zumindest

  • den Anteil ihres Umsatzes von solchen Produkten und Dienstleistungen, die als nachhaltig i. S. v. Art. 3 und 9 der EU-Taxonomie-Verordnung einzuordnen sind (bzw. die bestimmte Nachhaltigkeitskriterien i. S. v. Art. 3 und 9 der EU-Taxonomie-Verordnung erfüllen), und
  • den Anteil der Investitionsausgaben in Bezug auf Vermögenswerte und Prozesse, die mit Wirtschaftstätigkeiten verbunden sind, die als nachhaltig i. S. v. Art. 3 und 9 der EU-Taxonomie-Verordnung einzuordnen sind (bzw. die bestimmte Nachhaltigkeitskriterien i. S. v. Art. 3 und 9 der EU-Taxonomie-Verordnung erfüllen)

angeben (vgl. Art. 19b Abs. 3 Unterabs. 1 und Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 2013/34/EU-E bzw. Art. 29aa Abs. 3 Unterabs. 1 und Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 2013/34/EU-E).

Hingegen soll es diesen Unternehmen freigestellt bleiben, über den Anteil der Betriebsausgaben im Zusammenhang mit Vermögensgegenständen und Prozessen, die mit Wirtschaftstätigkeiten verbunden sind, die als ökologisch nachhaltig gem. der EU-Taxonomie-Verordnung gelten (bzw. die bestimmte Nachhaltigkeitskriterien i. S. v. Art. 3 und 9 der EU-Taxonomie-Verordnung erfüllen), zu berichten (vgl. Art. 19b Abs. 3 Unterabs. 2 und Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 2013/34/EU-E bzw. Art. 29aa Abs. 3 Unterabs. 2 und Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 2013/34/EU-E).

5. Würdigung

Mit den zum Omnibus I-Standardentwurf zählenden Richtlinienvorschläge COM (2025) 80 und 81 plant die Europäische Kommission u. a. die vor etwas mehr als zwei Jahren in Kraft getretene CSRD und den ebenso darauf bezogenen – erst vor etwas mehr als einem Jahr in Kraft getretenen – delegierten Rechtsakt zu den ESRS als Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandard grundlegend zu ändern.

Die Zielrichtung der Überarbeitung ist recht klar erkennbar. Die Berichtspflichten für die Nachhaltigkeitsberichterstattung sollen auf die großen Unternehmen mit mehr als 1.000 Arbeitnehmern konzentriert werden. Die Anforderungen an kleinere Unternehmen werden deutlich zurückgefahren. Als Referenzpunkt für die Datenerhebung bei Unternehmen bis zu 1.000 Arbeitnehmern ist der VSME gesetzt worden, der deutlich niedrigere Anforderungen als der sich im Entwurfsstadium befindende ED ESRS LSME setzt.

Im Kern sind diese Vereinfachungsvorschläge zu begrüßen und sollten bei Umsetzung auch zu einer merklichen Entlastung der Unternehmen bis zu 1.000 Arbeitnehmern führen. Dennoch dürfen berechtigte Zweifel angebracht werden, ob es wirklich sinnvoll ist typischerweise kleine Unternehmen (mit ca. 50 Arbeitnehmern) mit Unternehmen gleichzustellen, die aktuell der nicht-finanziellen (Konzern-)Berichterstattungspflicht unterliegen und mehr als 500 Arbeitnehmer, aber maximal 1.000 Arbeitnehmer, haben. Dementsprechend bleibt abzuwarten, ob diese Vorschläge der EU-Kommission tatsächlich im parlamentarischen Verfahren Bestand haben werden.

Unabhängig hiervon ist der im Richtlinienvorschlag COM (2025) 80 enthaltene Vorschlag der Verschiebung der Erstanwendungszeitpunkte der Nachhaltigkeitsberichterstattung für die Unternehmen der sog. zweiten und dritten Welle sinnvoll, um ausreichend Zeit für die Beratung der im Richtlinienvorschlag COM (2025) 81 enthaltenen materiellen Erleichterungen zu haben.

Bedauernswert ist hingegen, dass von dieser zeitlichen Verschiebung in der Erstanwendung nicht die Unternehmen der ersten Welle profitieren sollen. Im Falle von Deutschland, das bekanntermaßen die CSRD bislang noch nicht umgesetzt hat, könnte dann für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften mit Sitz in Deutschland, welche groß i. S. d. Bilanzrichtlinie sind und mehr als 500, aber höchstens 1.000 Arbeitnehmer haben, die – fast schon kuriose – Situation eintreten, dass diese allein für das Jahr 2025 einen (konsolidierten) Nachhaltigkeitsbericht aufstellen müssen, wenn die Kommissionsvorschläge umgesetzt werden sollten.

Weiterführende Hinweise
  • Fragen und Antworten zum Omnibus-Paket I und II, www.iww.de/s12747
  • PM der Europäischen Kommission zum Omnibus-Paket, www.iww.de/s12741
  • Eine teure Busfahrt: Wie die Omnibus-Vereinfachungen die Durchsetzung der Europäischen Lieferkettenrichtlinie gefährden, www.iww.de/s12840

AUSGABE: BBP 5/2025, S. 140 · ID: 50372908

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