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BerufsrechtDelegation von Leistungen in der Hausarztpraxis – was, wie und an wen delegieren?

07.04.20254 Min. LesedauerVon Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht Taisija Taksijan LL.M., Hamburg

| Bereits vor 50 Jahren erkannte der Bundesgerichtshof (BGH) die Bedeutung der Delegation in der „modernen Medizin“ und formulierte: „Die Verwendung nichtärztlicher Hilfspersonen ist aus der modernen Medizin und insbesondere aus dem heutigen Klinikwesen nicht wegzudenken. (…) Ein persönliches Eingreifen des Arztes ist (…) zu fordern, wo die betreffende Tätigkeit gerade dem Arzte eigene Kenntnisse und Kunstfertigkeiten voraussetzt.“ (BGH- Urteil vom 24.06.1975, Az. VI ZR 72/74). Die richtige Grenzziehung zwischen Tätigkeiten, die Sie als Ärztin oder Arzt delegieren können oder nicht, ist unverändert relevant: als Voraussetzung für effektive Praxisführung und reibungslose Abrechnung der Leistungen. Worauf kommt es an? |

Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung

Ärztliche Leistungen müssen Sie als Ärztin bzw. als Arzt im Grundsatz persönlich erbringen und können sie nicht an andere delegieren. Der Anspruch auf die Vergütung der ärztlichen Leistungen hängt davon ab, dass die Leistungen nicht unter Verstoß gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung erbracht wurden. Eine Ausnahme vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung stellt – neben zulässiger Vertretung – die Möglichkeit des Einsatzes von genehmigten Weiterbildungsassistenten dar, soweit letztere ärztliche Leistungen unter Ihrer fachlichen Aufsicht und Weisung erbringen.

Ärztliche Leistungen vs. delegierbare Hilfeleistungen

Zur ärztlichen Behandlung gehören aber auch Hilfeleistungen nichtärztlicher Personen, die ärztlich angeordnet sind (§ 28 Abs. 1 S. 2 SGB V). Diese Hilfeleistungen sind von höchstpersönlichen Leistungen abzugrenzen, die unter dem sogenannten Arztvorbehalt stehen. Zu den Leistungen, die Ärzten vorbehalten sind, gehören insbesondere die

  • Anamnese,
  • Untersuchung,
  • Diagnose,
  • Aufklärung und
  • Therapieentscheidung.

An Pflegepersonal delegierbare Hilfeleistungen sind in der Anlage 24 zum Bundesmantelvertrag für Ärzte (BMV-Ä) beispielhaft aufgezählt (bei der KBV online unter iww.de/s11993). Hierzu gehören die

Merke | Zu den in der Aufzählung der Hilfeleistungen erwähnten administrativen Tätigkeiten gehört nicht die Abrechnung der Leistungen, die den verantwortlichen Ärzten obliegt.
  • Datenerfassung und Dokumentation von Untersuchungsergebnissen und Therapieerfolgen,
  • standardisierte Erhebung der Anamnese, soweit später ärztliche Überprüfung erfolgt,
  • Erläuterung standardisierender Informationen i. d. R. Aufklärungsvorbereitung, soweit spätere ärztliche Überprüfung erfolgt,
  • Hausbesuche, wenn zuvor bereits ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt stattfand,
  • intramuskuläre und subkutane Injektion (auch Impfung),
  • Blutentnahme oder
  • Wundversorgung/Verbandwechsel.

Voraussetzungen möglicher Delegation

Es bleibt ärztliche Entscheidung, ob und an wen eine (Hilfs-)Tätigkeit delegiert wird. Die delegierenden Ärzte müssen gegenüber dem nichtärztlichen Personal über eine durch eine schriftliche Vereinbarung sicherzustellende Weisungsbefugnis verfügen. Diese sollte in Arbeitsverträgen mit angestellten Ärzten enthalten sein. Dabei sind Sie als Hausarzt verpflichtet, die richtige Person, an die Sie delegieren, auszuwählen, diese Person ausreichend anzuleiten und zu überwachen. Dabei müssen Sie sicherstellen, dass die Hilfsperson aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation oder allgemeinen Fähigkeiten und Kenntnisse für die Erbringung der delegierten Tätigkeit geeignet ist (sog. Auswahlpflicht). Die Qualifikation der Hilfsperson ist ausschlaggebend für den Umfang der Anleitungs- und Überwachungspflicht. Je weniger qualifiziert das Hilfspersonal ist, desto restriktiver muss die Delegation erfolgen und desto einfacher müssen die ihr übertragenen Aufgaben sein.

Praxistipp | In der hausärztlichen Versorgung hat sich der Einsatz von Versorgungsassistenz in der Hausarztpraxis (VEHRA) als nachweisbar geeignetem Personal durchgesetzt. Dieser wird zudem durch Vergütung einzelner Leistungen gefördert. In der hausarztzentrierten Versorgung (HzV) ist z. B. regelmäßig die Vergütung für einen Hausbesuch durch VERAH bei einem Patienten mit chronischer Erkrankung vorgesehen. Mit Genehmigung der zuständigen KV können außerdem einzelne Leistungen von nichtärztlichen Praxisassistenten (NäPa) vergütet werden (Informationen hierzu bei der KBV online unter iww.de/s11994).
Fazit | Auch wenn Delegation wegen des zunehmenden Personalmangels einerseits und der zunehmenden Betreuungsintensität der Patienten andererseits aus dem Praxisbetrieb nicht mehr wegzudenken ist, handelt es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz der persönlichen Leistungserbringungspflicht. Der Nachweis, dass alle Voraussetzungen einer zulässigen Delegation erfüllt wurden, bedeutet viel Verwaltungsaufwand. Eine umfangreiche Dokumentation über delegierte Leistungen hinsichtlich der Auswahl, Anleitung und Überwachung durch die Ärzte ist aber sowohl aus haftungs- als auch abrechnungsrechtlichen Gründen wichtig. Hierfür haben sich in der Praxis vorgefertigte, den Bedürfnissen der jeweiligen Praxis angepasste Bögen bewährt, mit denen die Auswahlentscheidung, die delegierten Tätigkeiten sowie die Erfüllung der Anleitungs- und Kontrollpflichten standardisiert und dadurch schnell protokolliert werden können.

AUSGABE: AAA 4/2025, S. 13 · ID: 50245295

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