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FüllungstherapieMehrere Zahnfüllungen bei einer schwangeren GKV-Patientin nach dem Amalgamverbot
| Seit dem 01.01.2025 gelten für Vertragszahnärzte die Neuregelungen zum Amalgamverbot (AAZ 12/2024, Seite 6 ff.). Doch wie sind diese Neuregelungen konkret anzuwenden? Wie sind die Füllungshauptleistungen abzurechnen? Und was ist bei den Begleitleistungen zu beachten? Antworten auf diese Fragen gibt der folgende Beitrag. Gezeigt wird die Versorgung einer 37-jährigen gesetzlich versicherten schwangeren Patientin (GKV-Patientin) mit mehreren Füllungen im Front- und Seitenzahnbereich. |
Inhaltsverzeichnis
Schwangere GKV-Patientin benötigt mehrere Füllungen
Eine 37-jährige gesetzlich versicherte Patientin stellt sich zur Kontrolluntersuchung in der Praxis vor. Der Befund ergibt, dass mehrere Zähne kariös sind bzw. insuffiziente Füllungen aufweisen. Betroffen sind die Zähne 12, 22, 26 und 18.
Die Patientin wird über die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Füllungsmaterialien aufgeklärt. Für die Versorgung werden folgende Maßnahmen vereinbart. Die meisten davon erfordern eine Privatvereinbarung gemäß § 8 Abs. 7 Bundesmantelvertrag – Zahnärzte (BMV-Z):
- Am Zahn 12 entscheidet sich die Patientin für eine Füllung in Mehrschicht- und Mehrfarbtechnik.Diese Maßnahmen werden vereinbart
- Die kleinere Füllung palatinal am Zahn 22 soll mit Komposit in Mehrschichttechnik versorgt werden.
- Der Zahn 26 erhält eine vierflächige Kompositfüllung in Mehrschichttechnik.
- Der Zahn 18 bekommt okklusal eine Füllung mit einem selbstadhäsiven Material.
In der zweiten Füllungstherapiesitzung teilt die Patientin dem Praxisteam mit, dass sie in der sechsten Schwangerschaftswoche ist.
Behandlungsablauf | ||||
Datum | Zahn | Leistung | BEMA | GOZ |
09.01. | Eingehende Untersuchung und Aufklärung über Füllungsmaterial | 01 (U) | – | |
12, 22, 26, 18 | Sensibilitätsprobe (alle Zähne reagieren vital) | 8 (ViPr) | – | |
Erläuterung alternativer Füllungsmaterialien | – | – | ||
Aufstellen eines schriftlichen Heil- und Kostenplans und einer Privatvereinbarung gem. § 8 Abs. 7 BMV-Z | – | 0030 | ||
Aufklärung über den Ablauf und über die privaten Kosten | – | Ä1 | ||
15.01. | 12, 22 | Oberflächenanästhesie | – | 0080 |
12 | Infiltrationsanästhesie vestibulär und palatinal, 1 Karpule Anästhetikum | 40 (I) | ||
22 | Intraligamentäre Anästhesie auf Wunsch der Patientin | – | 0090 + Mat. | |
12, 22 | Präparation der Kavität | – | – | |
13–23 | Anlegen von Spanngummi zur absoluten Trockenlegung für Kompositfüllung | 12 (bMF) | – | |
12 | Zahnfarbbestimmung | – | BEB | |
12 | Kompositfüllung in Mehrschicht- und Mehrfarbtechnik –mod– | 2100 abzgl. 13c (F3) | ||
22 | Kompositfüllung –p– | 13a (F1) | – | |
12, 22 | Politur der Füllungen | – | – | |
30.01. | Patientin teilt mit, dass sie in der 6. Schwangerschaftswoche ist. | – | – | |
26 | Intraligamentäre Anästhesie aufgrund der Ausdehnung der tiefen Kavität | 40 (I) | – | |
18, 26 | Kavitätenpräparation | – | – | |
18 | Füllung mit selbstadhäsiven Material –p– | 13a (F1) | – | |
26 | Entfernen weicher Beläge | – | 4055 | |
26 | Anlegen einer Formgebungshilfe zur besseren Ausgestaltung des Kontaktpunktes und des distalen Interdentalbereiches | – | 2030 | |
Zahnfarbbestimmung | – | BEB | ||
26 | Kompositfüllung in Mehrschichttechnik –modp– | 2120 abzgl. 13d (F4) | ||
18, 26 | Politur der Füllungen | – |
Erläuterungen
Nachfolgend erläutern wir die Leistungspositionen und geben Hinweise zur Abrechnung.
09.01.
Die eingehende Untersuchung nach BEMA-Nr. 01 (U) ist bei gesetzlich versicherten Patienten einmal je Kalenderhalbjahr, frühestens jedoch nach vier Monaten abrechenbar. Zum Leistungsinhalt zählt die Dokumentation des erhobenen Befundes wie auch die Beratung. Daher ist im zeitlichen Zusammenhang neben der BEMA Nr. 01 (U) die Beratung nach Nr. Ä1 nicht zusätzlich berechnungsfähig.
Die Sensibilitätsprobe wird unabhängig der Anzahl der zu überprüfenden Zähne je Sitzung nach BEMA-Nr. 8 (ViPr) berechnet.
Das Aufstellen eines schriftlichen Heil- und Kostenplans berechnet man nach Nr. 0030 GOZ. Zusätzlich erhält der Patient eine schriftliche Privatvereinbarung gemäß § 8 Abs. 7 BMV-Z für die Begleitleistungen zur Füllungstherapie. Vor Behandlungsbeginn muss der Patient diese Privatvereinbarung unterschreiben.
Privatvereinbarung und abweichende Vereinbarung vor (!) Behandlungsbeginn Praxistipp | Wird ein Faktor größer als 3,5-fach vereinbart, so ist zusätzlich zur Privatvereinbarung gemäß § 8 Abs. 7 BMV-Z vor Behandlungsbeginn eine abweichende Vereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 und 2 GOZ zu schließen (vgl. dazu die AAZ-Sonderausgabe „Mehrkostenvereinbarung und Privatvereinbarung; Abruf-Nr. 49756855). Diese unterzeichneten Formulare werden zunehmend von den privaten Krankenversicherungen (PKVen) und Zusatzversicherungen eingefordert. Liegt dieses Formular nicht vor, so kann der Patient die Zahlung verweigern. |
Erfolgt eine die Beratung über die Privatleistungen, wie beispielsweise die Aufklärung über die privaten Begleitleistungen der Füllungstherapie, so berechnet man diese Beratung nach Nr. Ä1 GOÄ-PKV.
15.01.
Die Oberflächenanästhesie berechnet man je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich nach Nr. 0080 GOZ. Das verwendete Anästhetikum kann nicht zusätzlich berechnet werden.
Die Infiltrationsanästhesie am Zahn 12 ist aufgrund der Größe und Ausdehnung der Kavität nach BEMA-Nr. 40 (I) berechnungsfähig.
Anders verhält es sich mit der intraligamentären Anästhesie am Zahn 22. Hier ist das Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 12 Sozialgesetzbuch (SGB) V zu beachten. Es ist streng zu prüfen, ob die Anästhesie für die palatinale Kavität wirklich notwendig ist oder „auf Wunsch des Patienten“ erfolgt. Im vorliegenden Patientenfall ist die intraligamentäre Anästhesie am Zahn 22 gemäß § 12 SGB V nicht notwendig und wird auf Wunsch der Patientin erbracht. Die Leistung ist nach Nr. 0090 GOZ abzurechnen und muss mit dem Patienten vorher gemäß § 8 Abs. 7 BMV-Z schriftlich vereinbart werden.
Das Anlegen von Spanngummi zur absoluten Trockenlegung erfolgt hier im Rahmen der Kompositfüllung. Im Frontzahnbereich ist eine mehrfach geschichtete Kompositfüllung Gegenstand des GKV-Sachleistungskatalogs und darf nach BEMA 13a–13d berechnet werden. Dabei ist es im vorliegenden Fall unerheblich, dass am Zahn 12 eine Kompositfüllung in Mehrfarb- und Mehrschichttechnik gelegt wird.
Merke | Die Mehrfarbtechnik ist keine GKV-Leistung und nach § 28 Abs. 2 SGB V mit der Patientin als Mehrkosten zu vereinbaren. Für das Anlegen von Kofferdam spielt die Art der Füllung jedoch keine Rolle. Denn die absolute Trockenlegung wäre auch für die mehrfachgeschichtete Kompositfüllung notwendig gewesen. Daher wird das Anlegen des Spanngummis in der Front nach BEMA-Nr. 12 (bMF) berechnet. |
Die Zahnfarbbestimmung ist eine Chairside-Leistung und wird gemäß § 9 GOZ als zahntechnische Leistung zusätzlich berechnet. Hier kann beispielsweise auf die BEB-Nr. 0723 zurückgegriffen werden.
Die Kompositfüllung in Mehrfarb- und Mehrschichttechnik ist nicht im Sachleistungskatalog der GKV enthalten (s. o.). Daher wird für die Kompositfüllung eine Mehrkostenvereinbarung nach § 28 Abs. 2 SGB V mit der Patientin geschlossen. Bei der Abrechnung wird von der GOZ-Leistung die BEMA-Position abgezogen und die Patientin hat nur die Mehrkosten zu tragen.
Die Kompositfüllung an dem Zahn 22 ist eine GKV-Leistung, selbst wenn diese in Mehrschichttechnik eingebracht werden sollte. Hier wird die Füllung palatinal gelegt, die Berechnung erfolgt nach BEMA-Nr. 13a (F1). Das Präparieren der Kavität und die Politur ist dabei Leistungsinhalt.
30.01.
Die Patientin teilt dem Praxisteam in der zweiten Füllungssitzung mit, dass sie in der sechsten Schwangerschaftswoche ist. Aufgrund der Änderungen bezüglich des Amalgamverbots ist jedoch eine Schwangerschaft für die Berechnung der Füllungsleistung unerheblich.
Aufgrund der Ausdehnung und Tiefe der Kavität ist eine interaligamentäre Anästhesie notwendig. Die Berechnung erfolgt in diesem Fall nach BEMA- Nr. 40 (I). Das verwendete Material ist nicht zusätzlich berechenbar.
Die palatinale Füllung mit selbstadhäsivem Material an dem Zahn 18 ist Gegenstand des Sachleistungskatalogs der GKV und somit nach BEMA- Nr. 13a (F1) berechenbar.
Vor der Füllungslegung am Zahn 26 müssen die weichen Beläge entfernt werden. Das Entfernen weicher Beläge ist keine GKV-Leistung und muss mit dem Patienten gemäß § 8 Abs. 7 BMV-Z privat vereinbart werden. Die Berechnung erfolgt für einwurzelige Zähne nach Nr. 4050 GOZ und für mehrwurzlige Zähne nach Nr. 4055 GOZ.
Das Anlegen einer Formgebungshilfe zur besseren Ausgestaltung des Kontaktpunktes und des distalen Interdentalbereiches stellt eine qualitätsverbessernde Maßnahme dar und ist mit dem Patienten privat nach § 8 Abs. 7 BMV-Z zu vereinbaren. Die Berechnung erfolgt je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich nach Nr. 2030 GOZ.
Im Seitenzahnbereich stellt eine Kompositfüllung in Mehrschichttechnik keine GKV-Leistung dar. Es wird gemäß § 28 Abs. 2 SGB V eine schriftliche Mehrkostenvereinbarung getroffen. Die Berechnung der vierflächigen Kompositfüllung in Mehrschichttechnik erfolgt nach Nr. 2120 GOZ abzüglich der BEMA-Nr. 13d (F4). Die Präparation der Kavität, das Einbringen des Kompositmaterials und die Politur sind Leistungsinhalt der Nr. 2120 GOZ und daher nicht gesondert berechnungsfähig.
- AAZ Sonderausgabe: Mehrkostenvereinbarung und Privatvereinbarung. So schöpfen Sie Ihr Honorarpotenzial aus. Oktober 2023. Abruf-Nr. 49756855
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