Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Mai 2025 abgeschlossen.
Zweiter Frühling für die GbREin Jahr nach Inkrafttreten: Wie schlägt sich das neue Personengesellschaftsrecht?
| Was haben eine Abiturfeier, eine ärztliche Gemeinschaftspraxis und eine private Vermögensverwaltung gemeinsam? Auf den ersten Blick wenig – doch lassen sich die Rechte und Pflichten der jeweils Beteiligten übersichtlich, klar und verbindlich im Gesellschaftsvertrag über eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) regeln. Seit dem 1.1.24 gelten im deutschen Gesellschaftsrecht neue Regeln. Die wohl größte Neuerung ist, dass sich jede GbR in ein neu geschaffenes Gesellschaftsregister eintragen lassen kann. War die Reform im Sinne des Erfinders? |
1. Das neue Gesellschaftsregister
Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) hat das Gesellschaftsrecht grundlegend reformiert. Ein häufiges Missverständnis betrifft die „Eintragungspflicht“: Diese greift nur, wenn die Gesellschaft im Grundbuch, Handels- oder Vereinsregister erscheint, etwa beim Erwerb eines Grundstücks durch eine GbR. In diesem Fall ist die Eintragung in das neue Gesellschaftsregister erforderlich. Eine GbR kann nach wie vor ohne Registereintragung entstehen, und zwar immer dann, wenn mindestens zwei Personen gemeinsam ein Ziel verfolgen und ein bloßes Gefälligkeitsverhältnis überschreiten. Der Schritt in die GbR ist bei sogenannten „Gelegenheitsgesellschaften“ häufig schneller, als den Beteiligten bewusst ist.
Beispiel (LG Detmold 8.7.15, 10 S 27/15) |
Vor einigen Jahren landete ein Abiturjahrgang vor Gericht, weil das Abiballkomitee einer Band kurzfristig abgesagt hatte und diese die Gage einforderte. Das Urteil: Der Jahrgang galt als GbR, vertreten durch das Komitee, und alle Schüler mussten solidarisch für die Kosten aufkommen. |
Zurück zum neuen Gesellschaftsregister: Was zunächst nach mehr Bürokratie klingt, bringt tatsächlich erhebliche Erleichterungen für den Rechtsverkehr mit sich. So konnte der Gesellschafterbestand einer GbR bisher allenfalls indirekt aus anderen Registern entnommen werden – und dies auch nur bei Überschneidungen, etwa durch Immobilienbesitz (Grundbuch) oder Teilhabe an einer GmbH (Gesellschafterliste). Verlassen konnte sich der Rechtsverkehr auf diese Eintragungen jedoch nur in wenigen, speziell geregelten Fällen. Das neue Gesellschaftsregister hat diese Lücke geschlossen. Es ist die konsequente Folge der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR durch den BGH und ersetzt die bislang geltenden, wenig zufriedenstellenden Zwischenlösungen.
Merke | Grundbuch, Handels- und Vereinsregister haben nicht länger die Funktion einer Ersatzkartei. Die relevanten Informationen sind im Gesellschaftsregister hinterlegt und alles ist jetzt dort, wo es hingehört. |
2. Geringer Aufwand, viele Anwendungsbereiche
Die neue Gestaltung könnte der GbR zu einem zweiten Frühling verhelfen. Sie eignet sich nicht nur für ärztliche Gemeinschaftspraxen und Architekturbüros, sondern für nahezu alle Personengruppen, die gemeinsame Ziele verfolgen – auch ohne geschäftliche Ausrichtung, wie etwa nichteheliche Lebensgemeinschaften. Anders als in Frankreich gibt es für letztere in Deutschland keinen rechtlichen Rahmen: Welche Verpflichtungen bestehen bei gemeinsamen Schulden? Was passiert im Falle einer Trennung oder wenn einer der Partner stirbt? All das kann in einem GbR-Vertrag geregelt werden.
3. Vermögen verwalten und übergeben, sicher und transparent
Weit verbreitet ist die GbR in der Praxis zudem bei privaten Vermögensverwaltungen – und das aus gutem Grund.
Beispiel |
Eine Familie verfügt über Grund- oder Immobilienbesitz mit einer gewissen Streuung – ein Ferienapartment hier, ein Grundstück dort, vielleicht noch irgendwo eine Eigentumswohnung, dazu das Elternhaus … Nicht selten leben die künftigen Erben im Ausland, zudem ist oft unklar, wer einmal was bekommen soll. Wollen die Eltern zu Lebzeiten Vermögen übergeben, ist die GbR eine kluge Wahl. Wirtschaftlich und steuerlich wirkt die Übertragung auf die GbR wie auf alle Gesellschafter. Die Eltern können sich aber im Gesellschaftsvertrag Entscheidungsbefugnisse vorbehalten, etwa über Mietverträge oder Bauvorhaben. Gerade die Regelung dieser Befugnisse einzelner Gesellschafter wird durch das neue Gesellschaftsregister entscheidend erleichtert. Bisher waren hierfür Vollmachten erforderlich. |
Diese Vollmachten mussten für grundbuchrelevante Geschäfte – z. B. die Bestellung von Grundschulden zur Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen – mindestens öffentlich beglaubigt, bei jedem Gesellschafterwechsel erneut ausgestellt und im Original vorgelegt werden. Heute genügt es, einem Gesellschafter Vertretungsbefugnis zu erteilen und dies im online zugänglichen Gesellschaftsregister einzutragen. Umgekehrt kann eine fehlende Eintragung bei Bestandsgesellschaften dazu führen, dass sich grundbuchrelevante Rechtsgeschäfte, wie z. B. die für einen Bankkredit erforderliche Grundschuldbestellung, verzögern, weil die hierfür erforderliche Registereintragung herbeigeführt werden muss. Vor diesem Hintergrund sollte jede nicht eingetragene GbR mit Immobilienvermögen die Eintragung frühzeitig und proaktiv vornehmen. Mit gesicherter Handlungsfähigkeit lässt es sich deutlich ruhiger schlafen.
Aufwand und Kosten sind angesichts der oft hohen Immobilienwerte überschaubar: Rund 300 EUR für Notar- und Gerichtskosten sind eine lohnende Investition in Transparenz und Rechtssicherheit. Es wird kein IHK-Beitrag fällig.
Zum Autor | Georg Mehler ist seit 2002 Notar in Trostberg. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der LMU München war er als Notarassessor in verschiedenen bayerischen Städten tätig. Seit 2022 arbeitet er in Sozietät mit Dr. Benjamin Hamberger und ist Mitglied des Vorstands der Landesnotarkammer Bayern.
AUSGABE: BBP 5/2025, S. 126 · ID: 50370168