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UmsatzsteuerDifferenzbesteuerung im Gebrauchtwagenhandel: BFH schränkt die Anwendbarkeit ein

Abo-Inhalt26.05.20256223 Min. LesedauerVon San Kim, Rechtsanwältin, und Rainald Vobbe, Steuerberater und Diplom-Finanzwirt, Flick Gocke Schaumburg, Bonn

| In einer neuen Entscheidung hat der BFH sich mit den Voraussetzungen der Differenzbesteuerung und den Nachweispflichten auseinandergesetzt. Mit den strengen Anforderungen, die der BFH an die Nachweise stellt, hat er die Anwendbarkeit der Differenzbesteuerung im Gebrauchtfahrzeughandel erheblich eingeschränkt. ASR stellt die Folgen für die Kfz-Branche vor. |

Differenzbesteuerung anwendbar: Ja oder nein?

In dem Fall vor dem BFH hatte ein Kfz-Händler mit Gebrauchtfahrzeugen gehandelt und für den streitigen Besteuerungszeitraum keine regelbesteuerten Fahrzeuglieferungen, sondern nur Umsätze unter Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG erklärt. Dieser Einordnung der Umsätze folgte das Finanzamt im Rahmen einer Außenprüfung nicht. Gegen den Bescheid des Finanzamts klagte der Kfz-Händler erfolglos vor dem FG Düsseldorf. Hiernach folgte die Revision zum BFH. Der BFH bestätigte jedoch die Auffassung der Finanzverwaltung und des FG und wies die Revision als unbegründet zurück (BFH, Beschluss vom 11.12.2024, Az. XI R 15/21, Abruf-Nr. 246660).

Die Entscheidung des BFH – und die Folgen für den Kfz-Handel

Auch nach Auffassung des BFH hat der Kfz-Händler die Voraussetzung des § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG nicht hinreichend nachgewiesen.

Verwendung eines Musterkaufvertrags kein hinreichender Nachweis

Laut BFH genügt es für den Nachweis, dass keine Umsatzsteuer geschuldet wird (§ 25a Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. a Alt. 1 UStG), nicht, dass der Kfz-Händler die Fahrzeuge unter Verwendung eines als „Privatvertrag“ bezeichneten Musterkaufvertrags gekauft hat. Daraus kann nicht sicher geschlossen werden, dass es sich bei den Verkäufern tatsächlich um Privatpersonen handelte. Dies wird noch dadurch bestätigt, dass die Verkäufer teilweise nicht mit dem letzten Halter des Fahrzeugs identisch waren bzw. aufgrund fehlerhafter Fahrgestellnummern keine Angaben zu den letzten Haltern ermittelt werden konnten. Insofern hält es der BFH für naheliegend, dass ein Zwischenverkauf des Fahrzeugs von einer Privatperson an einen Händler stattgefunden hat.

Verkäufer waren weder Kleinunternehmer noch Wiederverkäufer

Darüber hinaus ist aus Sicht des BFH weder eine etwaige Kleinunternehmereigenschaft des Verkäufers (§ 25a Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. a Alt. 2 UStG a. F.) nachgewiesen noch die Tatsache, dass die fragliche Lieferung an den Kfz-Händler jeweils der Differenzbesteuerung unterlag (§ 25a Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. b UStG). Auch für diesen Nachweis reicht die bloße Verwendung der Musterkaufverträge nicht aus. Zudem enthielten die Kaufverträge keinen Hinweis nach § 14a Abs. 6 S. 1 UStG. Dieser besagt, dass in den Fällen der Differenzbesteuerung auf der Rechnung der Hinweis „Gebrauchsgegenstände/Sonderregelung“ anzubringen ist. Dass dieser fehlte, spricht ebenfalls gegen die Anwendung der Differenzbesteuerung.

BFH schränkt den Gutglaubensschutz stark ein

Die Beweislast liegt – wie allgemein bei steuerentlastenden Tatsachen – beim Steuerpflichtigen, hier also beim Kfz-Händler. Er trägt das Steuerrisiko. Gelingt es dem Kfz-Händler nicht, die Voraussetzungen für die Differenzbesteuerung nachzuweisen, kann er sich nur auf den Gutglaubensschutz berufen.

Aber auch diesen gewährt der BFH nur eingeschränkt. So geht es laut BFH zulasten des Fahrzeughändlers, wenn er nicht alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um Unregelmäßigkeiten in Bezug auf die jeweils als Privatverkäufer auftretende Person nachzugehen. Denn als Ausnahmeregelung ist der Art. 314 MwStSystRL eng auszulegen (EuGH, Urteil vom 18.05.2017, Rs. C-624/15, Abruf-Nr. 196538, Litdana). Dies gilt auch für die nationale Umsetzungsvorschrift des § 25a UStG.

BFH: Differenzbesteuerung als begünstigende Regelung

Der BFH verweist ferner auf den Grundsatz, dass der Steuerpflichtige die materiellen Voraussetzungen einer für ihn günstigen Regelung nachzuweisen hat. Bei der Anwendung der Differenzbesteuerung muss es sich aber gerade nicht um eine Steuerbegünstigung handeln: Sinn und Zweck der Regelung ist es vielmehr, die umsatzsteuerliche Benachteiligung gegenüber Privatverkäufern zu verringern und eine Doppelbesteuerung sowie Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden (EuGH, Urteil vom 18.05.2017; BFH, Beschluss vom 11.12.2024, BFH, Urteil vom 23.04.2009, Az. V R 52/07, Abruf-Nr. 093003).

Wichtig | Trotzdem bürdet der BFH das steuerliche Risiko vollständig dem Kfz-Händler auf, der sich auf die Anwendung der Differenzbesteuerung beruft.

Bei Verschiedenheit zum letzten Fahrzeughalter Verkaufsvollmacht fordern

Der BFH verneint also die Gutgläubigkeit bei einmaligen Geschäftsbeziehungen mit unbekannten Personen, wenn auffälligen Unregelmäßigkeiten nicht nachgegangen wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Person des Verkäufers und des letzten Fahrzeughalters nicht identisch sind.

Praxistipp | Lassen Sie sich in einem solchen Fall zumindest die Verkaufsvollmacht vorlegen, da ansonsten die Vermutung naheliegt, dass es sich bei dem betreffenden Verkäufer um einen verdeckten Händler handelt, der seine Händlereigenschaft zum Zwecke der Steuerhinterziehung verschleiert.

Erfüllung der Aufzeichnungspflichten ersetzt Nachweise nicht

Auch kann der Kfz-Händler nach Ansicht des BFH sein etwaiges Vertrauen in die Kleinunternehmereigenschaft des Verkäufers oder in eine von diesem vorgenommene Differenzbesteuerung nicht allein mit den Verträgen über die Privatverkäufe begründen.

Für ein etwaiges Vertrauen ist es nach Ansicht des BFH schließlich auch unerheblich, dass der Kfz-Händler die Aufzeichnungspflichten nach § 25a Abs. 6 UStG erfüllt hat. Denn diese Aufzeichnungspflichten können ein Erfüllen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 25a Abs. 1 UStG bzw. die Voraussetzung für ein schutzwürdiges Vertrauen nicht ersetzen.

Handlungsempfehlungen für Sie als Kfz-Händler

Die Entscheidung des BFH macht es für Sie als Kfz-Händler erheblich schwieriger, die Voraussetzungen für die Differenzbesteuerung nachzuweisen, und schränkt damit ihre Anwendbarkeit deutlich ein. Zwar sieht § 25a UStG bereits Aufzeichnungspflichten vor. Indem der BFH jedoch auch den detaillierten Nachweis der Privatverkäufereigenschaft bzw. der sonstigen Voraussetzungen fordert und diese Beweislast ausschließlich dem Steuerpflichtigen, also Ihnen als Kfz-Händler, auferlegt, können sich erhebliche Wettbewerbsnachteile aus der Nichtanwendung der Differenzbesteuerung ergeben. Denn dann wird der gesamte Verkaufspreis (anstatt lediglich der erwirtschafteten Marge) besteuert. Zudem dürfte es für Sie schwierig nachzuweisen sein, dass der Verkäufer kein Unternehmer ist.

Daneben besteht für Privatverkäufer gerade keine Pflicht zur Rechnungsstellung, weshalb eine Rechnung regelmäßig nicht vorliegen wird. Auch das erschwert den Nachweis der Voraussetzungen – genauso wie die Tatsache, dass es sich bei Privatverkäufen vielfach gerade um einmalige Geschäftsbeziehungen mit unbekannten Personen handeln wird.

Der Entscheidung lagen zwar auch spezielle Sachverhalte zugrunde, wie die fehlende Identität von letztem Halter und Verkäufer. Jedoch besteht ein Risiko, dass die Entscheidung in der Praxis über solche Einzelfälle hinaus auch auf Fälle angewendet wird, in denen dies nicht infrage steht. Für Sie als Kfz-Händler schafft dies eine erhebliche Unsicherheit.

Praxistipp | Für Sie ist es daher noch wichtiger als bisher, den Nachweis der Voraussetzungen für die Anwendung der Differenzbesteuerung sicherzustellen. Ein Mustervertrag für Privatverkäufe allein reicht nicht aus. Vielmehr kann es erforderlich sein, dass der Vertragspartner seine Eigenschaft als Privatverkäufer ausdrücklich im Vertrag erklärt.

Inwieweit damit die von den Gerichten als wesentliches Entscheidungskriterium herangezogene Gefahr einer Steuerhinterziehung auf der Vorstufe vermieden werden kann, ist fraglich: Auch die bloße schriftliche Bestätigung ändert nichts an der Möglichkeit der Steuerhinterziehung durch den Verkäufer.

Praxistipp | Kfz-Händler sollten daher bei Anhaltspunkten, die an der Nichtunternehmereigenschaft des Verkäufers zweifeln lassen, weitere Nachforschungen anstellen.

Weiterführender Hinweis
  • Winter, Anmerkung zu BFH, Beschluss vom 11.12.2024, Az. XI R 15/21 → MwStR 2025, 261

AUSGABE: ASR 7/2025, S. 9 · ID: 50422853

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