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How toVerordnung und Abrechnung der Cannabistherapie

Abo-Inhalt10.05.20245 Min. LesedauerVon Rechtsanwältin Meike Schmucker, LL.M., Münster

| Seit dem 01.04.2024 unterliegt die Verordnung von medizinischem Cannabis nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG), sodass Ärztinnen und Ärzte Cannabis und Dronabinol zu medizinischen Zwecken auf einem ganz „normalen“ GKV- bzw. Privatrezept an volljährige Patienten verordnen können. Das ist zwar eine Erleichterung, weil die betäubungsmittelrechtlichen Verordnungsvoraussetzungen weggefallen sind, doch es bleiben offene Fragen – insbesondere bei Privatversicherten, für die es – anders als in der GKV – keine expliziten Voraussetzungen bzgl. der Verordnungsfähigkeit und Kostentragung gibt. |

Medizinisches Cannabis (§ 2 Nr. 1 MedCanG)

Pflanzen, Blüten und sonstige Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen […] sowie Dronabinol und Zubereitungen aller vorgenannten Stoffe. Ausnahme: Der Wirkstoff Nabilon (Canemes®) ist auch nach dem 01.04.2024 auf einem BtM-Rezept zu verordnen, da er weiterhin in Anlage III des BtMG aufgeführt ist.

Die GKV-Verordnung und -abrechnung

Genehmigung (§ 45 Arzneimittel-Richtlinie)

Vor der erstmaligen Verordnung von medizinischem Cannabis muss nach wie vor eine Genehmigung der jeweiligen Krankenkasse vorliegen; Ausnahmen gelten im Rahmen der Palliativversorgung. Über einen Wegfall des Genehmigungsvorbehalts für die Verordnung von medizinischem Cannabis für einzelne Facharztgruppen bzw. Ärzte mit Zusatzqualifikationen entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss. Die Entscheidung ist erst Mitte des Jahres zu erwarten.

Verordnungsfähigkeit (§ 31 Abs. 6 SGB V)

Verordnungsfähig ist Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten sowie dargereicht als Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

  • 1. eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt und
  • 2. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Stand entsprechende Leistung
    • a) nicht zur Verfügung steht oder
    • b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustands des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann und
  • 3. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.

Wichtig | Bei entsprechender Begründung können Ärzte nun also auch dann legal Cannabis verordnen, wenn es therapeutische Alternativen gibt! Es ist nicht mehr erforderlich, dass eine Cannabistherapie die einzige Therapieoption darstellt und es keine Behandlungsalternativen gibt. So sieht es nämlich § 13 Abs. 1 des BtMG vor, der seit dem 01.04.2024 nicht mehr für medizinisches Cannabis gilt.

Information

Eine Krankheit ist schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Dies hat der G-BA in der Arzneimittel-Richtlinie in Bezug auf die Cannabisverordnung konkretisiert.

Verordnung

Cannabis-Arzneimittel (mit Ausnahme von Nabilon) werden seit dem 01.04.2024 auf einem „normalen“ eRezept verordnet. Für den Fall, dass technische Umsetzungsschwierigkeiten zu erwarten sein sollten, können Ärzte ggf. auf eine Papierverordnung auf Muster 16 zurückgreifen.

Abrechnung

Für die ärztliche Stellungnahme bzgl. der Beantragung der Erstverordnung kann EBM-Nr. 01626 (17,07 Euro) angesetzt werden. Details hierzu lesen Sie ausführlich in AAA 08/2023, Seite 2.

Die PKV-Verordnung und -abrechnung

Keine Genehmigung

Anders als in der GKV brauchen Ärztinnen und Ärzte keine Genehmigung für die Verschreibung von THC-Präparaten für Privatversicherte.

Kostenerstattung

Konkrete Vorgaben für die Kostenerstattung von THC-Präparaten – wie in der GKV – gibt es ebenfalls nicht. Es gelten die allgemeinen Vorgaben nach § 4 Abs. 6 der Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung, wonach die privaten Krankenversicherer die Kostenerstattung im Einzelfall beurteilen.

§ 4 Abs. 6 Musterbedingungen

„Der Versicherer leistet im vertraglichen Umfang für Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden und Arzneimittel, die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind. Er leistet darüber hinaus für Methoden und Arzneimittel, die sich in der Praxis als ebenso Erfolg versprechend bewährt haben oder die angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen; der Versicherer kann jedoch seine Leistungen auf den Betrag herabsetzen, der bei der Anwendung vorhandener schulmedizinischer Methoden oder Arzneimittel angefallen wäre.“

Tarif

Es kommt – wie so oft – auf den individuellen Leistungsumfang der PKV beim gewählten Tarif an. Der Tarif muss grundsätzlich den Anspruch auf Kostenerstattung von Arzneimitteln vorsehen, die von niedergelassenen Ärzten verordnet und aus Apotheken bezogen werden.

Indikation und Schulmedizin

Die medizinische Notwendigkeit für den Einsatz von THC-Präparaten muss gegenüber der PKV dargelegt werden. Unklar ist, ob es – ähnlich wie in der GKV – genügt,

  • dass die Cannabisbehandlung als eine von mehreren therapeutischen Alternativen medizinisch indiziert ist.
  • Möglich ist ebenso, dass der Versicherer für die Kostenerstattung voraussetzt, dass die Cannabistherapie die einzige mögliche Option ist und keine schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen.

Kann die therapeutische Alternativlosigkeit im Einzelfall gegenüber der PKV begründet werden, dürfte die Chance des Versicherten auf eine (vollumfängliche) Kostenerstattung hoch sein. Grundsätzlich werden die Möglichkeiten und Grenzen einer Cannabistherapie für Privatversicherte jedoch von der individuellen Erstattungspolitik des Krankenversicherers abhängen. Darüber sollte der Patient oder die Patientin entsprechend aufgeklärt werden und die Erstattungsmöglichkeiten vor Therapiebeginn mit der PKV geklärt werden.

Verordnung

Wie in der GKV werden die THC-Präparate auf einem normalen Rezept verordnet, mit Ausnahme von Nabilon, welches weiterhin als Betäubungsmittel verschrieben werden muss.

Abrechnung

Für die Unterstützung des Patienten bei der Beantragung der Kostenerstattung sind die folgenden Ziffern berechnungsfähig.

  • Nr. 75 GOÄ (ausführlicher Bericht) oder Nr. 80 GOÄ (gutachterliche Äußerung), wenn die Begründung der medizinischen Notwendigkeit über das Ausmaß eines ausführlichen Berichts nach Nr. 75 GOÄ hinausgeht und zusätzliche Beurteilungen erforderlich sind.
  • Erfordert die schriftliche gutachterliche Äußerung (Nr. 80 GOÄ) einen das gewöhnliche Maß übersteigenden Aufwand (ab 30 Minuten), ist die Nr. 85 GOÄ abrechnungsfähig für jede angefangene Stunde Arbeitszeit.
  • Neben allen Ziffern dürfen die angefallenen Portokosten (§ 10 GOÄ) berechnet werden.
  • Bei allen infrage kommenden Ziffern sollte der individuelle Aufwand zudem über die Wahl des individuell angemessenen Steigerungsfaktors abgebildet werden. Begründen Sie diesen bei Nr. 85 GOÄ aber nicht mit einem erhöhten zeitlichen Aufwand, da die Abrechnung der Nr. 85 GOÄ ohnehin auf dem zeitlichen Aufwand pro angefangener Stunde beruht. Details zu den Nrn. 75, 80 und 85 GOÄ lesen Sie in AAA 04/2010, Seite 12.

Die Honorarspanne für die Begründung der Cannabisverordnung

Nr. 75 GOÄNr. 80 GOÄNr. 85 GOÄ
Einfacher Satz (1,0)
7,85 Euro17,49 Euro29,14 Euro
Regelsatz (2,3)
17,43 Euro40,22 Euro67,03 Euro
Höchstsatz (3,5)
26,52 Euro61,20 Euro102,00 Euro

AUSGABE: AAA 5/2024, S. 5 · ID: 49992191

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