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UnternehmenssteuerungKennzahlen im Autohaus (Teil 3): Ertrags- kennzahlen richtig interpretieren und nutzen
| Kennzahlen sind in Unternehmen die zentralen Größen für Führungsentscheidungen. Gerade in einem so komplexen Geschäftsmodell wie dem Automobilhandel entstehen eine Vielzahl von Daten, die geeignet sind, den Status des Unternehmens zu einem bestimmten Thema darzustellen – z. B. Eigenkapital, Liquidität, Lagerumschlag, aber auch Fluktuation und Kundenzufriedenheit. In einer sechsteiligen Beitragsserie erklärt ASR, wie Autohäuser Kennzahlen richtig interpretieren und für sich nutzen können. Der dritte Teil beschäftigt sich mit den Ertragskennzahlen. |
Ertragskennzahlen zeigen den wirtschaftlichen Erfolg
Grundlegend für die kurzfristige Feststellung des wirtschaftlichen Erfolgs sind die monatlichen Ertragskennzahlen. Diese folgen grob dem Schema der Gewinn- und Verlustrechnung, sind aber in wesentlichen Punkten detaillierter. Grundsätzliche Voraussetzungen für eine korrekte unterjährige Darstellung der Umsätze sowie der Kosten sind:
- Monatliche Abgrenzung von Provisionen, Boni und Verkaufshilfen
- Monatliche Abgrenzung von Tantiemen und Sonderzahlungen
- Monatliche Abgrenzung von Versicherungen, Zinsen und anderen, ggf. nicht monatlich anfallenden Kosten
- Korrekte Erfassung der Abschreibungen inkl. der monatlichen Bewertung der Warenbestände sowie der Debitoren und Kreditoren
Die Zielsetzung ist hier, die unterjährige Buchhaltung möglichst umfassend auf einem jahresabschlussnahen Niveau zu halten, sodass mit Ausnahme der Abschlussbuchungen im Wesentlichen keine großen Diskrepanzen zum Jahresergebnis auftreten. Das schafft Vertrauen bei den Stakeholdern wie etwa Banken, Gesellschaftern und Herstellern, die Adressaten des Berichtswesens sind.
Struktur der Betriebswirtschaftlichen Auswertung
Die monatliche Betriebswirtschaftliche Auswertung sollte einer Vollkostenmethodik folgen und zumindest den Gesamtbetrieb sowie die Hauptkostenstellen erfassen. Dazu muss ein Autohaus die indirekten Kosten sowie die Verwaltungskosten idealerweise nach dem Verursacherprinzip über Verteilungsschlüssel umlegen.
Die Auswertung sollte ein Autohaus typischerweise in Blöcken nach folgender Logik anhand einer Deckungsbeitragsrechnung strukturieren:
Bruttoerlöse | |
./. | Nachlässe |
= | Nettoerlöse |
./. | Verrechnete Anschaffungskosten |
= | Rohertrag |
+ | Boni/Verkaufshilfen |
= | Bruttogewinn |
./. | Einzelkosten |
= | Deckungsbeitrag I |
./. | Personalkosten |
= | Deckungsbeitrag II |
./. | Direkte Betriebskosten |
= | Deckungsbeitrag III |
./. | Zinsaufwand |
= | Deckungsbeitrag IV |
./. | Indirekte Betriebskosten |
= | Deckungsbeitrag V |
+ | Neutraler Ertrag |
./. | Neutraler Aufwand |
= | Gewinn vor Ertragsteuern |
./. | Summe Ertragsteuern |
= | Gewinn nach Ertragsteuern |
Das Schema kann je nach Marke und Rechtsform leicht abweichen. Insbesondere die unterjährige Abgrenzung der Ertragsteuern hängt stark von den gesellschaftsrechtlichen Gegebenheiten ab.
Definitionen und Benchmarkwerte im Überblick
Im Folgenden stellt Ihnen ASR die wichtigsten Benchmarkwerte und ihre Bedeutung für das Autohausgeschäft vor.
1. Nachlässe
Die Nachlässe stellen die gesamten Erlösschmälerungen dar und sollten im Idealfall zu den Nettoerlösen unter zehn Prozent liegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass etwaige vereinnahmte Agenturprovisionen in Umsatzerlöse umgerechnet werden müssen, da sonst eine Verfälschung des Vergleichswerts auftritt, wenn etwa (wie bei den Marken des Volkswagen-Konzerns) Verkäufe an Großkunden nicht zu Eigenumsatz im Handel führen.
2. Bruttogewinn
Der Bruttogewinn ergibt sich aus dem Rohertrag zuzüglich aller Zahlungen aus den Bonus- und Margensystemen sowie von Verkaufshilfen. Er sollte bei über 16 Prozent zu den Nettoerlösen liegen. Entscheidend ist hier allerdings die Relation zwischen den Geschäftsfeldern Verkauf und Aftersales. Die Annahme ist hier ein branchentypisches Verhältnis bei markengebundenen Autohäusern mit Vollsortiment im Verhältnis 75 Prozent Sales und 25 Prozent Aftersales.
3. Einzelkosten
Die Einzelkosten umfassen typischerweise Provisionen für Mitarbeiter und Vermittler, Zugaben an Kunden, Aufbereitungskosten, Rückstellungen für Risiken aus Leasinggeschäften mit Rücknahmeverpflichtung sowie Händlerbeteiligungen an Sonderzinsprogrammen. Sie haben also ganz überwiegend variablen Charakter. Das Verhältnis zu den Nettoerlösen sollte zwei Prozent nicht überschreiten.
4. Personalkosten
Die Personalkosten setzen sich zusammen aus den Nettolöhnen, den Lohnnebenkosten, der Ausgleichsabgabe für Schwerbehinderte, Aufwendungen für die Altersversorgung sowie den vermögenswirksamen Leistungen und den Beiträgen zur Berufsgenossenschaft. Gegebenenfalls werden hier auch die Kosten für Leiharbeiter erfasst. Wichtige Unterscheidung: Im Branchenkontenrahmen SKR 51 werden die Personalkosten für Produktivkräfte in der Werkstatt unter Verrechnete Anschaffungskosten verbucht. Weiterhin zu berücksichtigen, allerdings nur für den Fall einer Personengesellschaft, wäre der kalkulatorische Unternehmerlohn. Die Summe der Personalkosten zu den Nettoerlösen sollte unter 7,5 Prozent liegen.
5. Direkte Betriebskosten
Die Direkten Betriebskosten haben sowohl fixen als auch variablen Charakter und beinhalten die Instandhaltungen für Mobilien und Immobilien, Kosten für die Sicherheit (z. B. Sicherheitsdienst, Alarmanlage, Bestreifung), Geschäftsfahrzeuge, Kraftstoffe, Verbrauchsmaterial, Abschreibungen für Fahrzeuge, Wertberichtigungen auf Umlaufvermögen, Büromaterial, Entsorgung, Absatzförderung, Geschenke sowie Bewirtungs- und Reisekosten. Der Gesamtaufwand sollte unter 2,5 Prozent der Nettoerlöse liegen.
6. Zinsen
Die Zinsen beinhalten sowohl die Kosten für kurzfristige Kredite wie Kontokorrent-Linien sowie auch für die Bestandsfinanzierung von Fahrzeugen und langfristige Darlehen etwa für die Finanzierung von Immobilien. Der Zinsaufwand sollte unter 0,7 Prozent der Nettoerlöse liegen.
7. Indirekte Betriebskosten
Die Indirekten Betriebskosten haben im wesentlichen fixen Charakter und umfassen Mieten und Pachten, Energie, Reinigung, Fracht- und Verpackung, Eigengarantie und Kulanzen, Abschreibungen auf Mobilien, Porto, Telefon und Mobilfunk, Datenfernübertragung, Versicherungen, Gebühren und Abgaben, Rechts- und Beratungskosten sowie Datenverarbeitung. Sie sollten insgesamt zu den Nettoerlösen wiederum unter zwei Prozent liegen.
8. Neutrale Erträge und Aufwendungen
Neutrale Erträge und neutrale Aufwendungen sollten sich gegenseitig aufheben, sodass daraus keine Ergebnisbelastung entsteht. Erstere bestehen typischerweise etwa aus Versicherungsentschädigungen und Erträgen aus dem Verkauf von Anlagevermögen, während letztere insbesondere Spenden und Forderungsverluste umfassen.
Anhand der genannten acht Orientierungsgrößen ergibt sich somit eine Vorsteuerrendite von 1,3 Prozent. Das entspricht derzeit etwa dem Branchendurchschnitt.
Warum Autohäuser ihre Kosten optimieren sollten
Unter den Bedingungen zunehmender branchenkonjunktureller Unsicherheiten und Kaufzurückhaltung spezifisch bei gewerblichen Kunden gewinnt die Optimierung der Kosten nach Jahren des Wachstumsfokus wieder an Bedeutung.
Organisatorisch heißt das: Autohäuser sollten das komplette Vertragswesen digitalisieren und Kündigungsfristen von Vereinbarungen mit Dritten rechtzeitig im Auge haben. Weiterhin sollten sie die Einkaufsvolumina bei Gemeinkostenmaterial und dessen Lieferanten regelmäßig anhand der Kreditorenlisten überprüfen und auf Reduzierung bzw. Bündelung hin analysieren.
Welches die größten Kostentreiber im Automobilhandel sind
Die größten Kostentreiber im Automobilhandel sind Immobilien, Warenbestände sowie Personal. Eine Optimierung in diesen Bereichen erfordert eine zumindest mittelfristige Vorgehensplanung. Das beginnt mit
- der Erstellung einer Stellenplanung,
- dem Kontroll- und Freigabeprozess von Investitionen inkl. einer verbindlichen Amortisationsrechnung ab einem festzulegenden Ausgabenvolumen,
- der Optimierung von Sicherheiten- und Finanzierungsstrukturen sowie
- des Liquiditätsmanagements
und endet letztlich mit einem digitalen Workflow zur Freigabe von Zahlungen.
Kostenmanagement in das Controlling integrieren
Im Idealfall ist das Kostenmanagement in das Controlling oder die Buchhaltung integriert und hat damit Zugriff auf alle betriebswirtschaftlichen Daten des Autohauses. Zudem sollte es im Prozess der Jahresplanung eine wichtige Rolle spielen, der hier optimalerweise auf einer Budgetierung von Kostenpositionen aufbauen sollte, die auch monatlich anhand geeigneter Soll/Ist-Vergleiche überwacht werden. Abweichungen muss die zuständige Führungskraft erläutern und im Sinne eines Regelkreislaufs bei Überschreitung wirksame Gegenmaßnahmen einleiten.
Praxistipps |
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AUSGABE: ASR 7/2025, S. 19 · ID: 50448692

