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Qualitätsmanagement, Teil 2QM – vom Fluch zum Segen: Der Aufbau des Handbuchs im Detail
| Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, wie Sie mit einem Qualitätsmanagementhandbuch (QMH) wertvolle Zeit sparen können, indem Sie seltene Arbeitsabläufe, die aus vielen verschiedenen Unterpunkten bestehen, schriftlich festhalten und systematisieren? AH erläutert Ihnen den allgemeinen Aufbau eines QMH und zeigt Ihnen am Beispiel „neuer Mitarbeiter“ den möglichen Mehrwert auf. |

Inhaltsverzeichnis
Die Einteilung der Kapitel
Es empfiehlt sich, zunächst einige wenige Kapitel zu wählen, in die dann alle wichtigen Prozesse der Apotheke eingegliedert werden. Die Überschriften dieser Kapitel sollten so allgemein gewählt werden, dass man intuitiv immer weiß, wo man den aktuell gesuchten Bereich findet.
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Kapitel 1: Einleitung und Allgemeines
In Kapitel 1 gehören in unserem Beispiel-QMH alle allgemeinen Festlegungen zum Qualitätsmanagementsystem (QMS), z. B. was überhaupt die Zielsetzung des QM dieser konkreten Apotheke sein soll und wer als Qualitätsmanagementbeauftragter (QMB) eingesetzt wird. Hier bietet sich auch ein kurzer Rückblick auf die Geschichte der Apotheke an sowie eine Darstellung des Leitbilds der Apotheke: Was sind die Schwerpunkte der Apotheke? Wie sieht diese Apotheke sich selbst? Hat sie ein spezielles Motto? Dies hilft neuen Mitarbeitern, Auszubildenden sowie auch Vertretungen, die Dynamik des Betriebs schneller zu verstehen und sich nahtlos zu integrieren.
Das erste Kapitel ist auch der ideale Ort für eine Liste der Standorte der wichtigsten Arbeitsmittel in der Apotheke. So findet jede Aushilfe auf jeder Position schnell, was sie benötigt, z. B. zusätzliches Wechselgeld, das Refraktometer, die Geldkassette für Kautionen oder neue Farbbänder. Außerdem können hier alle wichtigen Abkürzungen erklärt werden.
Kapitel 2: Chefsache
Im zweiten Kapitel sind alle Themen zu finden, die mit der Apothekenführung zu tun haben. Der wohl wichtigste Unterpunkt sind alle Personalangelegenheiten. Hier kann z. B. festgelegt werden, wie neue Mitarbeiter akquiriert und eingestellt werden, wer welche Qualifikationen und Fortbildungen haben soll, wie die Fort- und Weiterbildung im Betrieb generell geregelt ist, wer wofür zuständig ist und wer wen vertritt.
Hier kann auch die Kommunikation im Betrieb geregelt werden. Wer öffnet die Post? Wer leitet welche Informationen an wen weiter? Es ist äußerst sinnvoll, ein QMS-Board einzurichten, über das wichtige Informationen und Beschlüsse schnell an alle Mitarbeiter weitergegeben werden können und durch dessen Existenz auch Personen, die gerade abwesend sind, nicht vergessen werden. Ebenso können hier geplante Projekte und neue Ideen festgehalten werden, damit sie nicht verloren gehen. Auch kann der Chef in diesem Kapitel festlegen, welches Image für die Apotheke gewünscht ist und durch welche Art der Öffentlichkeitsarbeit dieses erreicht bzw. erhalten werden soll.
Konkrete Ziele motivieren das Team Praxistipp | Es ist motivierend für das gesamte Team, wenn der Chef konkrete Ziele für den Betrieb formuliert, die allen Mitarbeitern bekannt sind. Diese Ziele sollten so gewählt sein, dass sie leicht auswertbar und relativ transparent sind. Beispielsweise könnte die angestrebte Anzahl der Kunden pro Tag, die gewünschte Anzahl der Neuaufnahmen in die Kundenkartei pro Monat oder die anvisierte Anzahl der pro Monat abzurechnenden pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) festgelegt werden. |
Kapitel 3: Rund um den Kunden
In dieses Kapitel gehören alle betrieblichen Abläufe, die in irgendeiner Weise mit Kunden zu tun haben. Erfahrungsgemäß beginnen die meisten QMB beim Verfassen des QMH (oder beim Bearbeiten der Vorlage) mit diesem Kapitel, da sie sich hier am sichersten fühlen. Für die Kundenbetreuung sollte es einen für alle gültigen Leitfaden geben, wie ausführlich eine Beratung sein soll, worauf in bestimmten Gesprächen zu achten ist, welche Fertigarzneimittel in welchen Situationen empfohlen und in welchem Umfang Zugaben abgegeben werden. Ohne die individuelle Situation jeder Beratung zu verallgemeinern, sollten hier klare Richtlinien für alle Mitarbeiter festgelegt werden, damit die Kunden von allen Mitarbeitern im Großen und Ganzen gleich betreut werden.
Es macht einen schlechten Eindruck auf die Kundschaft, wenn der eine Mitarbeiter auf Mittel A schwört und von Mittel B abrät, während ein anderer Mitarbeiter es genau umgekehrt handhabt. Außerdem kann so vermieden werden, dass ein bestimmter HV-Mitarbeiter von allen Kunden besonders geliebt wird, weil er mit Zugaben nur so um sich wirft, während alle anderen im Team damit eher zurückhaltend umgehen. In diesem Zusammenhang sollten (je nach Angebot der Apotheke) komplexe Prozesse wie die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln und Inkontinenzmaterialien, die Lieferung von Sprechstundenbedarf, die Durchführung von pDL und Impfungen sowie die Heimversorgung besonders ausführlich beschrieben werden.
In diesem Kapitel finden sich auch alle Vorgänge wieder, die sich mit Messungen und Untersuchungen am Kunden beschäftigen. Dies können je nach Angebot der Apotheke z. B. die Blutdruckmessung, Blutzuckermessung, Cholesterinbestimmung oder das Anmessen von Kompressionsstrümpfen sein. Da sich der Verleih von Geräten wie elektrischen Milchpumpen oder Inhalationsgeräten durch Kundenkontakt ergibt, werden diese Themen ebenfalls im dritten Kapitel behandelt.
Einen großen Stellenwert im Kapitel „Kundenbetreuung“ nehmen auch die Rezepturen (und ggf. Defekturen) ein, die in der Apotheke für die Patienten hergestellt werden. Von der Plausibilitätsprüfung über die Herstellungsanweisung, das Herstellungsprotokoll, die Freigabe bis hin zur Gesamtorganisation der Rezeptur sollten alle wichtigen Festlegungen zu finden sein. Da auch die Abrechnung von Leistungen unmittelbar zum Kundenkontakt gehört, sollten in diesem Abschnitt des QMH die Regelungen zu Barzahlungen, Kartenzahlungen, Rechnungskunden, zum Sprechstundenbedarf etc. getroffen werden.
Beachten Sie | Ein Detail, das vielleicht unwichtig erscheint, aber dennoch geregelt werden sollte, ist die Informationsbeschaffung. Wenn Kunden am HV-Tisch Fragen stellen, die nicht sofort zufriedenstellend beantwortet werden können, sollte es eine Regelung geben, wer sich in welchem Rahmen um die Klärung der offenen Fälle bemüht. Außerdem sollte festgelegt werden, welche Quellen für welche Recherchen bevorzugt genutzt werden. Es ist ggf. sinnvoll, das gesamte Team im Umgang mit bestimmten Datenbanken zu schulen.
Kapitel 4: Backoffice
Im vierten Abschnitt unseres Beispiel-QMH werden alle wichtigen Prozesse in der Apotheke betrachtet, die nicht unmittelbar etwas mit den Kunden zu tun haben. Der größte Abschnitt dürfte die Beschaffung der Waren für die Kunden sein. Da man als QMB wahrscheinlich nicht alle Schritte von der Bestellung über die Warenannahme bis hin zur Lagerung und ggf. Retoure im Detail kennt, ist es sinnvoll, sich bei der Erstellung der entsprechenden Seiten von einer erfahrenen PKA unterstützen zu lassen bzw. diese Arbeit komplett zu delegieren.
Ein weiterer wesentlicher Punkt, der idealerweise wiederum gemeinsam mit der verantwortlichen PKA ausgearbeitet werden sollte, ist die Lagerpflege. Es sollten Festlegungen getroffen werden, in welchem Turnus welche Kontrolllisten abgearbeitet werden, wobei insbesondere auf die Überprüfung der Verfalldaten und die Lagerbereinigung Wert gelegt werden sollte. Darüber hinaus sollte es auch ein Ressourcenmanagement für alle anderen Güter geben: Wer ist für den Einkauf von Toilettenpapier, Reinigungsmitteln, Farbbändern und Kopierpapier zuständig? Wie viel hält man in diesem Bereich vorrätig und wo werden diese Dinge bezogen? Wie sind die Prüfungen der Ausgangsstoffe geregelt? Es sollte auch kurz darauf eingegangen werden, wo welche Akten gelagert werden, was überhaupt aufbewahrt und was in welchem Rhythmus der Aktenvernichtung zugeführt wird.
Sämtliche Regelungen zum Themenkomplex Hygiene und Reinigung sollten sich ebenfalls im Kapitel „Backoffice“ wiederfinden. Dies beginnt bei den Hygieneplänen und geht über die Personalhygiene bis hin zur Reinigung der Kittel. Um Notfallvertretungen des Apothekers bei gleichzeitiger Abwesenheit weiterer Schlüsselpositionen im Team zu ermöglichen, sollte es eine Punkt-für-Punkt-Liste zum Öffnen (und natürlich auch Schließen) der Apotheke geben:
Checkliste / Öffnen der Apotheke bei Notfallvertretung |
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Ein wichtiger Grund, QM durchzuführen, ist die Fehlervermeidung. Daher sollte dem gesamten Fehlermanagement, einschließlich der Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen, ein hoher Stellenwert zuerkannt und viel Platz im QMH eingeräumt werden.
Kapitel 5: Arbeitsblätter
Im letzten Kapitel des QMH sind alle Arbeitsblätter, die das Team in bestimmten Situationen ausfüllen muss, als Blankovariante zu finden, ggf. mit Festlegungen dazu, wer den entsprechenden Vordruck in welcher Situation (regelmäßig oder nur bei Bedarf?) ausfüllen soll. Die ausgefüllten Arbeitsblätter hingegen werden in einem separaten Ordner gesammelt.
Aufbau eines Themas
Die einzelnen Themengebiete im QMH sollten stets aus einem Fließtext und einem dazugehörigen Flussdiagramm bestehen. Die Fließtexte aller Kapitel sollten dabei identisch mit immer wiederkehrenden Überschriften aufgebaut sein, um ein schnelles Auffinden einzelner Punkte im Alltag zu ermöglichen.
Beispiel |
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Das Flussdiagramm sollte schematisch den Ablauf des Prozesses inklusive aller zu treffenden Entscheidungen darstellen. Je nach gewählter Antwort geht es dann an unterschiedlichen Stellen weiter. Um derartige Abläufe besonders übersichtlich zu gestalten, können bestimmte geometrische Formen als Symbole (z. B. für Tätigkeiten, zu verwendende Unterlagen, einzubeziehende Personen) genutzt werden.
Arbeitshilfe / Beispiel: „Checkliste neuer Mitarbeiter“ als Anlage zu Kapitel 2 (Abruf-Nr. 50341197) |
Bereich Meldungen/Nachweise/Unterlagen |
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Zusätzliche Besonderheiten nach Berufsgruppe |
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Bereich Bestellungen/Anfertigungen |
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Bereich Organisation |
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Bereich Öffentlichkeitsarbeit |
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Unterschriften bei Arbeitsantritt |
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Stellen/Kapitel/Arbeitsblätter im QMH, die ggf. geändert werden müssen |
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AUSGABE: AH 4/2025, S. 2 · ID: 50334373