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ExpertentippNr. 70 GOÄ: Die Abrechnung von Attesten und AU-Bescheinigungen

Abo-Inhalt26.07.20227284 Min. LesedauerVon Ernst Diel, ehem. Leiter Grundsatzfragen PVS Büdingen

| Versicherer und auch Beihilfestellen erstatten ausschließlich Leistungen, die im Rahmen einer Heilmaßnahme anfallen, also ausschließlich therapeutische und diagnostische Leistungen. Bescheinigungen nach Nr. 70 GOÄ (40 Punkte, 5,36 Euro beim Faktor 2,3) sind davon ausdrücklich ausgenommen. Dies betrifft Bescheinigungen jeder Art, also Arbeitsunfähigkeits(AU)-Bescheinigungen wie auch Atteste. Erfahren Sie hier, wann und wie die Nr. 70 GOÄ problemlos angesetzt werden kann. |

GKV-Patienten: AU-Bescheinigungen bilden eine Ausnahme

Auch bei Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) besteht für Atteste i. d. R. keine Leistungspflicht, sodass auch hier eine Berechnung gegenüber dem Patienten erfolgen muss. Die Kosten für Atteste z. B.

  • über das Nichtbestehen einer Infektionsgefahr oder
  • zur Sportbefreiung im Schulunterricht

sind somit reine Privatleistungen auf Verlangen des jeweils Zahlungspflichtigen und nicht erstattungsfähig. Eine Ausnahme bei GKV-Patienten ist die AU-Bescheinigung, die ansonsten ebenfalls in den Leistungsinhalt der Nr. 70 GOÄ fallen würde. Diese ist bei GKV-Patienten gemäß § 36 Abs. 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) vom Vertragsarzt ohne besonderes Honorar auszustellen.

PKV-Patienten: AU-Bescheinigungen sind selbst zu zahlen

Privat versicherte Patienten müssen AU-Bescheinigungen hingegen direkt begleichen. Die Kosten dieser Bescheinigung werden von den privaten Krankenversicherungen (PKV) meist nicht übernommen. Bei der Ablehnung wird darauf hingewiesen, dass es sich bei der Ausstellung einer AU-Bescheinigung nicht um eine gemäß den Musterbedingungen 2009 für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK 2009, beim PKV-Verband online unter iww.de/s6665) medizinische notwendige Heilbehandlung handelt.

Patienten erwarten kostenfreie AU-Bescheinigungen

Oft ergeben sich aufgrund dieser Sachverhalte bei Kürzung der Kostenträger Diskussionen mit Patienten, die der Meinung sind, dass ein Attest stets kostenfrei zu erstellen sei. Dies ist jedoch nicht der Fall und könnte für einen Arzt im Hinblick auf § 12 Musterberufsordnung (MBO) ggf. auch berufsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Dort ist geregelt, dass Ärzte das Honorar ganz oder teilweise nur gegenüber bestimmten Personengruppen erlassen dürfen. Dazu zählen Verwandte, Kollegen und deren Verwandte sowie mittellose Personen.

Atteste als IGeL

Im Grunde sind Atteste individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), für die vor Leistungserbringung – auch um nachträgliche Diskussionen mit den Patienten zu vermeiden – ein schriftlicher Behandlungsvertrag abgeschlossen sein sollte. Eine Rechnung oder zumindest eine Quittung sollte ebenfalls, auch aus steuerrechtlichen Gründen, erstellt werden. Unter Umständen kann das Ausstellen sogar eine Umsatzsteuerpflicht nach sich ziehen, sofern hier nicht die Kleinunternehmerregelung greift.

Bei GKV-Patienten ist ohnehin zu beachten, dass ein Arzt vom Versicherten nur dann eine Vergütung fordern darf, wenn für Leistungen außerhalb des GKV-Leistungskatalogs vorher die schriftliche Zustimmung des Patienten eingeholt wurde und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen wurde (Musterformulierung für eine IGeL-Vereinbarung steht bei AAA als Download-Dokument unter iww.de/s6757).

Merke | Sofern für ein auszustellendes Attest Befunde erhoben werden müssen, die nicht der Behandlung einer Krankheit dienen, sind die hierzu erforderlichen Untersuchungsleistungen ebenfalls als IGeL nach der GOÄ zu berechnen!

AAA_08.2022_Grafik_Die Abrechnung von Attesten und AU-Bescheinigungen nach GOÄ_Diel.eps (© IWW Institut)
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© IWW Institut

AUSGABE: AAA 8/2022, S. 3 · ID: 48479472

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