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Nachhaltigkeit in der KanzleiGrüne Geldanlagen setzen ein völlig neues Denken voraus

Abo-Inhalt16.08.2024220 Min. LesedauerVon Wissenschaftsjournalistin Ursula Katthöfer, Bonn

| Die Transformation zu einer CO2-armen, ressourceneffizienten und nachhaltigen Wirtschaft kostet viel Geld. Um die Klimaziele zu finanzieren, sind öffentliche und private Investitionen nötig. Anwälte, die ihr Geld grün anlegen möchten, finden inzwischen bei jeder Geschäftsbank nachhaltige Fonds und ETFs. Doch es gibt Unterschiede. |

1. Sind nachhaltige Fonds wirklich nachhaltig?

Möchte man sich für einen Nachhaltigkeitsfonds entscheiden, heißt es „genau Hinschauen“. Denn tatsächlich meidet nicht jeder nachhaltige Fonds Aktien von fossilen Energiekonzernen. Oft steht auch der Vorwurf im Raum, dass Fondsanbieter „Greenwashing“ betreiben, indem sie ein paar besonders grüne Titel aufnehmen, sonst aber nicht allzu sehr auf die ESG-Kriterien „environmental, social, governance“ achten. Möglich ist das, weil die Fondsanbieter selbst entscheiden, was nachhaltig ist. Die Stiftung Warentest hat 934 Nachhaltigkeitsfonds getestet und herausgefunden, wie gut sie bei der Rendite abgeschnitten haben (iww.de/s11160).

Merke | Wie „grün“ ein Fonds tatsächlich ist, lässt sich daran ablesen, ob es Experten in einem Nachhaltigkeitsbeirat oder Anlageausschuss gibt, die sich mit Ethik, Antikorruptionsgesetzen, Arbeitsschutz, Lieferketten, Klimazielen, Biodiversität und Naturschutz auskennen. Für sie steht die Wertentwicklung des Fonds an zweiter Stelle. Nachhaltigkeit hat Priorität.

2. Ökobanken bieten andere Geschäftsmodelle

Um sicher zu gehen, dass finanzielle Geschäfte indirekt weder Kinderarbeit, Rüstungsindustrie noch die Spekulation mit Nahrungsmitteln finanzieren, können Anleger ihr Geld den Ökobanken anvertrauen. Sie bezeichnen sich als fair, ökologisch und sozial. Eindeutige Kriterien, wann eine Ökobank tatsächlich eine Ökobank ist, gibt es ebenso wenig, wie Zertifizierungen oder Gütesiegel. Die Plattform Utopia, die sich für einen bewussten Konsum einsetzt, hat dennoch eine Bestenliste aufgestellt (iww.de/s11164).

Die Geschäftsmodelle der Ökobanken sind durch ihre Negativ- und Positivkriterien anders als die herkömmlicher Banken. Sie schließen umweltschädliche und menschenverachtende Branchen von Krediten aus, unterstützen aber gleichzeitig Investitionen, um die Wirtschaft nachhaltig zu beeinflussen. Einige von ihnen haben einen kirchlichen Träger. Für andere gehören Spenden zur Unternehmenskultur. Alle werben mit Transparenz. Die Kunden sollen wissen, wofür ihr Geld verwendet wird. Folgende Beispiele zeigen, dass Kunden der Ökobanken ein etwas anderes Finanzverständnis mitbringen müssen als gewohnt:

  • Bei der EthikBank ist das Tagesgeldkonto ein Förderkonto (iww.de/s11161). Die Kunden spenden automatisch 0,25 % ihrer Zinsen an Förderprojekte, die bedürftigen Kindern in Nepal helfen oder zur Bildung afghanischer Frauen beitragen.
  • Die Genossenschaftsbank GLS erhebt zusätzlich zu Mitgliedsbeitrag und Nutzungsentgelten wie z. B. Kontoführungsgebühren den sog. GLS-Beitrag (iww.de/s11162). Er beträgt pro Kunde ab 28 Jahren 5 Euro im Monat. Jeder Kunde – ob Anleger oder Kreditnehmer – zahlt den Beitrag, um das soziale und ökologische Wirtschaften der Bank zu ermöglichen.
  • Die Steyler Ethik Bank verbindet die langfristige Wirkung von Stiftungen mit der Flexibilität von Spenden (iww.de/s11163). Dort können Anleger in einen Stiftungsfonds einzahlen, der ihren Namen trägt. Die Erstinvestition liegt bei 150 Euro, um benachteiligten Menschen zu helfen. Der Fonds kann vererbt oder verschenkt werden.

3. Grüne Aktienindizes sind international aufgestellt

Wer Erfahrung am Aktienmarkt hat und ohne Bankberater investieren möchte, findet Anregungen im Natur-Aktien-Index NAI (iww.de/s11165). Er umfasst Werte von 30 Unternehmen u. a. aus Deutschland, Europa, den USA und Japan. Die Branchen reichen von Bildung bis Windturbinen. Gegründet wurde der NAI von der Zeitschrift natur, heute übernimmt die naturheilkundlich orientierte Krankenversicherung Securvita die Nachhaltigkeitsrecherche. Der NAI startete im Jahr 1997 mit 1.000 Punkten, erreichte im September 2021 seinen Höchststand bei 20.800 Punkten und notiert inzwischen bei etwa 17.000 Punkten.

Der Global Challenge Index GCX ist etwas jünger (iww.de/s11166). Er wurde 2007 von der Börse Hannover und der Nachhaltigkeitsrating-Agentur oekom research AG lanciert. Der ebenfalls sehr international aufgestellte Index umfasst 50 Unternehmen, deren Geschäftsmodelle um Klimaschutz, Trinkwasser, Artenvielfalt und Armutsbekämpfung kreisen. Die Kursschwankungen sind geringer als beim NAI – aktuell liegt der GCX bei etwa 3.000 Punkten.

4. Bürgeraktien werden nicht an der Börse gehandelt

Die vinkulierten Namensaktien der Regionalwert AG werden nicht an der Börse gehandelt (iww.de/s11167). Ein Depot ist nicht notwendig. Bürger, die die Aktien erwerben, finanzieren darüber die ökologische Landwirtschaft. Ziel ist, die Agrarwende zu beschleunigen. Unterstützt werden nicht nur Biobauernhöfe, sondern auch Mühlen, Schlachter oder Gemüsevorverarbeiter für Kantinen. Die erste Regionalwert AG startete in Freiburg, inzwischen gibt es sie in mehreren Ballungsräumen. Initiator Christian Hiß wurde mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet.

Noch niederschwelliger sind Solidarische Landwirtschaften, kurz SoLaWi (iww.de/s11168). Hier finden Bürger zusammen, die einen einzigen Obst- oder Gemüsebauern, einen Hühnerhof oder einen Viehwirt mit einem monatlichen Beitrag unterstützen. Im Gegenzug erhalten sie regelmäßig frische Lebensmittel.

AUSGABE: AK 9/2024, S. 158 · ID: 50081432

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