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AHApotheke heute

Betriebswirtschaftliche ApothekensteuerungAusgewählte Möglichkeiten, wie sich Ertragslage und Liquidität in Apotheken verbessern lassen

Top-BeitragAbo-Inhalt03.03.20253771 Min. LesedauerVon Dipl.-Betriebswirt Jörgen Erichsen, Leverkusen

| Die wirtschaftliche Situation der Apotheken ist nach wie vor schwierig. Häufig steigen zwar die Umsätze, aber die Gewinne bleiben zurück, weil auch die Kosten deutlich anziehen. Darunter leidet auch die Liquidität, also die Fähigkeit, jederzeit allen Zahlungsverpflichtungen aus eigener Kraft nachkommen zu können. Doch Apotheker haben Möglichkeiten, gegenzusteuern und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu verbessern. Bei den folgenden Beispielen handelt es sich um leicht umsetzbare Maßnahmen. |

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Umsätze werden weiter steigen, aber auch die Kosten

Für das laufende Jahr ist davon auszugehen, dass die Umsätze in den Apotheken weiter steigen. Hintergrund ist u. a., dass die Zahl der Versicherten und Beitragszahler steigt. Das Ausmaß der Umsatzsteigerung ist noch nicht absehbar und wird regional unterschiedlich ausfallen, u. a. abhängig von der Bevölkerungsstruktur und dem Alter der Menschen in einer Region. Gleichzeitig steigen für alle Apotheken aber die Kosten, z. B. für Personal, Mieten, Energie, EDV, Versicherungen. Privatwirtschaftliche Unternehmen versuchen in einer solchen Situation, Kostensteigerungen über höhere Preise weiterzugeben. Dies ist in der Apotheke nur bedingt möglich, da die Preise für verschreibungspflichtige Arzneimittel staatlich reguliert sind und nur bei rezeptfreien Arzneimitteln freie Preisbildung besteht. Bei Letzteren können die Preise angepasst werden – und auch das nur in begrenztem Umfang, da die Apotheken im Wettbewerb u. a. mit Drogeriemärkten oder Versandapotheken stehen, die oft günstigere Preise ausloben.

Ohne Gegenmaßnahmen sinkt der noch erwirtschaftete Gewinn kontinuierlich. Dies kann mittelfristig zu Verlusten führen und die Liquidität belasten. Denn der Gewinn muss auch ausreichen, um allen anderen Zahlungsverpflichtungen wie Steuerzahlungen, Investitionen und Tilgung von Bankkrediten nachkommen zu können. In der Praxis hat es sich bewährt, sowohl auf der Umsatz- als auch auf der Kostenseite Verbesserungen anzustreben.

Möglichkeiten zur Verbesserung von Ertragslage und Liquidität

Im Folgenden werden einige Möglichkeiten zur Stabilisierung und Steigerung der Erträge aufgezeigt, die zur Ideenfindung dienen sollen. Viele Maßnahmen können selbst umgesetzt werden, in einigen Fällen kann es sinnvoll sein, auf die Expertise Dritter zurückzugreifen. Veränderungen in Apotheken können es auch erforderlich machen, höhere Kosten in Kauf zu nehmen. Werden beispielsweise neue Produkte eingeführt, kann es notwendig sein, die Werbung zu ändern oder Mitarbeiter zu schulen. Auch die EDV muss in vielen Fällen angepasst werden. Und wer sich mit der Umsetzung von Maßnahmen beschäftigt, muss nach einer gewissen Zeit überprüfen, ob er erfolgreich war. Ein gutes Mittel dazu sind Kennzahlen. Deshalb werden für die Maßnahmen, soweit möglich, eine oder mehrere Kennzahlen vorgeschlagen, mit denen der Erfolg gemessen werden kann. Die Bezeichnungen und Formeln sind Vorschläge, die bei Bedarf angepasst werden können. Um den Erfolg wirklich beurteilen zu können, sollten die Kennzahlen über mehrere Jahre gebildet und die Entwicklung beobachtet werden.

Ausbau des Produktsortiments und Angebot von Zusatzleistungen

Es kann z. B. versucht werden, das Sortiment in Richtung rezeptfreier Artikel aus den Bereichen Naturheilmittel, Gesundheits- und Wellnessprodukte zu erweitern. Dabei ist darauf zu achten, dass bevorzugt Artikel mit einem hohen Rohertrag angeboten werden. Der Rohertrag errechnet sich aus der Differenz zwischen dem Nettopreis für den Kunden und den Einstandskosten (siehe auch „Wichtige Kennzahlen für Apotheken: Warenrohertrag und Handelsspanne“ in AH 04/2024, Seite 12).

Vorschläge für Kennzahlen zur Erfolgsmessung

Kennzahl

Formelvorschlag

Hinweise

Verkaufsindex Wellnessprodukte (Naturheilmittel usw.)

Anzahl Wellnessprodukte laufende Periode (z. B. Quartal)/ Anzahl Wellnessprodukte Vorperiode

Werte > 1 = Es wurden mehr Artikel verkauft

Rohertrag Wellnessprodukte

Rohertrag Wellnessprodukte laufende Periode/

Rohertrag Wellnessprodukte Vorperiode

Werte > 1 = Rohertrag ist gestiegen

Kundenakzeptanz

Anzahl Kunden, die Wellnessprodukte kaufen * 100 / Gesamtzahl Kunden

Möglichst groß bzw. steigend

Zusätzliche Dienstleistungen

Analog zu den neuen Artikeln kann versucht werden, das Dienstleistungsangebot zu erweitern, z. B. um pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) wie die standardisierte Risikoerfassung von Bluthochdruck oder die Schulung der Inhalationstechnik. Und auch wenn sich dieses Angebot je nach (personeller) Ausstattung der Apotheke nicht in jedem Fall betriebswirtschaftlich rechnet, lassen sich im Zusammenhang damit Zusatzverkäufe generieren, die wiederum direkt in das betriebswirtschaftliche Ergebnis einfließen, und der Imagegewinn sowie der umfassende Service stärken die Kundenbindung.

Vorschläge für Kennzahlen zur Erfolgsmessung

Kennzahl

Formelvorschlag

Hinweise

Verkaufsindex Zusatzleistungen

Anzahl Zusatzleistungen laufende Periode/

Anzahl Zusatzleistungen Vorperiode

Werte > 1 = Es wurden mehr Artikel verkauft

Rohertrag Zusatzleistungen

Rohertrag Zusatzleistungen laufende Periode/

Rohertrag Zusatzleistungen Vorperiode

Werte > 1 = Rohertrag ist gestiegen

Kundenakzeptanz

Anzahl Kunden, die Zusatzleistungen kaufen * 100 / Gesamtzahl Kunden

Möglichst groß bzw. steigend

Einführung oder Intensivierung von Kundenbindungsprogrammen

Auch wenn Rabatte oder Treueprogramme bei Non-Rx-Artikeln zunächst zu Umsatzeinbußen führen, kann sich ihr Einsatz lohnen. Denn Treueprogramme erhöhen die Kundenbindung und die Kunden kaufen lieber in „ihrer“ Apotheke als in Versandapotheken oder Drogerien. Somit kann der rabattbedingte Umsatzrückgang oft überkompensiert werden (siehe auch „Rabatte, Boni & Co.: Schenken, aber richtig – das ist nicht nur zum Jahresende relevant!“, in AH 12/2021, Seite 12).

Vorschläge für Kennzahlen zur Erfolgsmessung

Kennzahl

Formelvorschlag

Hinweise

Verkaufsindex Non-Rx-Artikel

Anzahl verkaufter Non-Rx-Artikel laufende Periode/

Anzahl verkaufter Non-Rx-Artikel Vorperiode

Werte > 1 = Es wurden mehr Artikel verkauft

Rohertrag Non-Rx-Artikel

Rohertrag Non-Rx-Artikel laufende Periode/

Rohertrag Non-Rx-Artikel Vorperiode

Werte > 1 = Rohertrag ist gestiegen

Umsatzindex Non-Rx-Artikel

Umsatz verkaufter Non-Rx-Artikel laufende Periode/

Umsatz verkaufter Non-Rx-Artikel Vorperiode

Werte > 1 = Umsatz trotz Rabatt gestiegen = besonders positiv

Laufende Kostensenkungen prüfen

Apotheker sollten ständig die Notwendigkeit von Kosten hinterfragen:

  • Sind die Mittel für die Werbung in dieser Höhe wirklich notwendig? Gibt es eine günstigere Agentur? Werden die richtigen Kanäle genutzt?
  • Sind die Versicherungen gut und richtig? Gibt es günstigere Angebote?
  • Sind alle Verträge in dieser Form notwendig, z. B. für Wartung, IT? Gibt es günstigere Alternativen?

Beachten Sie | Auslaufende Verträge sollten für Neuverhandlungen oder einen Anbieterwechsel genutzt werden.

Da der Wareneinkauf die mit Abstand größte Position darstellt, sollte hierauf regelmäßig ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Hier kann versucht werden, mit dem Großhandel bessere Konditionen auszuhandeln. Auch eine Überprüfung der möglichen Aufschläge durch den Großhandel sollte regelmäßig erfolgen, um eventuelle Fehler bzw. zu hohe Zahlungen zu vermeiden.

Vorschläge für Kennzahlen zur Erfolgsmessung

Die Entwicklung der Kosten ist in der monatlichen (und jährlichen) BWA gut ersichtlich. Hier werden z. B. die Kostenpositionen relativ zum Rohertrag bzw. Umsatz direkt ausgewiesen – ebenso wie die Gesamtkosten. Die Gesamtkosten ohne Material- und Wareneinsatz werden auf 100 Prozent und ins Verhältnis zum Rohertrag und zum Umsatz gesetzt. Die Kennzahlen zeigen, wie viel Rohertrag bzw. Umsatz mit einem Euro Gesamtkosten erzielt wurde.

Beispiel: Die Gesamtkosten laut BWA liegen bei 33.322 Euro, der Rohertrag bei 41.260 Euro und der Umsatz bei 73.600 Euro. Die Prozentwerte betragen dann 124 und 221 Prozent. Anders ausgedrückt: Mit einem Euro Gesamtkosten wurden ein Rohertrag von 1,24 Euro und ein Umsatz von 2,21 Euro erzielt.

Je höher beide Werte sind, desto besser. Die Aussagekraft dieser Kennzahl erhöht sich, wenn man die Entwicklung über mehrere Jahre betrachtet. Steigen die Prozentwerte, wird in der Apotheke effizienter gearbeitet und umgekehrt.

Liquidität im Blick behalten und verbessern

Bei allen Maßnahmen sollte immer auch die Liquidität im Fokus stehen. Können Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllt werden, kann die Insolvenz drohen. Und selbst wenn eine Apotheke Gewinn erwirtschaftet, kann es zu Liquiditätsproblemen kommen. Denn nicht alle Geschäftsvorfälle beeinflussen den Gewinn, wohl aber die Liquidität, z. B. Steuernachzahlungen/-vorauszahlungen oder Tilgungen.

Beispiel

Die BWA einer Apotheke weist in einem Monat einen Gewinn von 12.000 Euro aus. In diesem Monat fallen zusätzlich 5.000 Euro Steuervorauszahlungen, 1.500 Euro Tilgungsleistungen und 6.000 Euro Lieferantenforderungen an. Der Gewinn reicht also nicht aus, um allen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen und es muss z. B. das Kontokorrent genutzt werden. Wenn es sich um vorübergehende Probleme handelt, die sich im nächsten Monat wieder ausgleichen, ist das i. d. R. nicht kritisch. Dennoch sollte immer versucht werden, die Liquidität zu verbessern, um für solche Fälle Reserven zu haben.

Mögliche Erlös- und Kostenschwankungen können sich negativ auf die Liquidität auswirken, etwa wenn es umsatzschwache Monate gibt (z. B. Ferien, viele Feiertage) oder wenn in einzelnen Monaten hohe Kosten und Auszahlungen anfallen, z. B. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und Steuervorauszahlungen bzw. -nachzahlungen. Nicht zuletzt muss bedacht werden, dass es zu Zahlungsverschiebungen kommen kann, wenn z. B. Rezepte von Kassen später bezahlt werden als Lieferantenforderungen zu begleichen sind.

Folgende Maßnahmen wirken sich direkt positiv auf die Liquidität aus:

  • Optimierung in der Warenwirtschaft: nur so viel bestellen, wie voraussichtlich benötigt wird, wenig Bestände vorhalten. Das bindet Kapital, das nicht für andere Zwecke zur Verfügung steht. Außerdem sinkt das Risiko, dass Verfallsdaten überschritten werden und Produkte entsorgt werden müssen.
  • Anpassung der Steuervorauszahlungen bei sinkendem Gewinn, auch unterjährig
  • Verkauf von nicht mehr benötigtem Anlagevermögen
  • (Temporäre) Einlage flüssiger Mittel durch den Inhaber
  • Aufbau einer Liquiditätsreserve für schwierige Zeiten

Da die Liquidität für jede Apotheke überlebenswichtig ist, sollte die Entwicklung ständig überwacht werden. Es gibt zwar aussagekräftige Liquiditätskennziffern, diese sind aber im Tagesgeschäft für Apotheken weniger geeignet. Besser ist es, wenn der Apotheker eine einfache monatliche Liquiditätsplanung oder einen -status erstellt und fortschreibt, um leichter erkennen zu können, ob und wann es ggf. zu Engpässen kommt. Wichtig ist, dass nur Vorgänge erfasst werden, die zu einer Kontomehrung oder -minderung führen.

Ein Liquiditätsstatus kann z. B. mit Excel erstellt werden. Die Übersicht zeigt beispielhaft, wie ein einfacher Liquiditätsstatus aussehen kann:

Arbeitshilfe / Liquiditätsstatus

Liquiditätsplanung

Monat

Position

Jan

Feb

Mrz

Apr

Mai

Jun

Jul

...

Dez

Gesamt

Bankguthaben/Kasse

1.200

-1.000

0

0

0

0

0

0

+

Darlehen 1

0

0

0

0

0

0

0

0

+

Zahlungseingänge aus

Umsätzen

93.700

89.600

0

0

0

0

0

0

+

Sonstige Einzahlungen

0

0

0

0

0

0

0

0

Personalauszahlungen

62.100

62.100

0

0

0

0

0

0

Löhne und Gehälter

43.000

43.000

0

0

0

0

0

0

Sozialabgaben

19.100

19.100

0

0

0

0

0

0

Steuern/Nachzahlungen usw.

0

0

0

0

0

0

0

0

Sonstige Kreditoren, z. B. Miete, Versicherungen, Energien, Kfz, Werbung

24.300

26.400

0

0

0

0

0

0

Sonstige Auszahlungen, z. B. Tilgungen, Zinsen

9.500

9.400

0

0

0

0

0

0

=

Über-/Unterdeckung

-1.000

-9.300

0

0

0

0

0

0

+

Verfügbarer Kontokorrent/Kreditlinie

10.000

10.000

0

0

0

0

0

0

=

Verfügbare Liquidität

9.000

700

0

0

0

0

0

0

Personaleinsatz optimieren

Beim Personal ist es äußerst schwierig, die Kosten unmittelbar zu senken, da u. a. Fachkräftemangel herrscht. In der Praxis hat es sich bewährt, die Beschäftigten effizienter einzusetzen. Je höher die Kundenfrequenz, desto mehr Personal sollte für Verkauf und Beratung zur Verfügung stehen, damit die Kunden nicht zu lange warten müssen. Das schafft Zufriedenheit und erhöht die Kundenbindung. Umgekehrt sollte in Randzeiten, z. B. morgens oder abends, mit weniger Personal gearbeitet werden. Hier muss jede Apotheke ihr individuelles „Kundenfrequenzprofil“ erstellen. Die Flexibilisierung bietet oft auch Teilzeitkräften die Möglichkeit, Beruf und Privatleben besser zu vereinbaren.

Zur Verbesserung des Personaleinsatzes gehört auch die Aus- und Weiterbildung des Personals. Ziel ist es, das Personal im Umgang mit den Kunden zu schulen, um eine höhere Kundenzufriedenheit und Kundenbindung zu generieren. Eine klare und zielgerichtete Gesprächsführung spart zudem Zeit und damit Geld.

Weiterführende Hinweise
  • „Optimale Gestaltung des Warenlagers: ABC-Analyse als Instrument zur Vermeidung von Defekten“, in AH 10/2023, Seite 2
  • „Category Management: Warengruppen mit Kennzahlen aus quantitativen Daten steuern“, in AH 08/2023, Seite 2

AUSGABE: AH 4/2025, S. 7 · ID: 50331644

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