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AlternativmedizinGOÄ: So rechnen Sie aufwendige Anamnesen bei alternativen Heilmethoden ohne Homöopathie ab
| Manche alternative Heilmethoden erfordern eine aufwendige Anamnese. Für die Homöopathie sieht die GOÄ dafür die Nr. 30 für eine Erstanamnese und die Nr. 31 für eine Folgeanamnese vor. Andere aufwendige Anamnesen für alternative Heilmethoden sind in der GOÄ nicht abgebildet. Grundsätzlich sieht die GOÄ ja für Leistungen, die im Gebührenverzeichnis nicht enthalten sind, die Analogabrechnung vor. Bisher ist die Analogabrechnung der Nr. 30 GOÄ gerichtlich nur für die Schmerztherapie erlaubt. Und doch mehren sich die Expertenauffassungen, nach denen eine Analogabrechnung auch bei Anamnesen für andere alternative Verfahren infrage kommt. |
Bisher ist als Ausnahme nur die Abrechnung für schmerztherapeutische Anamnesen erlaubt
Bei der Nr. 30 GOÄ handelt es sich nach dem Text der Leistungslegende nicht nur um ein länger dauerndes Anamnesegespräch. Gefordert ist neben der einstündigen Dauer vielmehr u. a. die Einleitung einer homöopathischen Therapie, die Gewichtung charakteristischer Symptome des Krankheitsfalls und nicht zuletzt auch die Anwendung und Auswertung standardisierter Fragebögen. All dies sind Voraussetzungen, die im Rahmen einer allgemeinen fachgebietsspezifischen Anamnese, die lediglich länger dauert, i. d. R. nicht gegeben sind.
Bereits am 15.03.2015 hat das Amtsgericht (AG) Kiel in einem Urteil festgestellt (Az. 115 C 469/14), „dass nach der gefestigten Rechtsmeinung in der Kommentarliteratur die Nr. 30 GOÄ – lediglich – für die Erhebung einer schmerztherapeutischen Erstanamnese bei chronisch Schmerzkranken durch entsprechend qualifizierte Ärzte entsprechend berechnet werden kann“ und die analoge Abrechnung der Nr. 30 für eine schmerztherapeutische Erstanamnese von 75 Minuten Dauer anerkannt. Durch das Kieler Urteil erscheinen andere fachgebietsspezifische Anamnesen, die ja durch entsprechende GOÄ-Positionen abgebildet sind (Nrn. 1 und 3 GOÄ), nicht analog mit der Nr. 30 GOÄ abrechenbar zu sein. Die allgemeinen Voraussetzungen für die Analogabrechnung liefert § 6 Abs. 2 GOÄ.
§ 6 Abs. 2 GOÄ |
Selbstständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. |
Analogabrechnung bei „anderen“ alternativen Heilmethoden?
Aber wie verhält es sich bei alternativen Heilmethoden, die vorwiegend als Ige-Leistungen angeboten werden und ebenfalls mit u. U. sehr aufwendigen Anamnesen einhergehen? Als Beispiele genannt seien hier:
- die traditionelle chinesische Medizin (TCM),
- die Ayurveda-Behandlung oder
- aufwendige umweltmedizinische Anamnesen.
Neben den genannten Verfahren als Ige-Leistung findet nach Angabe des von Dr. P. M. Herrmanns herausgegebenen Kommentars der analoge Ansatz der Nr. 30 GOÄ auch bei der Bachblüten-Therapie vermehrt Anwendung.
In einer offiziellen Bekanntmachung der Bundesärztekammer (BÄK) im Deutschen Ärzteblatt von 1997 (Autor: B. Kleinken) liest man allgemein zum Abgriffverfahren bei Anwendung einer Analogabrechnung: „Wenn eine analoge Abrechnung infrage kommt, muss eine GOÄ-Position gewählt werden, die in der technischen Durchführung, im Zeitaufwand, im Schwierigkeitsgrad und in den Kosten der erbrachten Leistung möglichst nahekommt.“ (Dtsch. Arztebl. 1997; 94 [28-29]: A-1960 / B-1599 / C-1460; online unter iww.de/s10042). In einem weiteren GOÄ-Ratgeber der BÄK zum Kieler Urteil aus dem Jahr 2015 (M. Ulmer, online unter iww.de/s10043) heißt es, auf die Dauer der Anamnese bezogen: „Dabei ist jedoch Voraussetzung, dass – wie es für die homöopathische Anamnese zutrifft – die betreffende Anamneseleistung im Regelfall mindestens eine Stunde dauert“.
Analogabrechnung der Nr. 30 GOÄ erfüllt Vorgaben der BÄK
Nach diesen Aussagen der BÄK erscheint es nachvollziehbar, auch bei alternativen Verfahren, die erfahrungsgemäß in den allermeisten Fällen mit sehr zeitaufwendigen Anamnesen (von mind. einer Stunde Dauer) einhergehen, wie beispielsweise in der TCM, die Nr. 30 GOÄ analog abzurechnen. Dabei sollten die Anamnesen möglichst auch von der Art her vergleichbar sein, beispielsweise durch den Einsatz von Fragebögen. Auf diese Weise würde man auch die Vorgaben der BÄK aus dem oben genannten Ratgeber von 1997 erfüllen, nämlich eine GOÄ-Position zu wählen, „die in der technischen Durchführung, im Zeitaufwand, im Schwierigkeitsgrad und in den Kosten der erbrachten Leistung möglichst nahekommt“, was bei analoger Abrechnung nach den Nrn. 1 oder 3 GOÄ eher nicht der Fall wäre.
Inhalt und Bewertung der Nrn. 30 und 31 GOÄ | |||||
GOÄ | Leistung | Punkte | x 1,0/Euro | x 2,3/Euro | x 3,5/Euro |
30 | Erhebung der homöopathischen Erstanamnese [1, 2, 3] mit einer Mindestdauer von einer Stunde [4, 5] nach biographischen und homöopathisch-individuellen Gesichtspunkten mit schriftlicher Aufzeichnung zur Einleitung einer homöopathischen Behandlung – einschließlich homöopathischer Repertorisation und Gewichtung der charakteristischen psychischen, allgemeinen und lokalen Zeichen und Symptome des jeweiligen Krankheitsfalls, unter Berücksichtigung der Modalitäten, Alternanzen, Kausal- und Begleitsymptome, zur Auffindung des homöopathischen Einzelmittels, einschließlich Anwendung und Auswertung standardisierter Fragebogen | 900 | 52,46 | 120,65 | 183,60 |
31 | Homöopathische Folgeanamnese mit einer Mindestdauer von 30 Minuten unter laufender Behandlung nach den Regeln der Einzelmittelhomöopathie zur Beurteilung des Verlaufs und Feststellung des weiteren Vorgehens – einschließlich schriftlicher Aufzeichnungen | 450 | 26,23 | 60,33 | 91,80 |
AUSGABE: AAA 3/2024, S. 8 · ID: 49803971