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EndodontieEndodontische (Weiter-)Behandlung eines GKV-Patienten bei sich verschlechternder Prognose

Abo-Inhalt19.07.2024748 Min. LesedauerVon Isabel Baumann, Betriebswirtin (Dipl. VWA), Praxismanagerin, Mülsen

| Endodontische Behandlungen als Sachleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind auf die Vorgaben der G-BA-Behandlungsrichtlinie (online unter iww.de/s10651) begrenzt (AAZ 06/2024, Seite 2 ff.). Diese Vorgaben richten sich vor allem nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 Sozialgesetzbuch (SGB) V. Insbesondere wenn die Prognose eines Zahnes im Lauf der endodontischen Behandlung kippt, ist zu entscheiden, ob der Zahn entfernt oder auf Basis einer Privatvereinbarung weiterbehandelt werden soll. Wie so ein Fall aussehen kann, zeigt AAZ in diesem Beitrag. |

Die Behandlung beginnt als GKV-Sachleistung (26.06.)

Ein gesetzlich versicherter Patient stellt sich mit Beschwerden regio 16, 26 und 36 in der Praxis vor. Die röntgenologische Untersuchung zeigt an allen drei Zähnen apikale Veränderungen. Der Patient wird über die Möglichkeiten der endodontischen Behandlung aufgeklärt. Die Vorgaben der G-BA-Behandlungsrichtlinie in den Abschnitten B. III. 9 für Molaren sind erfüllt. Es liegt keine unterbrochene Zahnreihe und keine Freiendsituation vor.

Abgerechnete Leistungen (nicht abschließend)

Datum

Zahn

Leistung

BEMA

GOZ

26.06.

Patient stellt sich mit starken Schmerzen vor

Ä1

16, 26, 36

Sensibilitätsprüfung regio 16 und 26 negativ, regio 36 positiv

8 (ViPr)

16, 26, 36

Anfertigung einer Röntgenaufnahme und Auswertung

Ä925b (Rö5)

Aufklärung über endodontische Behandlung, Aufklärung des Patienten über weitere Therapiealternativen

Ä1

Aufklärung über private Zusatzleistungen im Rahmen der endodontischen Behandlung

Ä1

16, 26, 36

Oberflächenanästhesie

4 x 0080

16, 26

Infiltrationsanästhesie (2 Karpulen Anästhetikum)

2 x 40 (I)

36

Leitungsanästhesie (1 Karpule Anästhetikum)

41a (L1)

16

Trepanation der definitiven Füllung

31 (Trep1)

16

Mesialer Kanal ist obliteriert, Endo nur mit OP-Mikroskop und speziellen Aufbereitungstechniken möglich, Patient über die Optionen Extraktion oder endodontische Behandlung privat nach § 8 Abs. 7 BMV-Z aufgeklärt

16

Devitalisation zur Schmerzausschaltung, da Restvitalität

29 (Dev)

16

Provisorischer Verschluss

26

Präendodontischer Aufbau zur sterilen Offenhaltung der Kanaleingänge

§ 6 Abs. 1 GOZ

26

Trepanation der definitiven Füllung

31 (Trep1)

noch 26.06.

26

Anlegen von Kofferdam zur absoluten Trockenlegung

12 (bmF)

26

Aufbereitung des Wurzelkanals bis ins apikale Konstrikt, je Kanal

3 x 32 (WK)

26

Anfertigung einer Röntgenaufnahme zur Längenbestimmung der Wurzelkanäle

Ä925a (Rö2)

26

Elektrometrische Längenbestimmung, je Kanal

3 x 2400

26

Anwendung elektrophysikalisch-chemischer Methoden, je Kanal

3 x 2420

26

Dekontamination des Wurzelkanals mittels Lasers

§ 6 Abs. 1

26

Provisorischer Verschluss

36

Anlegen von Kofferdam zur absoluten Trockenlegung

12 (bmF)

36

Präendodontischer Aufbau zur sterilen Offenhaltung der Kanaleingänge

§ 6 Abs. 1

36

Vitalexstirpation

3 x 28 (Vite)

36

Aufbereitung des Wurzelkanals bis ins apikale Konstrikt, je Kanal

3 x 32 (WK)

36

Elektrometrische Längenbestimmung, je Kanal

3 x 2400

36

Anwendung elektrophysikalisch-chemischer Methoden, je Kanal

3 x 2420

36

Dekontamination des Wurzelkanals mittels Laser

§ 6 Abs. 1

36

Abnahme des Spanngummis

36

Anfertigung einer Röntgenaufnahme zur Längenbestimmung der Wurzelkanäle

Ä925a (Rö2)

36

Anlegen von Kofferdam zur absoluten Trockenlegung

36

Wurzelfüllung, 3 Kanäle

3 x 35 (WF)

36

Abnahme des Spanngummis

36

Anfertigung einer Röntgenaufnahme zur Kontrolle der Wurzelfüllung, Wurzelfüllung vollständig bis nahe Apex

Ä925a (Rö2)

36

Okklusale Füllung aus Komposit in Mehrfarb- und Mehrschichttechnik

2060 abzgl. BEMA F1

Nach der symptombezogenen Untersuchung wird der Patient beraten, es folgt die Diagnostik mittels Sensibilitätsprüfung und Röntgenuntersuchung. Da eine geschlossene Zahnreihe vorliegt, ist die endodontische Behandlung an den Zähnen 16, 26 und 36 vorerst eine GKV-Sachleistung.

Im Verlauf der Behandlung stellt sich jedoch heraus, dass der mesiale Kanal regio 16 obliteriert ist. Der Zahn kann nur mithilfe eines OP-Mikroskops und spezieller Verfahren zur Aufbereitung der Wurzelkanäle weiterbehandelt werden. Dies übersteigt die Vorgaben nach § 12 SGB V. Der Patient wird darüber informiert, dass die Behandlung daher entweder nur als Extraktionstherapie mit anschließender prothetischer Versorgung oder auf Basis einer Privatvereinbarung gemäß § 8 Abs. 7 Bundesmantelvertrag – Zahnärzte (BMV-Z) fortgeführt werden kann. Eine weitere intensive Beratung soll später erfolgen, da der Patient akute starke Schmerzen hat.

Zur Schmerzausschaltung darf lediglich die Trepanation nach BEMA-Nr. 31 (Trep1) oder die Devitalisierung nach BEMA-Nr. 29 (Dev) an dem Zahn 16 berechnet werden. Alle weiteren endodontischen Behandlungsleistungen sind mit dem Patienten privat nach § 8 Abs. 7 BMV-Z zu vereinbaren.

Die Behandlung der Zähne 26 und 36 ist zu dem Zeitpunkt noch innerhalb der GKV-Richtlinien möglich, die derzeitige Prognose ist gut. Die Trepanation ist nach BEMA-Nr. 31 (Trep1), das Anlegen von Kofferdam zur absoluten Trockenlegung nach BEMA-Nr. 12 (bMF) und die Aufbereitung des Wurzelkanals bis ins apikale Konstrikt, je Kanal nach BEMA-Nr. 32 (WK) zu berechnen, die Röntgenaufnahme zur Längenbestimmung nach Nr. Ä925a (Rö2).

Neben der Wurzelbehandlung als GKV-Sachleistung dürfen einzelne Leistungen außerhalb des Sachleistungskatalogs mit dem Patienten privat nach § 8 Abs. 7 BMV-Z vereinbart werden, wie z. B. der präendodontische Aufbau (analog nach § 6 Abs. 1 GOZ), die elektrometrische Längenbestimmung, je Kanal (Nr. 2400 GOZ) und die Anwendung elektrophysikalisch-chemischer Methoden, je Kanal (Nr. 2420 GOZ).

Der Zahn 36 kann nach der Aufbereitung sitzungsgleich mit einer Wurzelkanalfüllung versorgt werden. Das Füllen der Wurzelkanäle berechnet man je Kanal nach BEMA-Nr. 35 (WF). Beim Anfertigen der Röntgenaufnahme zur Längenbestimmung ist das Entfernen des Kofferdams notwendig. Im Anschluss muss der Kofferdam erneut angelegt werden, um ein keimarmes Arbeiten zu gewährleisten. Entfernen und erneutes Anlegen des Kofferdams sind kein weiteres Mal nach BEMA-Nr. 12 (bMF) abrechenbar. Denn die Leistungsbeschreibung zur BEMA-Nr. 12 enthält die Vorgabe „je Sitzung“.

Schmerzen am Zahn 26 erfordern Fortsetzung der kompletten Behandlung auf Privatbasis (05.07. bis 01.08)

Der Patient erscheint mit starken Schmerzen am Zahn 26. Nach Röntgenuntersuchung und Entfernung der provisorischen Versorgung wird eine massive Gangrän festgestellt. Die Behandlungsprognose hat sich verschlechtert. Nach § 12 SGB V kommt als GKV-Sachleistung nur die Extraktion mit anschließender prothetischer Versorgung infrage. Der Patient wird kurz über den Sachverhalt informiert, zur umfassendem Beratung über mögliche Behandlungsmöglichkeiten und Therapiealternativen wird ein separater Beratungstermin vereinbart.

Behandlungsablauf

Datum

Zahn

Leistung

BEMA

GOZ

05.07.

26

Pat. stellt sich mit massiven Beschwerden an 26 erneut vor

26

Sensibilitätsprüfung negativ

8 (ViPr)

26

Röntgenaufnahme zur Diagnostik: Zahn apikal stark beherdet

Ä925a (Rö2)

26

Entf. der prov. Füllung

26

Massive Gangrän, Pus entleert

26

Zahn offengelassen

26

Beratung über Extraktion und prothetische Versorgungsnotwendigkeit oder private Endo aufgrund verschlechterter Prognose

08.07.

Beratung über weitere Behandlung und Therapiemaßnahmen über die Versorgungsnotwendigkeit der GKV hinaus, mit Privatvereinbarung nach § 8 (7) BMV-Z, Dauer 30 Min

Ä3

12.07.

26, 16

Symptombezogene Untersuchung

Ä5

26, 16

Anlegen von Kofferdam

2 x 2040

26, 16

Entfernen der provisorischen Füllungen

26

Präendodontischer Aufbau zur sterilen Offenhaltung der Kanaleingänge

§ 6 Abs. 1

16, 26

Zuschlag für die Anwendung eines Operationsmikroskops

0110

16

Aufbereitung eines Wurzelkanals, 4 Kanäle, einmal verwendbare Nickel-Titan-Instrumente

4 x 2410 + Mat.

26

Zusätzlichen Wurzelkanal gefunden und aufbereitet, einmal verwendbare Nickel-Titan-Instrumente

1 x 2410

16, 26

Elektrometrische Längenbestimmung, je Kanal (16, 26 jeweils 4 Kanäle)

8 x 2400

16,26

Anwendung elektrophysikalisch-chemischer Methoden, je Kanal

8 x 2420

16, 26

Zuschlag Laser

0120

16 ,26

Abnahme des Spanngummis

16, 26

Röntgenmessaufnahme

2 x Ä5000

16, 26

Anlegen von Kofferdam zur absoluten Trockenlegung

2 x 2040

16, 26

Medikamentöse Einlage

2 x 2430

16, 26

Provisorischer Verschluss adhäsiv befestigt

2 x 2200

+ 2 x 2197

16, 26

Abnahme des Spanngummis

01.08.

16, 26

Anlegen von Kofferdam zur absoluten Trockenlegung

2 x 2040

16, 26

Entfernen der provisorischen Füllung

16, 26

Elektrometrische Längenbestimmung, je Kanal (16, 26 jeweils 4 Kanäle)

8 x 2400

16, 26

Anwendung elektrophysikalisch-chemischer Methoden, je Kanal

8 x 2420

16, 26

Zuschlag Laser

0120

16, 26

Zuschlag für die Anwendung eines Operationsmikroskops

0110

16, 26

Wurzelfüllung (16, 26 jeweils 4 Kanäle)

8 x 2440

16, 26

Provisorischer Verschluss adhäsiv befestigt

2 x 2200 + 2 x 2197

16, 26

Abnahme des Spanngummis

16, 26

Röntgenaufnahme zur Kontrolle der Wurzelfüllung

2 x Ä5000

Am 08.07. entscheidet sich der Patient für die Weiterbehandlung auf Basis einer Privatvereinbarung. Da die Beratung über die Kosten und den Ablauf der privaten Wurzelbehandlung länger als 10 Minuten dauert, ist sie nach Nr. Ä3 GOÄ berechnungsfähig. Die Nr. Ä3 kann einzeln oder neben einer Untersuchung nach den Nrn. 5, 6, 7, 8, 800 oder 801 berechnet werden.

Alle weiteren Behandlungsschritte am 12.07. und 01.08. werden mit dem Patienten privat nach § 8 Abs. 7 BMV-Z vereinbart und nach GOZ abgerechnet.

Weiterführender Hinweis
  • Aus Endo nach BMA wird Endo privat – so entscheiden und behandeln Sie richtig (AAZ 06/2024, Seite 2 ff.)

AUSGABE: AAZ 8/2024, S. 15 · ID: 50076687

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