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ABC Der Abrechnung„S“ – Schnittwunde

Abo-Inhalt28.07.20227440 Min. LesedauerVon Dr. med. Heiner Pasch, Kürten

| Die Mutter kommt mit ihrem 4-jährigen Sohn in die Praxis. Das Kind ist im Garten mit einem Glas in der Hand gestolpert und dann auf der Terrasse gefallen. Dabei hat es sich mehrere Schnittwunden zugezogen, da es in die Glasscherben gefallen war. |

AAA-08.2022_Grafik_ICD_Baum_Schnittwunde_MR-19.07.2022.eps (© IWW Institut)
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© IWW Institut

Anamnese und Befund

Klinisch befindet sich der Junge in gutem, altersentsprechendem Allgemeinzustand und ist bewusstseinsklar. An der linken Hand am Daumenballen hat der Junge sich eine 1,5 cm lange und 0,5 cm tiefe saubere Schnittwunde zugezogen. Diese Wunde ist bei der Erstuntersuchung nicht mehr blutend. Im Bereich der rechten Handfläche befinden sich insgesamt drei kleinere Schnittwunden (ca. 0,5 bis 0,8 cm). In zwei dieser Schnittwunden befinden sich mehrere kleine Glassplitter, die teilweise tief in den Wunden sitzen. An beiden Kniegelenken gibt es präpatellar Schürfwunden mit einer Ausdehnung von 1 x 3 cm bzw. 2 x 3 cm. Aufgrund des vorgelegten Impfpasses besteht erwartungsgemäß ein ausreichender Tetanusschutz.

Diagnose und weiteres Prozedere

Bei dem Jungen liegen aufgrund eines Sturzes verschiedene Schnittverletzungen an beiden Händen und Schürfwunden präpatellar beidseits vor.

Zunächst werden wegen der geringeren Irritation die Schürfwunden desinfiziert und mit einem Pflaster versorgt. Danach reinigt der Hausarzt zunächst die kleineren Wunden an der linken Hand und entfernt die kleinen Glassplitter mit einer Pinzette, desinfiziert sie und lässt nach Anbringung von Steristrips einen Verband anlegen. Zum Schluss versorgt er die Daumenballenwunde. Hier setzt er eine Lokalanästhesie und versorgt die Wunde unter Protest des Jungen mit zwei Einzelnähten.

Der Junge ist inzwischen sehr unruhig und versucht immer wieder, sich der Wundversorgung zu entziehen. Es gelingt mit Mühe und der Unterstützung einer MFA und der Mutter schließlich, die Versorgung abzuschließen und auch an der rechten Hand zur Sicherung der Wundnaht einen Verband anzulegen.

Bei einer Wundkontrolle am Folgetag sind alle Wunden nicht infiziert und reizlos, die Schürfwunden bleiben offen. Die Wunden der linken Hand werden mit Pflastern versorgt, an der rechten Hand wird ein neuer Verband angelegt. Nach zehn Tagen sind alle Wunden per primam verheilt und die Fäden können termingerecht gezogen werden.

Abrechnung EBM

Da es die Erstkonsultation im Quartal ist, rechnet der Hausarzt die EBM-Nr. 03000 ab, die KV setzt die infrage kommenden Quartalspauschalen der Abrechnung hinzu (03020, 03040, 03060, 03061 und 32001).

Da es sich um mehrere Wunden in verschiedenen Körperregionen handelt, kann maximal fünfmal eine Leistung der primären Wundversorgung abgerechnet werden. Die Schnittwunde der rechten Hand wird mit der Nr. 02302 abgerechnet, für die Wunden an der linken Hand und im Bereich der Kniegelenke ist viermal die Nr. 02301 abrechenbar.

Die Lokalanästhesie und die Verbände sind als Teilleistung der Versichertenpauschale (Anhang 1 des EBM) nicht gesondert abrechenbar. Für die weiteren Wundkontrollen sowie den Fadenzug nach zehn Tagen können ebenfalls keine weiteren Leistungen abgerechnet werden.

EBM

Punkte

Euro*

Leistung

Prüfzeit in Min.**

Anmerkungen

03000

142

16,00

Versichertenpauschale, 5. Lebensjahr

11 / QP

altersabhängig, 1 x im BHF***

02300

68

7,66

Primäre Wundversorgung

3 / TP

Die Nrn. 02300, 02301 und 02302 sind einmal im BHF abrechenbar, nur bei den ICD-Codes D22.– und T01.– bis zu max. fünfmal nebeneinander (siehe Allg. Best. Kap. 2.3 Nr. 4 EBM)

Altersgruppen nach den Allg. Best. Nr. 4.3.5 EBM:

  • Neugeborenes: bis 28. Lebenstag
  • Säugling: bis 2.Lebensmonat
  • Kleinkind: bis Ende 3. Lebensjahr
  • Kind: bis Ende 12. Lebensjahr
  • Jugendlicher: bis Ende 18. Lebensjahr

02301

133

14,98

Primäre Wundversorgung bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern und/oder primäre Wundversorgung mittels Naht und/oder Gewebekleber

5 / TP

02302

230

25,91

Primäre Wundversorgung mittels Naht bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern

8 / TP

Abrechnung GOÄ

Bei Privatpatienten kommen die Nrn. 1 und 5 GOÄ zur Abrechnung, wobei die Nr. 5 GOÄ wegen der Untersuchung in mehreren Organgebieten mit dem Faktor 3,5 abgerechnet wird. Für die Wundversorgung gilt, dass alle Wunden bei Kindern bis zum vollendeten 6. Lebensjahr als große Wunden abgerechnet werden (analog UV-GOÄ, Allg. Best Kap. L GOÄ). Die Wunde am Daumenballen wird deshalb mit der Nr. 2004 GOÄ abgerechnet, ebenfalls mit dem Faktor 3,5 (Begründung: hochgradig unruhiger Patient); die übrigen Wunden werden jeweils mit Nr. 2003 GOÄ berechnet, die Entfernung der Glassplitter mit Nr. 2009 GOÄ je Splitter. Zusätzlich kann für die Lokalanästhesie Nr. 490 GOÄ abgerechnet werden. Die Folgekontakte werden mit den Nrn. 1 und 5 GOÄ abgerechnet. Sowohl evtl. Verbände als auch der Fadenzug können nicht abgerechnet werden, da die Abrechnungsmöglichkeit von Sonderleistungen neben den Nrn. 1 und 5 GOÄ bereits beim Erstkontakt ausgeschöpft wurde.

GOÄ

Punkte

Euro, 2,3-fach

Leistung

Anmerkungen

200

45

6,03

Verband

Nicht in Zusammenhang mit operativer Leistung abrechenbar

490

61

8,18

Lokalanästhesie, kleiner Bezirk

Kostenabrechnung gemäß § 10 GOÄ (Medikament)

491

121

16,22

Lokalanästhesie, großer Bezirk

493

61

8,18

Leistungsanästhesie

2000

70

9,38

Erstversorgung kleine Wunde

Jede Wunde ist gesondert abrechenbar; abhängig von Wundgröße, Verschmutzungsgrad, Art der Wundversorgung und evtl. erschwerenden Umstände (§ 5 Abs. 2 GOÄ).

Kostenabrechnung gemäß § 10 GOÄ

2001

130

17,43

Versorgung kleine Wunde inkl. Naht

2002

160

21,45

Versorgung kleine Wunde inkl. Umschneidung und Naht

2003

130

17,43

Erstversorgung große und/oder stark verschmutzte Wunde

2004

240

32,17

Versorgung große Wunde inkl. Naht

2005

400

53,62

Versorgung große und/oder stark verschmutzte Wunde inkl. Umschneidung und Naht

2007

40

5,36

Entfernung von Fäden oder Klammern

Für jede Wunde einzeln abrechenbar

2009

100

13,41

Entfernung von Fremdkörpern unter der Haut

Für jeden Fremdkörper abrechenbar

Weiterführende Hinweise

AUSGABE: AAA 8/2022, S. 17 · ID: 48482495

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