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RechnungsstellungMehr als 1.300 Euro Eigenanteil für eine Krone – Patient beschwert sich erfolgreich bei der KZV
| Wenn sich Patienten kostenlos an die Zahnärztliche Patientenberatung der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZVen) und (Landes-)Zahnärztekammern wenden, geht es oft um die Kosten der Behandlung (AAZ 11/2022, Seite 1, Abruf-Nr. 48633935). Interventionen der Beratungsstelle führen oft dazu, dass die Rechnung korrigiert wird. So auch in diesem Fall. Am Beispiel einer vollverblendeten Einzelkrone zeigt der folgende Beitrag, dass eine transparente Fakturierung des Eigenanteils einer Zahnarztpraxis viel Ärger und lästige Gespräche im Nachgang ersparen kann. |
Warum ist der Eigenanteil so hoch?
Bei einer Kontrolluntersuchung im Januar 2024 wurde bei dem Patienten festgestellt, dass die vorhandene Krone auf Zahn 47 erneuerungsbedürftig war. Der BEMA-HKP für eine neue NEM-Krone mit Vollverblendung (gleichartige Versorgung) wurde von seiner gesetzlichen Krankenkasse genehmigt. Die Planung umfasste für den Zahn 47 ein Provisorium nach BEMA-Nr. 19, einen individuellen Löffel nach Nr. 5170 GOZ (3,5-facher Gebührensatz) und eine Krone nach Nr. 2210 GOZ (3,5-facher Gebührensatz). So weit, so gut.
Die Rechnung, die der Patient erhielt, wies einen Eigenanteil von mehr als 1.300 Euro aus. Warum so viel? Ein erster Blick auf die Rechnung zeigt: Die Begründung für den 3,5-fachen Satz bei der Nr. 5170 GOZ ist nicht nachvollziehbar. Für die Veränderung des konfektionierten Löffels wurde 3 x die BEB-Nr. 1012 mit stolzen 195,50 Euro berechnet (vgl. „Chairside-Leistungen“, s. u.).
Rechnung an den Patienten | ||||||
Datum | Gebiet | Anzahl | Nr. | Leistungsbeschreibung/Auslagen | Faktor/Punkte | Euro |
24.01.xx | 47 | 1 | 19 | Provisorische Krone/Brückenglied | 19 | |
47 | 1 | 5170 | Abformung des Kiefers mit individuellem Löffel Zeitaufwand wegen Individualisierungsmaßnahmen in der Vorbereitung der Abformung | 3,5 | 49,21 | |
07.02.xx | 47 | 1 | 2210 | Vollkrone, Hohlkehl- oder Stufenpräparation Erhöhte Schwierigkeit wegen erschwerter Retentionsgewinnung | 3,5 | 330,31 |
Zahnärztliches Honorar BEMA (19 Pkt. x 1,0389 Euro/Pkt.) | 19,74 | |||||
GOZ-Honorarleistungen: | 379,52 | |||||
Material- und Laborkosten Fremdlabor: | 401,11 | |||||
Material- und Laborkosten Praxislabor: | 798,00 | |||||
Gesamtkosten: | 1.598,37 | |||||
Abzgl. Festzuschuss: | - 263,36 | |||||
Zu zahlender Betrag: | 1.335,01 |
Die Entfernung der alten Krone und die Nachpräparation für die neue Kronenversorgung an Zahn 47 führte zu keiner Änderung der geplanten Gebührenziffern. Der Patient konnte sich später leider nicht mehr erinnern, ob ein Individueller Löffel bei der Abformung zum Einsatz kam. Zwei Wochen nach der Präparation wurde die vollverblendete Krone auf Zahn 47 definitiv eingegliedert.
An den Praxismaterialien liegt es nicht ...
Die Höhe der abrechenbaren Praxismaterialien ist praxisintern zu ermitteln. Es handelt sich nicht um zahntechnische Honorare und zahntechnische Materialkosten. Die Praxismaterialien sind – wenn das Praxisverwaltungssystem es ermöglicht, z. B. auf einem separaten Materialbeleg zu erfassen. Unverständlich ist, warum 54,50 Euro als „Summe techn. Material“ und nur 8,50 Euro als „Praxismaterial/Auslage“ auf dem Beleg erfasst sind. Derartige Zuordnungsfehler passieren schnell, haben in diesem Fall jedoch nicht die hohe Rechnung bewirkt.
Praxismaterialien laut Eigenlaborbeleg | |||||
Datum | Nr. | Leistungsbeschreibung | Anzahl | Einzelpreis Euro | Gesamtpreis Euro |
24.01.xx | 01 | Alginat | 2 | 5,50 | 11,00 |
11 | Bissabformmaterial | 1 | 8,50 | 8,50 | |
21 | Kunststoff | 1 | 8,50 | 8,50 | |
30 | Impregum | 1 | 35,00 | 35,00 | |
Summe techn. Material Euro: | 54,50 | ||||
Praxismaterial/Auslagen Euro: | 8,50 | ||||
Gesamtsumme Praxislaborkosten Euro: | 63,00 |
Auch die Fremdlaborkosten sind moderat
Die zahntechnischen Leistungen sind korrekt für eine gleichartige Versorgung nach BEL und NBL aufgegliedert, das Preisgefüge vom gewerblichen Labor ist sehr moderat:
Fremdlaborrechnung | |||||
Pos. | Bezeichnung | Menge | Preis | Leistung | Material |
001-0 | Modell | 4 | 7,73 | 30,92 | |
005-1 | Sägemodell | 1 | 18,19 | 18,19 | |
012-0 | Mittelwertartikulator | 2 | 11,35 | 22,70 | |
933-0 | Versandkosten | 4 | 6,55 | 26,20 | |
970-0 | Verarbeitungsaufwand NEM-Legierung | 1 | 15,74 | 15,74 | |
*0103 | Modellsegment sägen | 1 | 9,68 | 9,68 | |
*0104 | Stumpf aus Superhartgips | 1 | 8,85 | 8,85 | |
*0212 | Dowel-Pin setzen | 1 | 2,46 | 2,46 | |
*0216 | Stumpf vorbereiten | 1 | 4,68 | 4,68 | |
*2105 | Gusskrone für Keramik-Vollverblendung | 1 | 104,16 | 104,16 | |
*2591 | Glasieren, je Einheit | 1 | 3,76 | 3,76 | |
*2702 | Mehrflächige Verblendung Keramik | 1 | 127,53 | 127,53 | |
Zwischensumme | 374,87 | 0,00 | |||
374,87 | |||||
7 % Mehrwertsteuer Euro | 26,24 | ||||
Gesamtsumme Euro | 401,11 |
Warum die Rechnung vom Fremdlabor ohne erneute Abformung und Bissnahme zweimal das Einstellen in den Mittelwertartikulator nach BEL-Nr. 012-0 enthält, lässt sich ohne Rücksprache nicht klären. Vielleicht war der Patient doch zu einer dritten Sitzung in der Praxis und das Praxismaterial wurde in dieser Sitzung nicht berechnet. Dagegen spricht allerdings, dass die BEMA-Nr. 24c nicht abgerechnet wurde.
Die Versandkosten sind viermal in Rechnung gestellt. Ein Versandgang beschreibt einen Hin- und Rückweg. Das bedeutet, für eine Leerfahrt (ohne das Werkstück) kann nicht noch einmal die BEL-Nr. 933 0 abgerechnet werden. Auch dieser Sachverhalt ist ohne Kenntnis des Sachverhalts nicht prüfbar. Der Gesamtbetrag der Laborrechnung ist keinesfalls hochpreisig, auch hier findet sich nicht die Ursache für den hohen Eigenanteil.
Die Chairside-Leistungen sind des Pudels Kern!
Sofort fällt auf, dass die Chairside-Leistungen viel höher berechnet wurden als die eigentliche Herstellung der Krone im Fremdlabor.
Abrechnung der Chairside-Leistungen | |||||
Datum | Nr. | Leistungsbeschreibung | Anzahl | E-preis Euro | G-preis Euro |
24.01.xx | 1409 | Ausarbeiten eines Provisoriums, mit veränderter Oberflächenform | 1 | 112,00 | 112,00 |
1012 | Individualisieren eines konfektionierten Löffels | 3 | 65,30 | 195,90 | |
6483 | Selektives Einschleifen Prothetik | 1 | 150,00 | 150,00 | |
0732 | Desinfektion | 5 | 9,80 | 49,00 | |
0732 | Desinfektion | 1 | 9,80 | 9,80 | |
07.02.xx | 5401 | Keramik / gegossenes Glas ätzen | 1 | 98,30 | 98,30 |
5306 | Keramik / gegossenes Glas konditionieren | 1 | 120,00 | 120,00 | |
Summe techn. Material Euro: | 735,00 | ||||
Gesamtsumme Praxislaborkosten Euro: | 735,00 |
Sowohl die Ausarbeitung eines Provisoriums nach BEB-Nr. 1409 als auch die dreifache Individualisierung eines konfektionierten Löffels nach BEB-Nr. 1012 (z. B. Biegen, Silikonstopps etc.) sind mit den erfassten Einzelpreisen exorbitant hoch berechnet worden. Zudem wurde die alte Krone als Provisorium verwendet, sodass die BEB-Nr. 1409 nicht zum Tragen kommt. Die BEB-Nr. 6483 kann nur für ein individuelles Einschleifen von Prothesenzähnen, auch nach Reokkludieren oder Remontage berechnet werden. Der Patient hat jedoch keine Prothese, sondern eine Einzelkrone erhalten.
Die Leistung nach der BEB-Nr. 5306 beschreibt das Konditionieren/Silanisieren als vorbereitende Maßnahme für die adhäsive Befestigung eines Werkstückes aus Keramik, unabhängig davon, ob das Werkstück konfektioniert ist oder individuell hergestellt wurde. Die Leistung nach BEB-Nr. 5401 ist für die extraorale Vorbereitung eines Werkstückes aus Keramik berechnungsfähig. Beide Leistungen sind bei einer Krone aus NEM nicht berechenbar und zudem sehr hochpreisig zu bezeichnen.
Anfrage bei der Beratungsstelle bewirkt Rechnungskorrektur
Der Patient entschied sich nach einigen Rücksprachen und Empfehlungen, sich an die Patientenberatungsstelle der regional zuständigen KZV zu wenden. Nach Prüfung der Patientenrechnung teilte die KZV dem Patienten Folgendes mit:
Auszug aus dem Schreiben der KZV an den Patienten |
„… Nach Durchsicht der Unterlagen im Rahmen unserer Zuständigkeit, sowie ergänzender Rücksprache mit der ZÄK … können wir Ihnen Folgendes mitteilen: Der angesetzte Festzuschussbetrag in Höhe von 263,36 Euro wurde nach den uns vorliegenden Unterlagen von der Zahnarztpraxis korrekt ermittelt und in Abzug gebracht. Bezüglich der berechneten Position „Ausarbeiten eines Provisoriums, mit veränderter Oberflächenform“ in Höhe von 112 Euro können wir Ihnen Folgendes mitteilen: Wird während einer Wiederherstellung oder Erneuerung die vorhandene definitive Versorgung abgenommen und anschließend temporär wiederbefestigt, dient die definitive Krone als provisorische Versorgung. Für die definitive Krone als Provisorium kann die BEMA-Nr. 19 je Krone, Brückenanker und Brückenglied abgerechnet werden, zuzüglich des verwendeten Materials, welches zum Umarbeiten notwendig war. Die Höhe der zusätzlich berechenbaren Materialkosten entspricht hierbei ungefähr dem Material, welches bei der Neuanfertigung einer provisorischen Krone berechnet worden wäre. Da Sie im Telefonat angegeben haben, dass Ihre entfernte Krone zu einem Provisorium umgearbeitet wurde, nehmen wir an, dass sich die angesetzte Position hierauf bezieht. Weshalb hier für die Bearbeitung 112 Euro berechnet wurden, ist für uns zunächst nicht nachvollziehbar. Bezüglich des dreimaligen Ansatzes der Umgestaltung eines konfektionierten Löffels zu je 65,30 Euro für eine Einzelkrone verbleibt unsererseits eine kritische Bewertung. Zur besseren Nachvollziehbarkeit empfehlen wir Ihnen, sich diesbezüglich von Ihrer Zahnarztpraxis darlegen zu lassen, welche individuellen Gründe für die Vorgehensweise der Abdrucknahme zur Herstellung einer Einzelkrone vorgelegen haben. Des Weiteren ist die Laborposition Nr. 6483 BEB „Selektives Einschleifen Prothetik“ in Höhe von 150 Euro für uns nicht nachvollziehbar, da sich diese Position laut ZÄK … auf das individuelle Einschleifen von Prothesenzähnen bezieht, welche bei Ihnen laut Befund nicht vorhanden sind. Auch hier müssten bei der Zahnarztpraxis weitere Erläuterungen zur Vorgehensweise eingeholt werden. Wir hoffen, dass wir bezüglich der Rechnungslegung etwas Klarheit schaffen konnten und empfehlen Ihnen, auf Grundlage dieses Schreibens noch einmal das Gespräch mit der Zahnarztpraxis zu suchen. Sollten Sie eine weitere Aufklärung durch uns wünschen, so können wir Ihnen anbieten, mit der Zahnarztpraxis in Kontakt zu treten und dieser Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In diesem Fall bitten wir Sie, die angehängte Schweigepflichtenbindung ausgefüllt und unterschrieben an uns zurückzusenden und somit Ihre behandelnde Zahnärztin uns gegenüber von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden. Nach Eingang der Stellungnahme Ihrer Zahnärztin werden wir den Vorgang im Rahmen unserer Zuständigkeit abschließend beurteilen.“ |
Der Patient nahm das Hilfsangebot an und unterzeichnete die Schweigepflichtentbindung. Die KZV kontaktierte die Zahnärztin. Abschließend suchte der Patient die Praxis auf. Die Rechnung vom Eigenlabor mit den ChairsideLeistungen und die Gesamtrechnung wurden nach Korrektur neu erstellt und die Rechnung vom Patienten beglichen.
AUSGABE: AAZ 1/2025, S. 15 · ID: 50083877