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EinkommensteuerSteuersparmodell: So profitieren Rechtsanwälte von Beitragsvorauszahlungen zur KV/PV
| Privat kranken- und pflegeversicherte Rechtsanwälte können – egal ob selbstständig oder angestellt – ein einfaches Steuersparmodell nutzen: Sie leisten eine Beitragsvorauszahlung an den Versicherer und setzen diese im Zahlungsjahr als Sonderausgabe von der Steuer ab. Zudem erhalten sie für die Jahre der Beitragsvorauszahlung ebenfalls höhere Sonderausgaben. AK macht Sie mit dem in § 10 Abs. 1 Nr. 3, 3a und Abs. 4 EStG verankerten Gestaltungsmodell vertraut. |
1. Sonstige Vorsorgeaufwendungen steuerlich abziehen
Sonstige Vorsorgeaufwendungen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nrn. 3, 3a EStG sind Beiträge zu Kranken- (KV), Pflege- (PV), Unfall-, Haftpflicht-, Arbeitslosen-, Berufsunfähigkeits-, Risikolebens- und (vor dem 1.1.05 geschlossene) private Rentenversicherungen. Rechtsanwälte können diese Beiträge als Sonderausgabe von der Einkommensteuer absetzen. Allerdings gilt für freiberuflich tätige Anwälte ein Höchstbetrag von jährlich 2.800 EUR. Nur 1.900 EUR sind abzugsfähig, wenn der angestellte Anwalt teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf Erstattung von Krankheitskosten erlangt oder steuerfreie Zuschüsse zur KV und PV erhält. Ist der Anwalt verheiratet, wird auch für seinen Ehegatten ein nach identischen Grundsätzen ermittelter Höchstbetrag berücksichtigt. Die Beiträge von beiden Ehegatten werden addiert und mit dem gemeinsamen Höchstbetrag verglichen.
2. Für Basisabsicherung in der KV/PV gilt Sonderregelung
Die Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung sind wegen § 10 Abs. 4 S. 4 EStG unabhängig von dem Höchstbetrag abzugsfähig. Die Basisabsicherung umfasst dabei grundsätzlich den an die KV/PV geleisteten Gesamtbeitrag abzüglich versicherter Komfortleistungen, wie Krankenhaustagegeld, Chefarztbehandlung und Einbettzimmer. Da die Beiträge zur Basisabsicherung naturgemäß oberhalb des Höchstbetrags von 1.900 bzw. 2.800 EUR liegen, bedeutet das für die Praxis: Anwälte erhalten für alle weiteren Versicherungen regelmäßig keine steuerliche Entlastung – weitere Aufwendungen verpuffen ohne steuerliche Abzugsmöglichkeit.
Beispiel 1 |
In der Praxis haben Anwälte aber keine weitergehende Abzugsmöglichkeit Der alleinstehende freiberuflich tätige Rechtsanwalt R zahlt für seine Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung jährlich 6.000 EUR. Beiträge zu weiteren sonstigen Vorsorgeaufwendungen fallen mit 3.500 EUR an. Lösung: Von 9.500 EUR ist ein Höchstbetrag von 2.800 EUR absetzbar. Mindestens sind jedoch die Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung von 6.000 EUR abzugsfähig. Die Beiträge für die weiteren Versicherungen verpuffen ohne Entlastung. |
Abwandlung |
Rechtsanwalt K ist verheiratet. Seine Ehefrau bezieht Krankengeld und ist ohne eigene Beiträge zur KV/PV gesetzlich versichert. Lösung: Der gemeinsame Höchstbetrag beträgt 4.700 EUR (Ehemann 2.800 und Ehefrau 1.900 EUR). Es sind dennoch wie zuvor 6.000 EUR als Sonderausgabe abzugsfähig. Alle weiteren Versicherungen verbleiben ohne steuerlichen Abzug. |
3. Mit Beitragsvorauszahlungen Steuern sparen
Dieser fehlenden Abzugsmöglichkeit von weiteren Versicherungen kann durch eine Beitragsvorauszahlung entgegengewirkt werden. Denn für Sonderausgaben gilt das in § 11 EStG geregelte Zu- und Abflussprinzip. Danach sind Aufwendungen grundsätzlich in dem Jahr steuerlich abzugsfähig, in dem sie gezahlt wurden. Wird ein Versicherungsbeitrag vorausgezahlt, ist dieser also im Zahlungsjahr und nicht in dem Jahr abzugsfähig, für das der Beitrag vorausgezahlt wurde.
Beispiel 2 |
Der ledige Rechtsanwalt R aus dem vorherigen Beispiel 1 zahlt am 15.12.22 die Beiträge zur Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung für die Jahre 2023 bis 2025 im Voraus (Summe der Vorauszahlung: 3 × 6.000 EUR = 18.000 EUR). Lösung: R setzt 2022 nicht nur 6.000 EUR als Sonderausgabe von der Steuer ab, sondern auch die Vorauszahlung von 18.000 EUR. In den Jahren 2023 bis 2025 lassen sich die weiteren Versicherungen i. H. v. jeweils 3.500 EUR – begrenzt auf den Höchstbetrag von 2.800 EUR – absetzen, da keine überlagernden Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherung mehr vorhanden sind. Für die Jahre 2022 bis 2025 setzt R effektiv nicht mehr 24.000 EUR (jährlich 6.000 EUR), sondern 32.400 EUR (für 2022: 24.000 EUR, für 2023 bis 2025: je 2.800 EUR) ab. Bei einem Steuersatz von 42 % bedeutet dies für ihn eine Ersparnis von 3.528 EUR. |
Beachten Sie | Bei privat kranken- und pflegeversicherten angestellten Rechtsanwälten funktioniert das Steuersparmodell genauso. Diese erhalten jedoch weiterhin von ihrem Arbeitgeber steuerfreie Zuschüsse zur KV/PV. Da die Zuschüsse nicht mehr mit geleisteten Beiträgen verrechnet werden können (der Zuschuss wird in einem späteren Jahr als die Vorauszahlung geleistet), sind die Zuschüsse aufgrund von § 10 Abs. 4b EStG mit den weiteren sonstigen Vorsorgeaufwendungen zu verrechnen. Gleiches gilt auch für etwaige Beitragsrückerstattungen künftiger Jahre.
Abwandlung |
Rechtsanwalt A ist Arbeitnehmer. Er zahlt jährlich für seine Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung 6.000 EUR und für weitere sonstige Vorsorgeaufwendungen 3.500 EUR. A erhält von seinem Arbeitgeber (ArbG) einen Zuschuss zur privaten KV/PV von jährlich 3.000 EUR (50 %). |
Lösung: A zahlt jährlich 6.500 EUR für seine Versicherungen (6.000 + 3.500 EUR abzgl. ArbG-Zuschuss von 3.000 EUR). Ohne Beitragsvorauszahlung kann er davon 3.000 EUR absetzen (6.000 EUR Beitrag KV/PV abzgl. 3.000 EUR ArbG-Zuschuss). Mit einer Beitragsvorauszahlung von 18.000 EUR (Jahresbeitrag 6.000 EUR × 3 Jahre ohne ArbG-Zuschuss) setzt er im Zahlungsjahr 21.000 EUR als Sonderausgabe von der Steuer ab (Jahresbeitrag 6.000 + Vorauszahlung 18.000 EUR abzgl. ArbG-Zuschuss 3.000 EUR). In den nächsten drei Jahren setzt er als Sonderausgabe jeweils 500 EUR von der Steuer ab. Denn seine weiteren Versicherungen belaufen sich auf 3.500 EUR und diese werden um den steuerfreien ArbG-Zuschuss von 3.000 EUR gemindert. Innerhalb von vier Jahren kann A also nicht mehr 12.000 EUR (4 × 3.000 EUR), sondern 22.500 EUR (21.000 EUR zzgl. 3 × 500 EUR) absetzen. Das ist für ihn ein Vorteil von 10.500 EUR bzw. bei einem Steuersatz von 42 % eine Ersparnis von 4.410 EUR. |
4. Vorauszahlung zur Progressionsoptimierung nutzen
Neben dem Vorteil des zusätzlichen Sonderausgabenabzugs in den Folgejahren kann eine Vorauszahlung auch dazu dienen, Progressionssteigerungen in der Einkommensteuer auszugleichen. Wird in einem Jahr ein verhältnismäßig hohes Einkommen erzielt (z. B. aufgrund eines privaten Veräußerungsgeschäfts, der Kanzleiaufgabe oder -veräußerung, einer Abfindung) und in den Folgejahren ein geringeres (z. B. Eintritt in den Ruhestand), wirken sich die geleisteten Beiträge aufgrund des progressiven Einkommensteuersatzes erheblich besser aus.
5. Höchstbetrag der Beitragsvorauszahlung beachten
Angestellte und freiberuflich tätige Rechtsanwälte können das Steuersparmodell nicht unbegrenzt nutzen. Denn Beitragsvorauszahlungen an die Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung sind nur insoweit im Zahlungsjahr abzugsfähig, wie sie nicht das Dreifache der auf das Zahlungsjahr entfallenden Beiträge überschreiten.
Beispiel 3 |
Rechtsanwalt R zahlt nicht das Dreifache seines Jahresbeitrags von 6.000 EUR, sondern das Vierfache im Voraus (Vorauszahlung von 24.000 EUR). Lösung: Nur 18.000 EUR sind im Zahlungsjahr zusätzlich abzugsfähig. Die übersteigenden 6.000 EUR sind erst im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zu berücksichtigen, bei einer Vorauszahlung für 2023 bis 2026 also im Jahr 2026. |
Modell auch für privat versicherte Ehegatten + Kinder nutzen Praxistipp | Rechtsanwälte können nicht nur ihre eigenen Beiträge zur KV/PV vorauszahlen. Sind auch der Ehegatte oder die Kinder privat versichert, lassen sich für diese ebenso die Beiträge im Voraus zahlen und das Steuersparmodell nutzen. Zu beachten ist aber, dass die Beitragsvorauszahlung immer vor dem 22.12. eines Jahres geleistet werden sollte. Bei Zahlungen ab dem 22.12. wird das Finanzamt die Vorauszahlung aufgrund der Sonderregelung in § 11 Abs. 2 S. 2 EStG zwar grundsätzlich, wie dargestellt, anerkennen. Den für Januar des Folgejahres vorausgezahlten Beitrag wird es aber dennoch erst im Folgejahr und nicht im Zahlungsjahr berücksichtigen. |
AUSGABE: AK 11/2022, S. 196 · ID: 48644134