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Elektronischer RechtsverkehrRechtsanwalt muss bei Rechtsmitteln in eigenen Angelegenheiten immer das beA nutzen
| Der BGH weitet die Nutzungspflichten des elektronischen Rechtsverkehrs für die Anwaltschaft deutlich aus: Ein Anwalt, der in einem Zwangsvollstreckungsverfahren in eigener Sache tätig wird, ohne als Rechtsanwalt aufzutreten, ist jedenfalls dann zur elektronischen Übermittlung von Schriftsätzen an das Gericht verpflichtet, wenn er Rechtsmittel einlegt. Denn (der Wortlaut sowie Sinn und Zweck von) § 130d S. 1 ZPO setzt für die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs durch einen Anwalt gerade kein Mandatsverhältnis oder eine Vertretung in eigener Sache voraus. |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Nach einem Zahlungsurteil wurde gegen den Anwalt die Zwangsvollstreckung betrieben. Er versuchte – ohne Erfolg –, die Abgabe der Vermögensauskunft zu verhindern. Der Gerichtsvollzieher wollte ihn daraufhin in das Schuldnerverzeichnis eintragen lassen. Hiergegen legte der Anwalt ohne Verwendung seines Anwaltsbriefbogens Beschwerde und nach deren Abweisung sofortige Beschwerde per Telefax ein. Der BGH wies die zugelassene Rechtsbeschwerde als unzulässig zurück, denn schon die ursprüngliche Beschwerde sei unzulässig gewesen (4.4.24, I ZB 64/23, Abruf-Nr. 241924). Der Betroffene hätte die Beschwerde gemäß § 130d ZPO als elektronisches Dokument einreichen müssen, da er Rechtsanwalt (in eigener Sache) sei.
Relevanz für die Praxis
Die sehr weite Auslegung des BGH überrascht. Bisher gingen Rechtsprechung und Literatur nahezu einhellig davon aus, dass den Anwalt keine elektronische Einreichungspflicht trifft, wenn kein Anwaltszwang besteht und er nicht als Anwalt auftritt. Der BGH sieht dies jetzt jedenfalls bei Rechtsmitteln anders: Wer als Anwalt zugelassen ist, muss das beA nutzen – egal, ob er als solcher auftritt oder nicht. Dafür sprechen der Wortlaut des § 130d ZPO und der Vergleich mit § 130a Abs. 1 ZPO: Dort ist von „Schriftsätzen der Parteien“ die Rede, was womöglich ein Vertretungsverhältnis beim Handeln des Anwalts gegenüber dem Gericht voraussetzt. § 130d ZPO stellt in der amtlichen Überschrift auf eine Nutzungspflicht für Rechtsanwälte und in S. 1 ohne Beschränkung auf alle „Schriftsätze“ ab, die durch einen Anwalt eingereicht werden.
Zweck des § 130d S. 1 ZPO ist die Verpflichtung aller Anwälte und Behörden zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten. Die Nichtnutzung durch eine Minderheit führt immer noch zu erheblichem Aufwand. Konsequenterweise sind die anwaltlichen Verfahrensbeteiligten zur Nutzung verpflichtet, die ohnehin ein beA vorhalten müssen (§ 31a BRAO). Dies gilt in gleicher Weise, wenn ein Anwalt in eigener Sache tätig wird, auch wenn er nicht als Anwalt auftritt, und ist zudem aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsmittelklarheit geboten. Aus dem Umstand, dass im Zwangsvollstreckungsverfahren kein Anwaltszwang besteht, ergibt sich nach Ansicht des BGH nichts anderes.
Praxistipp | Jeder Rechtsanwalt sollte zumindest Rechtsmittel grundsätzlich per beA einlegen, egal in welcher Eigenschaft er tätig ist. Dies gilt für eigene Angelegenheiten, ehrenamtliche Tätigkeiten ohne Auftreten als Anwalt etc. |
AUSGABE: AK 9/2024, S. 148 · ID: 50082098