Sie sind auf dem neuesten Stand
Sie haben die Ausgabe Juli 2025 abgeschlossen.
WettbewerbsrechtErst prüfen – dann werben: Was Kfz-Betriebe bei Preiswerbung mit der UVP beachten müssen
| Bei der Preiswerbung mit unverbindlichen Preisempfehlungen (UVP) ist Vorsicht angesagt. Denn diese ist keineswegs immer zulässig. Das OLG Stuttgart hat dazu eine wegweisende Entscheidung gefällt: Die Werbung mit einer UVP ist wegen Irreführung der Verbraucher unlauter und zu unterlassen, wenn diese keine realistische und ernsthafte Marktorientierung bietet, sondern tatsächlich nur einen „Fantasiepreis“ darstellt, der dem Händler eine attraktive Preisgestaltung ermöglichen soll. ASR stellt Ihnen das Urteil vor und gibt Handlungsempfehlungen für die Praxis. |
Händlerin warb mit UVP
Im konkreten Fall hatte eine Onlinehändlerin für Fitnessgeräte Ergometer zum Preis von 303,05 Euro beworben und zur Unterstreichung ihres „günstigen“ Preises eine UVP von 649 Euro angegeben. Tatsächlich hatte die Händlerin die Ergometer jedoch regelmäßig zu einem im Vergleich zur UVP spürbar günstigeren Preis an Kunden verkauft.
Die Händlerin wurde auf Unterlassung ihrer Internet-Werbung unter Bezugnahme auf die UVP verklagt.
OLG hält Werbung mit der UVP für irreführend
Das OLG Stuttgart sah die Preiswerbung der Onlinehändlerin als unlauter i. S. v. § 5 Abs. 1 UWG an. Der Grund: Sie sei irreführend und dazu geeignet, die Verbraucher durch Täuschung zu einer geschäftlichen Handlung – dem Kauf des Ergometers – zu veranlassen (OLG Stuttgart, Urteil vom 06.03.2025, Az. 2 U 142/23, Abruf-Nr. 247902).
Preis erscheint neben der UVP fälschlicherweise als reduziertes Angebot
Das OLG argumentierte: Der Preis der Online-Händlerin erscheint neben der UVP als attraktives, reduziertes Angebot, was jedoch nicht den Tatsachen entspricht und die UVP entwertet. Die Händlerin hat diese Art der Werbung daher zu unterlassen.
UVP muss auf Grundlage einer ernsthaften Kalkulation ermittelt sein
Ferner erklärte das OLG, dass Werbung mit einer unverbindlichen Herstellerpreisempfehlung nur dann erlaubt ist, wenn
- die UVP auf der Grundlage einer ernsthaften Kalkulation als angemessener Verbraucherpreis vom Hersteller ermittelt worden ist und
- diese im Zeitpunkt der Bezugnahme auch noch als Verbraucherpreis in Betracht kommt.
Handlungsempfehlungen für den Kfz-Handel
Auch wenn sich das Urteil im konkreten Fall nicht auf den Handel mit Neufahrzeugen oder Fahrzeugteilen bezieht, sollte der Kfz-Handel sich damit befassen. Denn die Grundsätze des Urteils lassen sich ohne Weiteres auf die Preiswerbung für Neufahrzeuge und Zubehör übertragen.
Preisstruktur in der Werbung prüfen und anpassen
Vertreiben etwa markengebundene Händler oder mit dem Hersteller verbundene Gesellschaften wie Niederlassungen Fahrzeuge oder Zubehörartikel dauerhaft zu Preisen, die unter der UVP liegen, droht eine rechtliche Beanstandung wegen Irreführung.
Praxistipp | Gerade Autohäuser und Kfz-Zubehörhändler, die in der Werbung auf durchgestrichene Listenpreise oder UVP verweisen, müssen künftig sorgfältig prüfen, ob diese Preise tatsächlich aktuell und marktkonform sind. Sprich: Vor dem Einstellen von Preiswerbung sollten sie stets die aktuell vom Hersteller herausgegebene UVP prüfen und auch nur diese im Zusammenhang mit der eigenen Werbung nennen. |
Preisstruktur der Fahrzeughersteller oder -importeure prüfen
Besonders relevant ist das Urteil vor dem Hintergrund digitaler Verkaufsplattformen und konzerninterner Preisgestaltung: Wenn ein Fahrzeughersteller oder -importeur über eigene Handelsplattformen oder Tochterunternehmen dauerhaft niedrigere Preise anbietet, könnte die Bezugnahme auf eine hohe UVP auch durch Dritte, wie z. B. Vertragshändler, rechtswidrig sein.
Praxistipp | Autohäuser und Kfz-Zubehörhändler sollten die Verkaufsplattformen und konzerninterne Preisgestaltung im Auge behalten und ihre Werbung darauf ausrichten. |
Wichtig | Die Anforderungen an Transparenz in der Preisangabe steigen – und mit ihnen das Risiko von Unterlassungsklagen durch Mitbewerber oder Verbraucherverbände.
Was das Urteil des OLG Stuttgart für die Praxis bedeutet Fazit | Das OLG Stuttgart konkretisiert die Maßstäbe für die Zulässigkeit von Preiswerbung mit UVP. Es unterstreicht die Pflicht, realitätsnahe Preise anzugeben. Die Entscheidung dürfte sich – über den Einzelhandel hinaus – auch auf den Automobilvertrieb und die Preisgestaltung innerhalb herstellergebundener Handelsnetze auswirken. Autohändler, die mit durchgestrichenen Preisempfehlungen werben, sollten sicherstellen, dass diese als glaubwürdige Marktpreise erkennbar bleiben. |
AUSGABE: ASR 7/2025, S. 3 · ID: 50404200

