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GesetzgebungEntbudgetierung für Hausärzte wird konkreter – Änderungen der Vergütungssystematik geplant
| Die im Koalitionsvertrag fixierte Entbudgetierung im hausärztlichen Bereich nimmt langsam aber sicher konkretere Formen an: Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach erklärte im Januar 2024, dass noch in diesem Jahr bei der hausärztlichen Versorgung eine Entbudgetierung vorgenommen werden soll. Auch seien Änderungen in der Vergütungssystematik, weitere Entbürokratisierungsmaßnahmen und Digitalisierungsschritte geplant. Zudem sollen Versicherte durch ein gesetzlich verankertes Bonussystem zur Einschreibung in die hausarztzentrierte Versorgung motiviert werden. Nachfolgend informieren wir über die wesentlichen Inhalte der vorgesehenen Regelungen. |
Entbudgetierung
Vorgesehen ist im sogenannten Versorgungsstärkungsgesetz I eine Entbudgetierung im hausärztlichen Bereich, offenbar nach ähnlicher Systematik wie bei den Kinder- und Jugendärzten (siehe AAA 08/2023, Seite 3). Danach könnten künftig alle Leistungen des Hausarztkapitels 03 des EBM unbudgetiert vergütet werden.
Die Vergütung weiterer von Hausärzten erbrachter Leistungen aus anderen EBM-Kapiteln – soweit diese nicht extrabudgetär vergütet werden–, beispielsweise Sonografien und psychosomatische Gespräche, würden weiterhin in den regionalen Honorarverteilungsmaßstäben (HVM) der KVen geregelt werden.
Änderungen in der Vergütungssystematik
Ebenfalls im Versorgungsstärkungsgesetz I sollen folgende Änderungen bei der hausärztlichen Vergütung erfolgen:
- Für die Behandlung von erwachsenen Versicherten mit chronischer Erkrankung und kontinuierlichem Arzneimittelbedarf soll eine hausärztliche Versorgungspauschale eingeführt werden, die je Versicherten jährlich einmal beim ersten Arzt-Patienten-Kontakt abrechenbar sein und damit die bisherige quartalsweise Honorierung ersetzen soll. Damit sollen vermeidbare Praxisbesuche reduziert werden.Neue Vergütungssystematik bei Chronikern: Jahreshonorierung
- Hausärztliche Versorgerpraxen, die maßgeblich die hausärztliche Versorgung aufrechterhalten, sollen durch eine gesetzlich vorgegebene Vorhaltepauschale besonders gefördert werden. Die Abrechenbarkeit dieser Vorhaltepauschale soll an die Erfüllung bestimmter Kriterien (z. B. Durchführung von Hausbesuchen oder die Behandlung einer Mindestanzahl an Versicherten) geknüpft werden.Besondere Förderung „hausärztlicher Versorgerpraxen“
- Für die qualifizierte Hitzeberatung vulnerabler Gruppen durch Hausärzte soll eine einmal jährlich abrechenbare Vergütung in den EBM aufgenommen werden.
Entbürokratisierung
Zur Vermeidung von unnötigen Wirtschaftlichkeitsprüfungen bei ärztlich verordneten Leistungen soll eine wirkungsvolle Bagatellgrenze eingeführt werden. Damit soll der bürokratische Aufwand und der Zweck der Prüfungen in einem angemessenen Verhältnis gehalten werden. Nach den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ist auch diese Anpassung für das Versorgungsstärkungsgesetz I vorgesehen.
Zudem soll eine Ausschlussfrist von zwei Jahren für Beratungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung eingeführt werden. Weitere Entbürokratisierungsmaßnahmen betreffen die Abschaffung des zweistufigen Antragsverfahrens in der Kurzzeittherapie sowie Vereinfachungen bei den Vorgaben zur Einholung eines Konsiliarberichts vor Beginn einer Psychotherapie. Diese Anpassungen sind allerdings erst mit einem weiteren Gesetzesvorhaben geplant, dem Versorgungsstärkungsgesetz II.
Digitalisierung
Neben der bereits durch Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) eingeführten Möglichkeit der Feststellung von Arbeitsunfähigkeit (AU)bei bekannten Patienten durch telefonische Konsultation (siehe AAA 01/2024, Seite 4) sollen durch das bereits verabschiedete Digitalgesetz Videosprechstunden in größerem Umfang ermöglicht werden. Hierzu sieht das Gesetz in einem ersten Schritt die Aufhebung der bisher geltenden Begrenzung der Videosprechstunden vor.
Ausblick
Inhaltlich und zeitlich ist derzeit noch vieles offen. Ein Entwurf für das Versorgungsstärkungsgesetz I, welches die oben skizzierten wesentlichen Änderungen bei Vergütung und im EBM enthalten soll, liegt aktuell (Redaktionsschluss: 01.02.2024) noch nicht vor. Wenn das Gesetz im Laufe des zweiten Quartals 2024 in Kraft treten sollte, dürfte die Entbudgetierung frühestens zum 01.07.2024 greifen.
Die vorgesehenen Änderungen in der Vergütungssystematik mit Einführung einer jahresbezogenen „Chronikerpauschale“ und einer besonderen Vorhaltepauschale für „Versorgerpraxen“ erfordern sicherlich umfangreiche Änderungen in der gegenwärtigen EBM-Systematik. Diese dürften erfahrungsgemäß einige Zeit in Anspruch nehmen. Wir werden Sie über die aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden halten.
- Mitteilung des BMG: „Lauterbach: Große Reformen für den Praxisalltag auf dem Weg“, online unter iww.de/s10238
- So läuft die Entbudgetierung kinderärztlicher Leistungen im Detail (AAA 08/2023, Seite 3)
- Telefon-AU bis zu fünf Kalendertagen möglich (AAA 01/2024, Seite 4)
AUSGABE: AAA 2/2024, S. 2 · ID: 49891610